„Muslime & Globalisierung“ – Die asiatische Nachfrage nach Palmöl hat schwerwiegende Folgen für die Ökologie der Anbauländer. Von Sudeshna Sarkar

Ausgabe 220

(IPS). Wenn es ein Fest in Indien, Pakistan oder Bangladesch gibt, dürfte es einen Zusammenhang zwischen den Feierlichkeiten und Feuern auf der indonesischen Insel Sumatra geben, die regelmäßig grenzüberschreitenden Smog hervorrufen. Und wenn in China mehr als eine Milliarde Menschen noch mehr Nudeln essen, sollte sich Malaysia vielleicht auf noch mehr Luftverschmutzung gefasst machen.

Auch wenn es nicht so simpel und direkt ist, so gibt es trotzdem eine handfeste Verbindung zwischen diesen Ereignissen und Ländern. Sie heißt Palmöl, Asiens neues „flüssiges Gold“. Südostasien – Indonesien und Malaysia – sind die größten Erzeugerländer des Öls, das aus der Frucht der Ölpalme gewonnen wird. Sie produzieren rund 85 Prozent der globalen Menge.

Indien und China sind die größten Verbraucher, wobei Pakistan und Bangladesch ebenfalls immer wichtiger werden. Als wichtigste Käufer beeinflussen sie nicht nur Preis und Produktion, sondern auch die Art und Weise, wie das Öl erzeugt wird. Es ist momentan wegen seiner nachteiligen Effekte auf die Umwelt umstritten. Dr. Reza Azmi, Gründer und ­leitender Direktor von Wild Asia, einem sozialen Projekt in Kuala Lumpur für nachhaltigen Tourismus und Landwirtschaft, erläutert die Hintergründe um die Brisanz des Produktes in Asien. „Es bietet eine höhere Gewinnrate als andere Wirtschaftspflanzen wie Reis oder Gummi“, sagte er IPS. Bauern können Teile der Früchte zwei Mal monatlich ernten, während Reis zwei Mal jährlich geerntet wird. Ölpalmen produzieren im Vergleich mit anderen Agrarerzeugnissen außerdem den höchsten Ertrag. Außerdem ist es billig und wird in einer erstaunlichen Vielfalt von Produkten benutzt: in Lebensmittel (von Nestles Kitkat bis zu Halwa, dem obligatorischen Dessert bei den meisten Feiern in Südasien), in einer Vielzahl von Kosmetika (von Lippenstift bis Shampoo) und als Biodiesel.

Das Wunderöl ist aber mit einem ökologischen Preisschild versehen. Da Bauern Bäume fällen und die Vegetation in Brand setzen, um weitere Gebiete für den Anbau zu roden, zerstören sie Wälder und gefährden die Tiere, erzeugen Rauchwolken und wiederkehrende Dunstglocken. In diesem Juni litt Südostasien unter der schlimmsten Luftverschmutzung seit 16 Jahren. Smog aus Indonesien erstickte Malaysia und Singapur. Die Sichtbarkeit verringerte sich, Schulen wurden geschlossen und öffentliche Veranstaltungen abgesagt. Krankenhäuser erlebten einen Ansturm von Patienten, die über Atemwegserkrankungen klagten. Über die Verantwortlichkeit entspann sich ein diplomatischer Streit zwischen Indien und Singapur.

Ein grenzübergreifendes Treffen im Juni der Umweltminister von Indonesien, Malaysia, Brunei, Thailand und Singapur einigte sich auf ein Überwachungsprogramm für Rauchwolken. Indonesien stimmte außerdem der Ratifizierung eines regionalen Vertrages über den Kampf gegen den Smog zu. Aber die Feuer brennen immer noch. An diesem Punkt könnten China und Indien eine wichtige Rolle spielen, ­indem sie darauf bestehen, nur solches Palmöl zu benutzen, dass ohne eine Gefährdung von Wäldern erzeugt wird. „Einige Staaten verlautbarten nationale Absichtserklärungen, bis 2015 nur noch nachhaltiges Palmöl zu benutzen. Dazu gehören die Niederlande, Belgien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland“, erläutert Darrel Webber vom Runden Tisch für Nachhaltiges Palmöl (RSPO). Die beiden größten Verbraucher jedoch, China und Indien, müssen dem Trend erst folgen.

Nach Indien ist China der ­zweitgrößte Abnehmer weltweit für Palmöl. Es wird erwartet, dass die Nachfrage jährlich um zehn Prozent wächst, was China 2015 zum größten Markt machen wird. Bisher jedoch sind nur 15 chinesische Unternehmen dem RSPO beigetreten. Indien verzeichnete 2011 und 2012 19 Prozent des globalen Palmölverbrauchs, mehr als China (16 Prozent) und die Europäische Union (14 Prozent).

Dr. B.V. Mehta, leitender Direktor einer industriellen Interessenvereinigung schätzt, dass Indiens Nachfrage um drei bis vier Prozent jährlich wachsen ­werde. Das billige Öl kommt immer mehr in Indiens Lebensmittelindustrie und ande­ren Gewerbezweigen zum Einsatz. Nach Mehtas Ansicht wird der große Bevölkerungsanteil, der unterhalb der Armuts­grenze lebt, eine große Herausforderung für das Vorhaben darstellen, den Verbrauch auf nachhaltig erzeugte Sorten umzustellen. „Indien befürwortet Nachhaltigkeit, aber der arme indische Verbraucher will billiges Öl“, sagt Mehta. „Die EU-Bürger können sich den höhe­ren Preis für zertifiziertes Palmöl leisten, aber nicht die Menschen in Indien, wo tausende damit zu kämpfen haben, sich selbst zu ernähren.“