"Muslime & Globalisierung" – In Mauretanien helfen Dattelpalmen nicht nur beim Erwerb des Unterhalts, sie sind auch ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes. Von Mohamed Abderrahmane

Ausgabe 207

(IPS). Die Palme ist ein Mittel zum Überleben“, sagt Tahya Mint Mohamed, eine 44-jährige mauretanischer Bäuerin und Mutter dreier Kinder. „Wir essen ihre Datteln. Machen unsere Matten, Betten und Stühle aus Palmen. Ihre Blätter eignen sich dazu, um unser Vieh zu füttern.“ Mint Mohamed ist die regionale Vorsitzende einer Vereinigung für die gemeinsame Nutzung von Oasen in der Region der beiden Hodhs im südlichen Mauretanien (Hodh bedeutet „Becken“ im lokalen arabischen Dialekt). Dies ist eine ungewöhnliche Position für eine Frau in dieser, traditionell von Männern dominierten Aufgabe.

Sie war hocherfreut, als durch ihre Plantage führt, die jetzt, in der Erntezeit zwischen Juni und August, voller Aktivität ist. „Die Plantage ist meine wertvollste Investition. Ich bewahre sie vorsichtig und bewässere sie mit der Hilfe meines Shadoof [traditionelles Bewässe­rungssystem, bei dem mit Eimer und Gegengewicht Wasser aus einem Brunnen befördert wird]“, sagt sie. Ihr Ertrag ist stark vom Regenfall und dem erfolgreichen Kampf gegen Heuschrecken, ­Vögel und andere Tiere abhängig, sollten ­diese sich für die Pflanzen interessieren. Aber sie schätzt, dass ihre Ernte in diesem Jahr irgendwo zwischen 500 und 1.000 Kilo Datteln liegen wird.

Mauretanien hat über 10.000 Hektar Dattelpalmen. Dazu zählen sowohl die fruchttragenden Bäume, als auch die jungen Pflanzen, die noch keine Erträge liefern sowie männliche Palmen, die entscheidend sind für die Bestäubung der Palmen, ist die Auskunft von Mohamed Ould Ahmed Banane, der das Programmen für Nachhaltige Oasen-Entwicklung (PDDO) überwacht. Nach Angaben von Banane hängt der Lebensunterhalt von beinahe 20.000 Menschen in Mauretanien von den Dattelpalmen in fünf Oasen ab: Adrar im Norden, ­Tagant im Zentrum sowie Assaba und die beiden Hochs im Südosten. Er schätzt, dass die jährliche Dattelproduktion seines Landes bei 60.000 Tonnen liege. ­Hinzu käme eine kleine Menge, die aus dem Ausland eingeführt werden müsse – 1.000 Tonnen aus Algerien und 500 Tonnen aus Tunesien. Rund 60 Prozent der Früchte werden während der Guetna (der Ernteperiode zwischen Juni und August) gegessen. Der Rest werde für das übrige Jahr getrocknet, sagt Banane.

Der Ernährungswissenschaftler Mohamed Baro erläutert, dass Datteln reich an Spurenelemente wie Eisen und Kalzium sind. Sie würden eine ausgezeichnete Energiequelle darstellen.

Hademine Ould Saleck, Imam in der größten Moschee von Nouackchott, der Hauptstadt Mauretaniens, berichtet vom Segen, der in den Datteln liegt. Oft ­seien sie im Ramadan – insbesondere in dattel­produzierenden Ländern – das erste, was man nach dem Brechen des Fastens zu sich nehme.

Aber Mauretaniens Oasen wurden schwer durch Trockenheit beeinträchtigt. Sie litten, so Mohamed Ould Ahmed Banane, unter Versandung, Wasser­mangel und abnehmender Fruchtbarkeit des Bodens. „In Adrar war die diesjähri­ge Dattelernte wegen klimatischer Schwie­rigkeiten, wie geringen Regenfällen, Staub und Wind, eindeutig geringer“, berichtet Sid’Ahmed Ould Hmoymed, Bürgermeister der größten Stadt in der Adrar-Region.

2002 gründete die Regierung das Programm, um das zerbrechliche, aber wertvolle Ökosystem der Oasen zu bewahren und die damals zunehmende Landflucht aufzuhalten. „Das Programm konzentriert sich auf die Organisation der Bauern der Oase, um so das Entstehen einer Zivilgesellschaft zu fördern. Nur diese ist in der Lage, den gemeinschaftlichen Verbund der Bauern zu unterhal­ten und um gemeinsame Investitionen zu ermöglichen“, berichtet Banane. Solche Projekte werden mehrheitlich durch das PDDO und zum geringeren Teil der Bauern selbst finanziert. Die lokalen Mitglieder bestimmen offizielle Vertreter, bestimmen ihre eigenen Ziele und verwalten das Einkommen.

Um Techniken der nachhaltigen Bewirtschaftung zu demonstrieren, hat dieses Programm eine kleine Landschule kreiert und eine Plantage mit Obstbäumen und Gemüsen, die zwischen die Dattelpalmen gepflanzt werden können. „Das schafft drei Ebenen des Schutzes gegen Bodenerosion und erlaubt einen guten Bodenschutz, effiziente Bewässerung und eine Auffächerung der bäuerlichen Einkommensquellen“, erklärt ­Mohamed Ould Ahmed Banane dieses Konzept.

In der Adrar-Region, wo beinahe die Hälfte aller Dattelpalmen Mauretaniens stehen, bemühen sich die Mitarbeiter um die Einführung moderner und nachhaltiger Techniken und spricht Empfehlungen in dieser Richtung aus. Diese beinhalten eine gute Ausnutzung des Raumes, Tröpfchen- und Bodenbewässerung sowie den Gebrauch organischer Dünger. Hier benutzen wohlhabendere Bauern solargetriebene Pumpen für beide Bewässerungsarten.

Das Programm für Nachhaltige Oasen-Entwicklung hilft in Adrar auch beim Vertrieb der bäuerlichen Erträge mit. Damit wird nach Angaben eines Vertreters der Transport der Datteln in die Hauptstadt Nouackchott wesentlich verbilligt.

Die Palme und das Kamel – die ­beiden Säulen der Wirtschaft Mauretaniens – sind gutan das Klima der Sahara und der Sahelzone angepasst. Sie bleiben ein wichtiges Element für das Land.