"Muslime & Globalisierung": In Pakistan bemühen sich mobile Kliniken um die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Von Ashfaq Yusufzai

Ausgabe 205

(IPS). Ohne Geld für einen Arztbesuch zu haben, musste sich der 50-jährige Gul Lakhta mit seiner drohenden Erblindung abfinden. Aber alles wurde anders, nachdem eine „mobile Kllink“ in seinen Heimatort kam, der in den Stammesgebieten (FATA) entlang der afghanischen Grenze liegt. „Sie haben mich am gleichen Tag operiert. Jetzt ist mein Augenlicht wieder ausgezeichnet.“

Lakhta ist Nutznießer des Programms für mobile Kliniken (MHP), dass 2003 von der Regierung begonnen wurde, um Bürgern in den unruhigen Regionen Nordpakistans mehr ­Gesundheitspflege anzubieten.

Nachdem die internationale, von den USA geführten Koalitionstruppen 2001 die Taliban stürzten, flohen viele ihrer Führer in die Heimat von Lakhta. Mit sich brachten sie eine totalitäre Ideologie und ihre Kultur der Gewalt. Es dauerte nicht lange, bis der Tugendterror der Taliban das zivilgesellschaftliche Leben in Teilen der FATA-Stammesgebiete zum Stillstand brachte.

„In diesem Prozess zerstörten diese ­Talibankämpfer auch 60 Einrichtungen des Gesundheitswesens. Dadurch waren die Patienten gezwungen, nach Peschawar und weiter zu reisen, um selbst für kleinste Probleme eine Behandlung zu finden“, sagte Dr. Niaz Afridi, Leiter des MHP-Programms in den Stammesgebieten. Islamabad stellt jährlich rund 525.000 Euro zur Verfügung. Es bestünden Pläne, das Klinikprogramm zu erweitern.

Diese Krankenhäuser auf Räder sind ein Segen für die Patienten, da sie gut ausgestattet sind und von engagierten Teams betrieben werden. Momentan behandeln sie jährlich 90.000 Patienten. „Wir organisieren auch medizinische Lager in Gebieten, die für die normalen medizinischen Kräften nicht zugänglich sind. Unsere Medizinteams bereisen die entlegensten Winkel, damit sie ­Patienten erreichen können, denen sie freie Unter­suchung und Behandlung anbieten“, so Dr. Afridi.

Dr. Nauman Mujahid, Verantwortlicher für die Gesundheitsentwicklung in den Stammesgebieten, erklärte, dass das MHP mit 150 Mitarbeitern besetzt ist – Allgemeinmediziner, Chirurgen, Gynäkologen und andere Spezialisten wie Augen- und Zahnärzte. „Schwerkranke Patienten, die in ein Krankenhaus müssen, werden in weiterführende Zentren wie Peschawar gebracht.“

Begonnen wurde das MHP-Programm, nachdem die südkoreanische Regierung 2003 14 mobile Klinikeinheiten ­stiftete, um den Menschen in den ­Konfliktzonen der FATA-Stammesgebiete zu helfen. Obwohl die zerstörte medizinische Infrastruktur mittlerweile wieder aufgebaut wird, soll das Projekt wegen seiner Beliebtheit weitergeführt werden. 2010 wur­den die notwendige Schritte dazu einge­leitet, als die notwendige Hardware durch die Regierung noch einmal aufgestockt wurde.

Mobile Kliniken helfen ­insbesondere solchen Patienten, die auf die ­dauerhafte Einnahme von Medikamenten angewie­sen sind. Dies ist insbesondere der Fall bei Tuberkulose-Patienten, da bei falscher Behandlung eine Medikamentenresistenz der Tuberkuloseerreger entstehen kann, was eine Gefahr für die ganze Gemeinschaft darstellt. Der 46-jährige Waqar Ali aus Nord-Wasiristen wurde vor drei Monaten in einer freien Klinik mit Tuberkulose diagnostiziert. Jetzt unterzieht er sich einer 8-monatigen Behand­lung. „Ich ­fühle mich besser und kann meinen Bauernhof wie alle anderen auch unterhalten“, sagt er.

„Unser hochqualifizierten Ärzte, Sani­täter und Pfleger wurden mehrfach durch die Regierung für ihre ausgezeichnete Leistung bei Notfällen ausgezeichnet“, berichtet die Gynäkologin Dr. Bilqees Qayyum.

2011 hätten Chirurgen des Programms für mobile Kliniken Operationen an mehr als 13.000 Patienten durchgeführt und die Zahlen stiegen weiter, sagt Dr. Fawad Khan. Khan ist Direktor für das gesamte Gesundheitswesen in den FATA-Stammesgebieten. „Da das MHP solch einen großen Erfolg hat, haben die ­Provinzregierungen von Khyber Pakh­tunkhwa und dem Punjab Anfragen an uns gestellt, vergleichbare Programmen auch bei ihnen auf den Weg zu bringen“, sagt Khan. „Unsere Teams haben bei Notfällen bereits in drei Provinzen ­geholfen.“