Muslime reagieren auf aktuelle Brandanschläge

Ausgabe 231

(iz). Weit über den Kreis der betroffenen Gemeinden (siehe S. 14) und ihres lokalen Umfelds hinaus, haben die aktuellen Brandanschläge im August zu Reaktionen bei Muslimen in ganz Deutschland geführt.

Individuelle Muslime nutzten insbesondere die sozialen Medien, wo sie – auch bei der Präsenz der Islamischen Zeitung – ihrer Betroffenheit und auch gelegentlichen Wut auf die Vorgänge Luft machten. Lokal wie landesweit kommentierten auch übergeordnete Organisationen beziehungsweise Zusammenschlüsse der Muslime in Deutschland diese Gewalt gegen Muslime. Gerade hier wurde auch ein Zusammenhang zwischen dem gesellschaftlichen Klima im Allgemeinen sowie den radikaleren Elementen der Islamkritik und vergleichbaren Taten gezogen.

In Berlin, wo die dortige Mevlana-Moschee im Stadtteil Kreuzberg den größten Schaden – an einem Rohbau – zu verzeichnen hatte – brachten die Mitgliedsgemeinden der Islamischen Föderation ihre Besorgnis über den Angriff zum Ausdruck. In einer Presseerklärung vom 20. August bekundeten sie ihre Solidarität mit einem „der religiösen Fundamente Berlins“. Die Attacke habe zum bisher größten Schaden an einer Moschee bis dato geführt. Inklusive eines Teilabrisses seien am 11. August Schäden in Höhe von über einer Million Euro entstanden.

„Die Berichterstattung in den Medien“, erwecke den Anschein, „dass das Ausmaß des Anschlags (…) verharmlost oder zumindest nicht genügend gewürdigt“ werde. Die Berliner verwiesen darauf, dass es im Vorjahr bereits andere Anschläge gegeben habe. Gerade die Sehitlik-Moschee sei mehrfach Ziel von Brandstiftungen gewesen. Man sei „enttäuscht über die mangelnde Solidarität und Anteilnahme aus Politik und Gesellschaft.“ Für die Islamische Föderation seien die Anschläge in Berlin und Bielefeld „alarmierende Anzeichen einer in die falsche Richtung laufenden Islamdebatte in Deutschland“.

Ebenfalls in Berlin forderte das Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit „zur Aufklärung der Brandanschläge auf Moscheen der letzten Tage weitergehende Ermittlungen in alle Richtungen und mit besonderer Sensibilität für einen etwaigen islamfeindlichen (…) Hintergrund“. Eine Aufklärung des Brandes sei notwendig, damit Berlin beweisen könne, dass keine Form von Rassismus und Hass gegen eine Religionsgemeinschaft geduldet werde und dass die ermittelnden Behörden aus den Pannen in der Aufklärung der NSU-Morde tatsächlich ihre Lehren gezogen hätten. In beiden Städten hätte es für große Irritationen gesorgt, das zu Beginn und „ohne das ausreichende Ermittlungsergebnisse vorlagen“, ein politisches Motiv beziehungsweise ein rassistischer Hintergrund ausgeschlossen wurde.

Ali Kizilkaya, derzeitiger Sprecher des Koordinationsrates der Muslime (KRM), erinnerte an die gesellschaftliche Dimension von Angriffen auf Gotteshäuser. Wenn binnen weniger Tage Brandanschläge auf eine Synagoge in Wuppertal, zwei Moscheen in Bielefeld sowie eine in Berlin stattfänden, müsse die Gesellschaft zusammenstehen. „Wir fordern die Sicherheitsbehörden auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, damit solche Anschläge nicht wieder passieren und die Täter endlich gefasst werden. Die Behörden sind aufgefordert, die Unversehrtheit der Gotteshäuser in Zukunft zu gewährleisten“, erklärte der KRM-Sprecher. Kizilkaya hatte beide Gemeinden nach den Anschlägen besucht.

So wie örtlich angemerkt wurde, dass sich Politik und Gesellschaft bisher mit sichtbaren Anzeichen der Solidarität mit den betroffenen Moscheegemeinden zurückhielten, bedauerten die auf Bundesebene agierenden muslimischen Organisationen ebenfalls, wie Kizilkaya es formulierte, „dass die Solidarität mit den Muslimen anfänglich sehr gering ausfiel“. Nach Ansicht von IGMG-Generalsekretär Yeneroglu, sei es höchste Zeit, dass Politik und Sicherheitsbehörden „endlich handeln und die gegenwärtige Bedrohungslage ernst nehmen“. (lm)