Muslimische Sportlerinnen auf dem Weg nach oben. Von Marium Sattar

Ausgabe 204

(CGNews). Bei der ersten Zeremonie ihrer Art wurde die US-Fechterin und baldige Olympiateilnehmerin Ibtihaj Muhammad für ihre Leistungen als muslimische Sportlerin bei den Am­bassador Awards ausgezeichnet. Die Preisvergabe wurde in der ersten Maiwoche von der Muslim Women’s Sport Foundation ausgerichtet, die muslimische Frauen auf diesem Gebiet auszeichnet. Ehrungen wie diese sind eine Erinnerung daran, dass muslimische Sportlerinnen neuen Boden in der Welt des Sports be­treten haben und so Wahrnehmungen in der Gesellschaft insgesamt verändern.

Auch wenn es heute mehr muslimische Frauen gibt, die Sport treiben, ist dies ein vergessenes Erbe. Ein Beispiel dafür ist Halite Çambel, die als erste Muslimin an den Olympischen Spielen teilnahm – 1936, als sie für die Türkei teilnahm. Athletinnen wie sie wurden auf dem Event geehrt. Ibtihaj Muhammad wurde als Internationale Sportlerin des Jahres ausgezeichnet.

Nichtsdestotrotz ist der weibliche An­teil am Sport in einigen Ländern immer noch begrenzt. Zu den Herausforderun­gen für muslimische Athletinnen ­zählten bestimmte sportliche Bekleidungsvorschriften. Sie bahnen aber auch den Weg für andere Spielerinnen, die sich entsprechend ihrer Überzeugungen kleiden möchten, während sie gleichzeitig an Wettkämpfen teilnehmen wollen. 2007 beispielsweise erließ der internationale Fußballbund FIFA ein Kopftuchverbot für Spielerinnen während der Spiele – aus Furcht, es könnte zu unbeabsichtigten Erdrosselungen kommen. Das Verbot führte dazu, dass die iranische Fußballnationalmannschaft der Frauen von der Qualifikation für die olympischen Spielen ausgeschlossen wurde. Jedoch plant die FIFA für dieses Jahr, das Verbot von Kopftüchern aufzuheben, da es mittlerweile neue Modelle gebe, die für Sportlerinnen geeignet seien. Die Entscheidung soll am nach letzten Sicherheitstests am 2. Juli öffentlich verkündet werden.

Die Fechterin Muhammad sagte, dass ihr Glaube, der für Frauen eine gemäßigte Kleidung notwendig mache, ihre Entscheidung für das Fechten beeinflusst habe. Bei diesem Sport müssten sich die Athletinnen sowieso von Kopf bis Fuß bedecken. „Bei Wettkämpfen bin ich oft die einzige Afroamerikanerin, die ­einzige schwarze Person und definitiv der einzi­ge Muslim; nicht nur im US-Team, sondern im gesamten Wettkampf. Dass kann wirklich schwierig sein…“, berichtet sie.

Angesichts ihrer Vielfalt sind muslimische Sportlerinnen ein Vorbild für junge Frauen aus aller Welt. Und doch stehen manche junge Frauen aus muslimischen Familien vor Problemen. Entweder müssen sie kulturelle Begrenzungen überwinden, weil ihre Eltern glauben, dass junge Frauen keine Sportlerinnen werden sollten oder vielleicht auch nur, weil sie keine Vorbilder haben. Diese Beschränkungen jedoch haben die pakistanische Sprinterin Naseem Hameed nicht daran gehindert, 2010 die Goldmedaille bei den 100 Metern der Südasien-Spiele zu gewinnen. Das macht sie zur schnellsten Frau des Subkontinents. Je mehr Athletinnen wie Hameed die Bühne betreten, desto stärker können junge Frauen sie sich als Vorbild nehmen, um sich höhere Ziele zu setzen – insbesondere im Sport.

Andere Sportlerinnen müssen deutlich höhere Hürden nehmen. Sadaf Rahimi, eine 17-jährige Boxerin aus Afghanistan war eine der für einen Preis nominierten Musliminnen. Sie muss mit dem Mangel an geeigneten Sportstätten fertig werden. Und mit der Schwierigkeit in einem Land zu leben, in dem die Taliban noch vor Kurzem Frauen jede Art von Sport untersagten. Rahimi, die dieses Jahr für Afghanistan als Boxerin an den Olympischen Spielen in London antritt, ist ein Gegenmittel zu den Vorurteilen über afghanische Frauen. Wie andere auch widerlegt sie das Missverständnis, dass Musliminnen keine Sportlerinnen sein können, während sie gleichzeitig demonstriert, dass Durchhaltevermögen selbst die schwierigsten Hürden überwinden hilft. Das Golfemirat Katar ließ jüngst verlautbaren, dass es zum ersten Mal Sportlerinnen zu den Olympischen Spielen schickt. Brunei nominierte mit Maziah Mahusin zum erstmals eine Frau in ihre Olympiamannschaft. Deren Teilnahme am Sport kündigt eine neue Ära an.

Viele Sportlerinnen in London berichteten, dass sie niemals erwartet hätten, so weit zu kommen. Eine Realität, die junge Frauen zeigt, wie sie in der Lage sind, mehr zu erreichen, als sie selbst glauben würden. Bei den Ambassador Awards dachte Ibtihaj Muhammad darüber nach, wie sehr ihre Glaube und ihr Sport ihre Identität geprägt hätten: „In einer Millionen Jahre hätte ich niemals geglaubt, dass mich mein Kopftuch zum Fechten geführt hat. Zu einem Sport also, von dem ich niemals gedacht hätte, wie viel er mir bedeuten würde. Er ist Teil meiner Selbst geworden.“

Die Autorin ist Journalistin für Multimedia- und Printpublikationen. Marium Sattar schloss vor Kurzem ihr Journalismusstudium an der Columbia University in New York ab.