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Muslimische Väter sollten sich zusammenreißen

Ausgabe 300

Foto: dotshock, Shutterstock

(Muslimmatters.org). Es gibt das alte Sprichwort: „Es braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen.“ Für mich betont diese Aussage den enormen Einfluss, den Umwelt und Gleichaltrige auf seine Entwicklung haben. In einem Hadith, das von Imam Muslim überliefert wurde, erwähnt der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, dass Schafhirten sanftmütig und bescheiden sind, während die Aufseher von Kamelen stolz und arrogant sind. Sie werden beeinflusst vom innewohnenden Charakter der Tiere, um die sie sich kümmern. In einem Kommentar dieses Hadithes haben die Gelehrten darauf hingewiesen, dass, wenn Menschen anfällig dafür sind, vom Charakter der Tiere beeinflusst zu werden; wie anfälliger müssen sie dann sein, durch andere Menschen und Kulturen beeinflusst zu werden?

Nehmen Sie sich Zeit, um über die heutige Situation in muslimischen Familien nachzudenken. Verschaffen Sie sich einen kurzen Überblick über die Massenkultur. Schauen Sie, was im Fernsehen oder im Kino läuft, was die beliebtesten Geschichten im Internet sind und worüber der durchschnittliche ­Kollege oder Klassenkamerad spricht.

Zwar gibt es positive Goldstücke zu finden, aber die überwiegende Mehrheit dessen, was in der Wolke der Mainstreamkultur vibriert, ist kleinlich, egoistisch und nachsichtig. „Muslimische“ Kulturen sind davon nicht ausgenommen. Dies ist unser neues, globales Dorf. Unsere Kinder verdienen Besseres. Die einzige Person, die es den Kindern bieten kann, sind wird, so Allah will.

„Jeder von euch ist ein Schafhirte. Und jeder von euch wird über seine Herde befragt ­werden“, ließ uns der Gesandte Allahs wissen. Gab es jemals einen Moment der Geschichte, in welcher dieses Hadith wichtiger für muslimische Eltern war als heute? Gab es jemals eine Zeit, in der Ehebruch, Respektlosigkeit, Unkenntnis von Allah, Rücksichtslosigkeit sowie Rausch und Betäubung – die von allen großen Religionen abgelehnt werden – nicht nur akzeptiert, sondern auch Kindern als ­annehmbar aufgezeigt werden? Ich wünschte, das wäre übertrieben und dass ich eine Art rechter Populist mit Turban wäre. Aber ein genauer Blick auf Medien, die bei der Jugend beliebt sind und man könnte mir böse sein, dass ich das Problem untertreibe.

Die muslimische Gemeinschaft ist davon nicht magisch beschützt. Nur weil unsere ­Kinder Aischa und Muhammad heißen oder ein Urgroßvater Hafiz des Qur’an war, gewährt das keinen mythischen Schutz vor den Krankheiten der Gesellschaft. Durch Recherche und persönliche Erfahrung weiß ich, dass einige unserer Kinder derselben Unmoral zum Opfer fallen können, unter der die Jugend anderer Gemeinschaften leidet.

Auch hier gibt es Geschichten von Ehebruch/Zina, Alkohol- und Drogenmissbrauch und Schlimmeren. Wir sind nicht immun! Unsere Kinder brauchen Schutz. Und für diesen benötigen sie einen echten muslimischen Vater.

Um die unvermeidliche Frage ansprechen: Warum spreche ich über muslimische Väter und nicht über Mütter? Die einfache Antwort lautet, dass die Beteiligung der Mütter an der Erziehung der Kinder unserer Gemeinschaft relativ hoch ist. Wenn man sich Webseiten mit muslimischen Eltern, Moscheeaktivitäten für Kinder usw. ansieht, wird man feststellen, dass die Mehrheit der Teilnehmer Mütter sind. Oder noch besser: sprechen wir mit den Jugendlichen unserer Gemeinschaften und fragen diese nach der Beziehung zu den Eltern.

Wenn es um die Mütter geht, so die häufige Klage, werden viele als zu interessiert, neugierig und erdrückend beschrieben. Fragt man nach den Vätern, erhält man oft leere Blicke und vage, schüchterne Antworten, dass sie nicht viel Zeit miteinander verbringen. Unsere Schwestern sollten diese enorme Verantwortung nicht allein tragen. Kinder brauchen die einzigartige Dynamik, die ein Vater und eine Mutter für eine Familie bedeuten.

Allah hat alles mit einer innewohnenden ­Natur und Zweck geschaffen. Darauf wird vom Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, mit den Worten verwiesen: „Menschen sind Mineralien wie es Gold und Silber sind. Der beste von ihnen vor dem Islam ist der beste im Islam, wenn sie Wissen und Verständnis erlangen.“ (überliefert von Bukhari und Muslim)

Es gibt eine spezifische Rolle, die Männer in der Familie spielen sollen – egal, was die heutige Gender-Politik davon denken mag. Wenn man dieser Rolle nicht gerecht wird, kann man kein Mann sein. Unser Schöpfer sagte: „Männer stehen in Verantwortung für die Frauen.“ (An-Nisa, Sure 4, 34). Ich verstehe, dass dieser Vers oft als Totschlagargument benutzt wurde, um Frauen zu unwürdigem und unterwürfigem Verhalten gegenüber Männern zu zwingen. Aber das ist Ergebnis einer rückständigen Macho-Kultur und hat nichts mit der Absicht unseres Schöpfers zu tun.

Die Lösung kommt aus der Sunna des ­Gesandten Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben. Im Umgang mit seinen Gattinnen und Kindern war er freundlich, rücksichtsvoll, mitfühlend und geduldig. Und zwar so sehr, dass sich jeder heutige ­Beziehungsratgeber neidisch schämen würde. Und er besiegelte das Thema mit dem ­bekannten Satz: „Der Beste unter euch ist derjenige, der am besten mit seiner Familie ist. Und ich bin der Beste unter euch für meine Familie.“ (At-Tirmidhi)

Um es zu wiederholen: Wer nicht stark, freundlich und fürsorglich gegenüber der ­Familie sein kann, kann kein ganzheitlicher Mann und Gläubiger sein.