Naher Osten: Unternehmerinnen kämpfen um Chancen. Von Nina Schmedding

Ausgabe 209

Die bisherigen politischen Umwälzun­gen im Nahen Osten und in ­Nordafrika müssen in wirtschaftliche Verbesserungen für Frauen münden. Heute sind 75 Prozent der 1,3 Milliarden Armen weltweit und Frauen. Dabei investieren Frauen eher in Familie, Gesundheit, Ernährung und Bildung.

(KNA). Ghada Waly lächelt, wenn sie sich an den Arabischen Frühling in Ägypten erinnert. Frauen und Männer – damals haben sie Seite an Seite gekämpft für ein neues Ägypten, die Rolle der Frauen war dabei wesentlich. Jetzt, knapp zwei Jahre später, habe sich die Situation verändert. „Die kulturellen Barrieren kommen mit Macht zurück“, sagt sie bedauernd. „Aber wir Frauen werden das Erkämpfte nicht so leicht aufgeben. Wir müssen die Revolution zu Ende bringen.“ Ghada Waly ist Direktorin des Ägyptischen Sozialfonds für Entwicklung. Sie setzt sich für eine größere Beteiligung von Frauen im Wirtschaftsleben in ihrer Heimat ein.

Denn trotz Modernisierungserfolgen und Fortschritten im Bereich Bildung beteiligen sich Frauen in Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Wirtschaftsleben nur sehr gering. So waren in Ägypten, Jordanien, Marokko und Tunesien 2009 im Schnitt nur 25 Prozent aller Frauen erwerbstätig. Die wirtschaftliche Integration von Frauen werde durch grundlegende soziokulturelle Hürden behindert, meint Waly. Hinzu kämen institutionelle und rechtliche Hindernisse, wie schlechter Zugang zu beruflicher Bildung oder Jobs im privaten Sektor sowie fehlende Angebote für Kinderbetreuung und unflexible Arbeitszeiten.

„25 Prozent der Kleinunternehmen und 50 Prozent der Mikrounternehmen werden in Ägypten zwar offiziell von Frauen geführt. Das heißt aber nicht, dass sie auch die Entscheidenden sind“, berichtet, Oft genug würde nur die Unterschrift der Frau benutzt, Mitspracherechte habe sie keine. Ein weiteres Problem für Unternehmensgründerinnen: Rund zwei Millionen Frauen in Ägypten besäßen keinen Personalausweis, weitere zwei Millionen nicht einmal eine Geburtsurkunde.

Insgesamt werden 31 bis 38 Prozent der Kleinstunternehmen in Entwicklungsländern von Frauen geführt. Dennoch sind ihre durchschnittlichen Wachstumsraten deutlich niedriger als die Kleinstunternehmen, die von Männern geleitet werden. „Dabei zeigen Studien, dass Frauen der Gemeinschaft von großem Nutzen sind, da sie ihr Gewinne eher in die Familie, Gesundheit, Ernährung und Bildung investieren als Männer“, sagt Valerie D’Costa, Managerin eines speziellen Entwicklungsprogramms für Frauen bei der Weltbank. Mit Wettbewerben versucht die Weltbank Frauen zum Unternehmertum zu ermutigen. Wichtig sei, „dass Frauen andere Frauen zum Vorbild haben, denen der Schritt gelungen ist“.

75 Prozent der 1,3 Milliarden Menschen weltweit – die in vollkommener Armut leben – sind Frauen, glaubt die Hilfsorganisation CARE. Es seien soziale, politische und kulturelle Barrieren, die den Frauen oft jedes Recht auf Bildung, Erwerbsmöglichkeiten, medizinische Versorgung, politische Mitsprache und Selbstbestimmung verwehrten. Frauen leisteten zwar zwei Drittel aller Arbeitsstunden weltweit, verdienten jedoch nur 10 Prozent des globalen Einkommens. Ebenso produzierten Frauen 50 Prozent der Nahrungsmittel auf der Erde, besäßen aber nur 1 Prozent der Ackerfläche.