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Obama-Autobiografie: Ein „Heilsbringer“ ergreift das Wort

Foto: Gage Skidmore, Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

Strenge Geheimhaltung bis zum Erscheinungstag, parallele Publikation in 25 Sprachen von Albanisch bis Vietnamesisch, dazu jede Menge PR: Für Band 1 der Obama-Memoiren kommt das ganz große Besteck zum Einsatz.

Bonn (KNA). Da liegt er nun also in den Auslagen der Buchhandlungen: Ein 1.000-Seiten-Wälzer für 42 Euro – und das ist nur der erste von geplanten zwei Bänden. Die Rezensenten werden wohl noch einige Zeit brauchen, um alle Einzelheiten des Werks zu studieren. Aber fest steht schon jetzt: Mit Teil eins seiner Autobiografie hat Barack Obama, ehemaliger US-Präsident, dessen Verehrung schon zu Amtszeiten mitunter messianische Züge annahm, das Buch der Bücher vorgelegt – zumindest, wenn man auf das laufende Geschäftsjahr der Branche blickt.

Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ jedenfalls gibt die Einschätzung von James Daunt wieder, Chef von Barnes & Noble, der größten Buchhandelskette der Welt, wonach die Obama-Memoiren an die Rekordmarken vom 21. Juli 2007 heranreichen könnten. Damals erschien der letzte Band der Harry-Potter-Reihe der britischen Autorin Joanne K. Rowling.

Der Autor selbst stapelt zu Beginn seiner Erinnerungen tief. Ein literarischer Zauberlehrling sei er nicht, räumt Obama ein. Der Schreibprozess verlief seinen Worten zufolge „nicht ganz nach Plan“. Ihm sei bewusst, „dass ein begabterer Autor einen Weg gefunden hätte, dieselbe Geschichte kürzer zu erzählen“.

Dafür gibt es genügend andere, die ihn beweihräuchern. „Durch sein Sprechen und Handeln hat Barack Obama die Welt und den Gang der Geschichte bleibend geprägt und als ein Leuchtfeuer der Hoffnung und des Fortschritts gewirkt, das so viele inspiriert hat“, meint etwa Markus Dohle, Chef von Penguin Random House, das für angeblich 65 Millionen US-Dollar die Weltrechte für die Erinnerungen Obamas und seiner Frau Michelle erworben hat.

In „A Promised Land“, zu deutsch: „Ein verheißenes Land“ erzählt der Ex-Präsident und Friedensnobelpreisträger laut Verlagsangaben „die Geschichte seiner unwahrscheinlichen Odyssee vom jungen Mann auf der Suche nach seiner Identität bis hin zum führenden Politiker der Freien Welt“. Der biblisch anmutende Titel des Buches stammt aus einem afroamerikanischen Spiritual, das Obama seinem Buch voranstellt.

Direkt darunter hat er drei Zeilen eines Gedichts von Robert Frost gesetzt: „Unterschätzt nicht unsere Kräfte; / Wir haben uns genähert / Der Unendlichkeit.“ Als schon in Ehren ergrauter Poet wertete Frost die Amtseinführung von John F. Kennedy 1961 literarisch auf; ein anderer Heilsbringer der jüngeren US-Geschichte. Der historische Referenzrahmen stimmt schon mal.

Natürlich geht es um große Politik, die Finanzkrise, der Kampf gegen Osama Bin Laden und den islamistischen Terror oder das Tauziehen um die Gesundheitsreform. Letztere unterstützt unter anderen durch die Ordensfrau Carol Keehan, die für den dankbaren Obama – „Ich mag Nonnen“ – versuchte, bei den Katholiken Bedenken gegen das Projekt zu zerstreuen. Aber auch Persönliches kommt nicht zur kurz. Selbst ein politisches Glamourpaar wie die Obamas hatten als junge Eltern ganz offenbar Schwierigkeiten, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Eine tröstliche Botschaft für manchen Leser.

Der lässige, manchmal selbstironische Obama-Sound tut auch aus anderen Gründen gerade ziemlich gut – und das weiß der Autor selbst am allerbesten. Sein Nachfolger Donald Trump war nicht nur rhetorisch schlichter und schlechter unterwegs. „Unsere Demokratie scheint am Rand einer Krise zu taumeln“, schreibt Obama, der darauf hofft, dass die nächste Generation die Welt erneuert und „durch harte Arbeit, Entschlossenheit und eine große Portion Fantasie“ ein Amerika zustande bringt, „das endlich allem entspricht, was wir als Bestes in uns tragen.“

„Make America great again“ – nur irgendwie anders. Mehr als ein Seitenhieb gegen den Narzissten im Weißen Haus, den Obama lediglich fünfmal explizit erwähnt. Donald Trumps Veröffentlichung „The Art of the Deal“ kam seinerzeit übrigens mit 150.000 Exemplaren auf den Markt. Allein in Deutschland geht Obama mit einer 300.000er-Auflage an den Start.