Pakistan: Mord in der Schuldenfalle

Foto: Rafael Matsunaga, via Wikimedia | Lizenz: CC BY 2.0

(VoJ). Am 24. September 2015 gab Pakistan Staatsanleihen in Höhe von rund 447 Millionen Euro aus, mit einer Laufzeit von zehn Jahren zu 8,25 Prozent auf dem Eurobond-Markt. Dieses Schulden-Instrument erlebt ein außerordentliches Wachstum und liegt auf den sekundären Märkten derzeit bei einem Wert von 105,59 Cents. Der Wert der Bonds stieg 35 Tage nach ihrer Ausgabe um sieben Prozent. Das ist – angesichts der anderen Schulden-Instrumente auf den Umlaufmärkten – ein erstaunliches Wachstum. Diese Euro-Anleihen in Höhe von 447 Millionen Euros haben in 30 Tagen beinahe 30 Millionen Euro in Relation zu ihrem Nennwert eingebracht. Überrascht?
Die, von der pakistanischen Regierung ausgegebenen Schuldverpflichtungen haben einige über Nacht reich gemacht. Es hat den Anschein, dass Investoren Schlange stehen, um vom Kauf pakistanischer Anleihen zu profitieren. Schuldverschreibungen anderer Länder werden auf den entsprechenden Märkten mit Zinsraten von nicht mehr als 2 bis 2,5 Prozent gehandelt. Auch wenn die Zinsen dieses pakistanischen Papiers von 8,25 auf 7,25 Prozent fielen, sind sie immer noch zu hoch für ein verschuldetes Land wie Pakistan.
Bereits zuvor verkaufte Islamabad im April 2014 Euro-Anleihen auf den internationalen Schuldenmärkten in Höhe von ca. 1,79 Milliarden Euros. Eine Hälfte, zu 8,25 Prozent, hat eine Laufzeit von zehn Jahren (556 Basispunkte über der Benchmark-Rate bei zehnjährigen US-Staatsschatzbriefen). Der Rest wurde auf den Märkten über fünf Jahre mit einer festen Rate von 7,25 Prozent verkauft (558 Punkte über vergleichbare US-Papiere).
Ursprünglich beabsichtigte die Regierung nur einen Nennwert von rund 446 Millionen Euros. Sie erhielt aber Angebote von ingesamt 5,36 Milliarden Euros. Schließlich wurde das Angebot auf 1,79 Milliarden begrenzt. Nach Angaben der Regierung belege das ein Interesse ausländischer Investoren an der pakistanischen Wirtschaft. Derzeit werden diese Anleihen zu einem Preis gehandelt, der höher ist als zu ihrem Ausgabezeitpunkt.
Islamabad hat in beinahe einem Jahr drei große internationale Kreditaufnahmen durchgeführt. Zwei davon haben wir bereits behandelt. Die dritte bestand aus sogenannten Sukuk-Anteilsscheinen. Sie wurden in Höhe von umgerechnet 837 Millionen Euros, mit einer Laufzeit von fünf Jahren, ausgegeben. Ihre Zinsrate lag bei 6,75 Prozent.
Sukuk sind „islamische Anteilsscheine“, die durch Sicherheiten gedeckt sind. Pakistans Regierung hat dazu die Autobahn von Islamabad nach Lahore für fünf Jahre verpfändet. Daher waren die Zinsen hier geringer als die Transaktion der Euro-Anleihen. Islamabad entschied sich für Sukuk, um das verlorene Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen, nachdem Transaktionen mit der staatlichen Erdöl- und Erdgasfirma OGDCL scheiterten. Die Administration plant, ihre Anteile an den Unternehmen HBL, UBL, PIA und PPL zu verkaufen. Sie spricht von 20 Milliarden US-Dollar großen Devisenreserven. Warum beeilt sie sich also, nationale Besitztümer zu verschleudern?
Am 23. Dezember 2012 legte der Internationale Währungsfonds (IWF) einen Zinssatz von null Prozent für arme Länder fest. Pakistan leiht wiederholt bei nationalen und internationalen Gläubigern, um seine Wirtschaft am Laufen zu halten. Die Auslandsschulden liegen derzeit bei über 60 Milliarden Euro, die an verschiedene Geldgeber zu zahlen sind. Und doch will es der Welt eifrig beweisen, dass es reicher als die reichen Länder der Welt ist.
Nigeria hat seine Schatzbriefe für 7 Prozent auf den Umlaufmärkten angeboten und Ägypten gibt seine Schuld-Instrumente mit 6 Prozent heraus. Die Zinsraten anderer nahöstlicher und afrikanischer Staaten liegen bei rund 2,8 Prozent. Währenddessen versprachen die USA am 27. Oktober 2015, auf ihre zehnjährigen Schatzbriefe 2,05 Prozent Zinsen.
Stellen wir uns jetzt den Unterschied zwischen den jährlichen Ertragsraten der Gläubigerpapiere der USA (einer billionenschweren Wirtschaft) und Pakistan (einer milliardenschweren) vor: 2,05 Prozent im Vergleich zu 8,25 Prozent.
Pakistan versprach dem IWF Reformen des Energiesektors, um sich Geld zu 2-3 Prozent Zinsen zu leihen. Es ist aber daran gescheitert, irgend einen Fortschritt zu machen. Aus diesem Grund machte das Land einen durchschlagenden Auftritt auf dem internationalen Schulden-Markt – bei einem Zinssatz in Höhe von 8,25 Prozent.
Regierungsvertreter erklärten, sie müssten fällige Anleihen mit der gleichen Laufzeit zurückbezahlen, die 2006 ausgegeben wurden. Hier stellt sich die Frage, warum das Land als Staat kein Einkommen erwirtschaftet? Warum muss es sich mehr borgen, um fällige Kredite zu bezahlen?
Vor allem sollten all die Schulden aus unterschiedlichen Quellen für Arbeitsplätze, Bildung, erschwingliche Stromerzeugung, Ausmerzung von Korruption, Ausweitung von Bewässerungssystemen, großen Staudämmen und staatlichen Fabriken ausgegeben werden. Nur so kann Pakistan als Staat Einkünfte erzielen und ist in der Lage, Schulden zu zahlen.
Sich mehr zu leihen, um offene Forderungen zu begleichen, führt in die gleiche Schuldenfalle, in derGriechenland steckt. Es ist alarmierend, dass 47 Prozent von allem, was Pakistan als Einkommen erwirtschaftet, für den Schuldendienst aufgewandt wird.
Wir sollten uns fürchten, dass Pakistan nicht das griechische Schicksal erleidet. Athen muss neu borgen, um vorherige Kredite pünktlich zu bedienen. Es wiederholt diese Strategie seit Jahren. Bisher gelingt es Pakistan besser, seine Gläubiger zu bezahlen, aber das wird nicht mehr lange funktionieren.
Wir müssen unsere nationalen Aktivposten mobilisieren, um Gewinne zu erwirtschaften. Nur so sind wir in einer besseren Lage, unsere Schulden zu zahlen, anstatt immer neue aufzunehmen. Pakistan mangelt es an Geld. Andauernde Kreditaufnahme kann nicht die Lösung dafür sein. Eine Lösung findet sich in einer wirklichen Wirtschaftsreform, der Nutzung natürlicher Ressourcen sowie in der Beilegung der Energiekrisen, die unsere Industrien ersticken und Entwicklung behindern.
Quelle: Voices of Journalists. Übersetzung und Veröffentlichung mit Genehmigung der Redaktion.