Paris zieht die Schraube an

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Straßburg (iz). Nicht erst seit den beiden erschreckenden Terroranschlägen der letzten beiden zweieinhalb Wochen plant Staatspräsident Emmanuel Macron eine Verschärfung der staatlichen Politik gegen muslimische Gemeinschaften und Organisationen der Republik. Unabhängig von diesen Verbrechen sprach Macron sich bereits zuvor für einen gesteigerten Kampf gegen „Islamismus“ und dem sogenannten Separatismus aus.

Nach dem Mord am Lehrer Samuel Paty beschloss der Ministerrat in Paris drei Maßnahmen, die das Verhältnis zwischen Staat und Gemeinschaften verändern werden: 1.) finanzielle Transparenz, 2.) Unterzeichnung eines Vertrags zur Anerkennung „republikanischer Werte“ und 3.) die Möglichkeiten des Ministerrates zur Einschränkung und zum Verbot von Organisationen wird verlängert.

Die Befugnisse dieses Gremiums sollen erweitert werden. Um gegen „den Einsatz mutmaßlicher Strategien zur Indoktrinierung“ durch Organisationen vorzugehen, sollen die Kriterien für deren Auflösung durch den Rat durch die Prinzipien des „Angriffs auf die Würde der Person“ sowie „körperliche und physische Attacken“ erweitert werden.

Präsident Macron bestätigte, dass jeder Verein jetzt „einen Vertrag über das Engagement zum Respekt für die republikanischen Werte und die Mindestwerte des sozialen Lebens“ unterschreiben müsse. Im Falle einer Nichteinhaltung dieser „Charter des Säkularismus“ müsse der Verantwortliche betroffene Fördergelder zurückerstatten. Außerdem solle die Überwachung von Organisationen erhöht werden.

Der Präsident wird die Gründe für Vereinsauflösungen im Ministerrat erweitern. Das gelte für den Fall „eines Angriffes auf die Würde der Person oder wenn Vereine sich an psychologischem oder physischem Druck auf Menschen, insbesondere verletzliche Gruppen, beteiligen“. Ohne auf eine formelle Auflösung zu warten, soll der Mechanismus einer „Schutz-Aufhebung“ eingeführt werden.

Nach Ansicht französischer Muslime und Beobachter werde sich der Druck auf Organisationen erhöhen. Bezirkspräfekten seien nun in die Lage versetzt, die Verantwortlichen religiöser Vereine zu überwachen und sicherzustellen, dass sie nicht im Zusammenhang mit Radikalisierung oder Terrorismus verurteilt wurden. Nach Angaben des zuständigen Ministers sei dies bisher nicht der Fall gewesen.

Zukünftig sollen die Präfekten eine größere Rolle bei der Überwachung muslimischer Organisationen spielen. In Hinblick auf öffentliche Fördergelder „kann der Präfekt – unter richterlicher Aufsicht – die Einstellung und Rückzahlung von Fördergeldern fordern“, erklärte der Minister. Des Weiteren könne eine Organisation für rassistische, antisemitische und entwürdigende Aussagen ihres Vorsitzenden verantwortlich gemacht werden.

Die NGO Barakacity wurde im Rahmen der neuen Regelungen vor wenigen aufgelöst. 2010 gegründet aus dem mutmaßlichen salafistischen Umfeld betreibt sie humanitäre Hilfe in verschiedenen muslimischen Gebieten weltweit. Die Regierung warf ihr vor, „in die Hände des radikalen Islamismus zu spielen“. Innenminister Gerald Darmanin warf ihr „Beziehungen zur radikalislamistischen Bewegung“ vor und beschuldigte sie der „Rechtfertigung terroristischer Akte“.

Der Innenminister untersucht auch die Möglichkeit zur Einleitung von Maßnahme zur Auflösung des Collective against Islamophobia in France (CCIF). Darmanin beschrieb die NGO als „islamistische Einrichtung“, die „gegen die Republik“ arbeiten würde.