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Politik fordert „entschlossenes Handeln“

Foto: Deutscher Bundestag / Achim Melde

Berlin (KNA). Zwei Wochen nach den rassistisch motivierten Morden von Hanau haben zahlreiche Politiker im Bundestag ein konsequentes Vorgehen gegen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus gefordert. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble rief zu „Aufrichtigkeit, Selbstkritik und entschlossenem Handeln“ auf. „Das sind wir den Ermordeten von Hanau schuldig“, sagte Schäuble am 5. März. Die Abgeordneten gedachten der Opfer mit einer Schweigeminute.

Am 19. Februar hatte den Ermittlungen zufolge ein 43-jähriger Deutscher in Hanau neun Menschen mit Migrationshintergrund erschossen. Danach hatte er seine Mutter und sich selbst getötet. Die Bundesanwaltschaft attestierte dem Täter eine „zutiefst rassistische Gesinnung“.

Schäuble verlangte Aufrichtigkeit vom Staat, „der sich eingestehen muss, die rechtsextremistische Gefahr zu lange unterschätzt zu haben“. Die „lange Spur mörderischer Übergriffe“ sei Terrorismus. Darauf müsse der Staat mit allen rechtsstaatlichen Mitteln reagieren und radikale Netzwerke aufdecken sowie rechtsextremistische Vereinigungen zerschlagen. Es sei Aufgabe des Staates, Würde und Rechte des Individuums zu schützen. „Nichts rechtfertigt, Menschen wegen ihrer Herkunft oder ihres Glaubens herabzusetzen, zu verunglimpfen, zu verfolgen, anzugreifen“, sagte Schäuble.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bekräftigte, dass der Staat vor allem auf die Gefahr von rechts schauen müsse. „Der Rechtsextremismus, der Rechtsterrorismus, der Antisemitismus sind die höchste Gefährdung unseres freiheitlichen Rechtsstaates“, sagte er. Das beginne mit einer Verrohung der Sprache, die die Saat sei für Gewalt.

Die Bundesregierung sei zusammen mit den Ländern bereits aktiv geworden und habe zum Beispiel das Personal der Sicherheitsbehörden aufgestockt, ein Gesetz gegen Hass im Netz auf den Weg gebracht, das Waffenrecht verschärft und einen Kabinettsausschuss zu Rechtsextremismus gegründet, sagte Seehofer. Nötig sei eine wehrhafte Demokratie: „Dazu brauchen wir mutige Demokraten, aber dazu brauchen wir auch und vor allem einen starken Staat, wenn es um den Schutz unserer freiheitlichen Grundordnung geht.“

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, man dürfe nicht weiter zuschauen, wie auf Gewalthetze Taten folgten. Zum Kampf dagegen gehörten „harte Strafen und konsequente Verfolgung“. Politisch und gesellschaftlich aktive Menschen müssten besser geschützt werden, sie seien die Stützen der freien Gesellschaft. „Deswegen müssen wir dafür sorgen, dass sich niemand mundtot machen lässt durch solche Angriffe“, mahnte Lambrecht. „Unsere Demokratie ist wehrhaft und unser Rechtsstaat ist stark, aber er muss jeden Tag verteidigt werden. Wir nehmen den Kampf auf.“

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, verlangte, Muslimfeindlichkeit genauso wie Judenhass zu begegnen. Zudem erklärte sie, die Zuschreibung eines Migrationshintergrunds entspreche längst nicht mehr der Realität und dem Selbstverständnis vieler Menschen. „Wir müssen endlich aufhören, unsere Gesellschaft in ‘Wir Deutsche’ und ‘Ihr Eingewanderte’ zu trennen“, mahnte die CDU-Politikerin. „Es gibt nur ein ‘Wir’.“