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Postwahrheiten statt reale Verhältnisse?

Ausgabe 259

Foto: cleankidsmagazin, Pixabay | Lizenz: CC0 Public Domain

(iz|KNA). Es mag kein reiner Zufall oder bloße Laune des internationalen Feuilletons sein, dass 2016 zum Jahr des „Postfaktischen“ gekürt wurde. Eine der faktenresistenten „Wahrheiten“ in sich verhärtenden Zirkeln ist die Vorstellung einer „Islamisierung“. Ein Aspekt dessen ist auch die Überzeugung, von viel mehr Muslimen umgeben zu sein, als wirklich in dem jeweiligen Heimatland leben.
Vor Kurzem veröffentlichte das Ipsos-Institut eine internationale Umfrage über die Wahrnehmung von Bürgern in ausgesuchten Ländern, wie viele Muslime in ihrer jeweiligen Nation lebten. Im Vergleich zu den realen Zahlen ergeben sich dabei Verhältnisse, bei denen die vorgestellten Zahlen oft um ein vielfaches höher sind als die wirklichen.
Soweit es Deutschland betrifft, schätzten die Befragten die Menge der Muslime Deutschlands auf durchschnittlich 21 Prozent. Derzeit liegt der muslimische Bevölkerungsanteil bei etwas weniger als fünf Prozent. Teil dieser Menge sind jene Neuankömmlinge, zumeist Flüchtlinge, die in den letzten Jahren hierherkamen. Ihre Zahl liegt bei rund 1,2 Millionen. Diese Ergebnisse gehen aus einer Hochrechnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hervor. Beim Stichtag 31.12.2015 lag der Anteil der Muslime in Deutschland an der Gesamtbevölkerung laut BAMF zwischen 5,4 und 5,7 Prozent.
Mehr als Schätzungen sind in der Bundesrepublik nicht möglich, da es keine durchgängige zentrale Erfassung der muslimischen Religionszugehörigkeit gibt. Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa hätten die demografischen Veränderungen der muslimischen Gemeinschaft zu Verschiebungen bei den Herkunftsanteilen geführt.
In Deutschland hat die Zuwanderung in den letzten zehn Jahren kontinuierlich zugenommen. 2015 seien insgesamt 2,14 Millionen Zuzüge registriert worden, heißt es in dem vom Bundesinnenministerium vorgelegten Migrationsbericht, den das Kabinett in Auftrag gab. Dies sei die höchste Zahl seit Beginn der Statistik im Jahr 1952. Unter den Zuwanderern seien viele Schutzsuchende, aber auch viele Unionsbürger aus anderen EU-Staaten sowie Deutsche. Insgesamt seien im vergangenen Jahr 890.000 Asylsuchende erfasst worden.
Die Ipsos-Studie wurde weltweit in 40 Ländern durchgeführt und beschäftigt sich mit den Unterschieden zwischen persönlicher Wahrnehmung und Realität. Auch die Befragten in den meisten anderen Ländern, darunter einige europäische Staaten, überschätzten den Anteil der Muslime an der Bevölkerung und deren Anstieg. (sw|ak)