Prominente Bewerber um die Merkel-Nachfolge

Foto: Sandro Halank, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Berlin (KNA). Mit Friedrich Merz, Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn gibt es gleich drei prominente Bewerber, die am Montag ihren Willen bekundeten, Angela Merkel an der Spitze der Union nachfolgen zu wollen. Alle drei stammen aus dem katholischen Milieu. Die beiden Westfalen Merz und Spahn gelten eher als Exponenten des konservativen Flügels der CDU und haben sich als Merkel-Kritiker hervorgetan, Kramp-Karrenbauer gilt als eine der engsten Merkel-Vertrauten. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) skizziert ihren politischen Werdegang.

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Annegret Kramp-Karrenbauer
Die frühere saarländische Ministerpräsidentin (56) ist im Herbst der Ära Merkel zur Hoffnungsträgerin der Union avanciert. Ihr Wahlsieg im kleinsten Bundesland stoppte im Frühjahr 2017 erstmals den vermeintlichen Siegeszug des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Nach dem Rückzug von Peter Tauber wurde sie im Februar 2018 mit 98,8 Prozent der Stimmen zur neuen Generalsekretärin der CDU gewählt. Seitdem tourt sie durch Deutschland, um das neue Grundsatzprogramm ihrer Partei vorzubereiten und die Stimmung der Parteibasis zu erkunden.
Die am 9. August 1962 geborene und in Püttlingen aufgewachsene Katholikin war schon während ihres Studiums der Rechts- und Politikwissenschaft kommunalpolitisch tätig. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller berief sie 2000 zur ersten Innenministerin Deutschlands. Später wurde sie Kultus-, dann Arbeits- und Sozialministerin. 2011 dann der Aufstieg zur ersten Regierungschefin des Saarlands, wo sie in diesem Amt zwei Landtagswahlen gewann und Bündnisse mit Rot, Grün und Gelb schmiedete. Die auch „AKK“ genannte Kramp-Karrenbauer ist ähnlich wie Merkel eine pragmatisch handelnde, bodenständige und unprätentiöse Politikerin. Sie stand bei der Aufnahme der vielen Flüchtlinge in Deutschland auf Seiten der Kanzlerin. Zugleich betonte sie immer wieder, dass fürs Zusammenleben das Einhalten der gesellschaftlichen Regeln wesentlich sei. Wer nicht als Schutzsuchender anerkannt werde, müsse konsequent abgeschoben werden.
Die CDU-Generalsekretärin hat auch große Erfahrungen in der Wirtschaftspolitik. Als einen ihrer größten politischen Erfolge nennt sie die Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern. In der Föderalismuskommission sei es durch zähes Verhandeln gelungen, das Überleben ihres finanziell schwachen Bundeslandes zu sichern. In der Familienpolitik verlangt sie mehr Betreuungsmöglichkeiten und finanzielle Unterstützung für Kinder. Gleichgeschlechtliche Ehen lehnte sie ab und warb für eine klare Unterscheidung zwischen klassischer Familie und neuen Arten des Zusammenlebens mit Kindern. Als Ministerpräsidentin wandte sie sich gegen eine Entscheidung des Saarbrücker Amtsgerichts, Kreuze aus den Sitzungssälen entfernen zu lassen. Das christliche Symbol sei „eine Ermahnung zur Demut“ und erinnere daran, „dass Menschen nicht der Weisheit letzter Schluss sind“, so Kramp-Karrenbauer, die auch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist.

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Friedrich Merz
Der in Brilon im Sauerland geborene Merz (62) ist Wirtschaftsanwalt. In der Union gilt der Sohn eines Richters als Vertreter konservativer und wirtschaftsnaher Positionen. So kämpfte der glänzende Redner für eine Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke und für eine eingeschränkte Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen. Bekannt wurde er durch seinen Vorschlag der „Steuer auf einem Bierdeckel“. 2003 hatte er ein Steuerkonzept ausgearbeitet, das mit nur drei Steuerstufen das Steuerrecht für die Bürger massiv vereinfachen sollte.
Katholisch und heimatverbunden – das ist eine andere Seite des überzeugten Europäers Merz: Mitglied einer katholischen Studentenverbindung, des heimischen Schützenvereins und der Kolpingfamilie. Aufgewachsen ist er im tief schwarzen Brilon, wo der Großvater 20 Jahre lang Bürgermeister war und zum Vorbild für politisches Engagement wurde. 1985 wurde der mit einer Juristin verheiratete Merz zunächst Richter und wechselte kurz danach in den Beruf des Rechtsanwalts. Seine politische Laufbahn begann er 1989 mit seiner Wahl ins Europaparlament in Straßburg. 1994 zog er für den Hochsauerland-Wahlkreis in den Bundestag ein. Im Jahr 2000 wurde er Fraktionsvorsitzender der Union und damit Nachfolger von Wolfgang Schäuble, der über die Spendenaffäre gestrauchelt war.
Eine Wahl zum Parteichef wäre für den 62-Jährigen eine späte Genugtuung. Nachdem die Parteivorsitzende Merkel nach der Bundestagswahl 2002 den Fraktionsvorsitz für sich beanspruchte, trat er 2004 von seinem Amt als stellvertretender Fraktionsvorsitzender zurück. Im Jahr 2009 zog er sich komplett aus der aktiven Politik zurück. Der Sauerländer war seitdem in verschiedenen Anwaltskanzleien tätig. 2016 wurde Merz Aufsichtsratschef vom deutschen Ableger des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock. Seit Dezember 2017 ist er Aufsichtsratsvorsitzender des Köln/Bonner Flughafens. Merz ist auch Vorsitzender des Netzwerkes Atlantik-Brücke, das enge wirtschaftspolitische Verbindungen zwischen den USA und Deutschland zum Ziel hat. Es war der bekennende Wertkonservative Merz, der den Begriff der „deutschen Leitkultur“ im Jahr 2000 ins Gespräch brachte. Der dreifache Familienvater kritisierte in dem Zusammenhang besonders traditionelle Bräuche bei Muslimen und forderte, sie müssten „unsere Sitten, Gebräuche und Gewohnheiten akzeptieren“. Strikt sprach er sich gegen die doppelte Staatsbürgerschaft und für die Abschiebung ausländischer Straftäter aus. Im Streit um den Paragrafen 218 stimmte er 1995 gegen den heute geltenden Kompromiss und für strengere Regelungen bei der Abtreibung.

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Jens Spahn
Wie Merz gilt der 38-jährige Münsterländer als Merkel-Kritiker, der immer wieder mit konservativen Positionen zu Leitkultur und Zuwanderung auf sich aufmerksam machte. In den vergangenen Monaten hat sich der vor Selbstbewusstsein strotzende CDU-Politiker allerdings stark auf das Amt des Bundesgesundheitsministers konzentriert und große Baustellen wie den Fachkräftemangel in der Pflege, die Organspende oder die Zukunft der Krankenhäuser bearbeitet.
Der Westfale steht für eine konservative Ausrichtung der Partei und ist bekennender Katholik, obwohl er als verheirateter Homosexueller konträr zu kirchlichen Positionen steht. Im Interview mit „Christ und Welt“ erklärte er im Mai, katholisch zu sein sei für ihn etwas Selbstverständliches. „Wo ich herkomme, da fragt keiner, ob man gerne Katholik ist. Man ist es.“
Geboren wurde Spahn 1980 in Ahaus. Verwurzelt ist er im Münsterland, wo er Messdiener war, Abitur machte, einem Kreisverband der Jungen Union vorsaß und zehn Jahre Mitglied in einem Stadtrat war. „Christdemokrat zu sein ist für mich vor allem auch eine Haltungsfrage. Dazu gehört, dass wir uns um das Beste bemühen sollen, ohne je perfekt sein zu können“, sagte er einmal in einem Gespräch mit der KNA. Als 22-Jähriger zog der gelernte Bankkaufmann 2002 in den Bundestag ein. Immer wieder eckte er an: Als 2008 die damalige große Koalition eine Rentenerhöhung beschlossen hatte, wertete der Jungpolitiker das als „Wahlgeschenk an die Rentner“ und löste eine Empörungswelle aus.
Im März 2018 zog er viel Kritik auf sich, als er erklärte, dass auch ohne Tafeln niemand in Deutschland verhungern müsse. Mit Hartz IV habe „jeder das, was er zum Leben braucht“. Auch in der Integrationspolitik zeigte er sich als Hardliner. Spahn war von 2005 bis 2015 gesundheitspolitischer Experte seiner Fraktion, ehe er Staatssekretär im Bundesfinanzministerium unter Wolfgang Schäuble wurde. Vor Auseinandersetzungen scheute er nicht, etwa, als er gegen Minister Hermann Gröhe erfolgreich für das Parteipräsidium kandidierte. Zu Merkel hielt er deutliche Distanz, ehe die Kanzlerin ihn nach der letzten Bundestagswahl als Minister in die Kabinettsdisziplin einband.