Ratna Purnamasari über Indonesiens Modelabel

Ausgabe 217

(Muslim Village). Auf dem heute globalen und konkurrenzbetonten Markt entwickelt sich der Stil für die moderne muslimische Frau. Dabei bildet die Mode aus dem Westen eine Mischung mit der gleichzeitigen Wertschätzung für Traditionen und religiösen Überzeugungen der Kundinnen. Das Kopftuch – gerade, wenn es als Hidschab getragen wird – spielt eine Schlüsselrolle bei dieser Transformation. So definiert es sich als Zeichen von Schönheit und Stärke gleichermaßen und nicht – wie es scheinbar der Fall ist – als Symbol von Unterdrückung und Abhängigkeit. In dieser Perspektive wirkt es als ein Werkzeug der Ermächtigung.

Als Land mit der größten muslimischen Bevölkerung hat Indonesien eine erhebliche Verantwortung, besonders für muslimische Frauen. Die Art und Weise, in der sie sich kleiden, ist ein dynamischer, experimenteller Prozess, der ausgetragen wird durch die Mittel der Farbe, des Designs und des Gewebes. Gleichzeitig findet ein komplexer Aushandlungsvorgang zwischen Glaube und Mode statt. Viele entdecken in diesem Dialog eine individuelle Identität, die mit einer islamischen Ästhetik gekoppelt ist.

Auf einer kürzlich stattgefundenen muslimi­schen Gemeinschaftsveranstaltung in Melbourne (Australien) hatte ich das Privileg, mit der bekannten indonesischen Modedesignerin Dian Pelangi zu plaudern. Sie sagte mir, dass sich durch den Entwurf lustiger und farbenfroher Dessins insbesondere für Musliminnen – aber auch für alle anderen – Frauen zum Kopftuchtragen ermutigt fühlen.

Bedeutet dies, dass die muslimische Modeindustrie Religion verkauft, um Kultur und Stil anzupreisen? Ich würde sagen, nein. Eine Muslimin zu sein, heißt nicht, keine modische und farbenfrohe Kleidung tragen zu können. Man kann tragen, was man will. Der Hidschab wird aber nicht im Sinne eines anziehenden, modischen Kleides entworfen. In den meisten Fällen widerspricht die landläufige Vorstellung von Mode dem Hidschab selbst.

Am 20. März schockierte die britische Designerin Debbie Wingham die Welt, als sie ihre Abaya mit roten Diamanten für 11,7 Millionen Pfund (13,71 Millionen Euro) vorstellte. Dadurch wurde es zum teuersten Kleidungsstück der Welt. In dieser Abaya finden sich 50 zweikarätige weiße Diamanten, 50 zweikarätige schwarze Diamanten, 1.899 Brillanten und der eine schöne rote Diamant. Dieser hat einen Wert von 5,6 Millionen US-Dollar.

Die globale, muslimische Modeindustrie wird auf einen Wert von 72,61 Milliarden Euro beziffert und wächst rasant. Sie wurde dank der Inspiration und Motivation von Vermark­tern muslimischer Mode in aller Welt geschaf­fen. Jakarta ist insbesondere einer jener Städte, wo die dynamische und vielfältige Welt der muslimischen Mode auf den Straßen der multikulturellen Städte Indonesiens ausgestellt wird.

Auch wenn sich die Qualität der indonesischen Stoffe und des dortigen Handwerks mit der von Luxusmarken in Europa vergleichen lässt, will Indonesien bis 2020 zum Zentrum für muslimische Mode werden. Es soll auf gleicher Höhe mit London, Paris und Mailand in Sachen Luxusmarken sein.

In den letzten Jahren hat die Modeindustrie eine wachsende Verschiebung bei Trends hin zu arabisch inspirierten Verzierungen und Moden erkannt. Designer wie Valentino, Elie Saab, Hussein Chalayan und Zuhair Murad wurden alle von nahöstlicher Kultur und Religion inspiriert. Marken, bei denen die Designer aus muslimischen Ländern kommen, ergriffen die arabische Kultur als Inspirationsquelle für ihre Kollektionen, um Musliminnen für ihre Marktnische zu interessieren.

Die Haupttriebkraft hinter diesem Wachstum ist die Generation junger, selbstbewusster und technikversierter Muslime. Diese nehmen ihren Glauben und ihre Identität mit Selbstbewusstsein an. Die Entwicklung der Industrie in Indonesien lässt sich an der Zunahme junger Unternehmen ablesen, welche diesen Bedarf befriedigen. Muslimische Mode wurde zu einem wichtigen Verbrauchermarkt – mit hoher Innovation und einem exponen­tiellen Wachstum.

Das Wachstum bei Designerinnen und Unternehmerinnen in Indonesien wird von muslimischen Gemeinschaften getragen, welche die Macht von Geschäftsfrauen erkannt haben. So gibt es beispielsweise Gemeinschaften, bei denen aktive Zirkel mehrheitlich aus inspirierenden muslimischen Modedesignern bestehen. Sie wirken als ein Zeugnis in ­ihren Gemeinschaften. Die Frauen finden ihre Weg zu den Märkten und ihr Wachstum lässt sich nicht aufhalten.