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Rechter Terror in Hanau

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„Und schon wird von „Einzeltäter“ gesprochen – als ob das schon ausreichend ermittelt sein könnte. Als ob der dogmatische Nährboden (aus rassistischen, frauenfeindlichen, rechtsextremen Ideologien und Verschwörungstheorien) kein Kontext sei.“ Carolin Emcke

Hanau (dpa/iz). Bei einem terroristischen Massenmord im hessischen Hanau hat ein Mann zehn Menschen getötet. Stunden nach dem Verbrechen an zwei unterschiedlichen Tatorten mit neun Toten entdeckte die Polizei die Leiche des mutmaßlichen Todesschützen in seiner Wohnung in Hanau. Dort fanden Spezialkräfte noch eine weitere tote Person. Insgesamt kamen damit elf Menschen am Mittwochabend und in der Nacht zum Donnerstag ums Leben.

Die ersten Schüsse fielen den Ermittlern zufolge am Mittwochabend gegen 22.00 Uhr. Am Heumarkt in der Hanauer Innenstadt blicken Passanten später in der Nacht immer wieder fassungslos auf die Szenerie am abgesperrten Tatort. Nicht weit entfernt in einer Seitenstraße liegen Patronenhülsen auf dem Fußweg. Nur rund zwei Kilometer davon entfernt im Stadtteil Kesselstadt befindet sich ein weiterer Tatort. Dort wurden ebenfalls Schüsse abgefeuert.

Der mutmaßliche Todesschütze sei ein 43-jähriger Deutscher aus Hanau, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) am Donnerstag im Landtag in Wiesbaden. Noch in der Nacht übernahm der Generalbundesanwalt die Ermittlungen wegen der besonderen Bedeutung des Falls. Die Ermittler vermuten Terror – und ein rassistisches Motiv. „Er stuft das Verbrechen als Verdacht einer terroristischen Gewalttat ein“, sagte Beuth.

Die Gewalttat von Hanau mit insgesamt elf Toten hat nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann einen rechtsradikalen Hintergrund. Der 43-jährige Deutsche habe „eine Reihe überwiegend aus dem Ausland stammender Menschen erschossen“, sagte der CSU-Politiker am Donnerstag in München nach einer Telefonschalte der Innenminister von Bund und Ländern. Man müsse aufgrund aufgefundener Materialien davon ausgehen, „dass es sich um einen rechtsradikalen, ausländerfeindlichen Hintergrund handelt“.

Der Mann habe wohl allein gehandelt. „Bislang liegen keine Hinweise auf weitere Täter vor.“ Der mutmaßliche Täter – nach ersten Erkenntnissen ein Sportschütze, der die Waffen legal besessen hatte – stand zuvor nicht im Visier der Ermittler.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte, die Tat schockiere, mache sprachlos und „unendlich traurig“. Er fügte hinzu: „Wir sind jetzt in einer Situation, in der wir Einiges wissen, vieles noch nicht“, erklärte Bouffier. Er rief die Bürger auf, sich nicht an diesen Spekulationen zu beteiligen. Es sei noch zu früh für eine Beurteilung der Lage.

Er habe am Morgen bereits mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert, um sie über die vorliegenden Erkenntnisse zu informieren, sagte Bouffier. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) und er selbst werden im Laufe des Tages nach Hanau fahren.

Auch der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) zeigt sich erschüttert angesichts der Gewalttaten. „Das war ein furchtbarer Abend, der wird uns sicherlich noch lange, lange beschäftigen und in trauriger Erinnerung bleiben.“ Via Facebook sprach Kaminsky den Angehörigen der Opfer seine Anteilnahme aus. „Meine Gedanken sind bei den Familien und Freunden der Opfer. Ihnen gilt mein tief empfundenes Beileid.“