Religionsvertreter sehen im Wahlergebnis ihre Befürchtungen bestätigt

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Bonn/Berlin (KNA). Vertreter der beiden großen Kirchen, von Judentum und Islam zeigen sich tief besorgt über das Abschneiden der AfD als drittstärkste Kraft bei der Bundestagswahl. Der Berliner Erzbischof Heiner Koch sieht dadurch auch die Kirchen herausgefordert. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, kritisierte am 25. September, dass Warnungen vor der Partei in der Gesellschaft lange ungehört geblieben seien.
Koch kündigte an, dass sich die katholische Kirche in eine „dringend notwendige Wertediskussion und Wertebegründung“ öffentlich einbringen werde. Er richtete den Blick auch auf Ostdeutschland, wo die AfD große Erfolge erzielt hatte. Das Wahlverhalten dort zeige „die Angst einer zunehmenden Zahl von Menschen vor Umbrüchen“.
In Thüringen riefen die Kirchen zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit Programm und Wählern der AfD auf. Die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann hält eine „Rückkehr aller zu einer respektvollen Auseinandersetzung2 für nötig. Der Leiter des Katholischen Büros Erfurt, Winfried Weinrich, will „eine sachliche Auseinandersetzung, um den Protestwählern die Augen zu öffnen“. Teile des AfD-Programms seien „mit Positionen der christlichen Soziallehre unvereinbar“.
Für den Bamberger Erzbischof Ludwig Schick zeigen sich „Brüche“ in der Gesellschaft. „Es hat eine Bewegung von der Mitte weg stattgefunden.“ Das Ergebnis entspreche damit der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Aus Sicht Schicks muss nun bei Integration, Familie und Bildung „Entscheidendes geschehen“.
Weihbischof Ulrich Boom, Würzburger Diözesanadministrator, sagte, er wünsche sich, dass jetzt alle politischen Kräfte konstruktiv ihre Verantwortung wahrnähmen. „Die Kirchen und alle Christen sind gefordert, ihren Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft zu leisten, die Gefahr läuft, auseinanderzudriften und sich zunehmend zu spalten.“
Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, forderte, dass alle zusammenstehen müssten, „damit ausgrenzende und hasserfüllte Stimmen nicht das Leben in unserem Land vergiften“. Es bleibe abzuwarten, ob die AfD zu rechtsradikalen Kräften in der Partei eine Trennlinie ziehe.
Mazyek betonte, er vermisse eine gesellschaftliche Ächtung von Äußerungen, die gegen Minderheiten gerichtet seien. Es gelte nun, sich mit dem Menschenbild der AfD auseinanderzusetzen, etwa einer Verachtung von Minderheiten, mangelnder Solidarität und einer Spaltung der Gesellschaft. Nicht wenige Muslime hätten Angst.
Am Wahlabend hatten sich auch Vertreter des Judentums besorgt gezeigt. So sieht der Zentralrat der Juden in Deutschland den Bundestag vor der größten demokratischen Herausforderung seit 1949.
Hamburgs Erzbischof Stefan Heße bezeichnete die Wahl am Sonntag als einen Erfolg der Demokraten. „Die hohe Wahlbeteiligung zeigt die solide Verfassung unserer Demokratie.“ Auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (Zdk), Thomas Sternberg, betonte trotz aller Sorge, dass rund 87 Prozent der Deutschen andere Parteien gewählt hätten.