Rüstungsexperte warnt vor Vereinfachung bei Waffenexporten. Interview: Inga Kilian

Ausgabe 207

(KNA). Erst Saudi-Arabien, dann Angola und Indonesien, jetzt Katar. Erneut sorgt ein möglicher Waffendeal für Kritik. Medienberichten zufolge erwägt die Bundesregierung den Verkauf von bis zu 200 deutschen Leopard-Panzern an das Wüsten-Emirat. Im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) warnt der Experte für Rüstungsfragen am Bonner International Center for Conversion (BICC), Jan Grebe, vor grundlegenden Veränderungen in der Außen- und ­Sicherheitspolitik.

Frage: Herr Grebe, welche Bedeutung hat die Rüstungsindustrie für die Wirtschaft?

Jan Grebe: Es ist schwierig, verlässliche Aussagen über die tatsächlichen Arbeitsplätze und die Umsätze zu machen. Es wird vermutet, dass ca. 80.000 Menschen in der Rüstungsindustrie beschäftigt sind. Die gesamten Rüstungsexporte machen etwa 0,5 Prozent des gesamten Außenhandels aus, Kriegswaffenexporte gar nur etwa 0,2 Prozent. Befürworter hingegen verweisen stets auf die sicherheitspolitische Bedeutung einer gut aufgestellten Rüstungsindustrie und sehen Arbeitsplätze in Gefahr. Unabhängig vom Druck der Rüstungs­lobby gibt es außerdem Anzeichen für eine grundsätzliche Veränderung der Außen- und Sicherheitspolitik.

Frage: Was verändert sich?

Jan Grebe: Es scheint, als setze die Bundesregierung verstärkt darauf, halbwegs stabile Staaten in Krisenregionen mit Waffen auszurüsten, in der Hoffnung, dass sie zur Stabilität in der Region beitragen. Möglicherweise soll damit auch verhindert werden, dass Deutschland selbst sich mit der Bundeswehr an Militäreinsätzen beteiligen muss.

Frage: Wie bewerten Sie diese ­Strategie? Jan Grebe: Ich halte das für hochris­kant. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass man mit Aufrüstung Stabilität schaffen kann. Gerade die Staaten in der arabischen Welt sind stark militari­siert und verfügen über ein hohes mili­tärisches Potenzial. Durch Waffengeschäfte kann der dortige Rüstungswettkampf verstärkt werden und schlimmstenfalls eskalieren.

Frage: Sehen Sie darin auch eine Gefahr für Deutschland?

Jan Grebe: Natürlich. Ein Panzer ist ein langlebiges Rüstungsgut und hält mindestens 10, 15, 20 Jahre. Und es ist völlig ungewiss, was dann mit den Panzern passiert. Es gibt die theoretische Gefahr, dass es in den Ländern, die wir jetzt mit Waffen beliefern, zu einem Umbruch kommt und unsere Panzer dann auch noch in andere Hände gera­ten. Die Bundesregierung hat letztlich überhaupt keine Kontrolle über den Einsatz der Waffen.