Schwere Vorwürfe zum Jahrestag der Unruhen von Urumtschi

Chinesische Polizisten auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. Foto: BrokenSphere, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Göttingen (GfbV). Schwere Vorwürfe hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gegen die chinesische Regierung erhoben. Die Menschenrechtsorganisation macht Peking für den Tod der Mutter des deutschen Menschenrechtlers und Präsidenten des Uigurischen Weltkongresses, Dolkun Isa, verantwortlich. Kurz vor dem neunten Jahrestag der schweren Unruhen von Urumtschi (5. Juli 2009) hat ihn in München die Nachricht erreicht, dass seine 78-jährige Mutter Ayhan Memet ungefähr ein Jahr in einem Umerziehungslager verbringen musste. Dort ist sie vor einigen Wochen gestorben.
Die Muslimin war eine von hunderttausenden Uigurinnen und Uiguren, die in der Provinz Xinjiang willkürlich in ein Umerziehungslager gesperrt und einer Gehirnwäsche unterzogen wurden. Die Behörden hatten ihr vorgeworfen, „religiösen Extremismus“ zu zeigen. „Doch Ayhan Memet ist ein Opfer von Sippenhaft geworden: Sie wurde dafür eingesperrt, dass ihr Sohn Dolkun Isa nach seiner Flucht nach Deutschland 1994 ein weltweit geachteter Menschenrechtsaktivist geworden ist“, kritisierte der GfbV-Mitarbeiter Hanno Schedler am Mittwoch in Göttingen. „Auch Dolkun Isas Bruder wurde schikaniert. Er musste für zwei Jahre ins Gefängnis.“
„Seit den Unruhen von Urumtschi, der Hauptstadt der Autonomen Provinz Xinjiang im Nordwesten Chinas, verschärft Peking die Verfolgung von Menschenrechtlern im In- und Ausland“, berichtete Schedler. So nutze China seinen seit dem Austritt der USA aus dem Menschenrechtsrat gewachsenen Einfluss in dem wichtigen UN-Gremium, um Kritik an seiner verheerenden Nationalitäten-Politik abzuwehren und die eigenen Menschenrechtsverletzungen an Uiguren, Kasachen, Tibetern und Mongolen zu verschleiern.
Zur Tagung des UN-Menschenrechtsrat in Genf Ende Juni 2018 habe die chinesische Regierung sogar staatlich zugelassene „Nichtregierungsorganisationen“ einfliegen lassen, die ihr ein hervorragendes Zeugnis im Menschenrechtsbereich ausgestellt hätten. In Urumtschi waren am 5. Juli 2009 bei der Niederschlagung von friedlichen Demonstrationen mindestens 200 Uiguren getötet worden. Hunderte Uiguren, die damals festgenommen wurden, sind bis heute verschwunden.
„Für die Uiguren und auch die Kasachen sieht die Realität jedoch ganz anders aus: Ihnen wird das Recht auf freie Religionsausübung verweigert, ihre Bewegungsfreiheit wurde stark eingeschränkt und es wird dafür gesorgt, dass die uigurische Sprache nicht mehr an die nächsten Generationen weitergegeben werden können“, kritisierte Schedler. Zudem werden uigurische Studierende aus dem Ausland zurückgeholt.
Hunderttausende werden in Umerziehungslagern „auf Kurs“ gebracht. Die deutsche Regierung muss diese beunruhigenden Entwicklungen bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in der kommenden Woche in Berlin ansprechen und sich für ein Ende der Umerziehungslager einsetzen“, forderte Schedler.