Studie zur Motivation der „Gelbwesten“

Foto: Patrice Gravoin, Socialist Worker

Berlin (ots). Seit Ende November befragt eine Gruppe von inzwischen 70 Soziologen und Politikwissenschaftlern auf Initiative des Centre Émile Durkheim Sciences Po Bordeaux in Frankreich Gilets Jaunes (Gelbwesten), um Motivationen, Forderungen, Erwartungen und Lebensverhältnisse der Aktivisten zu erfassen.
Wie die Politikwissenschaftlerin Tinette Schnatterer vom Centre Émile Durkheim, die diese Studie mit betreut, im Interview mit der in Berlin erscheinenden überregionalen Tageszeitung „neues deutschland“ (Montagsausgabe) erklärt, sind die Forscher regelmäßig in verschiedenen Teilen des Landes bei Demonstrationen und Blockadeaktionen der Gilets Jaunes. Inzwischen liegen 500 Fragebögen vor, die systematisch ausgewertet werden, während die Untersuchung gleichzeitig fortgesetzt wird.
Zu den Ergebnissen der Auswertung von zunächst 166 Fragebögen, deren Tendenz laut Schnatterer durch die weiteren Befragungen bestätigt worden sei, gehört, dass es unter den Befragten, anders als zunächst oft angenommen, ökologisches Bewusstsein gibt. Herausgefunden haben die Forscher außerdem, dass Einwanderung kein Thema ist, das die Gilets Jaunes mobilisiert und dass viele der Befragten über die acht im November per Facebook bekannt gegebenen „Sprecher“ der Gilets Jaunes nicht informiert sind. Die meisten zeigten sich erstaunt, dass es sie gibt und noch am 1. Dezember wusste fast keiner der Befragten, welche Forderungen der von den „Sprechern“ veröffentlichte Katalog enthält.
Im Übrigen steht die Bewegung den Ergebnissen zufolge eher links als rechts, wobei sich 33 Prozent als „weder rechts noch links“ bezeichnen. Die Forscher stellten zudem eine starke Präsenz institutioneller Forderungen fest. Neben Forderungen nach höheren Löhnen und Renten, Umverteilung und einer gerechteren Steuerpolitik verlangen demnach viele Gelbwesten demokratische Reformen, wie die Einführung von Referenden oder die Errichtung einer Bürgerversammlung