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Extremisten träumen von millionenfacher Deportation

Einbürgerung Extremisten

Extremisten: Nach Recherchen von Correctiv will ein rechtsextremer Zirkel eine millionenfache „Remigration“ aus Deutschland vorantreiben.

Berlin (iz, dpa). Seit Monaten radikalisiert sich der politische Mainstream beim Thema Zuwanderung. Nicht nur, dass selbst der Kanzler im Oktober Abschiebungen „in großem Stil“ forderte. Die Verschiebung des sogenannten Overton-Fensters im öffentlichen Diskurs hat die aufstrebende AfD nicht geschwächt, sondern weiter gestärkt.

Extremisten träumen von millionenfacher Deportation

Ein Beispiel dafür ist ein Treffen am 25. November vergangenen Jahres, das heute in einem Artikel des Recherchenetzwerks Correctiv (zu dem auch Greenpeace recherchierte) bekannt wurde. Demnach hätten sich Vertreter aus rechtsextremen und völkischen Zirkeln im Geheimen in einem Hotel nahe Potsdam getroffen, um einen „Masterplan“ zu massenhaften „Remigration“ unliebsamer Menschen aus Deutschland zu formulieren.

Von AfD-Seite sei unter anderen Roland Hartwig dabei gewesen, ehemaliger Bundestagsabgeordneter und heute Berater von Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel, meldete Correctiv am Mittwoch. Ein Sprecher Weidels bestätigte Hartwigs Teilnahme an dem Treffen, betonte jedoch gleichzeitig, von einem Auftritt Sellners dort überrascht worden zu sein. Er teilte auf Anfrage mit: Frau Weidel „hatte aber keinerlei Kenntnis von den Teilnehmern. Auch Hartwig wusste vorab nichts von Sellner“»”.

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Foto: Ewa Studio, Shutterstock

Ein Sprecher der Partei teilte mit: „Die AfD wird ihre Haltung zur Einwanderungspolitik, die im Parteiprogramm nachzulesen ist, nicht wegen einer Einzelmeinung eines Vortragenden auf einem Treffen, das kein AfD-Termin war, abändern.“ Hartwig habe dort lediglich auf Einladung ein Social-Media-Projekt vorgestellt, welches er im Aufbau mitbegleite.

Nach Informationen von Correctiv sollen zwei Männer zu dem Treffen eingeladen haben: ein älterer Zahnarzt, der der rechten Szene angehören soll, und ein bekannter Gastronomie-Unternehmer. Eine Bedingung für die Teilnahme soll eine Spende von 5.000 Euro gewesen sein.

Unter den Teilnehmern sollen laut Recherchenetzwerk AfD-Mitglieder, ein führender österreichischer Identitärer (der auch in Deutschland populär ist) sowie zwei nordrhein-westfälische Mitglieder der Werteunion gewesen sein.

Über seine Quellen und sein Vorgehen schreibt das Netzwerk auf seiner Website: „Das Treffen soll geheim bleiben. Die Kommunikation zwischen Organisatoren und Gästen sollte nur über Briefe laufen. Kopien davon wurden aber CORRECTIV zugespielt. Und wir haben Bilder gemacht. Vor und hinter dem Haus. Auch im Haus konnten wir verdeckt filmen. Ein Reporter war mit einer Kamera undercover vor Ort und unter anderem Namen im Hotel eingecheckt. Er verfolgte das Treffen aus direkter Nähe und konnte beobachten, wer anreiste und an dem Treffen teilnahm.

Dazu kam, dass Greenpeace zu dem Treffen recherchierte und CORRECTIV Fotos und Kopien von Dokumenten überließ. Unsere Reporter redeten mit mehreren AfD-Mitgliedern; Quellen belegten gegenüber CORRECTIV die Aussagen der Teilnehmenden.“

Der Masterplan

Wenn die Aussagen von Correctiv stimmen, ging es bei dem konspirativen Treffen um ein „Gesamtkonzept im Sinne eines Masterplans“ (Zitat aus dem Einladungsschreiben). Diesen soll der Österreicher Martin Sellner vorgestellt haben.

Unter dem Begriff verstehen Fachleute die Rückkehr von Menschen, die geflohen oder eingewandert sind, in ihre Herkunftsländer. AfD-Politiker vertreten diese Forderung auch öffentlich. So sagte etwa der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio im November im Bundestag: „Was wir jetzt brauchen, ist nicht nur der sofortige Stopp der illegalen Migration. Wir brauchen die wirkliche, tatsächliche Rückführung, die komplette Abschiebung. Wir brauchen, meine Damen und Herren, endlich die wirkliche Remigration.“

Abzielen solle die gezielte „Remigration“ auf drei Bevölkerungsgruppen: „Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht – und ‘nicht assimilierte Staatsbürger’“. Letztere Gruppe sei das „größte Problem“. Damit griff Sellner einen Topos auf, der bis weit ins bürgerliche Lager hinein verbreitet ist: die Unterscheidung zwischen „Geltungsdeutschen“ und „Passdeutschen“.

„Im Grunde laufen die Gedankenspiele an diesem Tag alle auf eines hinaus: Menschen sollen aus Deutschland verdrängt werden können, wenn sie die vermeintlich falsche Hautfarbe oder Herkunft haben – und aus Sicht von Menschen wie Sellner nicht ausreichend ‘assimiliert’ sind. Selbst dann, wenn sie deutsche Staatsbürger sind“, heißt es im Beitrag von Correctiv.

Demnach träumt der Identitäre Sellner von einem künftigen „Musterstaat“ in Nordafrika, in dem dann bis zu zwei Millionen Menschen leben könnten.

Kontakte von AfD-Politikern zu dem Österreicher Sellner sind nicht neu, auch wenn die AfD offiziell auf Distanz zur Identitären Bewegung geht, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch gewertet wird. Der Schweriner AfD-Fraktionsvorsitzende Nikolaus Kramer hatte sich Ende 2023 für seinen persönlichen Podcast mit Sellner unterhalten und dafür Kritik eingesteckt. (dpa. sw)

* Aktualisiert am 10.01.2024 um 13:22.

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AfD auf dem Vormarsch?

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Die AfD könne mit den Landtagswahlen Zuwächse verzeichnen. Das Netzwerk ndo zu Folgen für Migranten. (ndo/IZ). Bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern hat die AfD stark zugelegt. Nach Ansicht […]

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Said Rezek über AfD-Erfolge: „Den Politikstil längst beeinflusst“

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Said Rezek im Gespräch über die jüngsten Erfolge der AfD. Ihre menschenverachtende Sprache vergifte das Klima. (iz). Said Rezek ist Politikwissenschaftler, Anti-Rassismus-Trainer, Blogger und Journalist. Er hat sein Volontariat bei […]

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AfD setzt sich auch im Westen fest – Sorgen nach Landtagswahlen

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Die AfD konnte sich bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern erfolgreich behaupten. Sie ist kein Ostphänomen mehr. (The Conversation). Die Ampel unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in diesem […]

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Lampedusa: Moralischer Absolutismus ist bequem

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Lampedusa: Sieht man auf kommende Wahlen, wird Einwanderung zur entscheidenden Größe. Die AfD bietet einen billigen Ausweg – die Schließung von Grenzen. (iz). Zu den zynischen Wortspielen gehört, die Lage […]

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Rechtsextreme Demos 2023 verdreifacht

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Rechte Demos: Im ersten Halbjahr 2022 wurden bundesweit laut Bericht 35 rechte Aufmärsche durchgeführt

Berlin (dpa). Die Zahl der rechtsextremen Demonstrationen hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in diesem Jahr verdreifacht. Das ging aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor. Zuvor hatte die „Neue Osnabrücker Zeitung“ darüber berichtet.

Im ersten Halbjahr 2022 wurden bundesweit laut Bericht 35 rechte Aufmärsche durchgeführt – in diesem Halbjahr sind es 110 gewesen. Die Anzahl der Rechtsrock-Konzerte dagegen ist von 89 Konzerten auf 71 gesunken.

Hassverbrechen Polizei

Foto: Animaflora PicsStock, Shutterstock

„Die Mobilisierungskraft steigt nun ein Jahr nach der Pandemie wieder enorm an“, sagte Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau (Linke) zu den Zahlen. Die meisten Zusammenkünfte seien sogenannte „Nein zum Heim-Demonstrationen“ gewesen, so Pau. Dabei gingen Menschen gegen die Aufnahme von Geflüchteten auf die Straße.

Die Politikerin betonte, es sei wichtig zu verhindern, „dass sich die extrem feindliche Stimmung gegen Geflüchtete auf einem ähnlichen Niveau wie Anfang der 90er und 2015 einpendelt.“

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AfD: Weiter Rufe nach „Brandmauer“

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AfD: CDU-Chef Merz hat eine Debatte losgetreten über eine mögliche Kooperation seiner Partei mit der Partei in Kommunen. (KNA). Die Brandmauer müsse stehen bleiben, fordert demgegenüber Josef Schuster. Der Präsident […]

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Der blaue Schrecken: AfD ist Teil von Europas Rechtsextremisten

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AfD-Erfolge in Thüringen und bei Umfragen stellen Politik und Öffentlichkeit vor schwerwiegende Herausforderungen.

(iz). Die deutsche Öffentlichkeit ist alarmiert: die in Teilen offen rechtsextrem agierende Alternative für Deutschland erlebt ihr Sommermärchen: steigende Umfragezahlen und die Wahl eines Landrates in einer ostdeutschen Kleinstadt.

Die mediale Aufmerksamkeit dürfte den Parteigrößen gefallen, gehört sie doch längst zur Parteistrategie; inklusive der empörten Zurückweisung, beim Land Thüringen handle es sich um einen „Probelauf der Diktatur“ (Der Spiegel).

AfD-Erfolg: Deutschland reagiert alarmiert

Viele Medien überschlagen sich mit ihren Warnungen und düsteren Prognosen nicht fern von den Schlagzeilen vergangener Tage, die mit gleicher Intensität vor der Islamisierung des Abendlandes gewarnt hatten.

Ob es gefällt oder nicht, die AfD nutzt effektiv die Erschütterung, die das konservative Weltbild angesichts permanenten Veränderungsdrucks erfährt. Eine Nebenfolge der alarmistischen Berichterstattung über die Krisen unserer Zeit ist das Gefühl vieler Menschen, ihre Existenz sei auf Sand gebaut.

Hier setzt das Kalkül der rechtskonservativen Vordenker ein: Warum nicht einfach den Eindruck vermitteln, eine Welt im Stillstand sei möglich, und mit entsprechender Grenzziehung das idyllische Leben in Deutschland leicht zu schützen?

Auf „telepolis“ fasst Claudia Wangerin diese Strategie der AfD wie folgt zusammen: „Sie spricht eine Zielgruppe an, die mehr Angst vor ‘Überfremdung’ hat als vor einer ungebremsten Klimakatastrophe. Geschäfte mit arabischen Schriftzügen im Stadtbild scheinen diese Gruppe mehr zu stören als die Aussicht, dass vertraute deutsche Landschaften immer wüstenähnlicher werden könnten.“

Foto: US-Generalkonsulat München, via flickr | Lizenz: CC BY 2.0

Zwischen Empörung und Geschichtsvergessenheit

Im Umgang mit der AfD steigt die Empörung über die Geschichtsvergessenheit der Partei im gleichen Maß wie die Ratlosigkeit, wie das Zurückdrängen rechten Gedankengutes organisiert werden kann.

An erster Stelle zeigt sich das Dilemma in der CDU, der liberalen Verwandtschaft der Partei. Von dem Versprechen des Vorsitzenden Merz, „die AfD Zustimmung zu halbieren“, ist wenig übrig geblieben. Stattdessen formieren sich Gruppen, die ablehnend oder zustimmend dem Erbe der ehemaligen Bundeskanzlerin gegenüberstehen.

Der Pragmatismus der Kanzlerin und ihr Bonmot „Wir schaffen das“ in der Flüchtlingskrise spaltet die Christkonservativen bis heute. Für die AfD hat die Ablehnung Merkels Kultstatus.

Im Kern klingt eine Stellungnahme der Kanzlerin aus dem Jahr 2015 nach: „Wenn wir die Grenzen schließen würden, Deutschland hat 3.000 km Landesgrenze, dann müssten wir um diese 3.000 Kilometer einen Zaun bauen.“

Ein Satz, den die AfD erfolgreich in die Form umgedichtet hat, dass die Kanzlerin die Grenzen überhaupt nicht mehr schützen wollte. Bis heute müht sich die CDU im Spagat, einerseits nicht noch mehr weitere WählerInnen an die Extremen zu verlieren und andererseits die Merkelianer in der Partei nicht zu verärgern.

Foto: DesignRage, Shutterstock

Ampelschwierigkeiten mit der rechten Welle

Aber auch die Regierung tut sich schwer mit der rechten Welle. Angesichts der Klimamaßnahmen, den Sanktionen gegenüber dem russischen Regime und der galoppierenden Inflation hat sie unpopuläre Maßnahmen anzukündigen. Damit treibt sie neben dem Bodensatz der Rechtsradikalen und den unzufriedenen ehemaligen CDU-Wählerinnen eine dritte Gruppe nach Rechts: die Protestwähler.

Bisher hat sie auch die sozialen Fragen, die sich aus dem neoliberalen Kurs der letzten Jahre ergeben, nicht überzeugend beantworten können. Man kann sich nur mit Grausen vorstellen, wie es um das politische Deutschland steht, wenn die Wirtschaft nicht mehr wie gewohnt floriert.

Noch mangelt es nicht an Geld. Es ist schon erstaunlich: Die Bundesregierung stellt in den Jahren 2021 bis 2024 insgesamt mehr als eine Milliarde Euro für die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus bereit. Ergebnis: Die AfD rückt an die 20-Prozent-Grenze.

Die Strategien gegen das Wachstum der rechten Partei reichen von Verbotsforderungen, scharfer Ausgrenzung bis hin zu der Idee, etwaige Regierungsbeteiligungen auf Landesebene zuzulassen, um die Partei auf diese Weise zu „entzaubern“.

Bisher scheint keiner dieser strategischen Ansätze die Erfolge der AfD zu berühren. Ironischerweise dürfte die AfD am ehesten eine ehemalige Marxistin fürchten: Allein eine mögliche Wagenknecht-Partei könnte das rechte Lager kurzfristig spalten.

Foto: wikipedia.org, Von Jasper Goslicki | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Muslimische Gemeinschaften sollten sich engagieren

Auf der zivilgesellschaftlichen Ebene geht es darum, die diversen Akteure für das Thema zu sensibilisieren und zu mobilisieren. Es ist keine Frage, dass die muslimischen Gemeinschaften in Deutschland hier gut beraten sind, sich gesellschaftlich zu engagieren. Dieser Einsatz ist für die ganze Gesellschaft bedeutsam, weil sich die Einheit der europäischen Rechte gerade aus ihrem Feindbild gegenüber dem Islam erklärt.

Der überzeugte Europäer und Anti-Nationalist Friedrich Nietzsche bringt es in seiner Zarathustra-Dichtung auf den Punkt: „Die stillsten Worte sind es, welche den Sturm bringen. Gedanken, die mit Taubenfüßen kommen, lenken die Welt.“

Schon im Jahr 2010 erschienen in Deutschland und Frankreich Publikationen, die weit vor der Flüchtlingskrise im Jahr 2015, den Aufstieg der politischen Rechte und ihren Kampfbegriffen der „Umvolkung und Islamisierung Europas“ das Feld bereiten. „Le Grand remplacement“ (die große Umvolkung des französischen Schriftstellers Renaud Camus, 2011) wird vom rechten Kubitschek Verlag Antaios ins Deutsche übersetzt.

Im Jahr 2010 beginnt die Karriere des Tilo Sarrazin, der vom braven, systemtreuen Finanzpolitiker zum Biopolitiker mutiert. Er schreibt neben vielen anderen Ungeheuerlichkeiten über die Zukunft Europas und die sogenannte Abschaffung Deutschlands.

Er schwadroniert von „einem Land, indem der politische Islam seine Vormachtstellung nicht mehr nur gegenüber der restlichen Gemeinschaft der Muslime behauptet, sondern längst auf breite Schichten der Mehrheitsbevölkerung ausweiten konnte und mit seinem Stimmengewicht Wahlen zu seinen Gunsten entscheidet.“

Foto: Wikiwand | Lizenz: CC BY-SA 4.0

Patrick Bahners leistet Verständnishilfe

Einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Geistesgeschichte der Blauen findet sich im neuen Buch von Patrick Bahners „Die Wiederkehr, die AfD und der neue Deutsche Nationalismus“. Grundsätzlich ruft der Autor zur sachlichen Auseinandersetzung mit den Themen der Rechtsnationalen auf: „Zur Rückbesinnung auf Tatsachen aufzurufen ist in der politischen Rhetorik ein legitimer Zug, der oft Wirkung zeigt und dann gute Gründe für sich hat. Aber wer die gesamte Politik aus Tatsachen herleiten will, über die es angeblich keinen Streit geben kann, schafft die Politik ab.“

Der einflussreiche Journalist erinnert daran, dass der „neue Nationalismus als Republikanismus auftritt.“ Das Feindbild der Islamisten dient der Partei, sich einen antitotalitären Anstrich zu geben, ganz nach dem Motto: Wir sind Demokraten, weil sie es nicht sind!

Bahners formuliert angesichts der Dialektik gegen den Islam eine Befürchtung: „Ist die Vorstellung, dass die Trennung von Staat und Gesellschaft die Freiheit sichert, noch so vielen Bürgern intuitiv plausibel, das die nationalistische Vision der Bürgerschaft als Kampfgemeinschaft auf Widerspruch stoßen muss?“

Inmitten der Freund-Feind Debatten um das Unwesen der AfD erinnert er alle Beteiligten ebenso daran, dass das Grundgesetz bindet und in erster Linie die Staatsgewalt beschränkt: „Verfassungstreue wird von Beamten verlangt – die Ausdehnung dieser Erwartung auf alle Bürger hätte deren Verbeamtung zur Folge.“

Können wir etwa aus der Houellebecq-Debatte lernen?

In Frankreich hat sich in den letzten Jahren die Perspektive um die Verschwörungstheorie einer islamischen Machtergreifung in Europa in der Houellebecq-Debatte manifestiert. Im Jahr 2015 publizierte der französische Schriftsteller seinen Skandalroman „Unterwerfung“.

Darin übernimmt er das Narrativ der rechten Vordenker und beschreibt eine Machtergreifung einer muslimischen Partei. Die liberalen und linken Kräfte Frankreichs koalieren in der Fiktion mit den Muslimen, um mit allen Mitteln die rechtsradikale Front National zu verhindern. Die Verhinderung der Rechten wird auf diese Weise zum einzigen Inhalt der Innenpolitik.

Unter dem Eindruck der Terroranschläge von Paris und Nizza fiel der Autor immer wieder mit begleitenden islamophoben Aussagen auf. Auf den ersten Blick scheint der Franzose in der Tradition von Sarrazin und Camus zu denken. Unter diesem Eindruck übersieht man allerdings leicht die Konstruktion des Buches, die vor allem eine Abrechnung mit dem geistigen Nihilismus Europas darstellt.

Den Supermarkt nennt Houellebecq das „wahre Paradies der Moderne“. In einem Interview beklagt er, dass die Konstruktion von „Unterwerfung“ kaum erkannt wurde: „Ich nehme meinem Protagonisten nach und nach alles weg: Soziales Leben, Liebe, Status.“

Der Schriftsteller beschreibt so das „Untot“-Sein seines Antihelden, für den seine Nicht-Existenz bedeutet, keine Wirkung auf die Welt zu haben. Houellebecq beschreibt das konservative Dilemma wie folgt: „Die Vorstellung eines permanenten Wandels macht das Leben unmöglich.“

Schon 2017 relativierte er in seinem Band „Interventionen“ einige Aussagen, die den Islam betreffen: „Man kann eigentlich nicht wirklich sagen, dass es in ‚Unterwerfung‘ eine Darstellung des Islam gibt: Das ist das Schreckliche im Buch, die meisten Figuren sind in Wahrheit keine Muslime.“

Neuerdings erschreckt der Autor seine islam-kritische Anhängerschaft mit weiteren Relativierungen, die den behaupteten verfassungsfeindlichen Hintergrund der Muslime in Europa betreffen: „Das tut mir sehr leid. Ich habe da so sehr vereinfacht, dass etwas richtig Falsches herausgekommen ist. In Wirklichkeit sind Muslime nicht in besonderem Maße Diebe oder Kriminelle. Aber sie leben oft in benachteiligten Vierteln.“

Überraschenderweise grenzt sich der Intellektuelle hier vom rechten Spektrum ab, das an einer Differenzierung wenig Interesse zeigt. Viel zu wichtig ist die Antihaltung gegenüber den Muslimen als einheitsstiftendes Element der europäischen Rechte.

Das Beispiel Houellebecqs zeigt immerhin, dass mit nicht-ideologischen Denkern eine Art Verständigung über den Islam in Europa denkbar wäre. Man wird sich in derartigen Debatten eine Antwort ausdenken müssen, im Sinne einer kritischen Selbstreflexion, warum eigentlich die Muslime in den letzten Jahrzehnten ausschließlich im politischen, weniger im ökonomischen, sozialen oder spirituellen Kleid erscheinen.

Es geht darum zu zeigen wofür, nicht nur wogegen wir stehen. Die Akzeptanz des Islam in Europa, an denen uns Muslimen gelegen sein muss, die Verteidigung der europäischen Idee und der Aufstieg der Rechten bilden einen schicksalhaften Kontext.

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Der Dammbruch: AfD gewinnt erstes Landratsamt in Thüringen

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Die AfD hat im thüringischen Sonneberg erstmals einen Landratsposten errungen. Andere Parteien reagierten alarmiert. (iz/dpa). Meldungen von Anfang des Monats ließen aufhorchen. Wie die dpa am 5. Juni berichtete, verzeichnete […]

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Verfassungsschutz: Chef sieht AfD-Umfragewerte mit Sorge

Verfassungsschutz Haldenwang

Thomas Haldenwang, Chef des Verfassungsschutzes, sieht die AfD als gesamtgesellschaftliche Herausforderung.

Berlin (dpa/iz). Angesichts der Entwicklung der AfD beobachtet Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang den Zuspruch für die Partei mit Sorge und hält es für eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sich dem entgegenzustellen. Nicht der Verfassungsschutz sei dafür zuständig, die Umfragewerte der AfD zu senken.

Verfassungsschutz will Bevölkerung wachrütteln

„Aber wir können die Bevölkerung wachrütteln, wir können Politiker wachrütteln“, sagte Haldenwang am Dienstagabend im ZDF-„heute journal“.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Diese Einstufung hatte das Kölner Verwaltungsgericht im März 2022 bestätigt. Die AfD legte Berufung ein. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla wies den Vorwurf des Extremismus gegen seine Partei zurück. In bundesweiten Umfragen stand die AfD zuletzt teilweise auf Platz zwei in der Parteienlandschaft.

Foto: Markus Spiske, via flickr | Lizenz: CC BY 2.0

„Gute Gründe“ für Verdachtsfall

„Aus guten Gründen haben wir die AfD als Verdachtsfall eingerichtet“, sagte Haldenwang. „Wir sehen in der AfD tatsächlich starke Strömungen, die verfassungsfeindlich agieren. Und da geht es insbesondere um Hass und Hetze gegenüber Minderheiten aller Art, Minderheiten, Migranten, Muslime, aber auch Menschen mit anderer sexueller Orientierung.“

Zu beobachten sei auch ein völkisch-nationalistisches Staatsbürgerverständnis mit der Vorstellung von Staatsbürgern erster und zweiter Klasse.

All das müssten die Bürger wissen bei ihrer Wahlentscheidung, sagte Haldenwang. „Umso wichtiger ist es, dass wir über diese Partei und ihre Bestrebungen eben aufklären, über das, was die Gefahr dieser Partei für unsere Demokratie, für unsere freiheitliche Grundordnung ausmacht.“

Die Aufklärung solle auch die gesellschaftlichen Kräfte mobilisieren, sich stärker gegen diesen Trend zu stellen: „Der Kampf für unsere Demokratie muss in der Gesamtgesellschaft geführt werden.“

Foto: knirpsdesign | Shutterstock

Aktueller Bericht: „Hohe Gewaltneigung“ festgestellt

Eine hohe Gewaltneigung unter Extremisten in Deutschland macht dem Verfassungsschutz große Sorgen. Eine deutliche Warnung spricht der Inlandsgeheimdienst in seinem jährlichen Bericht auch zu Spionage- und Einflussnahmeversuchen Chinas aus. 

Vorgestellt wurde der Verfassungsschutzbericht 2022 am Dienstag in Berlin – fast zeitgleich mit dem Auftakt der deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen.

Sorgen macht dem Inlandsgeheimdienst, dass sich in Internet-Foren der „Attentäter-Fanszene“ oftmals sehr junge Menschen radikalisieren und gegenseitig zu Gewalttaten aufstacheln.

Foto: Mike Mareen, Shutterstock

China macht Sorgen

Der Bericht enthält eine sehr eindringliche Warnung zu China. Der Verfassungsschutz hält die Volksrepublik derzeit für „die größte Bedrohung in Bezug auf Wirtschafts- und Wissenschaftsspionage sowie ausländische Direktinvestitionen in Deutschland“.

Staatliche chinesische Akteure versuchten, „führende Persönlichkeiten aus der deutschen Wirtschaft unter Ausnutzung der Abhängigkeit einzelner deutscher Unternehmen vom chinesischen Markt“ für die Durchsetzung der Interessen der Kommunistischen Partei Chinas zu instrumentalisieren.