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Debatte: Was tun nach der Islamkonferenz?

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Wir brauchen eine Debatte über Erwartungen an den politischen Dialog. Ist der Vorrang von „Anerkennung“ noch zeitgemäß? (iz). Die jüngste Runde der Deutschen Islamkonferenz (DIK) unter Leitung von Bundesinnenministerin Nancy […]

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Islam ist keine Kultur. Der lokale Ausdruck wird vom Recht bestätigt

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Kultur und Kunst: Historisch haben Muslime nie versucht, lokale Ausdrucksformen zu nivellieren. (Nawawi Foundation). Der folgende Text ist ein übersetzter Auszug eines umfangreichen Papiers des US-amerikanischen Gelehrten Dr. Umar Faruq […]

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Lamya Kaddor fordert mehr Beteiligung für Muslime

Lamya Kaddor

Die Grüne Religionsbeauftragte Lamya Kaddor will mehr Beteiligung für Muslime in der Bundesrepublik. Berlin (KNA). Die Islamwissenschaftlerin und Religionsexpertin der Grünen, Lamya Kaddor, ist dafür, islamischen Gemeinschaften über Stiftungen dieselben […]

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„Die Taliban haben sich monatelang auf diesen Augenblick vorbereitet“

(iz). Die rasante Übernahme Afghanistans durch die Taliban – halb Durchmarsch, halb Selbstaufgabe der bisherigen Regierung – hat Politiker, Militärs und Analysten in aller Welt geschockt. Längst ist von einem Scheitern „des Westens“ die Rede.

Hierzu sprachen wir mit dem geopolitischen Analysten D. Hurrell. Hurrell lebt in Südafrika und arbeitet derzeit als politischer Analyst und Dozent. Mit ihm sprachen wir über die enorme Geschwindigkeit des Taliban-Vormarsches, über das Zeitalter der Interventionen und darüber, wer nun in der Region profitieren könnte.

Islamische Zeitung: Am 15. August nahmen die Taliban nach einer enorm schnellen Kampagne, in der viele Provinzen und Städte beinahe kampflos an sie fielen, die Hauptstadt Kabul ein. Hat Sie der Verlauf der Ereignisse überrascht?

D. Hurrell: Ich denke, jeder war von der Geschwindigkeit überrascht, mit der Afghanistan überrollt wurde. Die meisten städtischen Räume des Landes wurden in einem Zeitraum von neun Tagen erobert. Das wird uns als ein Scheitern der Geheimdienste präsentiert. Die Wirklichkeit ist, dass internationale Kräfte und ihre afghanischen Verbündeten in zwanzig Jahren Kriegsführung nicht in der Lage waren, sie zu vertreiben.

Es gab keinen Zweifel darüber, dass die Gruppe Gebietsgewinne machen würden, sobald der US-Abzug begann und die Moral der afghanischen Armee (ANA) fiel. Ein frühes Anzeichen war ihre Weigerung, die Verpflichtung zur „Reduktion von Gewalt“ umzusetzen, die 2020 Teil des Vertrages mit den USA war. Viele glauben, dass die mit den USA verbündeten Warlords und Milizen gemeinsam mit Regierungskräften in der Lage gewesen wären, größere Städte wie Kandahar und Herat zu halten und zu verteidigen, sodass die Kämpfe auf das Hinterland beschränkt blieben.

Das war jedoch nicht der Fall. Afghanische Sicherheitskräfte kapitulierten im Angesicht des Vormarsches. Wir konnten zwischen Mai und Juli signifikante Geländegewinne in ländlichen Gebieten beobachten. Sie kopierten dabei ISIS/Daesh (vielleicht auch Dschingis Khan). Sie nutzten beispielsweise soziale Medien, auf denen sie Beispiele davon verbreiteten, was jenen widerfahren wird, die sich ihnen widersetzen. Ich beziehe mich dabei auf die häufig verbreitete Hinrichtung von Angehörigen der afghanischen Spezialkräfte (ANSF), wie sie sich in Malestan und Spin Boldak ergeben haben.

Zusätzlich sah die Doha-Vereinbarung eine Garantie vor, dass US-Luftangriffe außer von „Kampfgebieten“ zu enden hätten. Das führte dazu, dass die Taliban mit größerer Bewegungsfreiheit in vielen Gebieten agieren konnten. Was nicht nur ihre logistischen und materiellen Netzwerke stärkte, sondern auch politisch den Boden für eine Umgebung nach den USA bereitete.

Islamische Zeitung: War die de facto Übernahme Afghanistans durch die Taliban die Folge des US-Abzugs, der ohne sonderliche Bedingungen durchgezogen wurde?

D. Hurrell: Die Taliban haben sich monatelang auf diesen Augenblick vorbereitet. Es scheint, sie selbst seien von der Geschwindigkeit ihrer Offensive überrascht gewesen. Aber wir wissen, dass sie den Grundstein dafür gelegt haben. Über Monate gab es Drohungen und heimliche Verhandlungen zwischen den Taliban und lokalen Brigadekommandeuren, Warlords und Gouverneuren, die in die massenhaften Kapitulationen von Regierungstruppen der letzten Woche mündeten.

Natürlich gab es in einigen Provinzen heftige Gefechte zwischen afghanischen Einheiten und den Taliban wie in Helmand, Kandahar und Herat. Aber ihnen folgten die Aufgabe oder ein ausgehandelter Rückzug der Sicherheitskräfte. Die Taliban ließen es jeden wissen, dass sie entweder bei einer Kapitulation Amnestie gewähren würden oder man die Konsequenzen auf sich nehmen müsse. Ihre Offensive wurde von einer effektiven Kampagne in den sozialen Medien begleitet, die jeden Widerstand einschüchterte.

Es scheint, dass selbst die afghanischen Streitkräfte es versäumt haben, sich strategisch so zu positionieren, dass sie Kerngebiete auf Kosten von Gebieten verteidigen, die nicht zu halten waren. Die Unterstützung und Sicherheitskoordinierung zwischen Kabul und den Provinzen war offenbar sehr gering. Es gab keine defensive Führung. Das war eine Reflexion des hochkorrupten Klientelsystems, wie es sich in den letzten beiden Jahrzehnten entwickelte. Auch hatten sich afghanische Einheiten seit einem Jahrzehnt stark auf die USA, das alliierte Militär, Luftunterstützung und operationale Doktrin verlassen. Das bedeutete, dass die Armee ohne diese Unterstützung unorganisiert war und moralisch zusammenbrach.

Ein beitragender Faktor war die vollkommene Korruption und Funktionsstörung des afghanischen Militärs. Kommandeure und Offiziere stahlen das Geld und bezahlten ihre Soldaten nicht. Das führte zu Desertionen und zum Verkauf von Waffen auf dem Schwarzmarkt – an die Taliban.

Islamische Zeitung: Die Afghanistankampagne von NATO, USA und anderen Kräften leitete nach Ansicht einiger Beobachter den Kreislauf im Rahmen des sogenannten Krieges gegen den Terror ein. Markieren für Sie die jüngsten Entwicklungen das Ende einer Ära?

D. Hurrell: Nun gut. Der globale Krieg gegen den Terror hatte zwei widersprüchliche strategische Eigenschaften. Einerseits großflächige militärische Einsätze (Irak und Afghanistan) und geheime Jagden auf Geister in aller Welt (Al-Qaida). Die Kriege in Irak und Afghanistan waren natürlich daheim unbeliebt, teuer und ohne klar erzielbare Ziele im Hinterkopf. Wenn wir die Nationale Sicherheitsstrategie von 2002 betrachten, dann sprach sie von Terroristen, Massenvernichtungswaffen sowie den Abschied der Vereinigten Staaten von alten Mustern der Großmächtekonkurrenz.

Interessanterweise richtete die Strategie von 2017 ihren Fokus zurück zu einem „Wettbewerb der Großmächte“. Es scheint also, dass der amorphe nichtstaatliche Feind nach dem 11. September 2001 einer Konzentration auf die konventionelleren Herausforderungen gewichen ist. Dazu zählen die Ukraine-Krise, Chinas ständig wachsende militärische Expansion sowie die iranische Penetration verschiedener militärischer Arenen. Die Ära nach 9/11 mag niemals enden, aber der Sicherheitsfokus der USA und ihrer Verbündeten passen sich neuen Umständen an. Der Wettbewerb von Großmächten wird voraussichtlich erneute umfangreiche Militäreinsätze notwendig machen. Aber diese Konfliktzonen werden nicht mehr im Mittleren Osten liegen, sondern in Ostasien. Daher wird Biden sich auch auf eine Wiederherstellung der transatlantischen Beziehungen durch die NATO fokussieren.

Trotzdem besteht der Hunger auf Anti-Terror-Operationen fort wie fortgeführte Einsätze bestimmter westlicher Mächte im Sahel gegen militante Gruppen. Interessanterweise warnt ein aktueller Bulletin von Anti-Terrorismus in USA vor einer erhöhten Bedrohung durch einheimische Terroristen. Fallen die bösen Taten auf den Übeltäter zurück?

Islamische Zeitung: Es heißt manchmal, dass die Natur kein Vakuum erträgt. Was wären Ihrer Meinung die nächsten Schritte in Afghanistan? Kehren die Taliban zu ihrer Politik – wenn es so etwas gibt – aus den 1990er Jahren zurück?

D. Hurrell: Die Taliban erklären, dass ihre Ziele vergleichbar zu denen in den 1990ern seien: die Eroberung Kabuls und die Wiederherstellung des Islamischen Emirats Afghanistan. Die Gruppe erhöht ihre Mullahs zu politischen Führern und ultrakonservative Tendenzen bestehen fort. Ich kann mir vorstellen, dass sie die Praktiken der früheren Hochburgen wiederholen werden wie die Verweigerung der Schulbildung für Frauen und Mädchen sowie andere Vorgehensweisen. Jedoch sind die heutigen Kämpfer eine Generation nach der ursprünglichen Gruppe. Hinweise deuten an, dass die konservativen und traditionellen Tendenzen natürlich – und vielleicht geschwächt – durch zwei Jahrzehnte der Begegnung mit Ideen von außen beeinflusst wurden – inklusive durch andere Afghanen. Reporter in den von den Taliban kontrollierten Gebieten sprechen von „Widersprüchen“: Während sie vor zwanzig Jahren noch Fernsehgeräte an Masten aufhingen, sehen sie jetzt offenbar gerne indische und türkische Seifenopern im Satellitenfernsehen.

Der Taliban-Sprecher Suhail Shaheen sagte, die Gruppierung befürworte eine „offene, inklusive islamische Government“. Es ist nicht vollkommen klar, ob dazu auch Elemente der früheren Regierung gehören sollen. Aber das mag ein Versuch sein, eine internationale Anerkennung zu fördern. Er meinte auch, angesichts ihrer Beliebtheit sei „Legitimität und Anerkennung unser Recht“. Die Taliban bauten ihre Unterstützung im Laufe des Jahrzehnts auf und hielten sie aufrecht, indem sie die Korruption der afghanischen Regierung, einschließlich ihres Versagens bei der Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen, zusammen mit dem Narrativ des Dschihad gegen die ausländischen Eindringlinge betonten. Dieses war Teil des Leims, der sie zusammenhielt.

Vermutlich werden sie sich um Zugang zu gewissen ausländischen Finanzmitteln bemühen, wenn wir in Betracht ziehen, dass die Staatsausgaben bei weitem die Kosten der Finanzierung einer Miliz durch Opiumgewinne überwiegen. Woher wird das Geld zur Aufrechterhaltung von Strom und Bewahrung der Infrastruktur kommen? Das Fundament ihrer Legitimität wird sich vom Kämpfen im Krieg hin zu effektiver Regierung verschieben müssen. Aus diesem Grund glaube ich, wird es keine Rückkehr zur Politik der 1990er geben, sondern einen intelligenteren Ansatz zur Förderung regionaler und später internationaler Anerkennung.

Selbstverständlich gibt es Unterschiede innerhalb der Organisation. Diese hängen davon ab, welche Fraktion gerade dominiert. Darüber hinaus könnten Versuche zur Erzwingung einer abstoßenden Form von Scharia Aufstände in größeren Städten provozieren, insbesondere in Kabul. Mindestens aber könnte die Zahl von Dissidenten anwachsen, die wegen der Ablehnung ihrer Doktrin die Gruppe sabotieren werden. Gerade eben sahen wir eine kleine Demonstration von Kabuler Frauen, die den Schutz ihrer Rechte forderten. Das ist natürlich eine optimistische Sichtweise. Es kann genauso eine Rückkehr zu den dunklen Tagen der 1990er geben.

Die andere Frage ist, was jetzt mit den Taliban-Gruppen geschieht. Nach zwei Jahrzehnten Korpsgeist und Zusammenhalt, die auf der Grundlage des Widerstands gegen einen ausländischen und sehr spezifischen inländischen Feind beruhten, muss man davon ausgehen, dass die Bindung schwindet, welche die Gruppe zusammenhielt. Das gilt insbesondere, sollten regionale, stammesbedingte und politische Differenzen an Einfluss gewinnen. Ich denke, wir sollten auch in Betracht ziehen, dass es notwendigerweise zu Machtkämpfen kommen wird, wenn die Taliban mit der Regierungsbildung beginnen, um regionaler und später internationale Anerkennung zu erlangen. Sollten sich die mächtigsten politischen Fraktionen daran beteiligen, könnte das zu Machtkämpfen führen.

Islamische Zeitung: Die Blitzoffensive der Taliban wurde als eine Niederlage „des Westens“ beschrieben. Werden China, Russland, Iran und Indien von der neuen Herrschaft in Afghanistan profitieren?

D. Hurrell: Ich denke, es ist vielsagend, dass die Taliban laut Berichten seit dem 16. August die russische und chinesische Botschaft in Kabul bewachen. Diese Vertretungen wurden nicht evakuiert und arbeiten weiter – genauso die des Irans. Diese Länder haben sehr pragmatische Ansätze im Umgang mit dieser militanten Organisation an den Tag gelegt – und tun es weiterhin. Es gibt Berichte, wonach Russland schon vor Jahren seine Fühler in Richtung Taliban ausgestreckt hat. Angeblich soll Moskau Kopfprämien für die Tötung amerikanischer Soldaten gezahlt haben.

Alle Regionalmächte wussten, dass die Amerikaner eines Tages gehen und die Taliban, oder ihre Nachfolger, bleiben würden. Diese ausländischen Akteure werden sich mit den Taliban austauschen, um den Bestand ihrer Interessen zu sichern – insbesondere bei Fragen der Grenzsicherheit. China und Russland scheinen diesbezüglich Signale an die Taliban zu senden. Kürzlich organisierten beide Staaten Militärübungen in Nordwestchina, während Russland am 10. August ebenfalls Übungen mit Truppen aus Tadschikistan und Usbekistan nahe der afghanischen Grenze abhielt. Beide betrachten Afghanistan als ein sehr instabiles Land. Von beiden hört man Besorgnis über die Unsicherheit, die von Afghanistan ausgeht und in ihre Gebiete eindringt, weshalb eine präventive Diplomatie mit der Gruppe als notwendig erscheint.

Zuvor versuchte Peking, Afghanistan über den Bau der Autobahn Peschawar-Kabul zum Teil seines Projekts einer „Neuen Seidenstraße“ (BRI) zu machen. Das würde Afghanistan in das Netzwerk von Autobahnen, Eisenbahnstrecken und Energiepipelines zwischen Pakistan und China einbringen. China wird wahrscheinlich Verhandlungen mit Taliban fortführen. Diese haben angedeutet, chinesische Investitionen wären willkommen und würden beschützt. Russland hat nur geringe ökonomische Interessen im Land. Währenddessen versucht der Iran, sein „Einflussgebiet“ in Afghanistan auszubauen; inklusive unter Afghanen in der Gemeinschaft der schiitischen Hazara.

Für die meisten regionalen Staaten dürfte die nahe Zukunft eine Periode des Krisenmanagements sein und Fallout eines Regierungszusammenbruchs beinhalten. Auch die Frage von Flüchtlingsströmen wird auftreten. Eine andere Sorge ist die wachsende Präsenz des IS/Daesh im Norden. Nachbarstaaten dürften sich mit den Taliban absprechen, um diese Bedrohung zu neutralisieren.

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Interview: Imam Benjamin Idriz über die Zukunft der Community und seiner Pläne in München

(iz). In den letzten Monaten häuften sich Meldungen und Stellungnahmen über Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedern des Koordinationsrates der Muslime. Dabei ging es nicht nur um Personalien oder Einzelinteressen, sondern auch um Grundfragen der zukünftigen Ausrichtung.
Wir sprachen mit Imam Benjamin Idriz über Fragen der muslimischen Selbstorganisation, zukünftige Möglichkeiten der deutschen Community sowie sein Großprojekt in München. Idriz ist seit Längerem Imam der erfolgreichen, multikulturellen Gemeinde im bayrischen Penzberg und plant derzeit den Bau eines großen Zentrums in der Landeshauptstadt München.
Islamische Zeitung: Lieber Benjamin Idriz, heute, mehrere Jahre nach Einweihung der beeindruckenden Moschee im bayrischen Penzberg, streben Sie und Ihr Team den Bau eines wesentlich größeren Zentrums in der Landeshauptstadt München an. Wo steht das Projekt derzeit und was sind die größten Hindernisse, die Sie überwinden möchten?
Benjamin Idriz: Zunächst einmal sind es nicht die Hindernisse, sondern die Unterstützung, die das Projekt erfährt, die ich für ausgesprochen bemerkenswert halte. Diese Unterstützung kommt nämlich nicht nur von Muslimen (wo sie selbstverständlich sein sollte), sondern aus der ganzen demokratischen Gesellschaft, aus verschiedenen Religionsgemeinschaften, aus Verbänden, von den Medien und aus allen Fraktionen des Münchner Stadtrats.
Nachdem eine extremistisch-islamfeindliche Minipartei über mehrere Jahre hin versucht hat, Unterschriften gegen das Projekt zu sammeln um damit einen Volksentscheid dagegen herbeizuführen, hat der Stadtrat dies als unzulässig abgelehnt, weil die islamfeindlichen Hetzer nachweislich mit falschen Behauptungen gearbeitet hatten. In derselben Sitzung hat der Stadtrat stattdessen eine Resolution „Solidarität mit den Muslimen in unserer Stadt“ beschlossen!
Das derzeit einzige Hindernis liegt in der Finanzierung. Es wäre natürlich schön, ein solches Projekt mit Spenden von Muslimen (und Nichtmuslimen) aus Deutschland zu realisieren. Für die Grundstücks- und Baukosten wird es aber, wie es scheint, nicht ohne einen oder mehrere Großspender aus der Golfregion gehen. Unsere Anfragen laufen in mehreren Ländern (Oman, Katar, VAE) – hier brauchen wir jetzt dringend baldige Antworten – sonst wird die Chance auf ein repräsentatives und zentral gelegenes Grundstück vergeben.
Islamische Zeitung: In der Vergangenheit haben Sie den Gedanken entwickelt, mit einem eventuellen Zentrum in München auch die Möglichkeit einer, mit anderen europäischen Einrichtungen vernetzt, Ausbildung einheimischer Imame anzubieten. Steht dieser Punkt noch im Blickpunkt Ihrer Bemühungen?
Benjamin Idriz: Das war von Anfang an einer der Hauptgedanken bei diesem Projekt. Dass inzwischen in Deutschland universitäre Zentren für islamische Theologie eingerichtet worden sind, ist eine ausgesprochen positive Entwicklung und entspricht dem, was wir die ganze Zeit befürwortet haben, auch wenn bisher dort ja noch keine Ausbildung für Imame stattfindet. Mit solchen Zentren, und falls möglich auch mit anderen europäischen Einrichtungen, wird unser „Münchner Forum für Islam“ gerne kooperieren – zum gegenseitigen Nutzen. Denn Imam wird man nicht allein durch Bücher und in Hörsälen. Hier braucht es die Einbindung in das „richtige Leben“ einer Gemeinde, die Erdung durch die tagtägliche Praxis. Das MFI könnte hier zum Beispiel die Möglichkeit von Praktika anbieten, die die universitäre Ausbildung (wenn es sie einmal für Imame geben wird) ergänzen.
Islamische Zeitung: Im Rahmen der aktuellen Debatte zur muslimischen Gemeinschaft wurde auch gefordert, Finanzierungen aus dem Ausland, analog zum österreichischen Gesetz, abzuschaffen. Ganz unabhängig davon, dass das sicherlich nicht beim Kampf gegen Radikalisierung helfen dürfte, lässt sich ein Riesenprojekt wie Ihres überhaupt ohne ausländische Hilfe realisieren?
Benjamin Idriz: Hier muss man unterscheiden, für den Erwerb des Grundstücks und für die Baukosten wird es, wie gesagt, ohne ausländische Großspender nicht gehen. Was aber dann den Betrieb des Zentrums angeht, werden Einflussnahmen von außen ausgeschlossen. Es ist ein wesentlicher Bestandteil des Selbstverständnisses dieses Projekts, dass Islam am Hier und Jetzt orientiert sein soll, also da, wo Menschen sich entschlossen haben, ihr Leben zu verbringen und die Zukunft ihrer Kinder und Enkel liegt. Die Bindung an Herkunftsländer war eine notwendige Phase in den ersten Jahrzehnten muslimischer Einwanderer in Deutschland. Aber jetzt muss etwas Neues entstehen, sonst blockieren wir die Zukunft des Islam in Deutschland.
Islamische Zeitung: Gibt es einen Druck auf öffentlich auftretende Gelehrte wie Sie, Rhetorik und Inhalte eines politisch-korrekten Diskurses zu übernehmen?
Benjamin Idriz: Meine Rhetorik und die Inhalte dessen, wofür ich stehe, was ich denke, sage und lebe, entstammen dem Qu’ran und der Sunna. Es geht darum, unsere Quellen in unsere heutige Wirklichkeit zu übertragen und uns ununterbrochen zu fragen: was bedeutet diese oder jene Aussage für uns hier und heute? Daraus resultiert eine sehr weitgehende Übereinstimmung zwischen dem Islam und den Werten einer demokratischen Gesellschaft. Mit Druck von woher auch immer hat das nichts zu tun.
Was wir allerdings schon spüren, ist der ständige Druck, sich gegenüber den nicht enden wollenden Verbrechen zu distanzieren, die im Namen unserer Religion begangen werden. Hier ist es schmerzlich, dass Politik und Gesellschaft nicht wahrhaben, dass uns als Muslime diese Verbrechen genauso selbstverständlich entsetzen, wie andere auch; oder sogar noch mehr, denn es ist schließlich unsere Religion, die von den Verbrechern missbraucht wird. Das eigentliche Problem ist dabei aber nicht der Druck sich zu distanzieren – sondern die Tatsache, dass solche Verbrechen immer wieder verübt werden.
Islamische Zeitung: Sind Sie mit der Rolle zufrieden, die Gelehrte heute in der innermuslimischen Debatte spielen? Es ließe sich ja kaum behaupten, dass diese – und ihr Wissen – einen nennenswerten Einfluss auf die Entscheidungsbildung hätten…
Benjamin Idriz: In den letzten drei Jahren können wir Muslime durchaus ein starkes religiöses Autoritätsdefizit wahrnehmen. Die traditionellen Azhar-Gelehrten sind entweder entmachtet oder stehen unter politischem Druck, wie die Persönlichkeiten Al-Qaradawi oder Al-Tayyib. Hier in Europa war der ehemalige Großmufti von Bosnien Mustafa Ceric eine Stimme, auch er ist nicht mehr in der Position, in der er war. In Syrien ist Said Ramadan Al-Bouti grausam ermordet worden, und so sind in den letzten Jahren die bekanntesten Gelehrten von der Weltszene verschwunden. Leider gehen positive Stimmen, wie die von Mehmet Görmez, dem Religionsoberhaupt der Türkei, in dem großen Trubel unter.
Wo keine Autorität – dort herrscht Chaos. Und dieses Vakuum füllen heute selbsternannte Pseudo-Gelehrte. In Deutschland stehen wir nicht anders da. In dem Maß, in dem neu ausgerichtete Zentren wie eben unser MFI in Deutschland entstehen werden, kann auch das, was an den Universitäten stattfindet, viel mehr an die Basis und in die Gemeinden dringen. Diese Entwicklung kommt gerade erst in Gang, aber sie ist, glaube ich, auf die Dauer sicher nicht aufzuhalten.
Islamische Zeitung: In der Vergangenheit haben Sie sich skeptisch in Sachen des „organisierten Islam“ geäußert. Was hat Ihren Sinneswandel, den Beitritt zum Zentralrat der Muslime, hervorgerufen?
Benjamin Idriz: Meine Gemeinde in Penzberg ist multiethnisch und hat aus dem Zusammenwirken von Menschen mit unterschiedlichen Wurzeln ungeheuer profitiert. Genau das möchte der Islam ja von uns! Deshalb kann sich die Gemeinde als Ganzes keinem ethnisch oder national orientierten Verband anschließen. Der Zentralrat vertritt meines Erachtens eine Ausrichtung, die dem entspricht.
Organisierte Strukturen für die Muslime in Deutschland habe ich schon immer befürwortet; in dem von mir mit herausgegebenen Buch „Islam mit europäischem Gesicht“ wird ein entsprechendes Modell entworfen. Es sollte aber nicht aus mehreren parallelen und womöglich konkurrierenden Verbänden bestehen, sondern aus einer umfassenden, anerkannten Institution.
Islamische Zeitung: Nachdem der KRM an die Wand gefahren scheint, sehen Sie Alternativen für die Zukunft? Wenn ja, welche?
Benjamin Idriz: Wir haben in den letzten Monaten erlebt, dass endlich eine muslimische Stimme in Deutschland sehr viel mehr wahrgenommen wurde, als das früher der Fall war. Das haben wir Muslime doch seit langem ersehnt und auch gefordert. Sollten wir nicht dankbar sein, dass das jetzt zu gelingen scheint und alle gemeinsam den- oder diejenigen nach Kräften unterstützen, die sich mit Erfolg darum bemühen?
Wenn manche diese Entwicklung gerade jetzt torpedieren, ist das ein verheerendes Signal an die Politik und an die Öffentlichkeit: Ihr könnt die Muslime weiterhin ignorieren, ihr braucht sie weiterhin nicht ernst zu nehmen und nicht einzubinden, sie werden sich auf absehbare Zeit selbst blockieren. Hier müssten wirklich alle muslimischen Entscheidungsträger ihre Verantwortung ernster nehmen, als ihre jeweiligen Einzelinteressen.
Islamische Zeitung: Es gibt eine Vielzahl von Aspekten, die im Denkschemata des politisch organisierten Islam nicht vorhanden sind – was sich auch als „muslimische Zivilgesellschaft“ bezeichnen ließe. Wie könnte diese Zivilgesellschaft zukünftig angemessen Beachtung finden?
Benjamin Idriz: Viele Muslime halten sich von Moscheen fern, weil deren Ausrichtung oder Orientierung an andere Ländern sie nicht anspricht. Hier brauchen wir neue Angebote. Diese Angebote können und sollten aber über die Gebete hinausgehen. Seit wir in München einen provisorischen Sitz für das MFI eröffnet haben, ist aus dem Stand eine sehr vitale Gemeinde entstanden, die Muslime anspricht, die teilweise seit vielen Jahren auf so etwas gewartet haben. Dazu gehören nicht nur die Freitagsgebete, sondern soziale Angebote, Vorträge und Diskussionen, die kritisch und offen gehalten werden, sodass sich auch solche angezogen fühlen, die der Religion bisher vielleicht eher noch distanziert gegenüber stehen.
Islamische Zeitung: Ihre Penzberger Gemeinde ist seit Jahrzehnten multikulturell geprägt und bietet umfassende Aktivitäten an. Handelt es sich dabei um das Modell der Zukunft?
Benjamin Idriz: Es wird wohl auch in Zukunft solche Muslime geben, die emotional an der Bindung an frühere Herkunftsländer festhalten wollen, und das kann ja auch sehr wertvolle Aspekte beinhalten. Aber die Zukunft des Islam in Deutschland wird nicht dominant türkisch, bosnisch oder arabisch sein – sonst wäre er tatsächlich kein Teil Deutschlands. Der Prophet Muhammad hat nicht Mekka nach Medina verpflanzt, sondern nach der Hidschra in Medina etwas Neues geschaffen.
Islamische Zeitung: Lieber Imam Benjamin, wir bedanken uns für das Gespräch.
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Frankreichs Nationalversammlung für Anerkennung Palästinas

Jetzt stimmen auch Frankreichs Parlamentarier für die Anerkennung eines Staates Palästina. Das zwingt die Regierung aber nicht, dem zu folgen. Sie setzt zunächst noch auf eine baldige Verhandlungslösung.

Paris (dpa). Die französische Nationalversammlung hat für eine Anerkennung eines Staates Palästina neben Israel gestimmt. Mit 339 gegen 151 Stimmen riefen die Abgeordneten die linke Regierung auf, diesem politischen Schritt zu folgen.

Die Entscheidung der Kammer ist nur symbolisch und für die Regierung unter Staatspräsident François Hollande nicht bindend. Der Entschließungsantrag dazu war von der Parlamentsmehrheit der Sozialisten eingebracht worden. Sie setzte die Resolution auch gegen den Widerstand des konservativen Lagers durch.

Frankreich will Palästina nach den Worten von Außenminister Laurent Fabius dann als Staat anerkennen, wenn es nicht in naher Zukunft eine Verhandlungslösung im Nahostkonflikt gibt. Paris unterstütze Pläne der Vereinten Nationen für einen weiteren Verhandlungsspielraum von zwei Jahren, hatte er während einer Debatte der Nationalversammlung gesagt: „Wenn diese Anstrengungen scheitern, und wenn dieser letzte Versuch für eine Verhandlungslösung keinen Erfolg hat, dann wird Frankreich seine Verantwortung mit der unverzüglichen Anerkennung des Staates Palästina wahrnehmen“. Fabius fügte hinzu: „Wir sind bereit.“

Befürworter erhoffen sich von der Anerkennung einen Beitrag zur Lösung des Nahostkonflikts. Der sozialistische Fraktionschef Bruno Le Roux hatte es unakzeptabel genannt, dass der Weg zum Frieden zwischen Israelis und Palästinensern täglich schmaler werde: „Palästinensische und israelische Politiker müssen ihre Verantwortung übernehmen.“ Über die Palästina-Resolution soll am 11. Dezember der Senat abstimmen.

Bisher haben weltweit 135 Länder Palästina als souveränen Staat anerkannt. Die Parlamente in London und Madrid votierten ebenfalls für einen Staat Palästina; auch dort ist dies keine Verpflichtung für die Regierungen. Die meisten westlichen Länder vertreten wie die USA oder Deutschland die Auffassung, dass ein palästinensischer Staat erst nach einer Friedenslösung anerkannt werden sollte.

Kommentar: Unsere Eliten – die ­Guten ins Töpfchen?

(iz). Als Mitte November die Stipendiaten des Avicenna-Studienwerks unter hochrangiger Beteiligung der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, bezeichneten Medien die angehenden Akademiker, ohne deren eigenes Zutun, als zukünftige „muslimische Eliten“. Um Missverständnisse auszuschließen: Hier geht es nicht um so nützliche Dinge wie Stipendien oder das Stiftungswesen. Vielmehr geht die Zuschreibung der „Elite“ mit eindeutigen Machtverhältnissen einher.

Von Ali Arslan Gümüsay findet sich ein erhellender englischer Beitrag zum Thema „muslimische Eliten“. Auch wenn Muslime die zweitgrößte Religionsgemeinschaft in Europa stellen, so der Wissenschaftler, seien sie doch eine Minderheit. „Als solche werden ihre Eliten durch die Eliten der Mehrheit und die Gesellschaft als ganze bestimmt.“ Also repräsentiere die Elite einer Minderheit, die gesamte Minderheit nicht notwendigerweise, in solch einem Maße, wie es angenommen werde.

Unstrittig ist nicht, dass es eine „Elite“ gibt. Das ist in unserer Tradition weder unbekannt, noch etwas schlechtes. Das Problem mit dem Begriff besteht aber darin, dass die Fähigkeit zur Definition, wer dazu gehört (und wer draußen bleibt), oft außerhalb der muslimischen Community liegt. Das heißt, die traditionell anerkannten Kategorien, was Eliten im Islam ausmachen, sind ausgehebelt.

Auch beruht die „Zugehörigkeit“ zur In-Group oft auf Anerkennung von außen und nicht auf der – stillschweigenden oder offenen – Erklärung der Muslime selbst. Das heißt, die so als „muslimische Eliten“ Bezeichneten, bleiben abhängig vom „symbolischen Kapital“ auf gesellschaftlicher Ebene. Nicht selten aber, sind sie über Fördermittel, Stellen und Projekte auch vom recht handfesten Kapital abhängig.

Eine Folge dieser Tendenzen ist, dass der entsprechende Personenkreis im nichtmuslimischen Diskurs mehrheitlich nicht als einer Gemeinschaft oder einer Gruppe zugehörig beschrieben wird, sondern als Individuum. So werden Rückbindung und Rechenschaft abgeschnitten. Und, um diesen Status nicht zu verlieren, stehen sie unter dem Druck zur Übernahme eines fremden Diskurses. Man gewöhnt sich eine abgeschliffene Rhetorik, die gar keinen essenziellen Widerspruch mehr kennt.

Und natürlich zählt hierzu auch der immanente Zwang zur Distanzierung – nicht von destruktiven Ideologien oder den Extremen – sondern von allen anderen Muslimen, die dem eigenen Status gefährlich werden könnten.

Gesetzesvorhaben des NRW-Landtages dürfte es muslimische Religionsgemeinschaften schwerer machen

(iz). Ein Gesetzesvorhaben in Nordrheinwestfalen (NRW) hat Muslime aufhorchen lassen. Die Landesregierung und alle im Landtag vertretenen Fraktionen planen, die Anerkennung von Religionsgemeinschaften zukünftig gesetzlich zu regeln. Neben dem Bekenntnis zur Verfassung sollen weitere zentrale Voraussetzungen detailliert geregelt werden.

Eine wichtig Voraussetzung wird etwa die Mitgliederzahl sein. Ein muslimischer Verband, der die Anerkennung als Religionsgemeinschaft erlangen will, muss demnach 17.500 Mitglieder vorweisen (mind. 1 Promille der NRW-Bevölkerung). Zudem muss die Gemeinschaft bereits seit mindestens 30 Jahren bestehen.

Auch bei einer Erfüllung dieser Voraussetzungen soll die Anerkennung keinesfalls garantiert sein. Denn der Landtag soll immer noch das Recht haben, eine Anerkennung als Körperschaft ausdrücklich „von seiner Zustimmung abhängig machen“, berichtete die Katholische Nachrichtenagentur (KNA).

Dieses Gesetzesvorhaben in dem Bundesland, in dem die meisten deutschen Muslime leben, ist ein Schlag ins Gesicht der im Koordinationsrat der Muslims (KRM) organisierten muslimischen Verbände. Denn schon seit Längerem liefen Verhandlungen zwischen den muslimischen Verbänden und der Landesregierung über eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Mit diesem Gesetzesvorhaben drohen diese Verhandlungen obsolet zu werden, denn keiner der großen Verbände dürfte ohne Weiteres die Voraussetzungen in diesem Gesetzesvorhaben erfüllen.

Es stellt sich natürlich auch die Frage, inwiefern die langjährigen Verhandlungen um die politische Anerkennung zu etwas Greifbarem geführt haben. Die Etablierung der Islamischen Theologie und der Islamische Religionsunterricht an allgemeinbildenden Schulen wurden ja eben auch forciert, um diese politische Anerkennung voranzutreiben. Jetzt steht der organisierte Islam wieder vor einer Sackgasse.

Auffällig wurde in der letzten Zeit, dass insbesondere die DITIB – als größter Mitgliedsverband im KRM – systematisch eine einheitliche Linie torpediert, aber parallel dazu ihre Landesstrukturen entsprechend den gesetzlichen und politischen Voraussetzungen für eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft anpasst. Damit könnte sie in nicht allzulanger Zeit als erste und vielleicht sogar einzige muslimische Religionsgemeinschaft „anerkannt“ werden.

Im Grunde stellt sich für den Koordinationsrat die Sinnfrage. Genügt es wirklich nur, auf „Anerkennung“ zu setzen, aber gleichzeitig das eigentliche Projekt, die Muslime zu ihrem Wohl miteinander zu vernetzen, konsequent zu vernachlässigen? Am Ende könnte man so vor dem Staat und vor den Muslimen verlieren.