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PKK-Terror in Ankara: Bombenanschlag erschüttert türkische Hauptstadt

türkei

PKK-Terror: In der türkischen Hauptstadt Ankara kommt es am Sonntagmorgen zu einer Explosion. Die Regierung spricht kurz darauf von einem Selbstmordanschlag. Ein Bekennerschreiben am Abend gibt Aufklärung. Von Anne Pollmann

Istanbul (dpa). Ein Bombenanschlag hat am Sonntagmorgen die türkische Hauptstadt Ankara erschüttert. Beide beteiligten Angreifer seien getötet und zwei Polizisten leicht verletzt worden, sagte der türkische Innenminister Ali Yerlikaya. Er verurteilte den Angriff als „Terrorismus“. Hinter dem Anschlag steht wohl die Terrororganisation PKK.

PKK steht laut Bekennerschreiben hinter dem Selbstmordterror

Die Explosion ereignete sich nach Medienberichten auch unweit eines Eingangs zum türkischen Parlament. Einer der beiden Angreifer habe sich in die Luft gesprengt, so das Innenministerium. 

Den zweiten Beteiligten hätten Polizisten mit einem Schuss in den Kopf getötet. Die Angreifer seien mit ihrem Versuch gescheitert, sich Zugang zu dem Ministerium zu verschaffen.

Die Aktion sei genau nach Plan verlaufen und eine Reaktion auf das Vorgehen der Türkei in kurdischen Gebieten gewesen, zitierte die PKK-nahe Nachrichtenagentur ANF aus einem mutmaßlichen Bekennerschreiben der HPG, dem militärischen Arm der PKK.

Foto: Presidential Office of Türkiye

Anschlag fiel mit neuer Legislaturperiode zusammen

Der Anschlag fiel mit der Eröffnung der neuen Legislaturperiode des türkischen Parlaments zusammen, und er ereignete sich in unmittelbarer Nähe zur Volksvertretung.

Präsident Recep Tayyip Erdogan nannte die Angriffe in seiner Eröffnungsrede ein „letztes Zucken des Terrors“. Die „Schurken“ hätten ihre Ziele nicht erreicht und würden sie niemals erreichen, so Erdogan laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Mutmaßliche Bilder des Anschlags zeigten ein Auto, das auf der Straße vor einem Eingang zum Innenministerium hält, eine Person bewegt sich auf den Eingang zu.

Wenig später ereignet sich eine Explosion an einer Eingangsschranke. Medien berichteten, die Angreifer hätten das Tatfahrzeug im zentraltürkischen Kayseri geklaut und dessen Fahrer getötet.

Die Generalstaatsanwaltschaft in Ankara verhängte kurz nach dem Angriff eine Nachrichtensperre. Das Innenministerium rief dazu auf, Bilder von vor Ort aus dem Netz zu löschen. Es leitete Ermittlungen wegen Verstößen ein, wie Minister Yerlikaya bekanntgab.

Foto: Армія Інформ, via Wikimedia | Lizenz: CC BY 4.0

Steht Anschlag im Zusammenhang mit Drohnenlieferungen?

Auf der Agenda der Parlamentarier steht – wenn auch ohne konkretes Datum – unter anderem die Abstimmung über den Nato-Beitritt Schwedens, den die Türkei seit Monaten blockiert. Ankara fordert von Schweden ein härteres Vorgehen gegen die PKK.

Erdogan machte zudem kürzlich Andeutungen, eine Zustimmung des türkischen Parlaments von Kampfdrohnenlieferungen aus den USA abhängig zu machen.

Auch über die Verlängerung der Einsätze des türkischen Militärs im Irak und in Syrien soll nach Angaben des Staatssenders TRT zeitnah im Parlament abgestimmt werden. Die Türkei geht im Nordirak und in Nordsyrien regelmäßig gegen die syrische Kurdenmiliz YPG und die PKK vor.

Foto: Xecican Ferqin, Voice of America | Lizenz: Public Domain

PKK verübt seit Jahren Terror

In dem seit Jahrzehnten andauernden Konflikt zwischen PKK und dem türkischen Staat sind bisher Tausende Menschen getötet worden. Ankara geht in der Südosttürkei und im Nordirak regelmäßig mit Militäreinsätzen gegen die Terrorgruppe vor. Diese wiederum verübt immer wieder Anschläge vor allem auf türkische Sicherheitskräfte.

In der Türkei hat es in der Vergangenheit immer wieder Anschläge gegeben. Im November 2022 explodierte auf der Istanbuler Einkaufsstraße Istiklal eine Bombe. Dabei wurden sechs Menschen getötet.

Nach Angaben der türkischen Regierung hatte die Attentäterin Verbindungen zur syrischen Kurdenmiliz YPG, die die türkische Regierung als Ableger der PKK sieht. Die YPG bestritt, hinter dem Anschlag zu stecken.

2016 wurden bei einem Selbstmordattentat der Terrormiliz Islamischer Staat im historischen Zentrum Istanbuls zwölf Deutsche getötet. Im gleichen Jahr sterben bei Anschlägen in Ankara mehr als 60 Menschen.

Zahlreiche Politiker verurteilten den Anschlag. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte auf der Plattform X, die Nato stehe im Kampf gegen den Terrorismus in Solidarität an der Seite der Türkei. Den verletzten Polizeibeamten wünsche er eine schnelle und vollständige Genesung.

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Türkei verurteilt Scheinreferenden in russisch besetzten Gebieten

Ordnung

Istanbul(dpa). Auch die Türkei hat die von Russland und den russischen Besatzungsbehörden angekündigten Scheinreferenden in den besetzten Gebieten der Ukraine verurteilt. „Wir sind besorgt über Versuche, in einigen Regionen der Ukraine einseitige Referenden durchzuführen“, hieß es aus dem Außenministerium am Mittwochabend.

Solche „illegitim beschlossenen Tatsachen“ würden von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt. „Im Gegenteil, sie werden die Bemühungen um eine Wiederbelebung des diplomatischen Prozesses erschweren und die Instabilität vertiefen.“ Die Türkei stehe für die „territoriale Unversehrtheit, Unabhängigkeit und Souveränität“ der Ukraine.

Die Türkei ist NATO-Mitglied und pflegt mit der Ukraine enge Beziehungen, gilt aber auch als enge Partnerin Russlands. Ankara hat dennoch immer wieder die russische Annexion der Halbinsel Krim 2014 kritisiert – auch weil die muslimische Minderheit der Krimtataren historisch eng mit dem südlichen Nachbarn am Schwarzen Meer verbunden ist.

Die Abstimmungen in besetzten Gebieten der Ukraine über einen Beitritt zu Russland sollen vom 23. bis 27. September abgehalten werden. Sie werden weltweit als völkerrechtswidrig angesehen, weil sie ohne Zustimmung der Ukraine, unter Kriegsrecht und nicht nach demokratischen Prinzipien ablaufen. Beobachter sehen in den Scheinreferenden eine Reaktion auf die aktuelle ukrainische Gegenoffensive im Osten des Landes.

Eskalation in St. Georg: In Hamburg kam es zu Randale und gewaltsamen Ausschreitungen

Hamburg (dpa/iz). Das derzeitige Drama im syrisch-türkischen Grenzgebiet hat nach Ansicht deutscher Muslime das Potenzial, zu Spannungen innerhalb der muslimischen Community sowie zwischen unterschiedlichen Exilgruppen zu führen beziehungsweise bestehende noch zu steigern. In den sozialen Netzen dominierte der Wunsch nach Harmonie innerhalb der Gemeinschaft sowie das Verlangen, dass es nicht zu einem Überschwappen der Konfliktes nach Deutschland kommt.

Aktueller Anlass waren Ausschreitungen am Abend des 07. Oktobers in Folge einer friedlichen Spontandemonstration von Kurden in der Hamburger Innenstadt gegen den wahrscheinlichen Fall der syrischen Stadt Kobane an Kämpfer des syrisch-irakischen Islamischen Staates. Später zogen Demonstranten in den Stadtteil St. Georg weiter. Zu einer Eskalation kam es, nachdem radikalisierte, mutmaßliche Sympathisanten der PKK auf ebenso aufgeheizte, mutmaßliche „Salafisten“ trafen. Das ganze spielte sich unter anderem vor der Al-Nur-Moschee in St. Georg ab, wie ein Sprecher der Polizei am Mittwoch sagte.

Dort stellten sich ihnen den Angaben zufolge etwa 400 mutmaßliche „Salafisten“ entgegen. Zwischen Mitgliedern beider Gruppen, die teilweise bewaffnet gewesen sein sollen, habe es „gewalttätige körperliche Auseinandersetzungen“ gegeben. Ein dpa-Fotograf vor Ort berichtete in der Nacht, die Polizei habe die Zufahrtsstraßen zur Moschee komplett abgesperrt. Einsatzwagen blockierten den Sichtkontakt zwischen den Gruppen. Die Lage sei „ausgesprochen gewalttätig“ gewesen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, um die Parteien zu trennen. Verletzte wurden in Krankenhäuser gebracht, wie ein Sprecher der Feuerwehr sagte. Der Einsatz dauerte bis zum frühen Morgen an.

Erschwerend kam hinzu, dass nach Berichten in den sozialen Netzerken Facebook und Twitter „Salafisten“ die betroffene Moschee gegen den Willen ihrer Betreiber besetzt haben sollen. Vermittlungs- beziehungsweise Deeskalationsversuche seitens der SCHURA Hamburg, einem Zusammenschluss Hamburger Moscheegemeinden, sollen erfolglos geblieben sein. Nach Angaben eines SCHURA-Vertreters gegenüber der Hamburger Lokalpresse sei die Polizei bei der Moscheebesetzung „überfordert“ gewesen. MAn habe es versäumt, die Besetzer aus der Moschee zu lassen beziehungsweise zu räumen, wodurch normale Mitglieder und Besucher zwischen die Fronten geraten seien.

Erklärung der betroffenen Al-Nur-Moschee vom 8.10.2014:
http://www.alnour-moschee.com/index.php/de/

Der Journalist Eren Güvercin über die aktuelle Lage in der Türkei

(iz). Ob die türkische Regierung für den konkreten Unfall in Soma verantwortlich ist, wird sich erweisen müssen. Die Staatsanwaltschaft hat die Untersuchungen aufgenommen und Energieminister Taner Yildiz hat zumindest angekündigt, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden, egal wer es sein wird. Nichtsdestotrotz stellt diese menschliche Tragödie eine Steilvorlage für Regierungskritiker im In- und Ausland dar, die – auch durch entstellte Zitate – dankbar aufgegriffen wurde. Hierzu sprachen wir mit dem Journalisten Eren Güvercin.

Islamische Zeitung: Lieber Eren Güvercin, was ist eigentlich in dem türkischen Bergwerk passiert und inwiefern hat sich die Regierung erneut zur Zielscheibe von Kritik und Protesten gemacht?

Eren Güvercin: Was wirklich im Bergwerk Soma passiert ist, weiß momentan niemand. Man kann es auch noch nicht wissen, da die Rettungskräfte mit der Bergung der verbliebenen Arbeiter beschäftigt sind. Ob es ein Versagen der Betreiberfirma gab, ob die Arbeitsschutzmaßnahmen ausreichend waren, werden die Untersuchungen zeigen.

Es ist aber erschreckend, dass politische Gruppen – nämlich das alte kemalistische Establishment und vermeintlich linke Gruppierungen – die Gunst der Stunde snutzen, um einen erneuten Angriff gegen die Regierung zu starten. Nicht etwa durch berechtigte kritische Fragen hinsichtlich des Betreibers, sondern durch gezielte Kampagnen.

Am ersten Tag des Unglücks wurden etwa Falschinformationen massiv über Twitter verbreitet, wonach minderjährige Kinder in der Mine arbeiteten. Kurzer Zeit später wurde aufgedeckt, dass es nicht der Wahrheit entspricht. Immer noch wird über soziale Medien gestreut, dass es eigentlich weit über 800 Tote gäbe, die versteckt würden, als ob diese keine Verwandten und Familien hätten.

Das sind gezielte Aktionen, um die Menschen auf die Straße zu locken, wo gewaltbereite linke Gruppierungen mit Molotov-Cocktails bereits seit zwei Tagen versuchen Chaos zu verbreiten. Davon liest man in der deutschen Presse nicht, weil es nicht ins vorgefertigte Bild passt.

Islamischen Zeitung: Haben Regierung oder AKP das Unglück direkt oder mittelbar zu verantworten?

Eren Güvercin: Ob die Regierung für diesen konkreten Fall in Soma verantwortlich ist, wird sich noch erweisen müssen. Die Staatsanwaltschaft hat die Untersuchungen aufgenommen und Energieminister Taner Yildiz hat zumindest angekündigt, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden, egal wer es sein wird.

Unabhängig davon muss man aber generell die Lage der Arbeiter in der Türkei kritisch betrachten. Der enorme Wirtschaftswachstum der letzten Jahre in der Türkei fußt auf einer neoliberalen Wirtschaftspolitik. Sicherlich gab es punktuelle Verbesserungen im Gesundheitswesen und bei der Hilfe der Bedürftigen. Nur darf das – auch AKP-Anhänger – nicht darüber hinweg täuschen, dass die Wirtschaftspolitik die Reichen immer reicher macht und die Armen immer ärmer.

Das Bergwerk in Soma etwa war ursprünglich ein staatliches Unternehmen. Es wurde vor einigen Jahren privatisiert, und die Betreiberfirma hat die Kosten extrem gesenkt und produziert gleichzeitig viel mehr Kohle. Dass das auf die Kosten der Arbeiter geht, und unter Umständen auch auf Kosten der Sicherheit, ist naheliegend. Die AKP muss trotz der guten Zahlen ihre Wirtschaftspolitik radikal hinterfragen, was auch von der eigenen Parteibasis kommen muss.

Islamische Zeitung: Erneut ist Erdogan durch das Unglück in die Schlagzeilen geraten. Gerade betitelte ihn ein deutsches Medium als „entkoppelten Volkstribun“. Woher kommt die Diskrepanz zwischen dieser Kritik und dem weiterhin bestehenden Vertrauen seiner Wähler?

Eren Güvercin: Die deutschen Medien heucheln Interesse an der Arbeitssicherheit. Würde es ihnen um die Arbeiter gehen, würden sie die Angelegenheit nicht politisieren und das ganze mit der Person Erdogan verknüpfen. Zumal die Ursachen gar nicht feststehen.

Und es ist bezeichnend, dass es nun plötzlich auch Experten für das Bergbauwesen in der Türkei in deutschen Medien gibt. Man berichtet über Unmutsbekundungen gegen Erdogan, als er das Bergwerk besuchte. Aber dass der Oppositionsführer ausgepfiffen wurde, oder ein seht bekannter Fernsehmoderator, der besonders Erdogankritisch ist, regelrecht davongejagt wurde, kommt in der deutschen Berichterstattung nicht vor.

Islamische Zeitung: Hat der Ministerpräsident im Ausland – insbesondere in Deutschland – mehrheitlich eine schlechte Presse? Wie bewertest Du die momentane deutsche Türkeiberichterstattung – vielleicht auch in Relation zur Ukraine-Krise?

Eren Güvercin: Man kann auf jeden Fall von einer schlechten Presse sprechen. Das wäre auch kein Problem, wenn man zumindest versuchen würde, einigermaßen ausgewogen über Hintergründe zu berichten und auch andere Meinungen zuließe. Stattdessen dominiert bei SPIEGEL, taz und anderen Medien eine bestimmte negative Sicht. Man wundert sich, wenn man in sozialen Netzwerken zu lesen ist, wie ein
Türkeikorrespondent schreibt, dass die Betreiberfirma allen Mitarbeitern und Rettungskräften einen Maulkorb erteilt habe. Währenddessen sieht man im türkischen Fernsehen seit zwei Tagen massenweise Gespräche mit geretteten Kumpeln und Rettungskräften. Das kann vielleicht daher kommen, dass der Türkeikorrespondent des SPIEGELS kein Türkisch kann. Zumindest gehe ich gutgläubig davon aus.

Aber es gibt auch andere Beispiele wie Deniz Yücel von der taz, der als ideologisierter Linker bewusst auf Twitter Gerüchte aufnimmt und diese in seine Berichterstattung einfließen lässt, ohne diese Dinge gegenzuprüfen. Das ist dann keine mangelnde Sprachkenntnis sondern Meinungsmache. Aber es passt zum Blatt: Man sitzt Latte Machiatto schlürfend in Berlin und spielt etwas Revolution; auf den Rücken anderer Menschen. Das ist Gesinnungsjournalismus pur, und jeder, der das auch nur ansatzweise kritisiert, wird als AKP-Anhänger markiert; so als ob es keine differenzierte Meinung geben könne. Es dominiert das Freund-Feind-Denken.

Kommentar der Kommunalwahlergebnisse in der Türkei

Es waren zwar nur Kommunalwahlen. Diese hatten es aber in sich. Die regierende Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan hat wieder einmal eine Schicksalswahl für sich entscheiden […]

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Freund und Feind streiten über den Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten

„Hier – im Parteimodus – verschwimmen dann auch für die deutsche Öffentlichkeit rhetorisch und visuell die Linien zwischen Nation, Kultur und Islam.“

(iz). Der Besuch des türkischen Ministerpräsidenten war zweifellos eine gute Sache. Wer zum Beispiel einmal die sachliche und argumentative Seite Erdogans erleben wollte, konnte dies im Vorlauf des Besuches in einem unaufgeregten Interview im ZDF tun. Die souveräne Persönlichkeit des Politikers, die sich bei seinem Auftritt auf der politischen Bühne zeigte, verträgt sich eben schlecht mit dem Zerrbild, dass manche Medien hierzulande von dem populärsten Politiker der Türkei stricken wollen.

Die Begegnungen Erdogans mit Angela Merkel bargen dagegen keine große Überraschungen, obwohl die Kühle der CDU-Vorsitzenden im Umgang mit der AK-Partei, die weltanschaulich ja eine Art CDU sein will, immer noch eher paradox rüberkommt.

Das Rahmenprogramm des Auftrittes „des großen Meisters“ zeigt dagegen wenig Fingerspitzengefühl gegenüber dem Gastgeberland und war leider allein für die türkische Bevölkerung ausgerichtet.

Hier – im Parteimodus – verschwimmen dann auch für die deutsche Öffentlichkeit rhetorisch und visuell die Linien zwischen Nation, Kultur und Islam. In Wahrheit muss man aber diese Begriffe zu unterscheiden lernen, gerade wenn man sich für den Islam interessiert. Wer zum Beispiel die AKP-Wirtschaftspolitik unter die Lupe nimmt, wird dabei mehr Elemente des Neoliberalismus, als etwa Vorgaben des islamischen Wirtschaftsrechts, entdecken.

Fakt ist: Die Türkei entwickelt sich mit ihren technologischen Großprojekten in die, von der „Moderne“ vorgegebenen Richtung. Erdogan und seine Anhänger träumen von materiellem Wohlstand, guten Löhnen und Ruhm. Ein islamischer „Spirit“ soll fit machen für den Wettbewerb im 21. Jahrhundert. Das ist alles nicht neu und sicher auch legitim. Es rechtfertigt aber auch mäßige Begeisterung und gibt Anlass zu Reflexion.

Die türkische Tageszeitung „Takvim“ spekuliert über eine mutmaßliche Beteiligung des Investmentfonds KKR

(iz). Nach einem Bericht der türkischen Tageszeitung „Takvim“ belegen Dokumente des türkischen Geheimdienst MIT, dass der amerikanische Investmentfonds KKR 25 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt habe, um die Regierung Erdogan zu stürzen und somit den wirtschaftlichen Aufschwung der Türkei zu torpedieren.

Mit dieser Aufgabe solle nach Darstellung des, dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan nahestehenden Organs der ehemalige CIA-Chef und General David Petraeus beauftragt worden sein. Seit Mai leitet Petraeus das KKR Global Institute, die Analyseabteilung der Investmentfirma KKR (Der „Spiegel“ berichtete am 31.05.2013 über die Anstellung des Ex-Militärs).

Seit Mai letzten Jahre sei laut „Takvim“ über internationale Medien wie der „Financial Times“, dem „Guardian“, dem „Worldstreet Journal“, dem „Spiegel“ und „Today's Zaman“ (Türkei/Deutschland) der Ruf von Erdogan systematisch beschädigt worden – „mit Vorwürfen, wonach er wie ein Diktator handeln würde“.

„Im nächsten Schritt wurden die Unruhen rund um den Gezi-Park provoziert, sodass auch innerhalb der Türkei versucht wurde, Erdogan als Diktator dastehen zu lassen“, hieß es in dem Text. Als dritten Schritt habe „die Finanzoligarchie die Parallelstrukturen innerhalb des Staatsapparates aktiviert“. Mit Durchsuchungen bei Angehörigen von Ministern werde mit einer Schockstrategie versucht, die AKP-Regierung entscheidend zu schwächen. „KKR transferierte während der letzten Monate Geld an verschiedene NGOs, um die Unruhen vorzubereiten.“

Laut der türkischen Zeitung wolle der Investmentfonds damit das Land in eine politische Krise treiben und „die Ökonomie, die in den letzten Jahren immer stärker wurde, schwächen, um dadurch lukrative Unternehmen in der Türkei unter Wert zu übernehmen. Die KKR agiere dabei „Hand in Hand mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF)“, denn der IWF wolle die Türkei „wieder durch Schulden unter seine Kontrolle bringen“.

Diese Methode des „leverage buyout“ habe das Unternehmen bereits in vielen Ländern erfolgreich angewandt. „Zunächst werden durch politische und ökonomische Operationen die Grundlage für eine tiefe Krise gelegt. Die Konzerne, die vor der Krise aufblühten, verlieren danach stark an Wert, sodass diese für eine lächerliche Summe von ausländischen Fonds aufgekaut werden.“ Danach schalte sich der IWF ein und sorgt mit Krediten, „die im Endeffekt in diesen aufgekauften Konzernen landen“, dafür, dass sie wieder aufblühen. Der betroffene Staat gerate in Abhängigkeit und müsse die Milliardenkredite an den IWF zurückzahlen.

IZ-Debatte Doppelpass: Nicht der Doppelpass ist das Problem, sondern der Geist hinter der Kampagne. Von Sulaiman Wilms

(iz). Wie bei so vielen Diskussionen geht es auch beim The­ma der doppelten Staatsbürgerschaft nicht um den Gegenstand der Debatte, sondern um das, was unausgesprochen bleibt. In Zeiten der grassierenden Pawlowschen Reiz-Reaktions-Kultur muss das Selbstverständliche ­leider immer betont werden. Eine kritische Haltung ist per se noch kein Hinweis auf eine „weiß-“ oder „bio-deutsche“ Einstellung (wie ein eher einfach begabter Geist meinte).

Einer der problematischeren Aspekte, zumindest soweit es die Schnittmenge aller praktizierenden Muslime betrifft, ist die Gleichsetzung von Fragen, die einerseits den Islam und die Muslime betreffen, mit solchen, die andererseits unter den schwammigen Themen „Migration“ und „Integration“ subsumiert werden. Gewiss, wir operieren hier nicht mit abstrakten Größen, sondern mit Menschen, deren konkrete Lebenswirklichkeit viele Aspekte umfasst. Darunter befinden sich natürlich auch viele ­Muslime, die tatsächlich beide Staatsbürgerschaften haben, haben wollen oder aus dringenden Gründen haben müssen.

Es ist aber ein schwerwiegender ­Fehler, wenn beide Dinge gleichgesetzt werden und sich die muslimische Community beispielsweise für das unannehmbare Verhalten kleinkrimineller Jugendliche zu rechtfertigen hat. Und es ist ein wesentlich weitreichenderes Problem, wenn sich Organisationen und Moscheeverbände – die de facto den Anspruch erheben, den Islam und die Muslime zu vertreten – gleichzeitig eine identitäts-orientierte Politik als Interessenverband von „Migranten“ betreiben. Dass sie dadurch die multi-ethnische muslimische Community auf einen monokulturellen Teil reduzieren, scheint ihnen nicht bewusst zu sein. Oder es kümmert sie nicht.

Sprächen wir hier über den reinen Verwaltungsakt einer doppelten Staatsbürgerschaft beziehungsweise über die Ungleichbehandlung unterschiedlicher Men­schengruppen, dann erübrigt sich eine Diskussion. Die absolute Mehrheit der jungen Menschen, die in den nächsten Jahren vom Ablauf der bisherigen Optionslösung betroffen sind, würde nach Angaben der Deutschen Pressagentur sowieso für die deutsche Staatsbürgerschaft optieren.

Einer der großen Fehler der Identitäts-Politik (von Argumenten aus der islami­schen Lehre abgesehen) ist, dass sie ­reale oder imaginierte Ausgrenzungserfahrungen übernimmt, diese Ausgrenzung also zum Maßstab des eigenen Selbstbildes macht. So wäre es falsch zu ­glauben, alle Muslime mit Migrationshintergrund verspüren überhaupt den Wunsch nach dem Doppelpass. „Ich beharre auf die doppelte Staatsbürgerschaft, weil es für einige Migrantengruppen selbstverständlich, für andere aber verwerflich und ein Indiz für mangelhaften Integrationswillen ist“, begründete eine junge Frau ihre Position im Rahmen einer Debatte. „Die neue Generation, die dritte, braucht es nicht und wird es später mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht haben wollen… Die erste und zweite hat aber noch viel mit beiden Ländern zu tun… Ist das ein Problem für Deutschland, es zumindest noch eine Generation zu erlauben?“, relativiert ein junger Muslim. Es gibt aber eben auch andere – vermeintlich Betroffene –, die abwinken: „Die Türkei hat in den letzten zehn Jahren ihre Gesetzgebung den euro­päischen Normen angepasst. Als Deutsch­türke mit deutscher Staatsangehörigkeit habe ich das Recht, zum Beispiel ein Erbe anzutreten, zu arbeiten oder mich nieder­zulassen. Es gibt keine Einschränkungen. Der türkische Pass ist nur ein Stück ­Papier.“

Wenn wir das Objekt der Begierde hinter uns lassen, verschwimmt die Motivlage. So hat eine mono-ethnisch Fokussierung in den letzten Monaten inner­halb der Community zugenommen. Und mehr als eine türkisch-muslimische Fraktion betreibt gerade mehr als nur ein halb- oder vollkommerzielles Medienprojekt. Bei diesen steht nicht das Muslim-Sein im Vordergrund, sondern der „Migrant“ oder der „Türke“. Einige Beo­bachter glauben gar, dass der ursächliche Impuls für die Re-Ethnisierung durch den inner-türkischen Machtstreit zwischen AKP und der Gemeinde von Fethullah Gülen motiviert ist.

Weitere Aspekte dieser Kampagne – wie die programmatische Verlängerung der ethnischen Identität über ihre natürliche Halbwertszeit hinaus – erschweren es außerdem, das Projekt einer über-ethnischen Community voranzutreiben. Die lautstarke Forderung nach diesem staatsbürgerlichen Hintertürchen reduziert den Druck auf Politik und Öffentlichkeit, die muslimische Gemeinschaft endlich voll anzuerkennen und ein vernünftiges Verhältnis zu ihr zu schaffen. Zumal das Missverständnis aufrecht­erhalten wird, wonach der Islam eine Religion von „Fremden“ sei. Und sie bekräftigt jene irrigen Vorurteile, Muslime in Deutschland würden vor ­allem Forderungen stellen. Es geschieht sicherlich nicht bewusst: Aber so werden Bemühungen unterminiert, dass sich die Muslime als vollständiger Teil dieses Landes verstehen.

Für die muslimische Community – persönlich wie kollektiv – sehe ich vor allem Nachteile in solchen und anderen Kampagnen. Ein Sufi-Schaikh sagte einmal, dass das menschliche Herz keine widerstrebenden Leidenschaften beherbergen kann.

Wie sollen muslimische Kinder (die längst keinen Migrationshintergrund mehr haben) eine fest ­verortete muslimi­sche Identität entwickeln, wenn sie nicht einmal wissen, wo sie daheim sind? Bereits in der Vergangenheit ­mussten viele junge Muslime unnötige Konflikte bestreiten, bis sie die Möglichkeit erkannten, dass sie auch als Deutsche Muslime sein können.

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Die Türkei wird wirtschaftlich selbstbewusster

(iz). Seit Jahrzehnten ist das politische Verhältnis der Tür­kei zu den USA eng. Die NATO-Mitgliedschaft integriert seit Jahrzehnten die Regio­nalmacht Türkei in den Westen. Ökonomisch könnte sie sich aber in […]

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Kommentar: Freundschaft und Provokation. Gül wirkt sympathisch und souverän. Von Abu Bakr Rieger

(iz). Der Deutschlandbesuch des türkischen Ministerpräsidenten, Abdullah Gül, ist nichts anderes als positive Werbung für die türkisch-deutschen Beziehungen. Das ist im Interesse beider Länder und gut so. Auch der Bundespräsident […]

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