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Bundeswehr liefert Hilfsgüter per Fallschirm

Bundeswehr Hilfsgüter Fallschirm

Im Gazastreifen leben die Menschen unter katastrophalen Umständen. Durch die Bundeswehr gelangen per Fallschirme mehr Hilfsgüter in das umkämpfte Gebiet, doch bleibt der Versorgungsweg ein „Tropfen auf den heißen Stein“. 

Berlin/Gaza (dpa) Die Luftwaffe hat mit dem Abwurf von Hilfsgütern für die Not leidende Bevölkerung im umkämpften Gazastreifen begonnen. Die erste Lieferung unter anderem mit Reis und Mehl wurde am Samstag aus einem C-130-Transportflugzeuge Hercules an Fallschirmen über dem Norden des Palästinensergebietes abgesetzt. Die nächste Lieferung ist für Sonntag geplant. „Aus etwa 1.000 Meter Höhe haben wir die vier Paletten punktgenau geliefert“, schrieb die Luftwaffe auf der Plattform X. Es seien vier Tonnen Lebensmittel abgeworfen worden. Am Mittwoch hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius grünes Licht für den Einsatz gegeben. 

Die Bundeswehr hatte dafür zwei in Frankreich stationierte C-130-Transportflugzeuge nach Jordanien verlegt. Das arabische Land hat die Luftbrücke initiiert. Auch andere Partner wie die USA beteiligen sich bereits. Jede der deutschen Maschine kann bis zu 18 Tonnen Last transportieren. „Wir sind darauf eingestellt, dass wir so lange zur Verfügung stehen, wie der Transport-, der Absetzbedarf besteht“, hatte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Freitag gesagt.

Bundeskanzler Olaf Scholz drang am Samstag erneut für eine rasche Waffenpause, „die es ermöglicht, dass die Geiseln freigelassen werden und die gleichzeitig auch humanitäre Hilfe nach Gaza kommen lässt“. Vor seiner zweitägigen Reise nach Jordanien und Israel sagte der SPD-Politiker am Flughafen Berlin-Brandenburg: „Wir haben eine schwierige Situation. Es ist notwendig, dass jetzt Hilfe in größerem Umfang nach Gaza gelangt.“ 

Der Abwurf per Fallschirm nicht unproblematisch

Für die Bundeswehr ist der Abwurf der Versorgungsgüter per Fallschirm aus den C-130 ein „Novum“, wie die Luftwaffe schreibt. Seit dem frühen Samstagmorgen liefen in Jordanien die Vorbereitungen für den ersten Einsatz in Zusammenarbeit mit Frankreich. Die Luftwaffe nannte „zwei Herausforderungen“: So sei es wichtig, dass die Last in der geplanten Abwurfzone („Drop-Zone“) lande.

Andernfalls könnten die aufschlagenden Pakete Gebäude oder Infrastruktur beschädigen. „Pakete, die im Meer oder unzugänglichem Gelände landen, können zur Gefahr für diejenigen Bedürftigen werden, die sie unter Eigengefährdung zu erreichen versuchen. Deshalb werden vorher geeignete Zonen identifiziert, die unbesiedelt und dennoch gefahrlos zugänglich sind“, so die Luftwaffe. 

Gleichzeitig müsse für den Schutz des Flugzeuges und seiner Besatzung gesorgt sein. „Beschuss vom Boden kann in Krisengebieten nicht ausgeschlossen werden“, hieß es. „Obwohl reduzierte Flughöhe und Fluggeschwindigkeit das Absetzen erleichtern, müssen Mindestwerte eingehalten werden. Zusätzlich verfügt die Hercules über eigene Schutzsysteme.“

Den Menschen am Boden drohen noch ganz andere Gefahren. Deswegen gibt es im Gazastreifen durchaus geteilte Ansichten über Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit der Abwürfe. Einige Bewohner des Küstenstreifens erzählen, dass sie auf diese Weise an etwas Nahrung gekommen seien. Andere wiederum klagen darüber, dass sie bislang nichts davon abbekamen. Sie seien lange Strecken gelaufen, um zu sehen, wie sich an den Stellen, an denen die Paletten landeten, verzweifelte Menschen um die Ladungen prügelten.

Bei einem Abwurf erschlug eine Palette, deren Fallschirm sich nicht öffnete, vor einer Woche fünf Menschen. Ein junger Mann kritisierte, dass abgeworfene Güter in einem Fall in einem aktiven Kampfgebiet niedergingen, mit israelischen Soldaten in unmittelbarer Nähe. Bewohner und Hilfsorganisationen sind sich darin einig, dass die Abwürfe aus der Luft nicht mehr als einen Tropfen auf den heißen Stein darstellen.

Hilfslieferungen der Bundeswehr ein „Tropfen auf den heißen Stein“

Eine Flugzeugladung, die unter großem Aufwand an ihr Ziel gebracht wird, entspricht etwa der Menge, die ein Lastwagen transportieren kann. Am Donnerstag ließ Israel nach eigenen Angaben 244 Lkws mit Hilfsgütern in den Gazastreifen, von denen aber nur 33 den Nordteil des Küstengebiets erreichten, wo die Not besonders groß ist. Vor dem Krieg waren rund 500 Lkws mit Hilfsgütern pro Tag in den Gazastreifen gekommen. 

Die Lage der Zivilbevölkerung in dem abgeriegelten Küstenstreifen ist mittlerweile katastrophal. Es mangelt an allem – nicht nur an Essen, sondern auch an Schutzräumen, medizinischer Versorgung, Sanitäranlagen. Hilfsorganisationen berichten immer wieder, wie verzweifelt die Menschen sind. Per Lastenabwurf allein kann die Lage aus ihrer Sicht nicht ausreichend verbessert werden. Nach UN-Angaben droht in dem Küstenstreifen eine Hungerkrise, wenn die Hilfslieferungen per Lastwagen nicht ausgeweitet werden. Im Gazastreifen leben rund 2,2 Millionen Menschen. 

Die Bundesregierung bekräftigte am Freitag ihre Aufforderung an Israel, humanitäre Hilfe für die Bevölkerung schneller und in größerem Umfang zuzulassen. „Seetransport, Lufttransport kann den Landtransport nicht ersetzen“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Er sprach auch von einem „Tropfen auf den heißen Stein“. Aus vielen Ländern gibt es Kritik am Vorgehen des israelischen Militärs. Und auch in und an Deutschland wird Kritik schärfer. 

Paradox: Waffenlieferungen auf die Eine, Hilfslieferungen auf die andere Seite

„Aus der legitimen Selbstverteidigung Israels ist ein Vernichtungsfeldzug geworden. Die deutsche Politik verschließt davor die Augen. Das ist falsch und gefährlich“, schrieb der „Spiegel“ am Samstag in einem Leitartikel. Und in der Berliner Regierungspressekonferenz am Mittwoch war der Sprecher des Auswärtigen Amtes gefragt worden, ob es ein Novum in der außenpolitischen Geschichte Deutschlands sei, „dass man die eine Seite mit Waffen beliefert und die andere Seite mit Essen“. Er antwortete: „Ich würde jetzt die Unterstellung in Ihrer Frage zurückweisen.“ Israel sei Opfer eines Terroranschlags geworden. „Und es ist die Hamas, die dieses Leid über die palästinensische Bevölkerung gebracht hat mit ihren Angriffen auf Israel.“ 

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Wehrbeauftragte verlangt endlich muslimische Militärseelsorger

seelsorge

Bislang gibt es nur christliche und jüdische Seelsorger. Jüngste Einsätze wie in der Türkei zeigen aber laut Jahresbericht, wie nötig auch islamische Geistliche sind.

Berlin (KNA) Die Wehrbeauftragte der Bundesregierung, Eva Högl (SPD), verlangt die zügige Einrichtung einer seelsorgerischen Betreuung für muslimische Soldaten in der Bundeswehr.

Seelsorger: Högl spricht von einer unbefriedigenden Lage

Der am Dienstag in Berlin vorgestellte Jahresbericht 2023 der Wehrbeauftragten spricht von einer „äußert unbefriedigenden“ Situation. Wie dringend eine solche Seelsorge sei, habe sich etwa bei der Hilfsmission der Bundeswehr nach dem Erdbeben in der Türkei im Februar 2023 gezeigt.

Foto: Deutscher Bundestag | Xander Hainl

Der Bericht verlangt Angebote bis spätestens 2025. Högl räumt ein, dass dies schwierig sei, weil es keine vertretungsberechtigte Dachorganisation der islamischen Glaubensrichtungen in Deutschland gibt

Dieses seit Jahren bekannte Problem könne aber nicht länger zu Lasten der muslimischen Soldatinnen und Soldaten gehen, mahnt sie.

Jüdische Militärseelsorge ist im Aufbau

Die Jüdische Militärseelsorge befindet sich laut Bericht weiterhin im Aufbau. Mit dem Abschluss sei Ende des Jahres 2024 oder Anfang 2025 zu rechnen. Derzeit befänden sich vier Militärrabbiner im jüdischen Militärrabbinat.

Neben der seelsorgerischen Betreuung von jüdischen Soldaten könne „das Militärrabbinat mit Blick auf den Nahostkonflikt dazu beitragen, die Situation Israels zu erklären und dahingehend zu sensibilisieren, was es bedeutet, Jüdin oder Jude zu sein“.

Der Bericht würdigte die „enorme Bedeutung“ der Seelsorge in der Bundeswehr, die „längst nicht mehr nur aus der reinen Sicherstellung des Anspruches auf Seelsorge und ungestörter Religionsausübung“ hervorgehe.

Foto: Bundeswehr/Rolf Klatt

Seelsorger sind wichtige Ansprechpartner

Die Betreuung und Nachfrage gehe weit über die Religionszugehörigkeit der Soldaten hinaus. Militärseelsorger seien im Übrigen auch wichtige Ansprechpartner sowohl für das Ausbildungs- und Sprachmittlungspersonal als auch für die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten, betont der Bericht.

Mit Blick auf mögliche Einsätze in der Zukunft, stellt sich laut Bericht „die strategische Frage, wie der ungleich größere und veränderte Betreuungsbedarf im Falle eines Spannungs- und Verteidigungsfalls abgebildet werden kann“.

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Mali: Bundeswehr auf Abzug eingestellt

Mali Minusma

Mali: Der UN-Sicherheitsrat hat den Abzug der Friedensmission beschlossen. Das hat auch Folgen für die am Einsatz beteiligte Bundeswehr.

Berlin/New York/Bamako (dpa). Die Bundeswehr ist nach Einschätzung der Wehrbeauftragten Eva Högl auf das vom UN-Sicherheitsrat beschlossene frühere Ende der Friedensmission in Mali eingestellt.

Foto: sharafmaksumov, Adobe Stock

Eigentlich hätte der Mali-Einsatz erste im Mai 2024 enden sollen

Der deutsche Zeitplan sah bislang vor, die Soldatinnen und Soldaten bis Ende Mai 2024 abzuziehen. Nach dem UN-Beschluss vom Freitag müssen nun alle Blauhelme bis Ende 2023 aus dem westafrikanischen Land abziehen. Malis Militärregierung begrüßte die Entscheidung.

„Darauf ist die Bundeswehr eingestellt, zumal die Rückverlegung seit Wochen vorbereitet wird und bereits läuft“, sagte Högl dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die SPD-Politikerin fügte hinzu, ein neues Mandat des Bundestages brauche es dafür wohl nicht, „da das Mandat schon eine flexible Handhabung vorsieht“.

Der UN-Sicherheitsrat hatte am Freitag entschieden, die Minusma-Mission nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten zum Jahresende zu beenden. Die Bundeswehr ist an der Mission aktuell mit etwa 1.100 Soldatinnen und Soldaten beteiligt.

Malis Militärregierung hatte Mitte Juni den Abzug aller rund 12.000 UN-Friedenssoldaten gefordert und bewertete den Schritt entsprechend positiv. Diese Entscheidung versetze die Regierung in die Lage, sich selbst um die Sicherheit Malis zu kümmern, erklärte Außenminister Abdoulaye Diop im staatlichen Fernsehen.

Foto: MINUSMA, UN Mission in Mali

Regierung: Blauhelme haben Erwartungen nicht erfüllt

Die Blauhelme hätten die Erwartungen des Landes in Bezug auf die Sicherheitslage nicht erfüllt, betonte er. Die malischen Behörden würden den Abzug bis zum Jahresende regeln, hieß es weiter. Diop erklärte, die Verantwortung für die Sicherheit Malis sei nun „in den Händen der Malier“.

Eine Zusammenarbeit mit „anderen Partnern“ schloss Diop indes nicht aus. Die Junta pflegt enge Kontakte zu Russland und soll bis zu 2000 Kämpfer der Söldner-Gruppe Wagner angeheuert haben.

Außenministerin Annalena Baerbock zufolge ist das Ende von Minusma eine „bittere Nachricht für die Menschen in Mali, denen die Mission Schutz und Hoffnung gab“, wie die Grünen-Politikerin auf Twitter schrieb. „Die Bundeswehr wird nun beschleunigt und geordnet abziehen.“ Man habe weiter zur Sicherheit der Menschen in Mali beitragen wollen, aber die Militärregierung habe dies immer unmöglicher gemacht.

Högl betonte, höchste Priorität habe der Schutz der deutschen Soldatinnen und Soldaten, der internationalen Kräfte und der zivil Beschäftigten. „Deshalb braucht es einen geordneten und sicheren Abzug in enger Abstimmung und gemeinsam mit unseren Partnern.“

Foto: UN Photo, via flickr | Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0

Zur Stabilisierung ins Leben gerufen

Die UN-Mission zur Stabilisierung von Mali läuft seit 2013. Sie wurde ins Leben gerufen, nachdem islamistische Terroristen infolge des Zusammenbruchs des angrenzenden Libyen und einer Rebellion der nomadischen Tuareg 2012 den Norden des Landes überrannt hatten.

Eine Militärintervention der früheren Kolonialmacht Frankreich drängte die teils mit den Terrormilizen Islamischer Staat und Al-Kaida verbündeten Islamisten nur vorübergehend zurück. Die Terrorgruppen breiten sich seitdem im Norden und Zentrum Malis und in seinen Nachbarstaaten aus.

Das Militär übernahm 2020 und 2021 in zwei Putschen die Macht in dem Sahelstaat mit rund 23 Millionen Einwohnern und wandte sich Russland zu, von dem es sich robustere Hilfe gegen die Islamisten versprach. Während die Militärjunta nur von Ausbildern spricht, sind Schätzungen zufolge bis zu 2000 russische Wagner-Söldner im Land aktiv. Frankreich beendete daraufhin seinen Militäreinsatz.

In Berlin hatte das Verteidigungsministerium bei regierungsinternen Verhandlungen über den weiteren Kurs der Bundeswehr in Mali Tempo machen wollen. Das Auswärtige Amt argumentierte dem Vernehmen nach gegen einen Rückzug aus der UN-Mission. Ende Mai verlängerte der Bundestag das Mandat für die Beteiligung ein letztes Mal, beschloss aber auch ein Abzugsmandat – mit dem Zieldatum Ende Mai 2024.

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Amnesty: Behörden müssen gegen Extremismus in eigenen Reihen vorgehen

verfassungsschutz

Berlin (Amnesty/iz). Anlässlich der Razzien in der Reichsbürgerszene, zu denen auch Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen ein Mitglied des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr und mehrere Reservisten der Bundeswehr gehören sollen, fordert Amnesty International in Deutschland die Behörden auf, sich aktiv gegen Rassismus, Antisemitismus und andere menschenfeindliche Ideologien in den eigenen Reihen einzusetzen.

Zu den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft sagt Beate Streicher, Expertin für Polizei und Menschenrechte bei Amnesty International in Deutschland: „Die heutigen Festnahmen zeigen die Gefährlichkeit von rassistischen, antisemitischen und anderen menschenfeindlichen Ideologien. Dabei ist besonders besorgniserregend, dass nach Medienberichten ein erheblicher Teil der Gruppe aus aktiven oder ehemaligen Soldaten besteht, darunter auch Männer mit militärischer Spezialausbildung.“

Der deutsche Staat sei nach den Menschenrechten dazu verpflichtet, alle Menschen vor rassistischer, antisemitischer und weiterer menschenfeindlicher Gewalt zu schützen. Diese Schutzpflicht werde katastrophal verfehlt, wenn aktive und ehemalige Staatsbedienstete, die im Umgang mit Waffen geschult sind, menschenfeindliche Ideologien in die Tat umsetzen wollten. 

„Der Handlungsbedarf ist akut. Es braucht eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Rassismus und menschenfeindlichen Ideologien in den eigenen Reihen der staatlichen Behörden.“ Dabei müssten die zugrundeliegenden, menschenfeindlichen Ideologien benannt und angegangen werden.

„Nach dem Grundgesetz und der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sind alle Menschen gleich an Würde geboren. Diesen menschenrechtlichen Anspruch zu verteidigen, muss Ziel aller sein, sowohl der staatlichen Einrichtungen als auch der gesamten Gesellschaft.“

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Weitere Truppenabzüge: UN-Friedensmission Minusma in Mali geschwächt

Entschieden ist noch nichts. Aber die Bundesregierung debattiert über einen Abzug der Bundeswehr aus Mali. Dort wird ihre Rolle positiver wahrgenommen als in Deutschland.

Bamako (KNA). Deutschland könnte Großbritannien und der Elfenbeinküste folgen. Beide Länder kündigten Anfang der Woche an, sich nicht mehr an der UN-Friedensmission im Norden Malis (Minusma) zu beteiligen. Laut Medienberichten soll es in den nächsten Tagen Gespräche zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) über den Militäreinsatz in dem westafrikanischen Land geben.

In Deutschland wird die Mission, an der die Bundeswehr mit mehr als 1.000 Soldaten beteiligt ist, kritisch betrachtet. Dazu beigetragen hat 2020 der Putsch, durch den Assimi Goita an die Macht kam. Er setzte den anfangs vereinbarten Wahltermin für Frühjahr 2022 aus. Organisationen wie Human Rights Watch werfen ihm vor, dass Meinungs- und Pressefreiheit zunehmend eingeschränkt werden. So musste der Fernsehsender „Joliba TV News“ kürzlich nach Kritik an der Regierung sein Programm für zwei Monate einstellen.

Europa verurteilt jedoch vor allem die Kooperation mit der russischen Sicherheitsfirma Wagner. Zusammen mit der malischen Armee sollen die Söldner in Moura im März 300 Zivilisten getötet haben. Der Zeitschrift „The Africa Report“ sagte ein Mitarbeiter der Nichtregierungsorganisation ACLED, die Daten zu internationalen Konflikten sammelt, Wagner kämpfe hauptsächlich gegen die Terrorbewegung „Gruppe für die Unterstützung des Islam und der Muslime“ (JNIM) sowie gegen die Peul-Volksgruppe in Zentralmali. Es heißt, dass JNIM seine Anhänger vor allem aus dieser ethnischen Gruppe rekrutiert. Peul-Vertreter klagen indes seit Jahren über Stigmatisierung und Übergriffe.

Ohnehin ist die Zusammenarbeit zwischen Minusma und malischer Regierung kompliziert. Besonders Deutschland bemängelt, dass die Personalrotation schwierig sei. Im August hatte Lambrecht den Einsatz bereits vorübergehend ausgesetzt. Generell wird bemängelt, das Projekt sei nicht erfolgreich. Die Gewalt habe sich aus dem Norden bis ins Zentrum des Landes ausgebreitet.

„Minusma ist sehr weit davon entfernt, perfekt zu sein“, sagt Christian Klatt, Landesvertreter der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Malis Hauptstadt Bamako. „Ohne sie wäre es aber aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich schlechter um das Land bestellt.“ Die Städte Gao und Timbuktu, die 2012 von Terrorgruppen besetzt waren, seien heute wieder sicherer, die Märkte geöffnet. Laut Klatt genießt die Mission im Norden einen besseren Ruf als in den übrigen Landesteilen.

Sollte sich Deutschland – die Bundeswehr ist vorwiegend für Logistik und Aufklärung zuständig – tatsächlich zurückziehen, hätte das beträchtliche Auswirkungen. Im Vergleich zu Truppenstellern aus der Region sind Soldaten aus Europa gut ausgerüstet. Blauhelm-Soldaten aus Afrika und Asien sind schlechter geschützt, weshalb ihr Einsatz riskanter ist.

Auch nach Einschätzung von Ulf Laessing, Leiter des Regionalprogramms Sahel der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, ist Minusma weiterhin sinnvoll. Im Norden breiteten sich Dschihadisten weiter in Richtung Menaka und Gao aus. „Die Menschen haben den Wunsch, dass Miunusma und Bundeswehr bleiben.“ Sie seien zudem wichtige Arbeitgeber. Seit Jahren ist klar, dass sich junge Männer nicht unbedingt aus ideologischen Gründen islamistischen Gruppen anschließen, sondern nicht zuletzt aus Perspektivlosigkeit.

Ein übereilter Abzug könnte obendrein dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen geopolitischen Erfolg bescheren. „Er will, dass der Westen geht“, sagt Laessing. „Diesen Triumph sollten wir ihm nicht gönnen.“ Gleichwohl müsse mittelfristig ein koordinierter Abzug – anders als beim Debakel in Afghanistan – geplant werden.

Die UN-Mission Minusma, die im Juli 2013 ihre Arbeit aufnahm, hat ein Mandat für bis zu 13.289 Soldaten sowie 1.920 Polizisten. Sie wurde ins Leben gerufen, weil im Jahr zuvor nach einem Aufstand von Teilen der Tuareg-Bevölkerung sowie einem Staatsstreich Dschihadisten-Gruppen den Norden besetzten.

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Baerbock verteidigt Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien

kurzmeldungen

Berlin (KNA). Außenministerin Annalena Baerbock hat auf dem Bundesparteitag der Grünen die Entscheidung der Bundesregierung für Waffenexporte an Saudi-Arabien verteidigt. Zugleich sagte die Ministerin am 15. Oktober in Bonn: „Wir liefern direkt nicht nach Saudi-Arabien“ – dorthin, „wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden“. Sie und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hätten sich mit der Entscheidung sehr schwer getan.

Baerbock betonte, es habe sich hierbei um einen Altvertrag für ein EU-Gemeinschaftsprojekt gehandelt. Sie sei für eine solche europäische Rüstungskooperation. Diese sei notwendig, „sonst brauchen wir noch mehr als diese 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr“. Sie wolle nicht, dass Sozialstaat gegen Verteidigung ausgespielt werde.

Zugleich versprach Baerbock eine künftige restriktivere Rüstungspolitik. Die Ministerin kündigte das geplante Rüstungsexportkontrollgesetz an, mit dem Waffenexporte restriktiver gehandhabt werden sollen. Habeck will Eckpunkte dafür in Kürze vorstellen.

Zugleich wandte sich Baerbock dagegen, dass der russische Angriffskrieg auf die Ukraine genutzt werde, um Angst und Spaltung zu verbreiten und dass Flüchtlinge darunter zu leiden hätten. Sie wisse, „was in den Kommunen los ist, was auch in einigen Turnhallen passiert“. Es sei aber nicht gegeben, dass im Winter Flüchtlinge gegen den Krieg in der Ukraine ausgespielt werden müssten. „Man kann auch hier Haltung zeigen.“

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Deutschland schiebt in den Taliban-Vormarsch ab

BERLIN/KABUL (GFP.com). Trotz einer gegenläufigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hält die Bundesregierung an Abschiebungen nach Afghanistan fest. Der EGMR hatte am 3. August eine Abschiebung aus Österreich […]

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Bundeswehr betreibt die Einbindung von Muslimen

Berlin/Koblenz (GFP.com). Die Bundeswehr forciert die Rekrutierung junger Muslime. Integraler Bestandteil der dazu in Gang gesetzten Propagandamaßnahmen ist es, die deutschen Streitkräfte als “bunte Truppe” darzustellen, die rigoros gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung vorgeht. In einem offiziellen “Arbeitspapier” der Bundeswehr findet sich zudem der “Hinweis an Vorgesetzte”, mit den Angehörigen islamischer Religionsgemeinschaften “angemessen” umzugehen und etwa von ihnen vorgebrachte Wünsche nach Gebetsräumen soweit wie möglich zu erfüllen. Verwiesen wird hier auch darauf, dass ein muslimischer Soldat, der entgegen den militärischen Dienstvorschriften einen “längeren Bart” trägt, “zu einem akzeptierten Gesprächspartner in Afghanistan werden kann”. Bereits seit längerem setzen die deutschen Streitkräfte Muslime als “Sprachmittler” im Rahmen von Kriegsoperationen ein – am Hindukusch unter anderem bei der für Propaganda und Spionage zuständigen “Truppe für Operative Information”. Damit einher gehen Bemühungen der militärischen Führung, für die seelsorgerische Betreuung muslimischer Armeeangehöriger islamische Feldgeistliche, sogenannte Militärimame, in Dienst zu stellen.

Mit Allah im Flecktarn
Aktuelle Publikationen der Bundeswehr lassen den klaren Willen erkennen, verstärkt junge Muslime zu rekrutieren. So berichtet das Militärmagazin “Y” unter der Überschrift “Mit Allah im Flecktarn” über den Alltag des 21-jährigen Hauptgefreiten Usama Pervaiz, der im Unterstützungsbataillon des Kommandos “Operative Führung Eingreifkräfte” freiwillig Wehrdienst leistet. Der Sohn pakistanischer Eltern ist voll des Lobes über die deutschen Streitkräfte. Während seine deutschstämmigen Kameraden “neugierig” auf seine Kultur seien, komme die Bundeswehr seinen religiösen Vorstellungen weitgehend entgegen, erklärt Pervaiz: “Das Essen der Truppenverpflegung ist hier leider nur ansatzweise an muslimische Bedürfnisse angepasst. (…) Das ist aber kein großes Problem. Ich bin von der Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung befreit und bekomme das Geld dafür ausgezahlt.”

Freitagsgebet im Einsatz
Auch auf den Webseiten der Bundeswehr, die für eine Karriere bei der deutschen Armee werben, finden sich entsprechende Beiträge. Berichtet wird hier über muslimische Militärangehörige, die als Besatzungssoldaten in der serbischen Provinz Kosovo eingesetzt sind. Geradezu überschwänglich bedanken sie sich für die Möglichkeit zum Besuch eines islamischen Gotteshauses: “Im Einsatz, im Kosovo, zum Freitagsgebet in die Moschee zu dürfen, ist besonders schön.” Organisiert wurde der Moscheebesuch vom katholischen Feldgeistlichen der Truppe, der mit folgenden Worten zitiert wird: “Als Seelsorger fühle ich mich auch für die muslimischen Soldaten in der Bundeswehr mitverantwortlich, und wenn es möglich ist, versuche ich sie in ihrer Glaubensauslebung in allen Belangen zu unterstützen.” Dass die Muslime im Sold der deutschen Streitkräfte in Uniform an islamischen Gottesdiensten teilnähmen, störe im Kosovo “niemanden”, heißt es abschließend.[3]

Antirassismus à la Bundeswehr
Parallel dazu ließ der von migrantischen Bundeswehrangehörigen gegründete Verein “Deutscher Soldat” jüngst mehrfach öffentlich verlauten, Rassismus sei “nicht symptomatisch” für die deutschen Streitkräfte: “Im Gegenteil: Er ist dort weniger verbreitet als in der Gesellschaft insgesamt.” Zwar bestünden insbesondere bei muslimischen Gemeinden “noch viele Vorurteile” über die Truppe, jedoch habe sich diese mittlerweile “gewandelt”: “Sie ist heute bunt.” Anlass der Statements war ein von Bundeswehrsoldaten verübter rassistischer Angriff: Am 15. Februar hatten vier Unteroffiziere auf dem im Libanon stationierten Schnellboot “Hermelin” ihren asiatischstämmigen Vorgesetzten misshandelt und als “Mongo” bezeichnet.

Militär als Integrationsinstanz
Das für die politisch-weltanschauliche Schulung der Truppe verantwortliche “Zentrum Innere Führung” der Bundeswehr hat unterdessen sein “Arbeitspapier” zum Umgang mit den deutschen Soldaten “muslimischen Glaubens” neu aufgelegt. Das Militär wird hier als “wesentlicher Ort” bezeichnet, “an dem die Integration muslimischer Staatsbürger gefordert und gefördert wird” – verbunden mit entsprechenden “Hinweise(n) für die Vorgesetzten”. Diese werden explizit aufgefordert, sich ihren Untergebenen gegenüber “angemessen” zu verhalten und gegebenenfalls auch “Freiräume” für “Einzelfallentscheidungen” zu nutzen. So liege es etwa “im klugen Ermessen eines Vorgesetzten, ob er einem Soldaten oder einer Soldatin mit Blick auf einen muslimischen Feiertag Erholungsurlaub oder Dienstausgleich gewährt”. Auch dürfte es “in der Praxis” nur “geringere Schwierigkeiten” bereiten, muslimischen Militärs den Wunsch nach einem Gebetsraum zu erfüllen, heißt es. Selbst der geltende “Bart- und Haarerlass”, dem zufolge Bärte und Koteletten “kurz geschnitten” sein müssen, wird von den Autoren des “Arbeitspapiers” in Bezug auf Muslime relativiert: “Es sind durchaus Situationen denkbar, in denen ein deutscher Soldat mit einem längeren Bart zu einem akzeptierten Gesprächspartner in Afghanistan werden kann.” Die zuletzt genannte Aussage verweist auf die Funktion, die Muslime aufgrund der ihnen zugesprochenen “interkulturellen Kompetenz” im Rahmen der Kriegsoperationen der Bundeswehr wahrnehmen: Insbesondere am Hindukusch werden sie als sogenannte Sprachmittler für den Kontakt zur einheimischen Bevölkerung eingesetzt. Dabei arbeiten sie entweder für den jeweiligen Kommandeur des deutschen ISAF-Kontingents oder für die auf Propaganda- und Spionagetätigkeiten spezialisierte “Truppe für Operative Information” (german-foreign-policy.com berichtete ).

Militärimame
Mit der von Seiten der Bundeswehr offensiv verfolgten Strategie der “Integration” von Muslimen korrespondiert die erklärte Absicht, islamische Feldgeistliche, so genannte Militärimame, in Dienst zu stellen. Presseberichten zufolge sind sowohl der Leiter der “Zentralen Koordinierungsstelle Interkulturelle Kompetenz” am “Zentrum Innere Führung”, Oberstleutnant Uwe Ulrich, als auch der Pastoralreferent des Katholischen Militärpfarramtes, Thomas R. Elßner, “von der Notwendigkeit der Beschäftigung eines Militärimams auf die gleiche Weise überzeugt”. Beide forderten erst unlängst die muslimischen Dachverbände in Deutschland auf, hierzu Stellung zu nehmen: “Diese Organisationen müssen festlegen, von wem und auf welche Weise die religiösen Dienstleistungen im Militär angeboten werden.”

Kommentar: Nur Jürgen Todenhöfer stellt unangenehme Fragen in Sachen Afghanistan. Von Khalil Breuer

(iz). Es ist der wohl der langwierigste und sogleich umstrittenste Einsatz der Bundeswehr seit dem 2. Weltkrieg: Afghanistan. Der Krieg am Hindukusch und seine geopolitischen Implikationen waren ein Mittwoch-Abend lang Thema bei der ARD. In einem schlichten „Kriegsfilm“ sollte zunächst das Dilemma der Soldaten, zwischen den humanistischen Zielen des Einsatzes und der üblichen Trübsal des militärischen Alltags, verdeutlicht werden.

Auch Muslime gab es in dem Film, in zwei groben Varianten, sie waren anwesend als blutrünstig-grausame Schar der Taliban oder als das ansehnlich integrierte Individuum, dem muslimischen Helden der Bundeswehr. Der Rest der Afghanen: Arme Rückständige, die endlich aus dem Mittelalter abgeholt werden müssen, modernisiert und durch uns schnell in einem Nationalstaat zusammengefasst werden wollen.

Die Moderatorin Anne Will stellte am Schluss des Themenabends der ARD die eigentliche Grundsatzfrage: „War es den Einsatz bisher wert?” In erster Linie ging es ihr dabei „theoretisch“ um eine mehr oder wenige schonungslose Kriegsbilanz. Schlimm genug: Der Einsatz hat bereits einige Dutzenden Männer der Bundeswehr das Leben gekostet. Die Frage, welche Firmen von dem langjährigen Krieg unter Anderem ökonomisch profitieren, wurde bei der Bilanz mehr oder weniger ausgespart. Natürlich gab es auch so Grund genug für eine harte „moralische“ Auseinandersetzung zwischen den Männern zu Hause: Bürger, mit und ohne Uniform, Pfarrer, Moralisten, Politiker.

Vor allem in der Person des bedächtigen Verteidigungsminister, de Maiziere, und des streitbaren Experten Todenhöfer wäre bei Anne Will so die Anlage für ein ernstes, notwendiges Wortgefecht, gegeben gewesen; dachte man zumindest zu Beginn der Sendung. Allerdings – wie immer bei dieser Art Talkshow – die Runde wurde durch die Regie bewusst „entschärft“, im Grunde verwässert, – durch ein paar Gäste zuviel und einigem planlosen Gerede. Die wesentlichen Fragen wurden so geschickt an den Rand gedrängt.

Im Kern war die Runde sich dabei ohne Ausnahme einig, dass, der im Einspieler des Reformkatholiken Drewermann geäußerte polemische Vorwurf, die Soldaten seien „bezahlte Auftragsmörder“ falsch sei. Die eigentliche Verantwortung, so war man sich einig, tragen weniger die Soldaten vor Ort, die ihren Kopf hinhalten, als die über die Ideale des Krieges schwadronierenden Politiker an der Heimatfront. Ja auch dies wurde an dem Abend klar: Der Einsatz der Bundeswehr – fern von den Schreibtischen in Berlin – ist noch immer sehr ernst. Die anwesende Frau eines Soldaten schilderte durchaus eindrucksvoll die traumatischen Folgen des Einsatzes für viele Soldaten der deutschen Armee.

Aber, die Grundfrage an den Verteidigungsminister nach der wirklichen Bilanz des Krieges und – nebenbei erwähnt – des Sinns der Traumatisierung der afghanischen Zivilbevölkerung im Namen der Terrorbekämpfung – sei es durch jahrelanges Flächenbombardement oder des Einsatzes von, per Kopfdruck gesteuerter High Tech-Drohnen, die aber, menschlich gesehen, eher an eine mittelalterlich anmutenden brutalen Strategie erinnern – stellte schlussendlich und gewohnt hartnäckig nur Jürgen Jürgen Todenhöfer. Also kein aktiver Politiker.

Eindrücklich sprach er nicht nur den Parteisoldaten und Bündnispolitiker, sondern den Verantwortung tragenden Menschen de Maiziere an. Warum wurden praktisch alle Kriegsfolgen verfehlt? Warum geht und ging es wirklich? Wie kann ein führender Bundeswehrsoldat nach seinem Befehl, der trotz evidenter Fehler durchgeführt wurde und über 100 unschuldiger Afghanen das Leben gekostet hat, sogar durch den Minister befördert werden? Unangenehme Fragen, die den Minister weiter gehörig ins Schwitzen gebracht hätten, wäre da nicht Anne Will. Immerhin es blieb noch Zeit für eine kluge Nachfrage in Sachen „Beförderung“, die de Maiziere mit einer  „so ist das eben, Basta“-Position kühl abprallen lies. 

Die von Jürgen Todenhöfer geforderte Wahrheitskommission nahm die Runde kaum ernst. Warum auch die Wahrheit ergründen? Es muss einfach weitergehen! De Maziere relativierte bereits wortkarg in Nebensätzen die Abzugspläne für das Jahr 2014, denn – ohne dass dies ausdrücklich problematisiert wurde – die profanen geopolitischen Interessen des Westens in der Region sollen langfristig bestehen bleiben.

Blutbad in Afghanistan

Erneut haben die US-Truppen in Afghanistan einen Skandal am Hals: Ein US-Soldat zieht mitten in der Nacht von Haus zu Haus und erschießt Kinder, Frauen und Männer. Präsident Karsai spricht von einem «unverzeihlichen Verbrechen».

Kabul (dpa)- Knapp drei Wochen nach der Verbrennung von Kopien des Qur'ans durch US-Soldaten in Afghanistan hat ein amerikanischer Soldat nach Regierungsangaben 16 Männer, Frauen und Kinder erschossen. Unter den Todesopfern seien neun Kinder, die im Schlaf getötet wurden. Auch drei Frauen und vier Männer gehörten zu den Opfern der Bluttat in der südafghanischen Provinz Kandahar, teilte der Präsidentenpalast in Kabul am Sonntag mit. Fünf Menschen seien verletzt worden. Präsident Hamid Karsai sprach von einem «unverzeihlichen Verbrechen».

Der Kommandeur der Internationalen Schutztruppe Isaf und der US-Soldaten in Afghanistan, General John Allen, zeigte sich «schockiert» und kondolierte den Angehörigen. Der mutmaßliche Täter sei festgenommen worden, der Fall werde untersucht, hieß es in einer Mitteilung Allens. Im vergangenen Monat hatte die Verbrennung von Koran-Exemplaren durch US-Soldaten auf der ostafghanischen Basis Bagram tagelange Unruhen im Land ausgelöst. Dabei waren mindestens 30 Afghanen getötet worden. Seitdem wurden außerdem sechs US-Soldaten durch afghanische Sicherheitskräfte erschossen.

Außenminister Guido Westerwelle reagierte bestürzt und fassungslos auf das Blutbad. «Die Nachrichten aus Afghanistan über den Tod von so vielen Menschen, darunter zahlreichen Frauen und Kindern, haben mich tief erschüttert», sagte der FDP-Politiker. «Ich rufe jetzt zu Ruhe, Besonnenheit und Mäßigung auf. Es wäre noch eine Tragödie, wenn jetzt als Reaktion auf diese schreckliche Tat weitere Menschen zu Schaden kämen.» Zugleich bekräftigte er, dass Deutschland sein Engagement in Afghanistan fortsetzen werde.

In der Mitteilung Karsais hieß es: «Spät in der vergangenen Nacht drang ein amerikanischer Soldat in die Häuser von Menschen in Balandi Pul, in der Sangabad-Gegend des Distrikts Pandschwai ein, und tötete 16 Zivilisten, darunter 9 Kinder und 3 Frauen.» Die US-Regierung müsse die Tat dem afghanischen Volk erklären. «Die afghanische Regierung hat diese so genannten Anti-Terror-Operationen, in denen Zivilisten Opfer erleiden, oft verurteilt. Wenn amerikanische Soldaten aber absichtlich Menschen töten, dann ist das (…) ein unverzeihliches Verbrechen.»

Ein afghanischer Reporter, der anonym bleiben wollte, sagte: «Es sieht so aus, als ob er (der US-Soldat) von Haus zu Haus gegangen ist und sie (die Bewohner) kaltblütig erschossen hat.» Nach dem Vorfall hätten sich zahlreiche Menschen vor dem US-Stützpunkt versammelt, um gegen die Ermordung der Dorfbewohner zu protestieren.

Wie aus westlichen Sicherheitskreisen verlautete, verließ der US-Soldat vor Sonnenaufgang seinen Stützpunkt. In einem Dorf sei er dann in mehrere Häuser eingedrungen und habe die Bewohner erschossen. Anschließend habe er sich gestellt. Den Angaben zufolge soll der Soldat unter psychischen Problemen gelitten haben. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Die Nato-geführte Isaf bedauerte den Vorfall und kündigte eine gemeinsame Untersuchung an.

Die Tötung afghanischer Zivilisten durch ausländische Soldaten sorgt immer wieder für erhebliche Spannungen zwischen der Isaf und der Regierung in Kabul. Karsai fordert besonders ein Ende der nächtlichen Operationen von US-Soldaten gegen mutmaßliche Aufständische. Die Beziehungen zwischen Washington und Kabul haben sich seit der Präsidentschaftswahl 2009 verschlechtert, als Karsai den USA vorwarf, ihn aus dem Amt drängen zu wollen.