Zakat – etwas ganz anderes als Mildtätigkeit

zakat Rechtsextremismus ökonomen

„Zakat bietet sich als Heilmittel der radikalen Art an. Die Einkommensteuer scheiterte, den Graben zwischen Reichen und Armen zu verkleinern.“

(iz). Ich möchte über die Möglichkeit sprechen, wie die Zakat im seltsamen Kontext des heutigen Finanzsystems kreativ und erfolgreich funktionieren könnte. Die Frage ist eine bemerkenswert aktuelle. Eine der bekanntesten Eigenschaften des Islam ist seine resolute Stabilität.

Welche andere Weltreligion konnte nicht nur ihre Schlüssellehren bewahren, sondern die Einzelheiten ihrer Praxis? Wie das Gebet, Ramadan und Hadsch scheint die Zakat zeitlos zu sein. Es sind Regeln, die nicht zum Vergehen geschaffen wurden – niemals.

Die Zakat unterscheidet sich von anderen Säulen

Und doch unterscheidet sich die Pflichtabgabe von den anderen Säulen. Wenn das Gebet Anbetung Allahs ist, das Fasten Selbstverleugnung und Hadsch eine Rückbindung zur heiligen Vergangenheit und dem spirituellen Zentrum, dann betrifft die Zakat unsere Bindung zur Gesellschaft – in ihrer unverzichtbaren, finanziellen Dimension.

Religion leitet sich vom lateinischen Wort für „binden“ ab. Sie verbindet uns nicht nur mit dem Himmel, sondern mit dem Mitmenschen. Und ist eine besonders soziale Sache. Weil sich die uns umgebende Welt auf solch extremen und verwirrenden Wegen wandelt, steht diese Säule des Islam vor größeren Herausforderungen als die anderen.

Anders formuliert könnte man sagen, dass sie eine innere und eine äußere Dimension hat. Innerlich hat sie die Wirkung, uns von Elementen unserer Gier, Habsucht und der Teilnahmslosigkeit gegenüber anderen zu reinigen. Sie ist kathartisch.

Die Schari’a regelt und reinigt unsere Transaktionen. Aber das Fundament unseres sozio-finanziellen Austausches ist die Abgabe auf unseren Besitz. So bedeutsam ist wirtschaftliche Gerechtigkeit für die qur’anische Vision von Gesellschaft, dass dieser soziale Pfeiler sich darauf bezieht, wie Geld aufbewahrt, besteuert und ausgetauscht wird.

Selbstverständlich stellt sie keinen Ausschluss anderer sozialer Transaktionen dar. Zakat ist unser dritter Pfeiler und beispielsweise nicht die Aufrechterhaltung der Familienbande (arab. silat al-rahim). Und so ist die ganzheitliche, soziale Vision einer gläubigen und gerechten muslimischen Gesellschaft bezeichnenderweise auf ökonomische Gerechtigkeit fokussiert.

Einige der ersten Verse der Offenbarung waren düstere Warnungen vor Habgier und der Vernachlässigung des finanziellen Wohlergehens von benachteiligten Segmenten der mekkanischen Gesellschaft.

Foto: Christian Jepsen, NRC

Früher half sie zur Linderung von Armut

In früheren Zeiten trug die Institution der Zakat stark zur Linderung von Armut und anderen Bedürfnissen bei. Sie wurde oft von der enormen Infrastruktur der Stiftungen (arab. auqaf) in der weiten muslimischen Welt unterstützt. Obwohl der mittelalterliche Islam einige komplexe Finanzsysteme schuf – vergessen wir nicht, dass Worte wie Scheck oder Tarif arabischen Ursprungs sind –, bezieht sich die Theorie der klassischen Zakat auf eine weniger differenzierte Gesellschaft.

Heute legen Juristen die Stirn in Falten angesichts der Zunahme komplexer und häufig parasitärer Finanzinstrumente: lang- und kurzfristige Fonds, offene Portfolios (Macro Hedging), Terminhandel, Derivate und Immobilien-Investment-Trusts.

Ich möchte über den Weg nachdenken, auf dem das Prinzip der Zakat selbst – in seiner weiten und hoffentlich zeitlosen Architektur – eine bedeutende neue Kraft einführen kann. Wir müssen einen Augenblick über die Eigenartigkeit der heutigen Weltwirtschaft nachdenken. In ihrer Sprunghaftigkeit und Fremdheit scheint sie Spiegel so vieler anderer moderner Quellen von Sorge und Unsicherheit zu sein.

Dazu gehören Klimawandel, Terrorismus, das Verschwimmen sozialer Formen und Beziehungen, religiöse Verwirrung und die Dominanz einer globalen Kultur durch mächtige Medienkonzerne. In einem gewissen Sinne steht sie in Verbindung zu allen anderen Kopfschmerzen. Es ist aber ihre innewohnende Fremdheit, die sie in einer eigenen Kategorie hervorstechen lässt.

Foto: wikimedia.org, Classical Numismatic Group | Lizenz: CC BY-SA 2.5

Eine Finanzblase nach der anderen

In wenig mehr als einer Generation wurden finanzielle Gesetze und Prozesse, welche der Welt jahrhundertelang zugrunde lagen, abgeschafft. Dank Tausender neuer Kreditformen wuchsen riesige Blasen an. Warum sind wir – in einem Zeitalter der Massenkommunikation – so unwissend, wenn wir mit mühelosen Klicks auf deregulierte Börsen Zugriff haben und sogar selbst mit Aktien handeln können? Das System erscheint beruhigend durchsichtig. Und doch sehen wir wegen der ganzen jungen Bäume das Feuer im Wald nicht.

Der Grund dafür ist, dass die Informationsrevolution mit dem Aufwuchern dessen zusammenfiel, was Benjamin DeMott „Müllpolitik“ nannte. Das ist die Politik der schmissigen, markigen Zitate. Wie moderne Kunst wird Politik weitaus zugänglicher, wenn sie Wahrheit durch Stil ersetzt.

Müllpolitik wird uns nicht dazu anleiten, auf angemessene Weise über soziale Ungerechtigkeit oder über Klimawandel nachzudenken. DeMott spricht davon, dass es in dieser neuen Welt „null Unterbrechung in den Vorgängen und Praktiken gibt, welche die existenten, verschränkten Systeme der sozioökonomischen Vorteilsnahme stärken“.

Das weltweite Finanzsystem fundiert auf der Täuschung, dass es mit Maßstäben von echtem Wert handle. Das ist sicherlich einer der Schlüsselgründe für die Sprunghaftigkeit der Märkte. Die meisten Schwankungen im Aktienkapital und den Warenmärkten werden von irrationalen Herdenimpulsen verursacht, anstatt von realen Dingen. Aber niemand weiß überhaupt irgendwas. Niemand weiß Bescheid.

Es herrscht beinahe universale Zustimmung, dass die Wirtschaft Blasen erzeugt. Billiges Geld, die Vermehrung der Geldmenge und das Regelwerk, dass trotz der Katastrophe von 2008 freizügig blieb, erlaubte ein Aufblühen der Schulden. Die Neo-Keynesianer behaupten, dass die Wirtschaft weiteren Anreiz in der traditionellen Form zusätzlicher Kreditspitzen brauche. Aber auch hier: Die Religion der Ökonomie hat eine großzügige Kirche.

Andere, darunter auch Köpfe der Österreichischen Schule, haben eine Reihe an Papieren veröffentlicht, um das Offensichtliche zu bekräftigen: Dass ein Anstieg an billigem Geld Finanzkrisen verursacht, anstatt sie zu beheben. Die Achterbahnfahrt von Auf- und Abschwung des neuen imperialen Kapitalismus führt uns zu einem unbekannten Ziel. Wir können nicht sagen, an welchem Punkt wir aussteigen. Niemand kann es uns sagen. Die Theoretiker sind sich uneins; und die Lage ohne bekannte Vorläufer.

Während in der Vormoderne – und sicherlich im politischen Modell des Islam – Funktionen der Zentralregierung im Wesentlichen auf Sicherheitsfragen und Kontrolle der Münzprägung beschränkt blieben, wurde der moderne Staat zu einem Monster. Seine Fangarme erstrecken sich auf jeden Aspekt des Lebens. Bildung, Justiz, Gesundheit und andere Schlüsseldimensionen unserer Existenz unterliegen einer peinlich genauen Regelung und Kontrolle des Staates.

Und das Geld selbst, der Schlüsselindikator für Wert, wird durch die staatliche Zentralbank bewertet und geschaffen. Es kommt nicht aus den Minen von Allahs fester Erde. Vielmehr besteht es aus Papierschnippseln, deren Wert durch zentrale Politik festgelegt wird.

Foto: Dubai Shopping Festival

Islamische Werte und persönliche Freiheit

Auch hier bestehen unsere Werte auf persönlicher Freiheit: Eine Privatwährung, deren Wert außerhalb der Macht der Zentralbanken liegt, ist der wesentliche Maßstab des Austausches. Anders als Bitcoins, deren behaupteter libertärer Vorteil das Problem ihrer Sprunghaftigkeit nicht überzeugend überwiegt, erlauben Gold und Silber (die Naqdain) Privatpersonen beträchtliche Freiheit von Manipulation durch Staaten und Konzerninteressen.

Sie bieten Schutz vor unerwarteten Schuldenschnitten, Steuern und anderen, staatlich erzwungenen Eingriffen in den persönlichen Besitz. Und wenn die Geldautomaten einmal kein Geld mehr ausgeben, wird der Wert der beiden klar.

Wie zuvor angemerkt dreht sich die dritte Säule des Islam überhaupt nicht ums Banking, sondern um Gerechtigkeit. Zakat ist eine verpflichtende Reinigung unseres finanziellen Blutkreislaufes.

London ist die Heimat vieler Ultrareicher; mehr als jede andere Stadt in der Welt. Eine erhebliche Menge von ihnen sind Muslime, darunter einige russische Oligarchen. Die Folgen ihres goldenen Lebensstils sind allgegenwärtig. Luxusgeschäfte bieten kultursensible Termine für Damen aus dem Golf. Die schicksten Hotels wie das Dorchester und das Savoy haben weibliche Butler, Gebetsräume und Halal-Köche.

Unglücklicherweise scheinen sich viele nahöstliche Auswanderer gegen die Idee zu wehren, dass sie, wenn sie im Ramadan fasten oder in der Moschee des Dorchester beten, gleichfalls zakatpflichtig werden. Das Gebet (arab. salat) reimt sich auf Zakat. Ein solcher Islam ist unausgeglichen. Es ist ein Islam, der sich nicht reimt. Und die Wirkung für die Seele ist oft an ihren Gesichtern abzulesen.

Reichtum verhärtet oft das Herz

Reichtum verhärtet oft das Herz. Eine Studie der Princeton Universität legt den Schluss nahe, dass das Gehirn von wohlhabenden Studenten anders auf Bilder von Armut und Leiden reagiert als jenes von Studenten, die arbeiten oder Darlehen aufnehmen mussten. Es scheint so, dass Wohlstand und Privilegien nicht nur das Herz verhärten, sondern auch das Gehirn neu verkabeln.

Daher bietet sich Zakat als Heilmittel der radikalen Art an. Die Einkommensteuer scheiterte, den Graben zwischen Reichen und Armen zu verkleinern. Sozialleistungen und Gesundheitsvorsorge werden weiter beschnitten. Hier bietet die Offenbarung eine andere Lösung. Im Wesentlichen ist Zakat eine Netto-Vermögenssteuer. Es gibt Ausnahmen: das eigene Haus beispielsweise. Aber die ein-Euro-für-jeweils-40-Euro-Abgabe bleibt vielversprechend.

Wir müssen uns nur ausmalen, welche Summen hier von muslimischen Millionären in Großbritannien anfielen. Nach Angaben des Muslim Council of Britain gibt es mehr als 10.000. Zusammen besitzen sie beinahe vier Milliarden Pfund. Das wären auf einmal hundert Millionen Pfund jährlich als Zakat.

Und was ist mit den rund 14.000 Londoner Firmen in muslimischem Besitz? Über ein Drittel der kleinen bis mittleren Unternehmen in London gehört heute ihnen. Wie sieht es dort mit Zakatpflicht aus? Bereits jetzt sind sie nach Angaben der Spendenkommissionen pro Kopf die großzügigsten Spender des Vereinigten Königreichs.

Aber bei der Zakat geht es nicht um Spenden. Dafür gibt es Sadaqa, die etwas anderes ist. Zakat hat nicht nur ein wohltätiges Ziel, sondern eine höhere Funktion der Umverteilung. Sie ist Teil einer breiteren Philosophie, die untrennbar zur sozialen Vision gehört. Während wirtschaftliches Handeln ermutigt wird, wird die langfristige Kapitalanhäufung durch verschiedene Prinzipien der Schari’a eingeschränkt.

Eines davon ist ein System der Erbschaftssteuerung. Bei Muslimen wird der Nachlass mehrfach aufgeteilt: Alle Kinder erben sowie weitere Verwandte. Und ein Drittel muss außerhalb des Familienkreises abgegeben werden. Oft wird es sich dabei um eine Stiftung handeln. Noch bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts gehörte ein Drittel der Fläche Istanbuls solchen Auqaf. Deren Einkünfte konnten nur für wohltätige Ziele benutzt werden.

Im Qur’an ist von einer Art von Wohltätigkeit die Rede, deren Empfänger „Verwandte, Waisen, Arme und Reisende“ sein sollen. „Damit dieser Besitz nicht nur unter den Wohlhabenden von euch zirkuliert.“ Reichtum muss wieder untergepflügt werden; in die niedrigeren und benachteiligten Segmente der Gesellschaft. Das sind Obdachlose, Alleinstehende, der Flüchtling und der Asylsuchende. Dies sind alles zeitlose Kategorien des menschlichen Bedürfnisses. Sie haben ein Recht auf die Mittel der Glücklichen.

Die Vorteile einer Steuer auf das Vermögen, anstatt auf das bloße Einkommen, werden nicht nur im Qur’an erklärt. 2014 kam es zu einer Sensation, als der französische Ökonom Thomas Piketty sein Buch „Capital in the Twenty-First Century“ veröffentlichte.

Er behandelt hier Einkommensunterschiede. Wenn Kapitalerträge die Wachstumsraten überstiegen, würden die Reichen noch reicher. Das gefährde schlussendlich das gesamte globale System. Die Lösung sei keine Einkommens- oder Verkaufssteuer, sondern eine Vermögensabgabe. Piketty gibt beinahe das klassische islamische Denken wieder.

Dieses Modell würde auch die Wirtschaft beleben. Hier sei lagerndes Geld einem jährlichen Schnitt unterworfen. Das würde Anteilseigner zwingen, in profitable Geschäfte zu investieren. Diese wiederum würden höhere Einkünfte erzielen, da die Einkommenssteuer anteilig geringer ausfiele.

Parasitische Investitionen würden durch aktivere Strategien ersetzt. Piketty sagt voraus, dass dies unsere Ära der Stagnation beenden und die Rückkehr zu einem gesünderen Wirtschaftsmodell darstellen würde, das auf Steuern als negativer Bestärkung basiere. Passive Einlagen würden leiden, während wirtschaftliche Aktivität belohnt werde.

Foto: Secl, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 3.0

Wir müssen uns außerdem an einen weiteren interessanten, aber bedauerlicherweise vergessenen Fakt erinnern. Wir denken beim Zakatniveau an eine Flatrate von 2,5 Prozent. Jedoch erhöht das Recht diese bei bestimmten Kapitalgruppen. Namentlich wäre hier jene Kategorie zu nennen, die als Rikaz bekannt ist. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Bodenschätze ohne vorherige Eigentümer.

Obwohl die Rechtsschulen hier differieren, stellen wir fest, dass mineralischer Reichtum – nach seiner Förderung – eine 10- oder 20-prozentige Zakat bedeutet. 2008 veröffentlichte das Institut für Islamische Forschung der Al-Azhar darüber eine Fatwa. Erdölvorkommen hätten demnach – wie andere mineralische Bergbauprodukte – als Rikaz zu gelten.

Daher rief der Mufti die erdölreichen Golfstaaten auf, eine 20-prozentige Rate auf alle Energieträger zu bezahlen, sobald sie aus dem Boden kämen. Die Einkünfte sollten benutzt werden, um die Wirtschaft der ärmeren muslimischen Länder zu verbessern und um die Leiden der Armen und Flüchtlinge zu lindern.

Es wäre ein Irrtum zu glauben, dass dieser Gedanke ekstatische Aufnahme am Golf fand. Jedoch finden sich die höheren Prozentraten der Zakat in den juristischen Handbüchern. Die zeitlose Relevanz dieser Texte wird ganz deutlich, betrachten wir, wie enorm groß die Wirkung einer solchen jährlichen Abgabe wäre; wenn sie korrekt angewandt würde. Sie könnte in Ländern wie Bangladesch oder Mali, wo ein Dirham vieles kaufen kann, Erleichterung bringen.

Das Horden von Kapital in Londoner Immobilien, der spekulative Aufkauf von moderner Kunst, Fußballvereinen sowie Anteilen von Apple oder Fox News wäre so eingeschränkt. Und es würde die Anlagenpreise auf eine mehr erkennbare Normalität zurückstutzen. Die Weltwirtschaft zöge Nutzen daraus. Denn es käme zu neuer Importnachfrage in den Ländern, welche durch die Rikaz-Zakat entwickelt würde. Es könnte eine grundlegende Industrie finanzieren und Handel anregen – insbesondere in den OIC-Staaten.

Betrachten wir eine weitere vernachlässigte Konsequenz: Sie zielt spezifisch auf Bodenschätze inklusive fossiler Brennstoffe ab. Ein realer Anstieg von 20 Prozent bei der Öl-, Kohle- und Gasförderung stellt eine reale und gleichwertige Subvention von erneuerbaren Energieträgern dar. Es gibt keine Zakat Ar-Rikaz auf Wasserkraft, Windkraftanlagen und Solarzellen. Wenn es sich bei ihnen um Privatinvestitionen handelt, unterliegen sie der üblichen 2,5-prozentigen Zakatpflicht.

* Dieser Text ist die gekürzte Version eines Vortrages, der am 19. Mai 2016 auf einer Veranstaltung zum Thema in London gehalten wurde.

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Wie können Moscheen mit der Energiekrise umgehen?

(iz). Die Phase nach Ausbruch der Covid-Pandemie und die zu ihrer Eindämmung beschlossenen Gegenmaßnahmen haben im ganzen Land zu erheblichen Belastungen für Privathaushalte, Unternehmen und die sozioökonomischen Verhältnisse im Land […]

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Aus gegebenem Anlass „Brennpunkt Jemen“: Strategische Hintergedanken über Staat mit großen Problemen. Jenseits des Al-Qaida-Szenarios. Von F. William Engdahl

Am 25. Dezember [2009] verhafteten US-Behörden einen Nigerianer namens Abdulmuttalab an Bord eines Flug der Northwest Airlines von Amsterdam nach Detroit unter dem Verdacht, er habe das Flugzeug mit Hilfe von eingeschmuggelten Sprengstoffen in die Luft jagen wollen. Seitdem wurde von CNN, der “New York Times” und anderen Nachrichtenquellen berichtet, dass dieser im Verdacht stünde, im Jemen für seine Terrormission ausgebildet worden zu sein. Nach diesem Vorgang wurde der Welt ein neues, auftauchendes Ziel im “Krieg gegen den Terror” der USA aufgezwungen – namentlich einem trostlosen Staat auf der Arabischen Halbinsel, dem Jemen. Ein tieferer Blick auf Hintergründe legt den Schluss nahe, dass Pentagon und US-Geheimdienste im Jemen weiterführende Hintergedanken haben.

Seit einigen Monaten konnte die Welt eine steigende Eskalation des militärischen Engagements der USA im Jemen beobachten. Einem abgrundtief armen Land, dass im Norden an Saudi-Arabien, im Westen an das Rote Meer und im Süden an den Golf von Aden grenzt. Dabei blickt der Jemen auf ein anderes verzweifeltes Land, dass es ebenfalls in die Schlagzeilen schaffte: Somalia. Hinweise legen den Schluss nahe, dass das Pentagon und US-Geheimdienste dabei sind, das strategisches Nadelöhr für den globalen Ölfluss zu militarisieren: das Bab El-Mandab. Dabei instrumentalisieren sie die somalische Piratenepisode zusammen mit Behauptungen einer neuen Drohung durch Al-Qaida, um jene wichtige Transportroute zu militarisieren. Darüber hinaus sollen die noch nicht entwickelten Erdölreserven zwischen Jemen und Saudi-Arabien zu den größten der Welt gehören.

Der 23-jährige Nigerianer, der des gescheiterten Attentats angeklagt ist, hat mittlerweile angeblich gestanden. Abdulmutallab behauptete, er wurde von Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) mit Sitz im Jemen auf seine Mission entsandt. Bequemerweise lenkte dies die Aufmerksamkeit der Welt auf den Jemen als neues Zentrum der angeblichen Terrororganisation Al-Qaida.

Bruce Riedel, ein CIA-Veteran mit 30-jähriger Dienstzeit, der Präsident Obama bei der afghanischen Truppenaufstockung beraten hat, schrieb auf seinem Blog von angeblichen Beziehungen des Detroit-Bombers zum Jemen: “Der Versuch, den Nortwest Airlines Flug 235 über Amsterdam nach Detroit am Weihnachtsfeiertag zu zerstören, unterstreicht die wachsenden Ambitionen der jemenitische Zweigstelle Al-Qaidas, die von einer überwiegend innerjemenitischen Angelegenheit zum Spieler des globalen Dschihad in den letzten Jahren geworden ist … Die schwache jemenitische Regierung von Präsident Ali Abdallah Salih, die das Land niemals wirklich kontrollieren konnte und nun einem Bündel von neuen Problemen gegenübersteht, wird umfangreiche amerikanische Hilfe brauchen, um AQAP zu besiegen.” [1]

Grundlegende jemenitische Geopolitik
Bevor wir mehr über den letzten Vorfall sagen, ist es nützlich, einen näheren Blick auf die Lage Jemens zu werfen. Hier zeichnen sich zwei Besonderheiten ab, wenn sie mit der Behauptung Washingtons verglichen werden, dass es eine aufständische Al-Qaida-Organisation auf der Arabischen Halbinsel gäbe.

Zu Beginn 2009 fingen die Figuren des jemenitischen Schachbretts an, sich zu bewegen. Tariq Al-Fadhli – ehemaliger dschihadistischer Führer mit Ursprüngen im Süden – beendete ein 15-jähriges Bündnis mit der Regierung und kündigte an, er werde sich der breiten Oppositionskoalition anschließen, die als Südliche Bewegung bekannt wurde. Al-Fadhli war ein Mitglied der Mujahidin in Afghanistan in den späten 1980er Jahren. Sein Bruch mit Saleh wurde in nationalen und arabischen Medien im April 2009 veröffentlichtet. Diese Trennung von der Diktatur verlieh der Südlichen Bewegung neuen Schwung. Seitdem ist er zu einer Führungsfigur der südlichen Sammlungsbewegung geworden.

Jemen selbst ist ein synthetisches Amalgan, das 1990 nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gegründet wurde, als die damalige südliche Demokratische Volksrepublik Jemen (PDRY) ihren wichtigsten ausländischen Helfer verlor. Die Vereinigung der Nördlichen Arabischen Republik Jemen mit dem südlichen Staat erzeugte einen kurzlebigen Optimismus, der 1994 nach einem kurzen Bürgerkrieg starb. Damals organisierten Elemente der südlichen Armee eine Revolte gegen das, was sie als einen Staat voll korrupter Vetternwirtschaft unter Herrschaft von Saleh wahrnahmen. Der Präsident ist seit 1978 Alleinherrscher – zuerst als Präsident im Norden des Jemens und seit 1990 als Präsident des vereinigten, neuen Jemen. Der Armeeaufstand im Süden scheiterte, als Salah die Unterstützung von Al-Fadhli und anderer jemenitischer Salafisten auf sich ziehen konnte. Jene Anhänger einer konservativen Islam-Interpretation und Dschihadisten bekämpften die ehemaligen marxistischen Kräfte der Sozialistischen Partei des Südens.

Vor 1990 stärkten Washington und das saudische Königreich Saleh und dessen Politik der Islamisierung in dem Versuch, den kommunistischen Süden zu schwächen.[2] Seitdem vertraute er auf eine starke salafitisch-dschihadistische Bewegung, um seine diktatorische Alleinherrschaft zu erhalten. Der Bruch mit ihm von Seiten Al-Fadhlis und sein Anschluss an die südliche Opposition mit dessen früheren, sozialistischen Feinden markiert einen entscheidenden Rückschritt für den Präsidenten.

Kurz nachdem sich Al-Fadhli am 28. April 2009 der Koalition anschloss, intensivierten sich Proteste in den südlichen Provinzen Lahj, Dalea und Hadramaut. Hier kam es zu Demonstrationen von zehntausenden entlassenen Militärangehörigen und Beamten, die bessere Bezahlung und Gratifikationen verlangten. Demonstrationen, die es in steigendem Maße bereits seit 2006 gegeben hatte. Die April-Demonstrationen beinhalteten zum ersten Mal ein öffentliches Auftreten von Al-Fadhli. Sein Erscheinen veränderte die lange vor sich hin dümpelnde südliche Bewegung in Richtung einer breiteren, nationalistischen Kampagne. Sie veränderte auch Saleh, der sich mit der Bitte um Hilfe an Saudi-Arabien und Staaten des Golfkooperationsrates wandte. Er warnte, dass die gesamte Arabische Halbinsel unter den Konsequenzen zu leiden haben werde.

Jenes Bild vom Jemen vervollkommnend (den manche als “gescheiterten Staat” bezeichnen könnten), sieht sich Saleh im Norden der zaiditisch-schiitischen Rebellion der Al-Houthi ausgesetzt. Am 11. September 2009 beschuldigte der Präsident in einem Interview mit Al Jazeera den schiitisch-irakischen Oppositionsführer Muqtada As-Sadr und auch den Iran, dass beide die nordjemenitischen Houthi-Rebellen unterstützten. Saleh erklärte: “Wir könnten nicht den offiziellen Iran beschuldigen, aber die Iraner haben uns kontaktiert und mitgeteilt, dass sie für eine Vermittlung zur Verfügung stünden. Dies bedeutet, dass die Iraner Kontakt zu ihnen [den Houthi-Rebellen] haben, wenn sie zwischen der jemenitischen Regierung und diesen vermitteln wollen. Auch [der Iraker] Muqtada As-Sadr (…) fragte ebenfalls an, ob er als Vermittler akzeptabel sei. Dies bedeutet, dass Verbindungen bestehen.”[3]

Jemenitische Behörden gaben an, dass sie Lager voller Waffen beschlagnahmten, die im Iran produziert worden seien. Währenddessen behaupteten die Al-Houthi, dass sie jemenitische Ausrüstung mit saudischen Markierungen erobert hätten. Sie beschuldigen Sana'a (die Hauptstadt des Jemen und Sitz der US-Botschaft), es agiere als Stellvertreter Saudi-Arabiens. Iran wies die Behauptungen zurück, wonach die im Norden gefundenen Waffen iranischen Ursprungs seien. Behauptungen einer angeblichen Hilfe von Teherans für die Rebellen seien grundlos.[4]

Was ist mit Al-Qaida?
Das Bild, dass sich hier entfaltet, ist das eines verzweifelten Diktators mit US-Rückendeckung. Nach zwei Jahrzehnten despotischer Herrschaft über den vereinigten Jemen verliert Saleh zusehends die Kontrolle. Nach dem Einbrechen der Ölpreise im Jahre 2008 verschlechterten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen drastisch. Rund 70 Prozent der Staatseinnahmen stammten aus Ölverkäufen. Die Zentralregierung sitzt im nordjemenitischen Sana'a, während sich die Erdöllagerstätten im Süden befinden. Und doch kontrolliert er den Fluss der Erdöleinnahmen. Mangel an Einnahmen aus dem Erdölgeschäft haben die übliche Option Salehs, den guten Willen von Oppositionsgruppen zu erkaufen, beinahe zum Erliegen gebracht.

Zu diesem chaotischen Bild der Innenpolitik kam im Januar 2009 die Ankündigung hinzu (auch umfangreich auf ausgesuchten Webseiten prominent vertreten), wonach Al-Qaida – die angeblich globale Terrororganisation, die durch den von der CIA trainierten Saudi Osama bin Laden geschaffen wurde – eine große neue Zweigstelle im Jemen sowohl für jemenitische als auch für saudische Operationen eröffnet haben soll.

Al-Qaida im Jemen publizierte am 20. Januar 2009 – mit Hilfe einschlägiger dschihadistischer online-Foren – eine Erklärung vom Führer der Gruppe, Nasir Al-Wahayshi, in der die Gründung einer einheitlichen Gruppe von Al-Qaida für die Arabische Halbinsel unter seinem Befehl angekündigt wurde. Laut Al-Wahayshi bestünde die neue Gruppe (Al-Qaida in der Arabischen Halbinsel) aus seiner ehemaligen jemenitischen Al-Qaida, aber auch aus Mitgliedern der eingestellten saudischen -Zelle. Die Presseerklärung verlautbarte, interessant genug, dass ein saudischer Bürger und ehemaliger Guantanamo-Häftling (Nr. 372) namens Abu Sayyaf Al-Shihri als Stellvertreter Al-Wahayshis fungiere.

Tage später erschien ein online-Video von Al-Wahayshi unter dem alarmierenden Titel “Wir beginnen hier und werden uns in Al-Aqsa treffen”. Al-Aqsa ist die Al-Aqsa Moschee in Jerusalem, die bei Juden als Tempelberg bekannt ist; die Stelle des zerstörten Tempels von Salomon, die Muslime Haram Asch-Scharif nennen. Bedroht wurde muslimische Führer, unter anderem Jemens Saleh, die königliche saudi-arabische Familie und Ägyptens Präsident Mubarak. Es wurden Versprechungen gemacht, den Dschihad vom Jemen nach Israel zu tragen, um die heiligen muslimischen Stätten und Gaza zu “befreien”. Etwas, das wahrscheinlich einen Dritten Weltkrieg auslösen würde, wenn jemand wahnsinnig genug wäre, dieses Unterfangen zu begehen.

In diesem Video findet sich neben dem ehemaligen Insassen von Guantanamo Al-Shihri ein Statement des mutmaßlichen Guantanamo-Häftlings Nr. 333, Abu Al-Harith Muhammad al-Awfi, der als Feldkommandeur identifiziert wird. Da es hinlänglich bekannt ist, dass Foltermethoden wertlos sind, echte Geständnisse zu erzielen, haben einige spekuliert, dass das wahre Ziel der Verhörspezialisten von CIA und Pentagon seit September 2001 in Guantanamo darin bestand, mit Hilfe von brutalen Techniken Schläfer-Terroristen zu rekrutieren oder auszubilden, die auf Befehl des US-Geheimdiensts aktiviert werden könnten. Ein Vorwurf, der schwer zu beweisen oder auch zu widerlegen ist. Die Anwesenheit zweier hochrangiger Guantanamo-Absolventen in der jemenitischen Basis von Al-Qaida stellt sicherlich einen Grund für Nachfragen dar.

Al-Qaida im Jemen ist für die erweiterte Südliche Bewegung und ihre Massenbasis offenkundig ein Gräuel. In einem Interview erklärte Al-Fadhli: “Ich habe starke Beziehungen zu allen Dschihadisten im Norden und im Süden, aber nicht zu Al-Qaida.”[5] Dies hat Saleh nicht an der Behauptung gehindert, dass die Südliche Bewegung und Al-Qaida ein und die selbe Sache wären. Ein bequeme Art und Weise, um sich der Rückendeckung Washingtons zu versichern. Laut US-Geheimdienstberichten befinden sich im Süden höchstens 200 Al-Qaida-Mitglieder.[6]

Im Mai 2009 distanzierte sich Al-Fadhli in einem Interview von der Organisation und erklärte: “Wir [im Südjemen] wurden vor über 15 Jahren besetzt und leiden unter einer bösartigen Besatzung. Also bemühen wir uns um unsere Sache und kümmern uns nichts anderes in der Welt. Wir wollen unsere Unabhängigkeit und ein Ende dieser Besatzung.”[7] Passenderweise veröffentlichte Al-Qaida am gleichen Tag eine Erklärung, wonach es die Sache des Südjemens unterstützen würde.

In einer am 14. Mai im Internet zirkulierten Tonaufnahme drückte Al-Wahayshi seine Sympathie mit den Leuten in den südlichen Provinzen und ihrem Versuch aus, sie selbst gegen ihre “Unterdrückung” zu verteidigen. “Was in Lahaj, Dhali, Abyan, Hadramaut und den anderen südlichen Provinzen geschieht, kann nicht gutgeheißen werden. Wir müssen [dem Süden] helfen.” Er versprach Vergeltung: “Die an euch begangene Unterdrückung wird nicht ungestraft weitergehen … die Ermordung von Muslimen in den Straßen ist ein schwerwiegendes und nicht zu rechtfertigendes Verbrechen.”[8]

Dieses merkwürdige Auftauchen einer winzigen, aber öffentlich gut positionierten Al-Qaida inmitten von etwas, das Beobachter als Bewegung des Südens mit breiter Massenbasis bezeichnen, welche die radikale wie globale Agenda von Al-Qaida meidet, scheint dem Pentagon potenziell einen Anlass zu liefern, um US-Operationen in dieser strategisch wichtigen Region eskalieren zu lassen.

Nachdem US-Präsident Obama erklärte, dass die Probleme des Jemen die inneren Angelegenheiten das Landes seien, ordnete er Luftangriffe an. Das Pentagon behauptete, dass die Angriffe vom 17. und von 24. Dezember 2009 drei entscheidende Al-Qaida-Führer getötet hätten, aber es gibt keine Beweise, die dies belegen. Nun belebt das Weihnachtsdrama des Detroit-Bombers Washingtons Kampagne des “Krieges gegen den Terror” im Jemen. Darüber hinaus hatte Obama der Regierung Saleh militärische Hilfe angeboten.

Eine Eskalation, wie auf Bestellung
Wie auf Bestellung füllten neue Terrordrohungen aus dem Jemen die CNN-Schlagzeilen. Die raumgreifenden somalischen Piratenangriffe auf die kommerzielle Schifffahrt im Golf von Aden und dem Arabischen Meer nahmen dramatisch zu, nachdem sie zuvor durch multinationale Schiffspatrouillen drastisch reduziert werden konnten.

Am 29. Dezember 2009 berichtete die Moskauer Nachrichtenagentur RIA Novosti, dass somalische Piraten ein griechischen Frachtschiff im Golf von Aden vor Somalias Küste enterten. Früher am gleichen Tag wurde ebenfalls ein unter britischer Flagge fahrender Chemietanker und seine 26 Mann starke Besatzung im selben Gewässer aufgebracht. In einem Moment des geschickten Umgangs mit westlichen Medien sagte Piratenkapitän Mohamed Shakir der britischen Zeitung “The Times” telefonisch: “Wir haben gestern ein Schiff unter britischer Flagge im Golf von Aden eingenommen.” Der Informationsdienst für Geheimdienstkreise Stratfor merkte an, dass die “Times”, die sich im Besitz des neokonservativen Finanzmagnaten Rupert Murdoch befindet, manchmal vom israelischen Geheimdienst benutzt werde, um nützliche Geschichten zu platzieren.

Die letzten beiden Ereignisse trieben die Angriffe und Entführungen des Jahres 2009 auf ein Rekordniveau. Bis zum 22. Dezember beliefen sich die Angriffe somalischer Piraten im Golf von Aden und vor der Ostküsten Somalias auf 174. 2009 wurden 33 Schiffe gekapert und 587 Seeleute als Geisel genommen. Nach Angaben des Maritime Bureau's Piracy Reporting Centers waren beinahe alle Aktivitäten der Piraten erfolgreich. Die offene Frage ist, wer die somalischen “Piraten” mit Waffen und Logistik so versorgt, sodass diese den internationalen Patrouillen entgehen können?

Erwähnenswert ist, dass Saleh am 3. Januar einen Anruf des somalischen Präsidenten Sheikh Ahmed erhielt, in welchem dieser Saleh über die letzten Entwicklungen in Somalia unterrichtete. Sheikh Ahmed, dessen eigene Machtbasis in Mogadischu schwach ist, und der manchmal auch als “Präsident des Flughafens von Mogadischu” bezeichnet wird. Er teilte mit, dass er mit diesem alle Information über Terroraktivitäten teilen würde, die von somalischem Gebiet ausgingen und welche die Stabilität und Sicherheit von Jemen und dessen Region gefährden könnten.

Ein Nadelöhr für Öl und andere ölige Angelegenheiten
Die strategische Bedeutung der Region zwischen Jemen und Somalia wird zu einem Zielpunkt des geopolitischen Interesses. Dies ist das Bab el-Mandab – eines von sieben, das von der US-Regierung als strategisches Nadelöhr der Ölschifffahrt bezeichnet wird. Die US-Regierungs-Informationsagentur für Energie sagte, dass die “Schließung des Bab el-Mandas Tanker aus dem Persischen Golf davon abhalten kann, den Suez Kanal beziehungsweise den Sumed Pipeline-Komplex zu erreichen. Sie sind gezwungen, den Weg über die Südspitze Afrikas zu nehmen. Die Straße von Bab el-Mandeb ist ein Engpass zwischen dem Horn von Afrika und dem Nahen Osten, und eine strategische Verbindung zwischen dem Mittelmeer und dem Indischen Ozean.”[9]

Die Meerenge zwischen Jemen, Dschibuti und Eritrea verbindet das Rote Meer mit dem Golf von Aden und darüber hinaus mit dem Arabischen Meer. Erdöl und andere Exporte aus dem Persischen Golf müssen hier durch, bevor sie in den Suezkanal fahren können. 2006 berichtete die Washingtoner Energiebehörde, dass schätzungsweise 3,3 Millionen Barrel Erdöl durch diesen engen Wasserweg nach Europa, die Vereinigten Staaten und Asien fließen. Der Großteil des Öls – oder rund 2,1 Millionen Barrel täglich – geht nach Norden durch das Bab el-Mandab; über den Suez-Sumed-Komplex ins Mittelmeer.

Eine Rechtfertigung für die USA- oder NATO-Militarisierung um das Bab el-Mandab herum sit für Washington eine weitere wichtige Verbindung im Bemühen, die sieben wichtigsten Schnittstellen des Erdöltransports in aller Welt zu kontrollieren. Entscheidender Teil der zukünftigen US-Strategie dürfte darin bestehen, Erdölflüsse nach China, der EU oder jeder anderen Region zu unterbinden, die der US-Politik Widerstand leisten könnten. Gehen wir davon aus, dass ein wichtiger Teil des saudischen Erdöls hier fließt, dürfte eine Blockade das Königreich davon abhalten, nicht länger ernsthaft über die Abwicklung zukünftiger Erdölverkäufe mit China und anderen Kunden nachzudenken, die nicht in Dollar ablaufen. Diese Option wurde jüngst vom britischen Journalisten Robert Fisk (The Independent) berichtet.

Die USA wären darüber hinaus auch in der Lage, chinesische Erdöltransporte von Port Sudan in das Rote Meer, nördlich vom Bab el-Mandab gelegen, zu bedrohen. Dies ist eine wichtige Lebenslinie für die Befriedigung des chinesischen Erdölbedarfs.

Über seine geopolitische Lage als wichtiger globaler Schnittpunkt für den Transport von Erdöl hinaus, wurde berichtet, das der Jemen über einige der weltweit größten unerschlossenen Erdölreserven verfügen soll. Jemens Masila- und Shabwa-Becken sollen nach Angaben internationaler Erdölfirmen “Entdeckungen von Weltklasse” sein.[10] Die französische Total und einige kleinere internationale Unternehmen beteiligen sich an der Entwicklung der jemenitischen Erdölproduktion. Vor rund 15 Jahren teilte mir ein gut informierter Insider aus Washington privat mit, dass der Jemen “genug unentdecktes Erdöl besitzt, um den gesamten Erdölbedarf für die nächsten 15 Jahre zu befriedigen”.

Möglicherweise gibt es andere Gründe für Washingtons aktuelles Interesse am Jemen als nur die bunt zusammengewürfelte Truppe Al-Qaida, deren Existenz als globale Terrororganisation von erfahrenden Islamexperten in Frage gestellt wurde.

F. William Engdahl ist Autor von “Full Spectrum Dominance: Totalitarian Democracy in the New World Order”.

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Fußnoten:
[1] Bruce Riedel, The Menace of Yemen, December 31, 2009, http://www.thedailybeast.com/blogs-and-stories/2009-12-31/the-menace-of-yemen/?cid=tag:all1
[2] Stratfor, Yemen: Intensifying Problems for the Government, 7. Mai, 2009
[3] Terrorism Monitor, Yemen President Accuses Iraq’s Sadrists of Backing the Houthi Insurgency, Jamestown Foundation, Band 7, Ausgabe 28, 17. September, 2009
[4] NewsYemen, 8. September 2009 und Yemen Observer, 10. September 2009
[5] Albaidanew.com, 14. May 2009, zitiert in Jamestown Foundation, siehe oben
[6] Abigail Hauslohner, Despite U.S. Aid, Yemen Faces Growing al-Qaeda Threat, Time, 22. December 2009, in www.time.com/time/world/article/0,8599,1949324,00.html#ixzz0be0NL7Cv
[7] Tariq al Fadhli, in Al-Sharq al-Awsat, 14. May 2009, zitiert in Jamestown Foundation, siehe oben
[8] Interview mit al-Wahayshi, Al Jazeera, 14. May 2009
[9] US Regierung, Ministerium für Energie, Informationsverwaltung für Energie, Bab el-Mandab, in http://www.eia.doe.gov/cabs/World_Oil_Transit_Chokepoints/Full.html[10] Adelphi Energy, Yemen Exploration Blocks 7 & 74, in http://www.adelphienergy.com.au/projects/Proj_Yemen.php

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