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Pakistan: Regierung will afghanische Flüchtlinge massenhaft abschieben

Pakistan

Pakistan will ab 1. November hunderttausende Geflohene aus dem Nachbarland in ihre Heimat abschieben. Dort sollen „Zentren“ eingerichtet werden.

Islamabad (KNA, dpa, iz). Pakistan will ab morgen Hunderttausende illegal eingereiste Migranten nach Afghanistan zurückschicken. Dazu sollen „Auffangzentren“ eingerichtet werden, in denen die Einwanderer festgehalten werden, kündigte Innenminister Sarfraz Bugti laut pakistanischen Medienberichten (Freitag) an.

„Sie werden mit Medizin und Nahrungsmitteln versorgt. Kinder, Frauen und Ältere werden mit besonderem Respekt behandelt. Aber gleichzeitig werden wir nach dem 1. November keine Kompromisse in Bezug auf illegale Einwanderer eingehen“, betonte Bugti. Die Abschiebungen würden „in Phasen“ erfolgen.

Foto: EU Civil Protection and Humanitarian Aid, via flickr | Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0

Weltweite Hilfsorganisationen warnen vor Konsequenzen

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und die Internationale Organisation für Migration (IOM) warnten in einer gemeinsamen Erklärung vor schwerwiegende Auswirkungen. Inmitten einer humanitären Krise stehe Afghanistan derzeit vor mehreren Menschenrechtsproblemen, insbesondere für Frauen und Mädchen.

„Die erzwungene Rückführung afghanischer Staatsangehöriger kann zu schweren Menschenrechtsverletzungen führen, einschließlich der Trennung von Familien und der Abschiebung von Minderjährigen“, so die UN-Organisationen.

Pakistan ist nach UN-Angaben eines der größten Flüchtlingsaufnahmeländer der Welt. Seit Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im August 2021 sind Schätzungen zufolge mehr als 600.000 Menschen ins benachbarte Pakistan ausgewandert.

Damit sei die Gesamtzahl aller im Land befindlichen Afghanen auf 3,7 Millionen gestiegen. Pakistans Regierung veranschlagt die Zahl der afghanischen Geflohenen auf 4,4 Millionen, von denen nur 1,4 Millionen über die notwendigen Dokumente für einen legalen Aufenthalt verfügten.

Islamabad geht es um Kriminalität und Wirtschaftskrise

Mit der bevorstehenden Massenausweisung will Pakistan laut politischen Beobachtern die stark gestiegene Kriminalität im Land sowie einen eskalierenden islamistischen Terrorismus eindämmen.

Darüber hinaus befinde sich Pakistan in einer schweren Wirtschaftskrise, die in der Bevölkerung die Stimmung gegen afghanische Geflüchtete anheize. Mit einem Überbrückungsdarlehen des Internationalen Währungsfonds IWF in Höhe von drei Milliarden Euro konnte Pakistan Ende Juni eine Staatspleite verhindern.

Foto: EU Civil Protection and Humanitarian Aid, via flickr | Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0

Nobelpreisträgerin Yousafzai warnt vor Massenabschiebungen

Die Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai hat die pakistanische Regierung aufgefordert, ihre Pläne von Massenabschiebungen afghanischer Geflüchteter zu überdenken. „Kinder, Frauen, Männer, ältere Menschen, die vor der Verfolgung durch die Taliban fliehen, verdienen Unterstützung, Würde und Sicherheit, nicht weitere Hindernisse und Schikanen“, schrieb die 26-Jährige.

Malala Yousafzai erhielt 2014 für ihren Einsatz für das Recht aller Kinder auf Bildung als bislang jüngste Preisträgerin überhaupt den Friedensnobelpreis. Im Oktober 2012 hatte sie ein Attentat überlebt, nachdem Taliban-Kämpfer im Norden Pakistans ihren Schulbus gestoppt hatten. Sie hatte sich zuvor für den Schulbesuch von Mädchen starkgemacht. Heute lebt sie in Großbritannien.

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Asyl-Krisenverordnung: Bundesregierung hat Bedenken

Bundesregierung Asyl Krise Flüchtlinge

Bisher keine Einigkeit für die Reform des Asylsystems

Berlin (dpa) Die Bundesregierung hat sich bei den Verhandlungen über eine EU-Verordnung zum Umgang mit Asylkrisen enthalten, weil sie mit abgesenkten Standards für die Aufnahme von Schutzsuchenden nicht einverstanden ist. „Die Bundesregierung brachte sich in die Verhandlungen des Verordnungsvorschlags ein, um insoweit auf Verbesserungen der Standards für Schutzsuchende sowie auf ein für die Mitgliedstaaten einheitliches und handhabbares Verfahren in Krisensituationen hinzuwirken“, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Donnerstag auf Anfrage mit. Die Bundesregierung habe dem Entwurf in der jetzigen Fassung letztlich nicht zustimmen können und sich daher enthalten. 

Die sogenannte Krisenverordnung ist Teil der geplanten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Die Gespräche über einen Entwurf für die Verordnung sind vorerst gescheitert – unter anderem wegen der Bedenken der Bundesregierung. Die Ständigen Vertreter der EU-Länder hatten sich am Mittwoch in Brüssel nicht auf eine gemeinsame Position für Verhandlungen mit dem Europaparlament einigen können. Die spanische Ratspräsidentschaft wollte dazu eigentlich bis Ende Juli eine Einigung herbeiführen. Diplomaten zufolge enthielten sich neben Deutschland auch die Niederlande und die Slowakei. Polen, Ungarn, Tschechien und Österreich stimmten gegen den Vorschlag. 

Der Vorschlag für die neue Verordnung sieht längere Fristen für die Registrierung von Asylgesuchen an den Außengrenzen vor, außerdem die Möglichkeit der Absenkung von Standards bei Unterbringung und Versorgung. Schutzsuchende sollten in Krisensituationen verpflichtet werden können, sich länger als zwölf Wochen in Aufnahmeeinrichtungen in Grenznähe aufzuhalten. Ländern wie Polen und Ungarn gehen die vorgeschlagenen Ausnahmevorschriften nicht weit genug. „Das weitere Vorgehen der spanischen Ratspräsidentschaft nach der ablehnenden Entscheidung vom 26. Juli 2023 bleibt zunächst abzuwarten“, hieß es aus dem Bundesinnenministerium. 

Der Verordnungsvorschlag enthalte neben Sonderregeln im Falle eines hohen Zugangsgeschehens oder höherer Gewalt auch Regelungen für Situationen der Instrumentalisierung von Schutzsuchenden durch Drittstaaten oder nicht-staatliche Akteure, sagte der Sprecher. Ein Grund für die Überlegungen zu der Verordnung war die von Belarus orchestrierte irreguläre Migration, die 2021 begonnen hatte. 

Die Krisenverordnung soll Teil eines Reformpakets für das EU-Asylsystem werden. Andere Teile waren im Juni per Mehrheitsentscheidung bei einem Innenministertreffen auf den Weg gebracht worden. Neben einer Pflicht zur Solidarität in Notsituationen sehen sie Ergänzungen und Verschärfungen der aktuellen Regeln vor, um illegale Migration zu begrenzen. So sollen Asylanträge von Migranten aus Herkunftsländern mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent bereits an den EU-Außengrenzen innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden. In dieser Zeit will man die Schutzsuchenden verpflichten, in streng kontrollierten Aufnahmeeinrichtungen zu bleiben. Wer keine Chance auf Asyl hat, soll umgehend zurückgeschickt werden. Nun verhandeln das Europaparlament und die EU-Staaten über die Pläne. 

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Bildung und Beruf: Junge Flüchtlinge stehen vor Herausforderungen

Flüchtlinge Beruf

Junge Flüchtlinge stehen bei Bildung und Beruf vor mehreren Herausforderungen für einen Erfolg. (iz). Obwohl die deutsche Integrationspolitik weiterhin recht umfassend ist, weisen Experten darauf hin, dass die vollständige Einbindung […]

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Europarat alarmiert über Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen

Geflohene Menschenrechtsverletzungen

Menschenrechtsverletzungen: Europarat beklagt Teilnahmslosigkeit bei Rechtsbrüchen gegenüber Migranten und Flüchtlingen.

BRÜSSEL (KUNA). Der Europarat zeigte sich am Montag, den 19. Juni, alarmiert über die weitverbreiteten Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen und Asylbewerbern in Europa.

„Ich bin erstaunt über das alarmierende Ausmaß an Toleranz gegenüber schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gegenüber Flüchtlingen, Asylbewerbern und Migranten, das sich in ganz Europa entwickelt hat“, sagte die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatovic, in einer Erklärung im Vorfeld des Weltflüchtlingstages, der auf den 20. Juni fällt.

Foto: Gunnar Vrang, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 3.0

„Alarmierende“ Toleranz gegenüber Menschenrechtsverletzungen

„Der Schiffbruch vor der griechischen Küste in der vergangenen Woche ist eine weitere Erinnerung daran, dass trotz zahlreicher Warnungen das Leben von Menschen auf See angesichts unzureichender Rettungskapazitäten und -koordinierung weiterhin gefährdet ist“, erklärte sie.

„Anderswo in Europa sind Pushbacks an den Land- und Seegrenzen, Gewalt gegen Flüchtlinge und Migranten, die Verweigerung des Zugangs zu Asyl, die Verweigerung humanitärer Hilfe und die Schikanierung von Verteidigern der Flüchtlingsrechte weithin dokumentiert“, sagte Mijatovic.

Sie beklagte, dass Berichte über Menschenrechtsverletzungen gegen Flüchtlinge, Asylbewerber und Migranten inzwischen so häufig seien, dass sie im öffentlichen Bewusstsein kaum noch wahrgenommen würden.

Die Regierungen der Mitgliedsstaaten des Europarates mit Sitz in Straßburg „haben viel zu oft die Verabschiedung von Gesetzen und politischen Maßnahmen stillschweigend geduldet oder offen unterstützt, die den Schutz der Menschenrechte von Menschen auf der Flucht nach und nach ausgehöhlt haben, anstatt sich gegenseitig auf der Grundlage gemeinsam vereinbarter Standards zur Verantwortung zu ziehen“, so die Kommissarin.

Foto: Alessio Tricani, Shutterstock

Untersuchungen von Schiffsunglück gefordert

Unterdessen forderte die EU am 19. Juni eine Untersuchung des Schiffsunglücks vor der griechischen Küste in der vergangenen Woche, bei dem mindestens 78 Migranten ums Leben gekommen sind und von dem man befürchtet, dass noch viel mehr ertrunken sind.

„Wir nehmen zur Kenntnis, dass die griechische Staatsanwaltschaft eine Untersuchung zu diesem Vorfall eingeleitet hat“, sagte die EU-Innensprecherin Anitta Hipper auf einer Pressekonferenz in Brüssel.

Es sei wichtig, eine gründliche und transparente Untersuchung zu gewährleisten. Die EU-Agenturen seien vor Ort, um jede notwendige Unterstützung zu leisten.

„Diese Tragödie unterstreicht einmal mehr die Notwendigkeit, mit den EU-Mitgliedstaaten, den EU-Agenturen und den Partnern aus Drittländern zusammenzuarbeiten, um die Schmuggler zu bekämpfen, die so viele Leben aufs Spiel setzen“, fügte sie hinzu.

Medienberichten zufolge stammten viele der 750 Menschen an Bord des Fischerbootes, das 90 Kilometer vor dem Südgriechischen Pylos sank, aus Pakistan.

„Wir haben die Reaktion des pakistanischen Außenministeriums und die Notwendigkeit, den Kampf gegen die Schmuggler zu verstärken, gesehen“, fügte die EU-Sprecherin hinzu.

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Sicherheitslage im Sahel: „Ein Krieg gegen Muslime, Christen und Animisten“

Dori (KNA). Die Terroranschläge im Sahel hören nicht auf. Eine ganze Region leidet unter Gewalt, Vertreibung und Nahrungsmangel. Allein durch militärische Präsenz lasse sich das nicht verändern, sagt Laurent Dabire, […]

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IGMG: Lehren aus Rostock-Lichtenhagen ziehen

Köln (igmg.org). „Rostock Lichtenhagen ist eines der dunkelsten Kapitel der Nachkriegsgeschichte. Und sie ist bis heute pechschwarz“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), anlässlich des 30. Jahrestages des Pogroms in Rostock-Lichtenhagen. Bekir Altaş weiter:

„Rostock-Lichtenhagen ist eine Zäsur im kollektiven Gedächtnis der Bundesrepublik. Dieser Pogrom hat eindrucksvoll gezeigt, wohin Hass und Rassismus führen, wozu Menschen fähig sein können. Er ist uns eine wichtige Mahnung: Der Kampf gegen den Rassismus darf niemals vernachlässigt werden.

Rostock-Lichtenhagen hat uns auch gezeigt, wie schnell und leicht Teile der Politik und Medien Hand in Hand eine Schuldumkehr konstruieren konnten, in der Opfer zu Sündenböcken und Täter zu Opfern gemacht wurden. Nur wenige Täter kamen mit milden Strafen davon, die Opfer hingegen wurden abgeschoben.

30 Jahre später stellen wir fest: Diese zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit dauert fort, die Täter sind weitestgehend unbehelligt davongekommen, die Opfer warten bis heute auf eine aufrichtige Entschuldigung und auf Entschädigung. Stattdessen gibt es wie bei jedem runden Jahrestag Sonntagsreden, die am Montag schon vergessen sind.

Wenn der Kampf gegen den Rassismus ernst gemeint ist, müssen Lehren gezogen werden aus dieser Geschichte. Dazu gehört es, Menschenrechte und das Recht auf Asyl zu stärken und sie nicht weiter auszuhöhlen, wie es derzeit an den Außengrenzen massiv praktiziert wird. Wenn das Herkunftsland oder der Kulturkreis von Geflüchteten darüber entscheidet, ob sie die Grenze passieren dürfen oder abgewiesen werden, wird auch der Kampf gegen den Rassismus ausgehöhlt. Das sind genau die Signale, die den Mob vor dem Sonnenblumenhaus dazu gebracht hat, einen der dunkelsten Kapitel der Nachkriegsgeschichte zu schreiben.“

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Widersprüchliche Signale der Ampel

Doppelte Staatsbürgerschaft hier, Rückführungsoffensive dort: Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP ist geprägt vom Willen zur gesellschaftlichen Erneuerung – und vom Rechtsruck der letzten Jahre. (iz). Stell dir vor […]

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Eine Bilanz des „Anti-Terror-Kriegs“

20 Jahre nach dem 11. September 2001 ist der Westen mit seinem „Anti-Terror-Krieg“ gescheitert, hat aber Millionen Menschen umgebracht und ganze Länder zerstört. BERLIN/WASHINGTON (GFP.com). Millionen Todesopfer, grassierende Armut, Dutzende […]

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Syrien: Geheimdienste foltern laut Amnesty International zurückgekehrte Flüchtlinge

Syrische Geheimdienste haben zurückgekehrte Flüchtlinge inhaftiert, gefoltert und verschwinden lassen – das dokumentiert ein neuer Bericht von Amnesty International. Die Menschenrechtsorganisation fordert die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, Menschen aus Syrien internationalen Schutz zu gewähren und keine Abschiebungen nach Syrien durchzuführen. Die europäischen Regierungen müssen zudem auf Länder wie die Türkei und den Libanon hinwirken, Menschen nicht nach Syrien abzuschieben.

Den Bericht finden Sie hier.

BERLIN (Amnesty International). Syrische Geheimdienste haben Syrer_innen, die nach ihrer Flucht in ihre Heimat zurückgekehrt sind, inhaftiert, gefoltert und verschwinden lassen, so Amnesty International in dem am Dienstag veröffentlichten Bericht „You’re going to your death“. Der Bericht dokumentiert schwerste Menschenrechtsverletzungen, die syrische Geheimdienstangehörige an 66 Zurückgekehrten, darunter 13 Kinder, begangen haben. Neben sexualisierter Gewalt und anderen Misshandlungen dokumentierte Amnesty International fünf Todesfälle; in weiteren 17 Fällen ist der Verbleib der Menschen bis heute nicht bekannt.

Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, sagt: „Amnesty International hat kontinuierlich in den vergangenen Jahrzehnten in Syrien systematische Folter, Verschwindenlassen und außergerichtliche Hinrichtungen dokumentieren müssen. Die militärischen Auseinandersetzungen mögen in zahlreichen Landesteilen nun nachgelassen haben – die systematischen Menschenrechtsverletzungen der syrischen Regierung, wie Misshandlungen, Folter und Mord, gehen aber weiter. Dieser jüngste Bericht belegt, dass syrische Behörden weiter schwerste Menschenrechtsverletzungen begehen.“

Syrien ist nicht sicher. Nirgends

Amnesty International kommt anhand der im Bericht dokumentierten Fälle zu dem Schluss, dass es für Rückkehrende nirgendwo in Syrien sicher ist. Das bedeutet, dass jede Rückführung nach Syrien zum jetzigen Zeitpunkt gegen das Non-Refoulement-Verbot verstößt.

Beeko sagt: „Die erschütternden Aussagen in unserem Bericht sind ein Beleg dafür, dass Syrien kein sicherer Ort für Rückkehrer_innen ist. Sie zeigen im Gegenteil: Die Geheimdienste haben es gezielt auf zurückgekehrte syrische Flüchtlinge abgesehen – sie sind in besonderer Gefahr.“

Vor dem Hintergrund der abnehmenden kämpferischen Auseinandersetzungen in Syrien wollen sich einige Aufnahmeländer ihrer Schutzpflicht für Menschen aus Syrien entziehen. In Deutschland wurde der Abschiebungsstopp nach Syrien bereits Ende 2020 nicht verlängert. In Dänemark sitzen Syrer_innen in Abschiebungshaft, nachdem ihr Schutzstatus widerrufen wurde. Im Libanon und in der Türkei, wo Flüchtlinge unter prekären Bedingungen leben und Diskriminierung ausgesetzt sind, üben die Regierungen zunehmend Druck auf Syrer_innen aus, damit sie zurückkehren.

Beeko sagt: „Es verstößt gegen das Völkerrecht, Menschen in ein Land abzuschieben, in dem sie Gefahr laufen, verschleppt und gefoltert zu werden. Genau das ist aber in Syrien der Fall. Alle Regierungen bleiben in der völkerrechtlichen Pflicht, geflüchteten Syrer_innen internationalen Schutz zu gewähren. Amnesty International fordert, jede Praxis einzustellen, die Menschen direkt oder indirekt zur Rückkehr nach Syrien zwingt. Die Bundesregierung sollte auf Länder wie die Türkei und den Libanon einwirken, damit Menschen aus Syrien weiter Zuflucht gewährt wird. Abschiebungen in die Hände staatlicher syrischer Folterer – ob aus der Türkei, dem Libanon oder aus Deutschland – sind verantwortungslos, völkerrechtlich verboten und menschlich widerwärtig.“

Hintergrund

Der Bericht dokumentiert schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen, die zwischen Mitte 2017 und Frühjahr 2021 unter anderem aus Deutschland, Frankreich, der Türkei, Jordanien und dem Libanon nach Syrien zurückgekehrt sind. Amnesty International führte 41 Interviews mit Syrer_innen, darunter Rückkehrende, deren Angehörige, Freund_innen und Anwält_innen sowie Mitarbeiter_innen von Hilfsorganisationen.

Amnesty International dokumentierte 24 Fälle, in denen Menschen aufgrund ihrer Flucht massiven Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt waren. In einigen Fällen wurden Rückkehrende allein deshalb verfolgt, weil sie sich in Landesteilen Syriens aufgehalten hatten, die von der Opposition kontrolliert worden waren.

Die Menschenrechtsorganisation dokumentierte 14 Fälle von sexualisierter Gewalt durch Sicherheitskräfte. In sieben Fällen handelte es sich dabei um Vergewaltigungen, betroffen waren fünf Frauen, ein Teenager und ein fünfjähriges Mädchen. Die Sicherheitskräfte verübten die Gewalt an Grenzübergängen oder bei Verhören in Hafteinrichtungen.

Insgesamt dokumentierte Amnesty International 59 Fälle von Männern, Frauen und Kindern, die nach ihrer Rückkehr in Syrien willkürlich festgenommen wurden. 33 Menschen wurden in Haft oder während eines Verhörs gefoltert oder anderweitig misshandelt. Die Menschenrechtsorganisation dokumentierte außerdem 27 Fälle von Verschwindenlassen. In fünf von diesen Fällen wurden die Familienangehörigen schließlich informiert, dass ihre Angehörigen in Haft gestorben waren. Der Verbleib von weiteren 17 Menschen ist nach wie vor unbekannt.

Hilfe per ­Smartphone

(KNA). Was brauche ich, um Asyl zu beantragen? Welche Rechte habe ich als Flüchtling? Wie begrüße ich jemanden auf Deutsch? All diese Fragen will die neue App „Ankommen“ beantworten.
Nach einer langen Flucht mit vielen Beschwerlichkeiten sind Flüchtlinge froh, wenn sie im sicheren Deutschland sind. Dort kommen jedoch neue Herausforderungen und mitunter Hindernisse auf sie zu: Asylverfahren, Gesetze, Vorschriften, teils unterschiedliche Wertvorstellungen und die deutsche Sprache.
Hilfe soll die neue App „Ankommen“ des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) leisten. Die Idee dazu stammt aus einem Treffen zwischen BAMF-Leiter Frank-Jürgen Weise und dem Intendanten des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Wilhelm, im Herbst 2015. Umgesetzt haben das Projekt das BAMF, die Bundesagentur für Arbeit, das Goethe-Institut und der Bayerische Rundfunk.
„Flüchtlinge haben viele Fragen, suchen Orientierung und brauchen Orientierung. Fast alle haben aber auch ein Smartphone“, erklärte der ehemalige Vorstand der Arbeitsagentur und Projektkoordinator der App, Heinrich Alt. Dies macht sich die Anwendung zunutze: Was bisher nur in Büchern und Broschüren zu finden gewesen sei, stehe jetzt für die Hosentasche und den Rucksack zur Verfügung, sagte Alt.
Der Abteilungsleiter der Softwareentwicklung beim Bayerischen Rundfunk, Mustafa Isik, hat mit seinem 80-köpfigen Team die App in nur sieben Wochen entwickelt. „Wir haben alle die Adventszeit nicht erlebt“, sagte er mit Blick auf die vergangenen Arbeitswochen.
Der Aufwand hat sich gelohnt, und die Entwickler haben an vieles gedacht: Die Smartphones der Flüchtlinge sind meist ältere Modelle, zudem verfügen sie nur selten über einen mobilen Internetvertrag. Darauf nimmt „Ankommen“ Rücksicht – die App läuft auf 98 Prozent aller Android-Smartphones. Mit einer Größe von nur 42 Megabyte kann sie in kurzer Zeit heruntergeladen und danach komplett offline genutzt werden. In wenigen Tagen soll sie auch für Apple-Smartphones zur Verfügung stehen.
Das BAMF und die Bundesagentur für Arbeit stellten für die App Informationen in der Kategorie „Asylverfahren, Ausbildung und Arbeit“ zu Verfügung. In dieser Rubrik werden Fragen wie „Wie registriere ich mich? Wo wohne ich? Welche Rechte habe ich?“ beantwortet. BAMF-Vizepräsident Michael Griesbeck sieht darin auch eine Entlastung für die Behörden: „Flüchtlinge können sich auf den Ablauf des Asylverfahrens einstellen, und unsere Mitarbeiter müssen nicht alles bei der ersten Begegnung erklären.“
Das Goethe-Institut hat sich um den in die App integrierten Sprachkurs gekümmert. „Die deutsche Sprache ist der Schlüssel für die Integration von Flüchtlingen“, erklärte der Generalsekretär des Goethe-Instituts, Johannes Ebert. Der Sprachkurs sei für Menschen ohne Deutsch-Vorkenntnisse geeignet und könne, wie die ganze App, auch ohne Internetzugang genutzt werden.
„So kann der Nutzer jederzeit, im Warteraum beim Arzt oder im Bus Deutsch lernen“, betonte Ebert. „Die App kann natürlich keinen richtigen Sprach- oder Integrationskurs ersetzen“, machte Ebert klar. Sie sei jedoch ein sehr guter Einstieg.
„Ankommen“ steht in den Sprachen Arabisch, Englisch, Farsi, Französisch und Deutsch zur Verfügung und kann so nicht nur Asylverfahren und Sprache näherbringen, sondern auch bei der Vermittlung von westlichen Werten helfen. Die Leiterin der Redaktion Wissen und Forschung im Bayerischen Rundfunk, Susanne Poelchau, wies darauf hin, dass es schwierig gewesen sei, diese Inhalte ohne „erhobenen Zeigefinger“ zu erklären.
Daher berichten bereits in Deutschland angekommene Flüchtlinge über das Leben hierzulande. Ferhad aus Syrien erklärt etwa mit einem alltäglichen Beispiel die Gleichberechtigung von Mann und Frau: Er sei im Landratsamt gewesen und seine Frau habe unterschreiben sollen. „Danach war ich fertig“, berichtet er. „Das hatten wir nicht in Syrien, da unterschreibt immer der Mann.“
Um zu testen, ob die App den Wünschen der Flüchtlinge gerecht wird, wurden während der Entwicklung Teams in Flüchtlingsunterkünfte geschickt. „Dabei haben wir zu unserer Überraschung erfahren, dass die Flüchtlinge ein großes Interesse an Religionsfreiheit und dem Grundgesetz haben“, erklärte Poelchau. Die App solle helfen, diese komplexen Dinge einfach zu erklären.