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Hunger auf Rohstoffe. China weitet Beziehungen zu Taliban aus

China

China ist eines der wenigen Länder, das seine Beziehungen zur Talibanregierung in Afghanist an ausbauen will. Es hofft, die riesigen natürlichen Ressourcen besser nutzen zu können und gleichzeitig seine eigene […]

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Hinter Indiens G20-Vorsitz gedeiht der Hindu-Nationalismus

Indien Modi Hindu-Nationalismus

Indien bleibt ein Land der Extreme: ein Global Player mit Milliardenbevölkerung, aber auch riesiger Armut und einer zerrissenen Gesellschaft. Premierminister Narendra Modi ist populär, doch er spaltet. Neu Delhi (KNA). […]

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Irans Regierungschef will sich stärker an China binden

china

Seit Monaten steht die islamische Führung im Iran unter politischem Druck. Auch die Beziehungen zum Westen leiden angesichts des gewaltsamen Vorgehens gegen die Proteste. In China wirbt der Iran nun um eine Vertiefung der Partnerschaft.

Peking/Teheran (dpa). Irans Präsident Ebrahim Raisi ist erstmals seit seinem Amtsantritt zu Gesprächen nach China gereist. Teheran will angesichts der jüngsten Verwerfungen mit dem Westen seine Beziehungen zur Volksrepublik ausbauen. Dafür seien am Montag 20 Absichtserklärungen unter anderem in den Bereichen Handel, Landwirtschaft oder Umwelt unterzeichnet worden, berichtete die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA zu Beginn der dreitätigen Visite von Raisi. Raisi wird von Außenminister Hussein Amirabdollahian begleitet.

Als bedeutender Abnehmer iranischen Öls ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wirtschaftlich ein wichtiger Partner für Teheran. Beide Länder haben im vergangenen Jahr ein Kooperationsabkommen über 25 Jahre geschlossen. Zur gleichen Zeit baut Irans Präsident auch die Beziehungen zu Russland aus, dem China im Ukraine-Krieg politisch Rückendeckung gibt. China ist laut iranischen Staatsmedien der größte Wirtschaftspartner des Irans mit einem Handelsvolumen von umgerechnet mehr als 25 Milliarden Euro.

Führung steht unter Druck

Die politische Führung im Iran steht seit Ausbruch von Protesten gegen das Regierungssystem im September in der Heimat stark unter Druck. Wegen des gewaltsamen Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten und Waffenlieferungen für Russland haben die EU und die USA neue, scharfe Sanktionen gegen Teheran verhängt. Angesichts der Sanktionen hat der Iran immer wieder betont, die Beziehungen zum Osten in Form einer „Widerstandsökonomie“ auszubauen.

In einem Gastbeitrag im Parteiorgan „Volkszeitung“ schrieb Raisi, dass China und der Iran eine lange Geschichte der Kooperation als umfassende strategische Partner hätten. Beide Länder stemmten sich in der heutigen internationalen Lage gegen „Hegemonie und Unilateralismus“, schrieb Irans Präsident, womit in China meist die Politik der USA gemeint wird.

Teil der Seidenstraße

Der Iran wolle seine Kooperation mit China in der Industrie, in Technologie und Wissenschaft ausbauen, schrieb Raisi. Er lobte Chinas Entwicklung und dessen „Beitrag für die Welt“. Die chinesische Initiative der „Neuen Seidenstraße“, die Milliardeninvestitionen in Infrastrukturvorhaben in anderen Ländern vorsieht, verbinde das Schicksal beider Völker, meinte Irans Präsident. Die Absichtserklärungen umfassen Kooperationen in verschiedenen Bereichen, unter anderem auch im Bereich Kommunikation. Laut einem Bericht des Senders NBC haben chinesische Firmen in der Vergangenheit auch Überwachungstechnik an den Iran verkauft.

Die Ost-Strategie stößt in Teheran auch auf Kritik. Selbst Systemanhänger bemängeln, die Ausrichtung widerspreche dem Grundsatz der Islamischen Republik, sich weder vom Osten, noch vom Westen abhängig zu machen.

Nach dem freien Fall der Währung sehnen sich viele Iranerinnen und Iraner nach einer Rückkehr zum Wiener Atomabkommen von 2015, das die Aufhebung von internationalen Sanktionen in Aussicht stellt. Die Verhandlungen zur Wiederbelebung des Deals, an dem auch Deutschland beteiligt ist, liegen seit Monaten auf Eis.

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Xi Jinping in Saudi-Arabien: China will Beginn einer „neuen Ära“

Saudi-Arabiens Kronprinz und Chinas Staatschef Xi Jinping demonstrieren bei einem Treffen ihre wachsende Partnerschaft. Damit will Riad auch eine Botschaft an den Westen senden – den das Königreich trotz neuer Freunde weiter braucht.

Riad (dpa). Die Beziehungen zu westlichen Partnern sind getrübt, nun knüpft Saudi-Arabien engere Bande zu China: Kronprinz Mohammed bin Salman empfing den Staatschef der Volksrepublik am Donnerstag in seinem Palast mit allen Ehren. Der faktische Herrscher des Golfstaats und Xi Jinping sprachen dabei über den Ausbau ihrer Zusammenarbeit und weitere gegenseitige Investitionen, wie die staatliche Nachrichtenagentur SPA meldete. Unterschrieben wurde ein Abkommen über eine „strategische Partnerschaft“. Damit sendet Saudi-Arabien auch eine Botschaft an den Westen, auf den Riad nicht angewiesen sein will.

Vor fünf Monaten war US-Präsident Joe Biden in das Königreich gereist, um für eine Ausweitung der Ölförderung zu werben. Die Opec-Länder unter Führung Saudi-Arabiens drosselten stattdessen die Produktion. Saudi-Arabien ist traditionell ein enger Verbündeter der USA. Neben dem Streit ums Öl hatte Biden auch immer wieder die Menschenrechtsverstöße im Königreich scharf kritisiert. US-Geheimdienste beschuldigen Mohammed bin Salman, die Tötung des regierungskritischen Journalisten Khashoggis im saudischen Konsulat in Istanbul 2018 genehmigt zu haben.

Der Besuch im Sommer konnte das zerrüttete Verhältnis zu Riad nicht vollständig kitten. Biden bekräftigte dabei aber den Führungsanspruch der USA in der Region: Die USA würden „kein Vakuum hinterlassen, das von China, Russland oder dem Iran ausgefüllt wird“.

Genau das hat Peking aber offenbar vor. Er wolle „eine neue Ära für die Beziehungen zwischen China und der arabischen Welt“ einleiten, schrieb Xi Jinping in einem anlässlich seines Besuchs in Saudi-Arabien veröffentlichen Zeitungsartikel. Die Länder der Region seien dank ihrer Bodenschätze, Industrien und Bauleistungen „Länder mit enormem Potenzial.“

Die einst eher schwach ausgeprägten Beziehungen zwischen Riad und Peking haben sich bereits in den vergangenen Jahren vertieft. Für Saudi-Arabien ist China heute ein wichtiger Handelspartner, der sich – anders als der Westen – aus den inneren Angelegenheiten des Landes heraushält. Peking wiederum ist stark abhängig vom saudischen Öl und zahlt dafür jährlich mehrere zehn Milliarden Dollar an Riad.

Während des Besuchs wollte Xi auch am ersten Gipfeltreffen zwischen China und den arabischen Staaten teilnehmen. Dafür reisten auch Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi und andere hochrangige Politiker der Region an. Auch ein Treffen mit König Salman stand für Chinas Staatschef auf dem Programm.

Saudi-Arabiens Thronfolger will das Land modernisieren und die Wirtschaft unabhängiger vom Öl machen. Das Land plant dabei auch den Bau einer Megastadt am Roten Meer. Für das Projekt will die saudische Führung auch chinesische Investoren anlocken. Im Rahmen der Reise unterzeichneten Unternehmen beider Länder Abkommen in Milliardenhöhe.

Kein Thema während Xis Besuchs im sunnitischen Königreich war indes die Verfolgung der muslimischen Minderheit der Uiguren in China, von denen Hunderttausende laut Menschenrechtlern in Umerziehungslager gesteckt worden sein sollen.

Trotz aller Harmonie zwischen beiden Staaten – Saudi-Arabien braucht die USA und ihre Sicherheitsgarantien in der Region gegen den gemeinsamen Erzfeind Iran weiterhin. China kann hierbei keine Alternative bieten.

Kommentar: Muslime zwischen alten und neuen Großreichen

Siedlergewalt Nahost

Völker mit einstigen Reichen vergessen selten ihre Geschichte oder ihre traditionellen Feinde. Russlands Präsident Putin hat das erst wieder mit Wortmeldungen zur Ukraine und NATO deutlich gemacht. Nachdem die Sowjetunion mit US-Hilfe in die Geschichtsbücher verschwand, wandte sie ihre Aufmerksamkeit Bewegungen der muslimischen Welt zu. Unter dem Schleier des „Kriegs gegen den Terror“ verbrachten die USA die letzten 20 Jahre damit, den Aufstieg des neuen Feindes zu stemmen, der die rote Gefahr ablöste. Von Jahangir Mohammed

(Ayaan Institute). Amerika versank im Irak, in Afghanistan, in Afrika und im Arabischen Frühling. In der Zwischenzeit stieg China auf und wurde zu einem ökonomischen Kraftzentrum. Obwohl die USA anderswo erfolgreich waren, scheiterte es mit seiner Strategie in Afghanistan und gegen den Iran (ein weiteres Land, dass alten Glanz zurück will). Der hastige Rückzug vom Hindukusch im letzten Jahr (um sich auf China zu fokussieren) hat das Image als Supermacht schwer beschädigt. Inmitten eines weiteren Propagandakriegs gegen Peking verpassten sie den Aufstieg eines neuen russischen Reiches. Die USA sind verwundet, angeschlagen und stehen vor eigenen Abgründen, während ihre wichtigsten Rivalen aufsteigen und von Großreichen träumen.

Präsident Xi Jinping hat seit seinem Amtsantritt 2012 den verfallenden chinesischen Kommunismus umgestaltet und ihn durch einen Sozialismus mit „chinesischen Merkmalen“ ersetzt. Er inspiriert die Hanchinesen mit Reden über ihre große frühere Zivilisationen und erinnert an vergangene Demütigungen durch die Europäer und Japaner. Jetzt will er das gesamte Volk in einem neuen Reich vereinen und vor allem Taiwan zurückerobern.

In der Zwischenzeit haben Präsident Putin und Russland einen Aufschwung erlebt und sich mit der drohenden Unabhängigkeit des Kaukasus, Georgiens und der Krim befasst. Er hat sein Land im Nahen Osten in Syrien und im Irak fest verankert, und unterstützt ein anderes Volk, das mit der Schaffung von Großserbien an vergangenen Glanz anknüpfen will. Bosniens Serben haben das übernommen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es verwirklicht wird und die bosnischen Muslime Gefahr laufen, zu einer historischen Erinnerung zu werden. Auch China steht hinter Serbien. Moskauer Tentakel haben sich in Afrika in Libyen und Mali ausgebreitet, wo die Franzosen kürzlich russischen Söldnern weichen mussten.

Im 21. Jahrhundert erleben wir erneut den Aufstieg großer Machtblöcke. Jenseits von Russland und China hat die Europäische Union einen Block geschaffen, der sich nach Osten ausdehnt. Bisher ist es ein christlicher, der das muslimische NATO-Mitglied Türkei nicht haben will.

In Indien ist die Maske einer säkularen Demokratie gefallen. Und wir können jetzt eine regierende BJP erleben, die eine große Hindu-Kultur der Vergangenheit und ihr früheres Reich wiederbeleben möchte. Dieser Drang ist schon alt, aber wir ließen uns von Schlagworten wie „Säkularismus“ und „Demokratie“ täuschen.

Und wo sind die Muslime in all dem? Nirgendwo. Die Wahrheit ist: Ist man in der gegenwärtigen Welt kein Teil eines Machtblocks oder hat keinen eigenen, wird man vom Anderen unterworfen. Heute stehen einige ihrer Länder vor Krieg, Sanktionen oder ökonomischem Elend. In Europa werden sie diskriminiert. Und in China, Russland und Indien werden großen Gemeinschaften ohne wirkliche Widerstandsmöglichkeiten verfolgt. Indien hat mit 200 Millionen Menschen die größte muslimische Minderheit der Welt, die am Rande des Völkermords steht und scheinbar machtlos ist, das Unvermeidliche zu verhindern. Dies ist die größte sich abzeichnende Katastrophe, der sich die Ummah gegenübersieht, und wir sind uns ihrer nicht bewusst.

Während Allah der eigentliche Beschützer ist, spielt politische Macht in der Welt eine Rolle. Ob als Minderheit oder Mehrheit müssen Muslime sich so organisieren, diese projizieren zu können. Geschichte zählt und wir sollten von ihr lernen. Keine dieser aufsteigenden Mächte hat eine Geschichte der Toleranz gegenüber Islam und Muslimen. Wir sollten wissen, was bei ihnen zu erwarten ist.

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Warnschüsse in Zeiten der Krise

Krieg Dilemma Ukraine

Der folgende Hintergrundtext wurde in seiner ursprünglichen Form als Vortrag auf einer Solidaritätskonferenz für die Krimtataren im Mai 2014 in Berlin gehalten. Wir haben diejenigen Elemente zusammengefasst und übersetzt, die […]

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Russlands Angriffskrieg – Wo die Länder des Nahen Ostens stehen

Beim ersten Treffen der arabischen Staats- und Regierungschefs seit langem hätte Algerien gerne Syrien wieder begrüßt. Doch der Wunsch der russischen Schutzmacht stieß auf Widerstand. Wie blicken die arabischen Staaten derzeit auf Moskau? Von Cindy Riechau

Algier (dpa). Die arabische Welt hält sich bislang mit Kritik an Russland und dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine zurück. Doch ein Streit innerhalb der Arabischen Liga, die am Dienstag und Mittwoch erstmals seit dreieinhalb Jahren wieder zu einem Gipfel zusammenkam, offenbart, dass die Einstellung zu Russland nicht zwangsläufig bei allen Mitgliedern so neutral ist. Gastgeber Algerien hatte im Vorfeld des Treffens der arabischen Staats- und Regierungschefs gefordert, Moskaus Verbündeten Syrien wieder in deren Reihen aufzunehmen. Doch die Initiative scheiterte am Widerstand einiger Länder.

„Das ist ein Schlag gegen die diplomatische Strategie Russlands, das beträchtliche Ressourcen investiert hat, um zu beweisen, dass es ein zuverlässiger Partner für die arabischen Länder ist“, schreibt der französische Geopolitiker Pierre Boussel in einem Artikel der US-Denkfabrik Carnegie. Der Krieg in der Ukraine habe „gezeigt, dass Moskau nicht der Verbündete ist, für den es sich ausgibt.“

Die Arabische Liga hatte Syriens Mitgliedschaft vor elf Jahren wegen seines brutalen Bürgerkriegs ausgesetzt. Die Wiederaufnahme war ein ausdrücklicher Wunsch von Syriens Schutzmacht Russland. Katar, Ägypten und Saudi-Arabiens waren dagegen. Riad begründete sein Veto damit, dass ein von der Liga erarbeiteter Plan zur Beendigung des Kriegs in Syrien nicht umgesetzt worden sei. Dass Kronprinz Mohammed bin Salman dem Gipfel in Algier fernblieb, deuteten einige Beobachter jedoch als Drücken vor der Auseinandersetzung mit den wahren Gründen. Offiziellen Angaben zufolge rieten Ärzte dem faktischen Herrscher des Golfstaats von der Teilnahme ab.

Riads Einstellung zu Russland ist indes schwer durchschaubar. Das Königreich stimmte etwa einer Förderkürzung für Öl zu. Die USA werteten den Schritt als Unterstützung des russischen Angriffskriegs, da Saudi-Arabien und Russland als die führenden Kräfte im Ölverbund Opec+ gelten. Riad beteuerte, die Gründe für den Beschluss seien „rein wirtschaftlich“. Vor zwei Wochen sicherte der Golfstaat der Ukraine dann humanitäre Hilfe in Millionenhöhe zu. Bei einer UN-Vollversammlung stimmte das Königreich – wie übrigens fast alle anderen arabischen Länder auch – für eine Resolution, die die völkerrechtswidrigen Annexionen Russlands in der Ukraine verurteilt.

Einzig Syriens Regierung, die dank Moskaus Hilfe im Bürgerkrieg wieder rund zwei Drittel des Landes beherrscht, stimmte dagegen.

Der Islam-Experte Boussels sieht die Beziehungen zwischen Moskau und dem Nahen Osten vor allem auch wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs belastet. Die Ukraine ist etwa für viele arabische Länder der wichtigste Lieferant für Getreide. „Diese Volkswirtschaften waren noch nie so geschwächt“, sagte er der dpa. Nach Angaben des IWF sind in der Region mehr als 140 Millionen Menschen von Ernährungsunsicherheit bedroht. Das Thema steht ebenfalls auf der Agenda des Gipfels.

Dass sich die USA mehr und mehr aus der Region zurückziehen, bestärkt viele arabische Länder aber in ihrer Zurückhaltung. Sie wollen Konflikte mit anderen Großmächten und damit weitere wirtschaftliche Verwerfungen vermeiden. Für die arabischen Bevölkerungen sind zudem die Kriege im Jemen, Syrien und Libyen viel näher dran.

Russlands Einsatz iranischer Kampfdrohnen in der Ukraine dürfte aber vor allem die Golfstaaten beunruhigen, die im Iran eine existenzielle Bedrohung sehen. Die USA fürchten derzeit zudem iranische Angriffe auf Saudi-Arabiens Territorium. Die wachsende militärische Zusammenarbeit zwischen Moskau und Teheran könnte die Golfmonarchie deshalb womöglich bald zu einer klareren Haltung zwingen.

Moskau schickte zum Auftakt des Gipfels indes warme Worte an die 22 Mitgliedstaaten: Die Zusammenarbeit zwischen Russland und ihnen leiste einen Beitrag zum Frieden in der Welt.

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Fasten in Kriegszeiten

(iz). Angesichts der Verwüstungen von Kriegen und dem ökologischen Zustand der Erde ist der Mensch in seiner spirituellen Veranlagung herausgefordert. Friedrich Nietzsche warnte seine Leser vor einer wachsenden Wüste, die […]

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„Die Taliban haben sich monatelang auf diesen Augenblick vorbereitet“

(iz). Die rasante Übernahme Afghanistans durch die Taliban – halb Durchmarsch, halb Selbstaufgabe der bisherigen Regierung – hat Politiker, Militärs und Analysten in aller Welt geschockt. Längst ist von einem Scheitern „des Westens“ die Rede.

Hierzu sprachen wir mit dem geopolitischen Analysten D. Hurrell. Hurrell lebt in Südafrika und arbeitet derzeit als politischer Analyst und Dozent. Mit ihm sprachen wir über die enorme Geschwindigkeit des Taliban-Vormarsches, über das Zeitalter der Interventionen und darüber, wer nun in der Region profitieren könnte.

Islamische Zeitung: Am 15. August nahmen die Taliban nach einer enorm schnellen Kampagne, in der viele Provinzen und Städte beinahe kampflos an sie fielen, die Hauptstadt Kabul ein. Hat Sie der Verlauf der Ereignisse überrascht?

D. Hurrell: Ich denke, jeder war von der Geschwindigkeit überrascht, mit der Afghanistan überrollt wurde. Die meisten städtischen Räume des Landes wurden in einem Zeitraum von neun Tagen erobert. Das wird uns als ein Scheitern der Geheimdienste präsentiert. Die Wirklichkeit ist, dass internationale Kräfte und ihre afghanischen Verbündeten in zwanzig Jahren Kriegsführung nicht in der Lage waren, sie zu vertreiben.

Es gab keinen Zweifel darüber, dass die Gruppe Gebietsgewinne machen würden, sobald der US-Abzug begann und die Moral der afghanischen Armee (ANA) fiel. Ein frühes Anzeichen war ihre Weigerung, die Verpflichtung zur „Reduktion von Gewalt“ umzusetzen, die 2020 Teil des Vertrages mit den USA war. Viele glauben, dass die mit den USA verbündeten Warlords und Milizen gemeinsam mit Regierungskräften in der Lage gewesen wären, größere Städte wie Kandahar und Herat zu halten und zu verteidigen, sodass die Kämpfe auf das Hinterland beschränkt blieben.

Das war jedoch nicht der Fall. Afghanische Sicherheitskräfte kapitulierten im Angesicht des Vormarsches. Wir konnten zwischen Mai und Juli signifikante Geländegewinne in ländlichen Gebieten beobachten. Sie kopierten dabei ISIS/Daesh (vielleicht auch Dschingis Khan). Sie nutzten beispielsweise soziale Medien, auf denen sie Beispiele davon verbreiteten, was jenen widerfahren wird, die sich ihnen widersetzen. Ich beziehe mich dabei auf die häufig verbreitete Hinrichtung von Angehörigen der afghanischen Spezialkräfte (ANSF), wie sie sich in Malestan und Spin Boldak ergeben haben.

Zusätzlich sah die Doha-Vereinbarung eine Garantie vor, dass US-Luftangriffe außer von „Kampfgebieten“ zu enden hätten. Das führte dazu, dass die Taliban mit größerer Bewegungsfreiheit in vielen Gebieten agieren konnten. Was nicht nur ihre logistischen und materiellen Netzwerke stärkte, sondern auch politisch den Boden für eine Umgebung nach den USA bereitete.

Islamische Zeitung: War die de facto Übernahme Afghanistans durch die Taliban die Folge des US-Abzugs, der ohne sonderliche Bedingungen durchgezogen wurde?

D. Hurrell: Die Taliban haben sich monatelang auf diesen Augenblick vorbereitet. Es scheint, sie selbst seien von der Geschwindigkeit ihrer Offensive überrascht gewesen. Aber wir wissen, dass sie den Grundstein dafür gelegt haben. Über Monate gab es Drohungen und heimliche Verhandlungen zwischen den Taliban und lokalen Brigadekommandeuren, Warlords und Gouverneuren, die in die massenhaften Kapitulationen von Regierungstruppen der letzten Woche mündeten.

Natürlich gab es in einigen Provinzen heftige Gefechte zwischen afghanischen Einheiten und den Taliban wie in Helmand, Kandahar und Herat. Aber ihnen folgten die Aufgabe oder ein ausgehandelter Rückzug der Sicherheitskräfte. Die Taliban ließen es jeden wissen, dass sie entweder bei einer Kapitulation Amnestie gewähren würden oder man die Konsequenzen auf sich nehmen müsse. Ihre Offensive wurde von einer effektiven Kampagne in den sozialen Medien begleitet, die jeden Widerstand einschüchterte.

Es scheint, dass selbst die afghanischen Streitkräfte es versäumt haben, sich strategisch so zu positionieren, dass sie Kerngebiete auf Kosten von Gebieten verteidigen, die nicht zu halten waren. Die Unterstützung und Sicherheitskoordinierung zwischen Kabul und den Provinzen war offenbar sehr gering. Es gab keine defensive Führung. Das war eine Reflexion des hochkorrupten Klientelsystems, wie es sich in den letzten beiden Jahrzehnten entwickelte. Auch hatten sich afghanische Einheiten seit einem Jahrzehnt stark auf die USA, das alliierte Militär, Luftunterstützung und operationale Doktrin verlassen. Das bedeutete, dass die Armee ohne diese Unterstützung unorganisiert war und moralisch zusammenbrach.

Ein beitragender Faktor war die vollkommene Korruption und Funktionsstörung des afghanischen Militärs. Kommandeure und Offiziere stahlen das Geld und bezahlten ihre Soldaten nicht. Das führte zu Desertionen und zum Verkauf von Waffen auf dem Schwarzmarkt – an die Taliban.

Islamische Zeitung: Die Afghanistankampagne von NATO, USA und anderen Kräften leitete nach Ansicht einiger Beobachter den Kreislauf im Rahmen des sogenannten Krieges gegen den Terror ein. Markieren für Sie die jüngsten Entwicklungen das Ende einer Ära?

D. Hurrell: Nun gut. Der globale Krieg gegen den Terror hatte zwei widersprüchliche strategische Eigenschaften. Einerseits großflächige militärische Einsätze (Irak und Afghanistan) und geheime Jagden auf Geister in aller Welt (Al-Qaida). Die Kriege in Irak und Afghanistan waren natürlich daheim unbeliebt, teuer und ohne klar erzielbare Ziele im Hinterkopf. Wenn wir die Nationale Sicherheitsstrategie von 2002 betrachten, dann sprach sie von Terroristen, Massenvernichtungswaffen sowie den Abschied der Vereinigten Staaten von alten Mustern der Großmächtekonkurrenz.

Interessanterweise richtete die Strategie von 2017 ihren Fokus zurück zu einem „Wettbewerb der Großmächte“. Es scheint also, dass der amorphe nichtstaatliche Feind nach dem 11. September 2001 einer Konzentration auf die konventionelleren Herausforderungen gewichen ist. Dazu zählen die Ukraine-Krise, Chinas ständig wachsende militärische Expansion sowie die iranische Penetration verschiedener militärischer Arenen. Die Ära nach 9/11 mag niemals enden, aber der Sicherheitsfokus der USA und ihrer Verbündeten passen sich neuen Umständen an. Der Wettbewerb von Großmächten wird voraussichtlich erneute umfangreiche Militäreinsätze notwendig machen. Aber diese Konfliktzonen werden nicht mehr im Mittleren Osten liegen, sondern in Ostasien. Daher wird Biden sich auch auf eine Wiederherstellung der transatlantischen Beziehungen durch die NATO fokussieren.

Trotzdem besteht der Hunger auf Anti-Terror-Operationen fort wie fortgeführte Einsätze bestimmter westlicher Mächte im Sahel gegen militante Gruppen. Interessanterweise warnt ein aktueller Bulletin von Anti-Terrorismus in USA vor einer erhöhten Bedrohung durch einheimische Terroristen. Fallen die bösen Taten auf den Übeltäter zurück?

Islamische Zeitung: Es heißt manchmal, dass die Natur kein Vakuum erträgt. Was wären Ihrer Meinung die nächsten Schritte in Afghanistan? Kehren die Taliban zu ihrer Politik – wenn es so etwas gibt – aus den 1990er Jahren zurück?

D. Hurrell: Die Taliban erklären, dass ihre Ziele vergleichbar zu denen in den 1990ern seien: die Eroberung Kabuls und die Wiederherstellung des Islamischen Emirats Afghanistan. Die Gruppe erhöht ihre Mullahs zu politischen Führern und ultrakonservative Tendenzen bestehen fort. Ich kann mir vorstellen, dass sie die Praktiken der früheren Hochburgen wiederholen werden wie die Verweigerung der Schulbildung für Frauen und Mädchen sowie andere Vorgehensweisen. Jedoch sind die heutigen Kämpfer eine Generation nach der ursprünglichen Gruppe. Hinweise deuten an, dass die konservativen und traditionellen Tendenzen natürlich – und vielleicht geschwächt – durch zwei Jahrzehnte der Begegnung mit Ideen von außen beeinflusst wurden – inklusive durch andere Afghanen. Reporter in den von den Taliban kontrollierten Gebieten sprechen von „Widersprüchen“: Während sie vor zwanzig Jahren noch Fernsehgeräte an Masten aufhingen, sehen sie jetzt offenbar gerne indische und türkische Seifenopern im Satellitenfernsehen.

Der Taliban-Sprecher Suhail Shaheen sagte, die Gruppierung befürworte eine „offene, inklusive islamische Government“. Es ist nicht vollkommen klar, ob dazu auch Elemente der früheren Regierung gehören sollen. Aber das mag ein Versuch sein, eine internationale Anerkennung zu fördern. Er meinte auch, angesichts ihrer Beliebtheit sei „Legitimität und Anerkennung unser Recht“. Die Taliban bauten ihre Unterstützung im Laufe des Jahrzehnts auf und hielten sie aufrecht, indem sie die Korruption der afghanischen Regierung, einschließlich ihres Versagens bei der Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen, zusammen mit dem Narrativ des Dschihad gegen die ausländischen Eindringlinge betonten. Dieses war Teil des Leims, der sie zusammenhielt.

Vermutlich werden sie sich um Zugang zu gewissen ausländischen Finanzmitteln bemühen, wenn wir in Betracht ziehen, dass die Staatsausgaben bei weitem die Kosten der Finanzierung einer Miliz durch Opiumgewinne überwiegen. Woher wird das Geld zur Aufrechterhaltung von Strom und Bewahrung der Infrastruktur kommen? Das Fundament ihrer Legitimität wird sich vom Kämpfen im Krieg hin zu effektiver Regierung verschieben müssen. Aus diesem Grund glaube ich, wird es keine Rückkehr zur Politik der 1990er geben, sondern einen intelligenteren Ansatz zur Förderung regionaler und später internationaler Anerkennung.

Selbstverständlich gibt es Unterschiede innerhalb der Organisation. Diese hängen davon ab, welche Fraktion gerade dominiert. Darüber hinaus könnten Versuche zur Erzwingung einer abstoßenden Form von Scharia Aufstände in größeren Städten provozieren, insbesondere in Kabul. Mindestens aber könnte die Zahl von Dissidenten anwachsen, die wegen der Ablehnung ihrer Doktrin die Gruppe sabotieren werden. Gerade eben sahen wir eine kleine Demonstration von Kabuler Frauen, die den Schutz ihrer Rechte forderten. Das ist natürlich eine optimistische Sichtweise. Es kann genauso eine Rückkehr zu den dunklen Tagen der 1990er geben.

Die andere Frage ist, was jetzt mit den Taliban-Gruppen geschieht. Nach zwei Jahrzehnten Korpsgeist und Zusammenhalt, die auf der Grundlage des Widerstands gegen einen ausländischen und sehr spezifischen inländischen Feind beruhten, muss man davon ausgehen, dass die Bindung schwindet, welche die Gruppe zusammenhielt. Das gilt insbesondere, sollten regionale, stammesbedingte und politische Differenzen an Einfluss gewinnen. Ich denke, wir sollten auch in Betracht ziehen, dass es notwendigerweise zu Machtkämpfen kommen wird, wenn die Taliban mit der Regierungsbildung beginnen, um regionaler und später internationale Anerkennung zu erlangen. Sollten sich die mächtigsten politischen Fraktionen daran beteiligen, könnte das zu Machtkämpfen führen.

Islamische Zeitung: Die Blitzoffensive der Taliban wurde als eine Niederlage „des Westens“ beschrieben. Werden China, Russland, Iran und Indien von der neuen Herrschaft in Afghanistan profitieren?

D. Hurrell: Ich denke, es ist vielsagend, dass die Taliban laut Berichten seit dem 16. August die russische und chinesische Botschaft in Kabul bewachen. Diese Vertretungen wurden nicht evakuiert und arbeiten weiter – genauso die des Irans. Diese Länder haben sehr pragmatische Ansätze im Umgang mit dieser militanten Organisation an den Tag gelegt – und tun es weiterhin. Es gibt Berichte, wonach Russland schon vor Jahren seine Fühler in Richtung Taliban ausgestreckt hat. Angeblich soll Moskau Kopfprämien für die Tötung amerikanischer Soldaten gezahlt haben.

Alle Regionalmächte wussten, dass die Amerikaner eines Tages gehen und die Taliban, oder ihre Nachfolger, bleiben würden. Diese ausländischen Akteure werden sich mit den Taliban austauschen, um den Bestand ihrer Interessen zu sichern – insbesondere bei Fragen der Grenzsicherheit. China und Russland scheinen diesbezüglich Signale an die Taliban zu senden. Kürzlich organisierten beide Staaten Militärübungen in Nordwestchina, während Russland am 10. August ebenfalls Übungen mit Truppen aus Tadschikistan und Usbekistan nahe der afghanischen Grenze abhielt. Beide betrachten Afghanistan als ein sehr instabiles Land. Von beiden hört man Besorgnis über die Unsicherheit, die von Afghanistan ausgeht und in ihre Gebiete eindringt, weshalb eine präventive Diplomatie mit der Gruppe als notwendig erscheint.

Zuvor versuchte Peking, Afghanistan über den Bau der Autobahn Peschawar-Kabul zum Teil seines Projekts einer „Neuen Seidenstraße“ (BRI) zu machen. Das würde Afghanistan in das Netzwerk von Autobahnen, Eisenbahnstrecken und Energiepipelines zwischen Pakistan und China einbringen. China wird wahrscheinlich Verhandlungen mit Taliban fortführen. Diese haben angedeutet, chinesische Investitionen wären willkommen und würden beschützt. Russland hat nur geringe ökonomische Interessen im Land. Währenddessen versucht der Iran, sein „Einflussgebiet“ in Afghanistan auszubauen; inklusive unter Afghanen in der Gemeinschaft der schiitischen Hazara.

Für die meisten regionalen Staaten dürfte die nahe Zukunft eine Periode des Krisenmanagements sein und Fallout eines Regierungszusammenbruchs beinhalten. Auch die Frage von Flüchtlingsströmen wird auftreten. Eine andere Sorge ist die wachsende Präsenz des IS/Daesh im Norden. Nachbarstaaten dürften sich mit den Taliban absprechen, um diese Bedrohung zu neutralisieren.

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Taliban an der Macht verstärken uigurische Befürchtungen

China

(iz). Gerade eben verkündeten die siegreichen Taliban nach dem Abzug des letzten US-amerikanischen Soldaten, Afghanistan sei nun wieder eine „souveräne Nation“. Ihre Übernahme des Landes hat nicht nur zu Fragen geführt, wie die Gruppierung ihre Macht im Inland nutzen wird. Trotz verschiedener Signale an das Umfeld bleibt es offen, wie seine direkten und indirekten Nachbarn auf den jetzigen Sieg reagieren  oder wie die Machthaber in Kabul verfahren werden.

Das erste Mal seit 2001 steht die Hauptstadt unter ihrer Kontrolle. Momentan sind die verschiedenen Kommandoebenen – in Doha, Pakistan sowie Kommandeure im Land – im Prozess einer Regierungsbildung. Jenseits von Ankündigungen in Pressekonferenzen und -gesprächen.

Bisher richtet sich der weltweite Fokus vorrangig – und verständlich – auf die Perspektive von Afghanen in Hinblick auf die neuen Herren in Kabul. Immerhin sind sie direkt von ihrer Politik und ihrem konkreten Verhalten als erste und am stärksten betroffen. Von der deutschen Öffentlichkeit unbeachtet sehen Exiluiguren eine angedeutete Annäherung zwischen Kabul und Peking mit Sorge.

In einem Fachreader der International Crisis Group (ICG) vom 26. August zu Reaktionen und Optionen von Nachbarländern beschäftigt sich die China-Expertin Amanda Hsiao mit einem zukünftigen Verhältnis Pekings zu den Taliban.

Nach Ansicht verschiedener Beobachter und Medien liegen seine Interessen in drei Bereichen: afghanische Rohstoffe, seine Integration in die Road-and-Belt-Initiative (Projekt Neue Seidenstraße) sowie Sorgen um die regionale und innere Sicherheit Chinas. Hsiao betont in ihrem Text vor allem die chinesische Angst vor einem Übergreifen der Unsicherheit – sowohl auf das eigene Gebiet als auch Drohungen gegenüber eigenen Bürgern und Projekten in Pakistan. China setze „vor allem durch diplomatischen und ökonomischen Austausch“ auf die Förderung von Stabilität in Afghanistan.

Darüber hinaus hinterlasse der westliche Rückzug vom Hindukusch ein Vakuum. Das gäbe China mehr Freiraum in Zentralasien. Für Peking könne sich das als zweischneidiges Schwert erweisen. Die Abwesenheit der USA in Afghanistan mache regional Platz. Allerdings stünden Washington nun neue Ressourcen im indopazifischen Raum zur Verfügung, um dort Druck auf China ausüben zu können.

Für Uiguren, insbesondere Exilanten in Zentralasien, ist relevanter, dass Peking  auch in Afghanistan unter dem Deckmantel eines „Kampfes gegen den Terror“ Druck auf die verfolgte Minderheit ausüben werde. Nach Ansichten von Hsiao hätten die Taliban hier beschwichtigende Signale bezüglich der kleinen Extremistenbewegung ETIM (die auf einige hundert Uiguren geschätzt wird) in Afghanistan gesendet.

„Peking wird die Taliban-Regierung anerkennen wollen, wahrscheinlich nachdem oder gleichzeitig mit Pakistan, aber bevor ein westliches Land dies tut, obwohl der Zeitpunkt dieses Schrittes zum Teil davon abhängen könnte, ob es gelingt, von den Taliban zusätzliche Zusicherungen in den beiden Fragen zu erhalten, die ihm am wichtigsten sind“, lautet die Einschätzung der ICG-Expertin.

Am 24. August berichtete der US-amerikanische Sender Radio Free Asia, wie Exiluiguren in Afghanistan auf den Erfolg der Taliban reagieren. Sie seien „voller Schrecken“. Diese Machtübernahme könne bedeuten, dass sie nach China ausgeliefert würden, wo ihnen „harte Strafen“ drohten. Menschenrechtsgruppen befürchteten „das Schlimmste“ für die geschätzten 2.000 Uiguren, die derzeit leben würden.

Nach Angaben eines Mannes, dessen Eltern bereits in Afghanistan geboren wurden, seien die rund 80 uigurischen Familien in der Hauptstadt verwirrt und fürchteten um ihr Leben. Er selbst sei bei einem Gang zum Bäcker von einzelnen Taliban geschlagen worden. Exiluiguren in der Türkei hätten mittlerweile von Kontakten in der nördlichen Stadt Mazar-e-Sharif berichtet, wonach Taliban in Privatwohnungen eindringen und Mädchen entführen würden. „Kasachstan fliegt Kasachen aus Afghanistan, Usbekistan nimmt Usbeken, die Türkei und alle anderen Länder nehmen ihre Bürger mit, aber niemand (…) hilft unst“, sagte ein Kabuler Uigure.

Bereits am 11. August veröffentlichte das Uyghur Human Rights Project (UHRP) einen neuen Bericht, wonach Pakistan und die nun gestürzte afghanische Regierung „Komplizen“ Pekings in der grenzübergreifenden Unterdrückung von Uiguren seien. Das chinesische Vorgehen gegen Exilgemeinschaften in den beiden Ländern würde die Menschenrechte und weltweite Standards verletzen, so die Autoren.

Seit 1990 gab es 60 Ausweisungen von Uiguren durch pakistanische Sicherheitskräfte im Windschatten des internationalen Antiterror-Kriegs. China hält den Druck auf Exiluiguren aufrecht, die über Pakistan, Afghanistan und andere Staaten in den Westen fliehen. In den letzten 10-15 Jahren soll sich die Stärke der dortigen Gemeinschaft von rund 3.000 Menschen auf bloß 100 Personen reduziert haben.

„Pakistan und Afghanistan werden zu chinesischen Klientenstaaten“, sagte UHRP-Direktor Ömer Kanat. „Auf Geheiß der chinesischen Behörden werden in Islamabad und Kabul gefährdete Uiguren schikaniert, inhaftiert und deportiert. Einige der ins Visier genommenen Uiguren sind in China gefoltert und hingerichtet worden, während andere die Zerschlagung ihrer Familien und die rigorose Überwachung ihrer Gemeinschaften erlebt haben. Chinas wirtschaftliche Großzügigkeit kann jede Art von Komplizenschaft bei der Gewalt gegen Uiguren erkaufen.“

Für das Fachmedium „Bitterwinter“ beschäftigte sich die Analystin Ruth Ingram mit den Auswirkungen der Machtübernahme für Uiguren in der Region. Bereits vor ihrem Sieg hätten die Taliban gegenüber Peking versprochen, dass sie keinen antichinesischen Terror auf ihrem Gebiet zulassen würden. Sie würden bei der Abschiebung von „problematischen“ Uiguren kooperieren. Damit hätten sie der Kommunistischen Partei eine weitere Waffe für ihr Arsenal im sogenannten Krieg gegen den Terror gegeben. Dieser verlasse sich auf die Zusammenarbeit mit engsten Nachbarn und „dem Schweigen der muslimischen Staaten“.

Exiluigurische Organisationen sowie westliche Forscher hätten seit Jahren dokumentiert, dass der Verweis auf die Terrororganisation ETIM, wenn es sie denn überhaupt gäbe, keine faire Repräsentation von Uiguren insgesamt sei. Und Uiguren sollten nicht durch Aktionen geschmäht werden, welch die ETIM in ihrem Namen beginge.

Die Uiguren seien zu den Opferlämmern auf dem Altar von Pekings unaufhaltsamem wirtschaftlichen und politischen Marsch nach Westen geworden. Die KPCh habe sich Loyalität, Schweigen und Komplizenschaft mit Versprechungen für Hilfe, Wohlstand und Schutz erkauft. „Pakistans unerschütterlicher chinesischer Verbündeter Imran Khan leugnet jede Kenntnis von der Notlage der Uiguren vor seiner Haustür, und das neue Taliban-Emirat ist bereit, seinen Stolz zugunsten von Bergen von Geld für Bau- und Schürfrechte herunterzuschlucken“, so Ingram.