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Hintergrund: Kräfteverschiebungen am Hindukusch

BERLIN/KABUL (GFP.com). Mit Blick auf den Vormarsch der Taliban in Afghanistan werden in Berlin Forderungen nach der erneuten Entsendung der Bundeswehr an den Hindukusch laut. Die Taliban müssten „durch Luftschläge“ daran gehindert werden, bedeutende afghanische Städte zu erobern, fordert der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Norbert Röttgen (CDU). Dies habe US-Präsident Joe Biden in der Hand; sollten allerdings „militärische Fähigkeiten der Europäer, auch der Deutschen“, gebraucht werden, „dann sollten wir sie zur Verfügung stellen“. Unterdessen schwindet der Einfluss des Westens in Afghanistan rasant.

Während die US-Streitkräfte noch Luftangriffe auf Taliban-Stellungen durchführen, bietet die Türkei ihre Soldaten für die Sicherung des Flughafens in Kabul an; die Aufgabe gilt als nötig, um im Notfall schnellstmöglich das westliche Botschaftspersonal aus der afghanischen Hauptstadt evakuieren zu können. Russland stärkt seine militärische Position in Zentralasien unweit der afghanischen Grenze; China sucht seine Kontakte zu den Taliban zu stabilisieren.

Der Vormarsch der Taliban

Die Taliban haben am gestrigen Montag ihren Vormarsch auf Afghanistans Städte fortgesetzt. Sie konnten gestern mit Aybak (Samangan) die sechste Provinzhauptstadt einnehmen. Bereits zuvor war es ihnen seit Ende vergangener Woche gelungen, die Provinzhauptstädte Zaranj (Nimruz), Sheberghan (Jowzjan), Kunduz und Sar-e Pol (in der jeweils gleichnamigen Provinz) sowie Taloqan (Takhar) zu erobern. Heftige Angriffe führen sie zudem auf die zweit- und die drittgrößte Stadt des Landes, Kandahar und Herat; gestern haben sie angekündigt, auch die viertgrößte Stadt, Mazar-e Sharif, attackieren zu wollen.

Weite Teile des ländlichen Afghanistans beherrschen sie ohnehin. Schwer wiegt zudem, dass die Taliban Stück für Stück die wichtigsten Geldquellen unter ihre Kontrolle bringen. So haben sie mindestens acht bedeutende Grenzübergänge zu Iran, Turkmenistan und Tadschikistan sowie zu Pakistan übernommen und kassieren dort einen signifikanten Teil der afghanischen Zolleinnahmen, die ungefähr die Hälfte der Inlandseinnahmen der afghanischen Regierung ausmachen. Mit Kunduz kontrollieren sie zudem eine Stadt, die als eines der zentralen Drehkreuze für den höchst lukrativen Opium- und Heroinhandel gilt. Ihr weiteres militärisches Vorrücken scheint nur eine Frage der Zeit zu sein.

„Militärische Fähigkeiten der Deutschen“

Der schnelle Vormarsch der Taliban belegt erneut, dass es den westlichen Mächten in den fast zwei Jahrzehnten ihrer Besatzungspräsenz am Hindukusch nicht gelungen ist, einigermaßen tragfähige politische sowie soziale Strukturen aufzubauen. Die Vereinigten Staaten intervenieren noch mit Luftangriffen, wollen ihre Truppen jedoch bis Ende August vollständig aus Afghanistan abgezogen haben. Ob und, wenn ja, wie sie weiter in die Kämpfe eingreifen wollen, ist bisher nicht bekannt.

Ansonsten entzieht sich die Entwicklung am Hindukusch zunehmend westlicher Einflussnahme. In Berlin werden jetzt mit Blick darauf erste Forderungen laut, die Abzugsentscheidung umgehend zu revidieren. Am Sonntag erklärte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), US-Präsident Joe Biden habe es noch „in der Hand“, das „große außenpolitische Desaster“ in Afghanistan zu stoppen; die Taliban müssten nun „durch Luftschläge“ daran gehindert werden, weitere große Städte zu erobern. Röttgen schließt dabei auch einen erneuten Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch nicht aus. Er fordert: „Wenn es … militärische Fähigkeiten der Europäer, auch der Deutschen, gibt, die jetzt benötigt würden, dann sollten wir sie zur Verfügung stellen.“

Die Türkei in Afghanistan

Während der Einfluss des Westens in Afghanistan in rasantem Tempo schwindet, bemühen sich andere Staaten – aus völlig unterschiedlichen Gründen und in höchst unterschiedlichem Kontext -, am Hindukusch Fuß zu fassen. So hat sich die Türkei bereit erklärt, in Zukunft den Hamid Karzai International Airport in Kabul militärisch zu sichern. Einerseits gilt der Schutz des Flughafens als notwendig, um im Notfall eine schnelle Evakuierung westlicher Diplomaten und des Personals westlicher Botschaften durchführen zu können; dies wiederum ist eine Voraussetzung dafür, diplomatische Vertretungen in der afghanischen Hauptstadt geöffnet zu lassen. Andererseits treibt die Türkei seit Jahren, anknüpfend an die gemeinsame Zugehörigkeit zum Islam, eigenständige Einflussmaßnahmen in Afghanistan voran, die sie jetzt zu nutzen sucht, um sich nach dem Abzug des Westens eine eigene Präsenz am Hindukusch zu sichern.

Als Gegenleistung für das Offenhalten des Flughafens fordert Ankara Berichten zufolge die Übernahme der Betriebskosten durch die USA sowie logistische Unterstützung. Unklar ist, ob die Türkei einen modus vivendi mit den Taliban aushandeln kann. Präsident Recep Tayyip Erdoğan wird mit der Aussage zitiert: „Die Taliban sollten mit der Türkei viel leichter sprechen können, denn die Türkei hat keine Probleme mit ihren religiösen Standpunkten“.

Russland in Zentralasien

Nicht in Afghanistan selbst, aber unmittelbar an dessen Grenzen baut Russland seine militärische Präsenz aus. Es unterhält ohnehin bereits Militärbasen in Kirgisistan und in Tadschikistan und hat nun begonnen, seinen Stützpunkt in Tadschikistan zu verstärken. Darüber hinaus hat es zugesagt, die tadschikischen Streitkräfte mit Ausrüstung und mit Trainingsprogrammen zu unterstützen. Anlass ist die Befürchtung, mit der Übernahme der Kontrolle über die Grenzübergänge sowie das Grenzgebiet durch die Taliban könne der Krieg sich über die Grenze bis nach Tadschikistan hinein ausweiten.

In der vergangenen Woche starteten rund 2.500 Soldaten aus Tadschikistan, dem angrenzenden Usbekistan und Russland gemeinsame Manöver in rund 20 Kilometern Entfernung zur afghanischen Grenze. Schon zuvor hatten gut 1.500 Soldaten aus Russland und Usbekistan bei der usbekisch-afghanischen Grenzstadt Termez militärische Übungen durchgeführt.

In Termez war jahrelang die Bundeswehr mit einem Stützpunkt präsent, über den sie Militärtransporte nach Afghanistan abwickelte. Dies ist nun ebenso Vergangenheit wie die US-Militärstützpunkte in Usbekistan und Kirgisistan, die 2005 bzw. 2014 abgewickelt wurden. Mit dem westlichen Abzug geht nun ein Ausbau der militärischen Position Russlands in Zentralasien einher.

Auf Stabilität bedacht

Noch unklar ist die Rolle, die China in Zukunft in Afghanistan spielen wird. Am 28. Juli hatte der chinesische Außenminister Wang Yi in der Hafenstadt Tianjin eine Delegation der Taliban zu Gesprächen empfangen. Die Volksrepublik ist vor allem auf Stabilität am Hindukusch bedacht; sie fürchtet zum einen, Jihadisten – auch uigurische – könnten Afghanistan als Basis für Attacken im angrenzenden Xinjiang nutzen, zum anderen, Unruhen in Afghanistan könnten sich auf andere Nachbarstaaten wie Pakistan auswirken, mit denen Beijing im Rahmen der Neuen Seidenstraße immer enger kooperiert.

Den Anspruch, sich seinerseits in die afghanische Politik einzumischen, habe Beijing nicht, urteilt Andrew Small, ein Experte vom European Council on Foreign Relations (ECFR): In der chinesischen Debatte werde immer wieder darauf verwiesen, dass in Afghanistan noch keine äußere Macht sich habe festsetzen können; nicht umsonst werde das Land zuweilen als „Friedhof der Mächte“ bezeichnet.

China werde sich deshalb wohl darauf konzentrieren, seine unmittelbaren Stabilitätsinteressen in Afghanistan zu fördern. Dazu nutze es seine bestehenden Beziehungen zu den Taliban – und zwar vollkommen unabhängig vom Westen.

Aus gegebenem Anlass „Brennpunkt Jemen“: Strategische Hintergedanken über Staat mit großen Problemen. Jenseits des Al-Qaida-Szenarios. Von F. William Engdahl

Am 25. Dezember [2009] verhafteten US-Behörden einen Nigerianer namens Abdulmuttalab an Bord eines Flug der Northwest Airlines von Amsterdam nach Detroit unter dem Verdacht, er habe das Flugzeug mit Hilfe von eingeschmuggelten Sprengstoffen in die Luft jagen wollen. Seitdem wurde von CNN, der “New York Times” und anderen Nachrichtenquellen berichtet, dass dieser im Verdacht stünde, im Jemen für seine Terrormission ausgebildet worden zu sein. Nach diesem Vorgang wurde der Welt ein neues, auftauchendes Ziel im “Krieg gegen den Terror” der USA aufgezwungen – namentlich einem trostlosen Staat auf der Arabischen Halbinsel, dem Jemen. Ein tieferer Blick auf Hintergründe legt den Schluss nahe, dass Pentagon und US-Geheimdienste im Jemen weiterführende Hintergedanken haben.

Seit einigen Monaten konnte die Welt eine steigende Eskalation des militärischen Engagements der USA im Jemen beobachten. Einem abgrundtief armen Land, dass im Norden an Saudi-Arabien, im Westen an das Rote Meer und im Süden an den Golf von Aden grenzt. Dabei blickt der Jemen auf ein anderes verzweifeltes Land, dass es ebenfalls in die Schlagzeilen schaffte: Somalia. Hinweise legen den Schluss nahe, dass das Pentagon und US-Geheimdienste dabei sind, das strategisches Nadelöhr für den globalen Ölfluss zu militarisieren: das Bab El-Mandab. Dabei instrumentalisieren sie die somalische Piratenepisode zusammen mit Behauptungen einer neuen Drohung durch Al-Qaida, um jene wichtige Transportroute zu militarisieren. Darüber hinaus sollen die noch nicht entwickelten Erdölreserven zwischen Jemen und Saudi-Arabien zu den größten der Welt gehören.

Der 23-jährige Nigerianer, der des gescheiterten Attentats angeklagt ist, hat mittlerweile angeblich gestanden. Abdulmutallab behauptete, er wurde von Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) mit Sitz im Jemen auf seine Mission entsandt. Bequemerweise lenkte dies die Aufmerksamkeit der Welt auf den Jemen als neues Zentrum der angeblichen Terrororganisation Al-Qaida.

Bruce Riedel, ein CIA-Veteran mit 30-jähriger Dienstzeit, der Präsident Obama bei der afghanischen Truppenaufstockung beraten hat, schrieb auf seinem Blog von angeblichen Beziehungen des Detroit-Bombers zum Jemen: “Der Versuch, den Nortwest Airlines Flug 235 über Amsterdam nach Detroit am Weihnachtsfeiertag zu zerstören, unterstreicht die wachsenden Ambitionen der jemenitische Zweigstelle Al-Qaidas, die von einer überwiegend innerjemenitischen Angelegenheit zum Spieler des globalen Dschihad in den letzten Jahren geworden ist … Die schwache jemenitische Regierung von Präsident Ali Abdallah Salih, die das Land niemals wirklich kontrollieren konnte und nun einem Bündel von neuen Problemen gegenübersteht, wird umfangreiche amerikanische Hilfe brauchen, um AQAP zu besiegen.” [1]

Grundlegende jemenitische Geopolitik
Bevor wir mehr über den letzten Vorfall sagen, ist es nützlich, einen näheren Blick auf die Lage Jemens zu werfen. Hier zeichnen sich zwei Besonderheiten ab, wenn sie mit der Behauptung Washingtons verglichen werden, dass es eine aufständische Al-Qaida-Organisation auf der Arabischen Halbinsel gäbe.

Zu Beginn 2009 fingen die Figuren des jemenitischen Schachbretts an, sich zu bewegen. Tariq Al-Fadhli – ehemaliger dschihadistischer Führer mit Ursprüngen im Süden – beendete ein 15-jähriges Bündnis mit der Regierung und kündigte an, er werde sich der breiten Oppositionskoalition anschließen, die als Südliche Bewegung bekannt wurde. Al-Fadhli war ein Mitglied der Mujahidin in Afghanistan in den späten 1980er Jahren. Sein Bruch mit Saleh wurde in nationalen und arabischen Medien im April 2009 veröffentlichtet. Diese Trennung von der Diktatur verlieh der Südlichen Bewegung neuen Schwung. Seitdem ist er zu einer Führungsfigur der südlichen Sammlungsbewegung geworden.

Jemen selbst ist ein synthetisches Amalgan, das 1990 nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gegründet wurde, als die damalige südliche Demokratische Volksrepublik Jemen (PDRY) ihren wichtigsten ausländischen Helfer verlor. Die Vereinigung der Nördlichen Arabischen Republik Jemen mit dem südlichen Staat erzeugte einen kurzlebigen Optimismus, der 1994 nach einem kurzen Bürgerkrieg starb. Damals organisierten Elemente der südlichen Armee eine Revolte gegen das, was sie als einen Staat voll korrupter Vetternwirtschaft unter Herrschaft von Saleh wahrnahmen. Der Präsident ist seit 1978 Alleinherrscher – zuerst als Präsident im Norden des Jemens und seit 1990 als Präsident des vereinigten, neuen Jemen. Der Armeeaufstand im Süden scheiterte, als Salah die Unterstützung von Al-Fadhli und anderer jemenitischer Salafisten auf sich ziehen konnte. Jene Anhänger einer konservativen Islam-Interpretation und Dschihadisten bekämpften die ehemaligen marxistischen Kräfte der Sozialistischen Partei des Südens.

Vor 1990 stärkten Washington und das saudische Königreich Saleh und dessen Politik der Islamisierung in dem Versuch, den kommunistischen Süden zu schwächen.[2] Seitdem vertraute er auf eine starke salafitisch-dschihadistische Bewegung, um seine diktatorische Alleinherrschaft zu erhalten. Der Bruch mit ihm von Seiten Al-Fadhlis und sein Anschluss an die südliche Opposition mit dessen früheren, sozialistischen Feinden markiert einen entscheidenden Rückschritt für den Präsidenten.

Kurz nachdem sich Al-Fadhli am 28. April 2009 der Koalition anschloss, intensivierten sich Proteste in den südlichen Provinzen Lahj, Dalea und Hadramaut. Hier kam es zu Demonstrationen von zehntausenden entlassenen Militärangehörigen und Beamten, die bessere Bezahlung und Gratifikationen verlangten. Demonstrationen, die es in steigendem Maße bereits seit 2006 gegeben hatte. Die April-Demonstrationen beinhalteten zum ersten Mal ein öffentliches Auftreten von Al-Fadhli. Sein Erscheinen veränderte die lange vor sich hin dümpelnde südliche Bewegung in Richtung einer breiteren, nationalistischen Kampagne. Sie veränderte auch Saleh, der sich mit der Bitte um Hilfe an Saudi-Arabien und Staaten des Golfkooperationsrates wandte. Er warnte, dass die gesamte Arabische Halbinsel unter den Konsequenzen zu leiden haben werde.

Jenes Bild vom Jemen vervollkommnend (den manche als “gescheiterten Staat” bezeichnen könnten), sieht sich Saleh im Norden der zaiditisch-schiitischen Rebellion der Al-Houthi ausgesetzt. Am 11. September 2009 beschuldigte der Präsident in einem Interview mit Al Jazeera den schiitisch-irakischen Oppositionsführer Muqtada As-Sadr und auch den Iran, dass beide die nordjemenitischen Houthi-Rebellen unterstützten. Saleh erklärte: “Wir könnten nicht den offiziellen Iran beschuldigen, aber die Iraner haben uns kontaktiert und mitgeteilt, dass sie für eine Vermittlung zur Verfügung stünden. Dies bedeutet, dass die Iraner Kontakt zu ihnen [den Houthi-Rebellen] haben, wenn sie zwischen der jemenitischen Regierung und diesen vermitteln wollen. Auch [der Iraker] Muqtada As-Sadr (…) fragte ebenfalls an, ob er als Vermittler akzeptabel sei. Dies bedeutet, dass Verbindungen bestehen.”[3]

Jemenitische Behörden gaben an, dass sie Lager voller Waffen beschlagnahmten, die im Iran produziert worden seien. Währenddessen behaupteten die Al-Houthi, dass sie jemenitische Ausrüstung mit saudischen Markierungen erobert hätten. Sie beschuldigen Sana'a (die Hauptstadt des Jemen und Sitz der US-Botschaft), es agiere als Stellvertreter Saudi-Arabiens. Iran wies die Behauptungen zurück, wonach die im Norden gefundenen Waffen iranischen Ursprungs seien. Behauptungen einer angeblichen Hilfe von Teherans für die Rebellen seien grundlos.[4]

Was ist mit Al-Qaida?
Das Bild, dass sich hier entfaltet, ist das eines verzweifelten Diktators mit US-Rückendeckung. Nach zwei Jahrzehnten despotischer Herrschaft über den vereinigten Jemen verliert Saleh zusehends die Kontrolle. Nach dem Einbrechen der Ölpreise im Jahre 2008 verschlechterten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen drastisch. Rund 70 Prozent der Staatseinnahmen stammten aus Ölverkäufen. Die Zentralregierung sitzt im nordjemenitischen Sana'a, während sich die Erdöllagerstätten im Süden befinden. Und doch kontrolliert er den Fluss der Erdöleinnahmen. Mangel an Einnahmen aus dem Erdölgeschäft haben die übliche Option Salehs, den guten Willen von Oppositionsgruppen zu erkaufen, beinahe zum Erliegen gebracht.

Zu diesem chaotischen Bild der Innenpolitik kam im Januar 2009 die Ankündigung hinzu (auch umfangreich auf ausgesuchten Webseiten prominent vertreten), wonach Al-Qaida – die angeblich globale Terrororganisation, die durch den von der CIA trainierten Saudi Osama bin Laden geschaffen wurde – eine große neue Zweigstelle im Jemen sowohl für jemenitische als auch für saudische Operationen eröffnet haben soll.

Al-Qaida im Jemen publizierte am 20. Januar 2009 – mit Hilfe einschlägiger dschihadistischer online-Foren – eine Erklärung vom Führer der Gruppe, Nasir Al-Wahayshi, in der die Gründung einer einheitlichen Gruppe von Al-Qaida für die Arabische Halbinsel unter seinem Befehl angekündigt wurde. Laut Al-Wahayshi bestünde die neue Gruppe (Al-Qaida in der Arabischen Halbinsel) aus seiner ehemaligen jemenitischen Al-Qaida, aber auch aus Mitgliedern der eingestellten saudischen -Zelle. Die Presseerklärung verlautbarte, interessant genug, dass ein saudischer Bürger und ehemaliger Guantanamo-Häftling (Nr. 372) namens Abu Sayyaf Al-Shihri als Stellvertreter Al-Wahayshis fungiere.

Tage später erschien ein online-Video von Al-Wahayshi unter dem alarmierenden Titel “Wir beginnen hier und werden uns in Al-Aqsa treffen”. Al-Aqsa ist die Al-Aqsa Moschee in Jerusalem, die bei Juden als Tempelberg bekannt ist; die Stelle des zerstörten Tempels von Salomon, die Muslime Haram Asch-Scharif nennen. Bedroht wurde muslimische Führer, unter anderem Jemens Saleh, die königliche saudi-arabische Familie und Ägyptens Präsident Mubarak. Es wurden Versprechungen gemacht, den Dschihad vom Jemen nach Israel zu tragen, um die heiligen muslimischen Stätten und Gaza zu “befreien”. Etwas, das wahrscheinlich einen Dritten Weltkrieg auslösen würde, wenn jemand wahnsinnig genug wäre, dieses Unterfangen zu begehen.

In diesem Video findet sich neben dem ehemaligen Insassen von Guantanamo Al-Shihri ein Statement des mutmaßlichen Guantanamo-Häftlings Nr. 333, Abu Al-Harith Muhammad al-Awfi, der als Feldkommandeur identifiziert wird. Da es hinlänglich bekannt ist, dass Foltermethoden wertlos sind, echte Geständnisse zu erzielen, haben einige spekuliert, dass das wahre Ziel der Verhörspezialisten von CIA und Pentagon seit September 2001 in Guantanamo darin bestand, mit Hilfe von brutalen Techniken Schläfer-Terroristen zu rekrutieren oder auszubilden, die auf Befehl des US-Geheimdiensts aktiviert werden könnten. Ein Vorwurf, der schwer zu beweisen oder auch zu widerlegen ist. Die Anwesenheit zweier hochrangiger Guantanamo-Absolventen in der jemenitischen Basis von Al-Qaida stellt sicherlich einen Grund für Nachfragen dar.

Al-Qaida im Jemen ist für die erweiterte Südliche Bewegung und ihre Massenbasis offenkundig ein Gräuel. In einem Interview erklärte Al-Fadhli: “Ich habe starke Beziehungen zu allen Dschihadisten im Norden und im Süden, aber nicht zu Al-Qaida.”[5] Dies hat Saleh nicht an der Behauptung gehindert, dass die Südliche Bewegung und Al-Qaida ein und die selbe Sache wären. Ein bequeme Art und Weise, um sich der Rückendeckung Washingtons zu versichern. Laut US-Geheimdienstberichten befinden sich im Süden höchstens 200 Al-Qaida-Mitglieder.[6]

Im Mai 2009 distanzierte sich Al-Fadhli in einem Interview von der Organisation und erklärte: “Wir [im Südjemen] wurden vor über 15 Jahren besetzt und leiden unter einer bösartigen Besatzung. Also bemühen wir uns um unsere Sache und kümmern uns nichts anderes in der Welt. Wir wollen unsere Unabhängigkeit und ein Ende dieser Besatzung.”[7] Passenderweise veröffentlichte Al-Qaida am gleichen Tag eine Erklärung, wonach es die Sache des Südjemens unterstützen würde.

In einer am 14. Mai im Internet zirkulierten Tonaufnahme drückte Al-Wahayshi seine Sympathie mit den Leuten in den südlichen Provinzen und ihrem Versuch aus, sie selbst gegen ihre “Unterdrückung” zu verteidigen. “Was in Lahaj, Dhali, Abyan, Hadramaut und den anderen südlichen Provinzen geschieht, kann nicht gutgeheißen werden. Wir müssen [dem Süden] helfen.” Er versprach Vergeltung: “Die an euch begangene Unterdrückung wird nicht ungestraft weitergehen … die Ermordung von Muslimen in den Straßen ist ein schwerwiegendes und nicht zu rechtfertigendes Verbrechen.”[8]

Dieses merkwürdige Auftauchen einer winzigen, aber öffentlich gut positionierten Al-Qaida inmitten von etwas, das Beobachter als Bewegung des Südens mit breiter Massenbasis bezeichnen, welche die radikale wie globale Agenda von Al-Qaida meidet, scheint dem Pentagon potenziell einen Anlass zu liefern, um US-Operationen in dieser strategisch wichtigen Region eskalieren zu lassen.

Nachdem US-Präsident Obama erklärte, dass die Probleme des Jemen die inneren Angelegenheiten das Landes seien, ordnete er Luftangriffe an. Das Pentagon behauptete, dass die Angriffe vom 17. und von 24. Dezember 2009 drei entscheidende Al-Qaida-Führer getötet hätten, aber es gibt keine Beweise, die dies belegen. Nun belebt das Weihnachtsdrama des Detroit-Bombers Washingtons Kampagne des “Krieges gegen den Terror” im Jemen. Darüber hinaus hatte Obama der Regierung Saleh militärische Hilfe angeboten.

Eine Eskalation, wie auf Bestellung
Wie auf Bestellung füllten neue Terrordrohungen aus dem Jemen die CNN-Schlagzeilen. Die raumgreifenden somalischen Piratenangriffe auf die kommerzielle Schifffahrt im Golf von Aden und dem Arabischen Meer nahmen dramatisch zu, nachdem sie zuvor durch multinationale Schiffspatrouillen drastisch reduziert werden konnten.

Am 29. Dezember 2009 berichtete die Moskauer Nachrichtenagentur RIA Novosti, dass somalische Piraten ein griechischen Frachtschiff im Golf von Aden vor Somalias Küste enterten. Früher am gleichen Tag wurde ebenfalls ein unter britischer Flagge fahrender Chemietanker und seine 26 Mann starke Besatzung im selben Gewässer aufgebracht. In einem Moment des geschickten Umgangs mit westlichen Medien sagte Piratenkapitän Mohamed Shakir der britischen Zeitung “The Times” telefonisch: “Wir haben gestern ein Schiff unter britischer Flagge im Golf von Aden eingenommen.” Der Informationsdienst für Geheimdienstkreise Stratfor merkte an, dass die “Times”, die sich im Besitz des neokonservativen Finanzmagnaten Rupert Murdoch befindet, manchmal vom israelischen Geheimdienst benutzt werde, um nützliche Geschichten zu platzieren.

Die letzten beiden Ereignisse trieben die Angriffe und Entführungen des Jahres 2009 auf ein Rekordniveau. Bis zum 22. Dezember beliefen sich die Angriffe somalischer Piraten im Golf von Aden und vor der Ostküsten Somalias auf 174. 2009 wurden 33 Schiffe gekapert und 587 Seeleute als Geisel genommen. Nach Angaben des Maritime Bureau's Piracy Reporting Centers waren beinahe alle Aktivitäten der Piraten erfolgreich. Die offene Frage ist, wer die somalischen “Piraten” mit Waffen und Logistik so versorgt, sodass diese den internationalen Patrouillen entgehen können?

Erwähnenswert ist, dass Saleh am 3. Januar einen Anruf des somalischen Präsidenten Sheikh Ahmed erhielt, in welchem dieser Saleh über die letzten Entwicklungen in Somalia unterrichtete. Sheikh Ahmed, dessen eigene Machtbasis in Mogadischu schwach ist, und der manchmal auch als “Präsident des Flughafens von Mogadischu” bezeichnet wird. Er teilte mit, dass er mit diesem alle Information über Terroraktivitäten teilen würde, die von somalischem Gebiet ausgingen und welche die Stabilität und Sicherheit von Jemen und dessen Region gefährden könnten.

Ein Nadelöhr für Öl und andere ölige Angelegenheiten
Die strategische Bedeutung der Region zwischen Jemen und Somalia wird zu einem Zielpunkt des geopolitischen Interesses. Dies ist das Bab el-Mandab – eines von sieben, das von der US-Regierung als strategisches Nadelöhr der Ölschifffahrt bezeichnet wird. Die US-Regierungs-Informationsagentur für Energie sagte, dass die “Schließung des Bab el-Mandas Tanker aus dem Persischen Golf davon abhalten kann, den Suez Kanal beziehungsweise den Sumed Pipeline-Komplex zu erreichen. Sie sind gezwungen, den Weg über die Südspitze Afrikas zu nehmen. Die Straße von Bab el-Mandeb ist ein Engpass zwischen dem Horn von Afrika und dem Nahen Osten, und eine strategische Verbindung zwischen dem Mittelmeer und dem Indischen Ozean.”[9]

Die Meerenge zwischen Jemen, Dschibuti und Eritrea verbindet das Rote Meer mit dem Golf von Aden und darüber hinaus mit dem Arabischen Meer. Erdöl und andere Exporte aus dem Persischen Golf müssen hier durch, bevor sie in den Suezkanal fahren können. 2006 berichtete die Washingtoner Energiebehörde, dass schätzungsweise 3,3 Millionen Barrel Erdöl durch diesen engen Wasserweg nach Europa, die Vereinigten Staaten und Asien fließen. Der Großteil des Öls – oder rund 2,1 Millionen Barrel täglich – geht nach Norden durch das Bab el-Mandab; über den Suez-Sumed-Komplex ins Mittelmeer.

Eine Rechtfertigung für die USA- oder NATO-Militarisierung um das Bab el-Mandab herum sit für Washington eine weitere wichtige Verbindung im Bemühen, die sieben wichtigsten Schnittstellen des Erdöltransports in aller Welt zu kontrollieren. Entscheidender Teil der zukünftigen US-Strategie dürfte darin bestehen, Erdölflüsse nach China, der EU oder jeder anderen Region zu unterbinden, die der US-Politik Widerstand leisten könnten. Gehen wir davon aus, dass ein wichtiger Teil des saudischen Erdöls hier fließt, dürfte eine Blockade das Königreich davon abhalten, nicht länger ernsthaft über die Abwicklung zukünftiger Erdölverkäufe mit China und anderen Kunden nachzudenken, die nicht in Dollar ablaufen. Diese Option wurde jüngst vom britischen Journalisten Robert Fisk (The Independent) berichtet.

Die USA wären darüber hinaus auch in der Lage, chinesische Erdöltransporte von Port Sudan in das Rote Meer, nördlich vom Bab el-Mandab gelegen, zu bedrohen. Dies ist eine wichtige Lebenslinie für die Befriedigung des chinesischen Erdölbedarfs.

Über seine geopolitische Lage als wichtiger globaler Schnittpunkt für den Transport von Erdöl hinaus, wurde berichtet, das der Jemen über einige der weltweit größten unerschlossenen Erdölreserven verfügen soll. Jemens Masila- und Shabwa-Becken sollen nach Angaben internationaler Erdölfirmen “Entdeckungen von Weltklasse” sein.[10] Die französische Total und einige kleinere internationale Unternehmen beteiligen sich an der Entwicklung der jemenitischen Erdölproduktion. Vor rund 15 Jahren teilte mir ein gut informierter Insider aus Washington privat mit, dass der Jemen “genug unentdecktes Erdöl besitzt, um den gesamten Erdölbedarf für die nächsten 15 Jahre zu befriedigen”.

Möglicherweise gibt es andere Gründe für Washingtons aktuelles Interesse am Jemen als nur die bunt zusammengewürfelte Truppe Al-Qaida, deren Existenz als globale Terrororganisation von erfahrenden Islamexperten in Frage gestellt wurde.

F. William Engdahl ist Autor von “Full Spectrum Dominance: Totalitarian Democracy in the New World Order”.

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Fußnoten:
[1] Bruce Riedel, The Menace of Yemen, December 31, 2009, http://www.thedailybeast.com/blogs-and-stories/2009-12-31/the-menace-of-yemen/?cid=tag:all1
[2] Stratfor, Yemen: Intensifying Problems for the Government, 7. Mai, 2009
[3] Terrorism Monitor, Yemen President Accuses Iraq’s Sadrists of Backing the Houthi Insurgency, Jamestown Foundation, Band 7, Ausgabe 28, 17. September, 2009
[4] NewsYemen, 8. September 2009 und Yemen Observer, 10. September 2009
[5] Albaidanew.com, 14. May 2009, zitiert in Jamestown Foundation, siehe oben
[6] Abigail Hauslohner, Despite U.S. Aid, Yemen Faces Growing al-Qaeda Threat, Time, 22. December 2009, in www.time.com/time/world/article/0,8599,1949324,00.html#ixzz0be0NL7Cv
[7] Tariq al Fadhli, in Al-Sharq al-Awsat, 14. May 2009, zitiert in Jamestown Foundation, siehe oben
[8] Interview mit al-Wahayshi, Al Jazeera, 14. May 2009
[9] US Regierung, Ministerium für Energie, Informationsverwaltung für Energie, Bab el-Mandab, in http://www.eia.doe.gov/cabs/World_Oil_Transit_Chokepoints/Full.html[10] Adelphi Energy, Yemen Exploration Blocks 7 & 74, in http://www.adelphienergy.com.au/projects/Proj_Yemen.php

Spontaner Ausbruch einer unterschwelligen Unzufriedenheit ein gefundenes Fressen für die PR-Maschinerie

(iz). Während einer Pause der Proteste auf meinem Weg durch den Gezi-Park erschütterte mich die festliche Atmosphäre, die über jener Zerstörung schwebte, welche die Demonstranten an der öffent­lichen Landschaft angerichtet […]

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Wo schlägt das Herz der Welt? IZ-Gespräch mit Dawud Stewart Hurrell über geopolitische Fragen

(iz). Nach dem Ende des Systemgegensatzes und des Zusammenbruchs der Sowjetunion hat sich die Geografie und Politik des Raumes – die Geopolitik – durch diverse Konflikte und Entwicklungen wieder ins Gedächtnis der Menschen gerückt. Und das, obwohl der moderne Mensch ungeheuer viel Zeit in virtuellen Räumen verbringt…

Trotz der Tendenz, die Bedrohung ideologischer und nie zu greifender Gegner – wie beim Antiterrorkrieg oder der so genannten Cyber-Kriminalität – über ihre Haltbarkeit hinaus am Leben zu erhalten, wird deutlich, dass sich die Geografie als Teil des menschlichen Schicksals nicht länger verdrängen lässt. Ein Blick auf das Herkunftsland des in Deutschland verbrauchten Erdgases macht verständlich, dass Europa nicht an die USA grenzt, sondern an Kernland Eurasiens.

Hierzu sprachen wir mit dem geopolitischen Fachmann und Lehrer Dawud Stewart Hurrell. In dem Hintergrund-Interview geht Hurrell der Frage nach, wie und warum Geografie heute noch wichtig ist, worum es jenseits ideologischer Streitigkeiten im Nahen Osten geht und wo heute das Herz der Welt heute schlägt.

Islamische Zeitung: Dawud Stewart Hurrell, Sie sind Lehrer und Publizist für Geopolitik. Obwohl es eine dominante Weltsicht gibt, können Muslime zu anderen Antworten gelangen?

Dawud Stewart Hurrell: Ja, das können sie. Der bekannt Satz, dass man die Gegenwart durch Kenntnis der Vergangenheit verstehen kann, gilt auch hier. Die dominante moderne Weltsicht wurde durch eine Sicht der Geschichte gestaltet, die Institutionen und Prozesse von Macht betont. Wir nehmen sie als gegeben an. Das gleiche gilt für die Fortschritts-Philosophie.

Bis ins späte 19. Jahrhundert war sie auf die westliche Welt beschränkt – und auf Eliten und Denker, die mit den „westlichen“ Verhältnissen in Kontakt traten. Sie sahen darin die Lösung für die Krankheiten und die scheinbare Rückständigkeit ihrer Gesellschaften. Ein Beispiel dafür waren die Jungtürken oder die chinesischen Reformer. Die letzteren griffen die chinesischen Mandschu für deren sture Weigerung zur Modernisierung an; angesichts des Erfolges, an dem sich der Rivale Japan unter den Meji erfreute. Auch wenn eine überlegene westliche Militärmacht oft Reaktionen gegen die „Alten und Rückständigen“ provozierte, verstanden die Reformer der muslimischen Welt nicht, dass entlang der Institutionen, die notwendig waren, um ihre westlichen Rivalen nachzuahmen – wie rapide Industrialisierung und Falschgeld-Währung –, der Staat kam.

Der Staat, dessen Behandlung hier den Rahmen sprengen würde, machte eine komplette Revision des Islam notwendig, um die Integration des Staates in der Gesellschaft zu legitimieren. Diese Revision wurde durch eine Weltsicht vervollständigt, die Modernisierung in all ihren Formen betonte. Dies geschah auf Kosten der existierenden – und vermeintlich als archaisch wahrgenommenen – Rolle des Islam. In Folge wurden ganze Bevölkerungen einer Interpretation der Bedeutungen der sich entfaltenden Ereignisse unterworfen, die ihnen von den Medien aufgedrängt wurden. Sie verloren eine Perspektive, die sie gehabt hätten, hätten die Institutionen des Dar Al-Islam noch Bestand.

Diese Perspektive war spirituell und politisch. Ein junger osmanischer Mann konnte sich der Armee des Sultans anschließen. Diese Handlung hätte lebensverändernde Konsequenzen für ihn gehabt, da sie in sich die Saat einer spirituellen Erleuchtung trug. Oft war das die Folge der Anstrengungen der sufischen Tariqats, die in allen Dienstgraden vertreten waren. So war das osmanische Militär eine Erweiterung des Glaubenssystem, das seinem Wesen nach einheitlich war. Der junge Mann, der heute beim türkischen Militär dient, wird keine derartige Befriedigung erhalten, denn die Armee wird durch Wehrpflicht aufgefüllt und dient im Wesentlichen der inneren Sicherheit und anti-kurdischen Patrouillen.

Die Weltanschauung der gegenwärtigen Erziehung und Indoktrinierung kann durch das Studium einer Gesellschaft sowie der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Organisation ihrer früheren Periode umgekehrt werden. Das gilt für die ’abbasidischen Jahrhunderte, das Goldene Zeitalter der Osmanen oder sogar der Vergleich des heutigen Chinas mit den Zivilisationen der Tang und Song, deren historisches Erbe von Mao einer blutigen Revision unterzogen wurde. Eine Vergangenheit, die oft mit Nostalgie betrachtet wird – und das mit gutem Grund! Das Beispiel Mao ist wichtig, weil China mehr eine Zivilisation ist, und weniger ein Staat. Es erlebte eine signifikante Unterbrechung seiner Vergangenheit. Maos Programme führten zum Tod von 30 Millionen Menschen unter dem gescheiterten sozialistischen Experiment – einer Doktrin, die im Übrigen in Europa ihren Ursprung hatte.

Diese historischen Reflexionen dienen als Modell für den Gegensatz zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Die Geschichtlichkeit bietet alternative Lösungen für einige der dringenderen Fragen, der sich Muslime im Besonderen – und die Welt im Besonderen – gegenübersehen. Das Problem erscheint, wenn die „Moderne“ mit dem Islam von früher verbunden wird. Nehmen wir die Muslimbruderschaft: Ihre Lösung für Ägypten – und der muslimischen Gemeinschaft insgesamt – besteht in ihren Augen aus der Verbindung von Islam mit dem Staat, dessen Philosophie und Strukturen. Dies schaffte zuerst den Islam als solchen ab und an zweiter Stelle einen Staat, mit dem Islam als Ideologie. Das ist ein aussichtsreicher Kampf.

Oder nehmen wir die Taliban, die 2001 die Buddha-Statuen von Bamiyan in die Luft jagten; jüngst sprachen einige Muslimbrüder davon, die Pyramiden Ägyptens sprengen zu wollen. Diese Sprengungen wurden von Taliban durch islamische Begriffe begründet, aber warum standen sie nach 1.400 Jahren islamischer Herrschaft in Zentralasien immer noch? Lag dies daran, dass ihre Vorfahren kein Dynamit besaßen? Oder daran, dass die „Analysen“ ihrer Vorfahren sie als unwichtig betrachteten, so als würden sie in den Augen der Taliban heute eine Art Schirk verursachen, die der über sie wehende Wind hätte mitnehmen können.

Im finanziellem Bereich legen zeitgenössische islamische Wirtschaftswissenschaften mögliche Wege nahe, Papiergeld, zinsfreie Darlehen und alle anderen Arten der Täuschung in den islamischen Rahmen zu integrieren. Die Wirklichkeit ist – wie ein Jahrtausend muslimischer Geschichte nahelegt –, dass ein alternatives System finanzieller Stabilität durch eine bimetallische Währung erzielt werden kann. Hierzu gehört ein Handelssystem, dass das Bartering nicht als wichtiges Tauschmittel ausschließt sowie die Auqaf, bei denen große Landstriche für die Wohlfahrt benutzt wurden. Hier empfehle ich das Buch „Osmanli History and Institution“ von Mehmet Maksudoglu.

Islamische Zeitung: Was macht die Geopolitik wichtig für unsere Zeit?

Dawud Stewart Hurrell: Wir leben in einer Welt konkurrierender Mächte. In der Antike – vielleicht mit Ausnahme von Persern, Römern und Chinesen – waren Rivalitäten lokal begrenzt. Heute schwingen die großen Mächte ihr Schwert an allen Ecken der Welt. Ihre Aktionen betreffen uns alle.

Eine Bewertung ihrer Handlungen innerhalb der engen Grenzen ideologischer oder ausschließlich politischer Begriffen reicht nicht, um eine Perspektive zu gewinnen. Die Geopolitik betont drei Disziplinen, wie es vom Amerikaner Nicholas Spykman bestimmt wurde: Geschichtsphilosophie zur Beschreibung territorialer Ausbreitung, politische Geographie im Allgemeinen und die Beschreibung und Analyse der Sicherheitsstrategie eines Staates aufgrund seiner geographischen Bedingungen. Nähert man sich dem Studium und Verständnis der globalen Politik durch den Gebrauch dieser Disziplinen, gelangt man zu einem beispiellosen Erkenntnis des Themas.

Betrachten wir Syrien: Der Beleg für die Theorie eines territorialen Wachstums lässt sich in seinen Bestrebungen zur Wiederrichtung eines „Großsyriens“ erkennen. Dazu gehören Gebiete der Levante, Palästinas, Jordaniens und des westlichen Iraks. Wenn nicht um Gebietszuwachs, so ging es doch immer um die Steigerung des regionalen Einflusses. Der Erfolg von Damaskus blieb auf die vergangene Besetzung und politische Manipulation des Libanon beschränkt. Bedenken Sie, dass Hafez al-Assad 1972 sagte, dass „Syrien und Libanon ein einziges Land“ seien.

Ein politisch-geographischer Ansatz beinhaltet neben den physikalischen Gegebenheiten den Blick auf die ethnische, demographische, industrielle, landwirtschaftliche, hydrologische, mineralische und religiöse Zusammensetzung, um die Funktionsweise der syrischen Maschinerie zu begreifen.

Die Sicherheitsinteressen Syriens werden durch eine Kombination aus seinen historischen Erfahrungen, innenpolitischen Strukturen sowie den außenpolitischen Zwängen angetrieben. Und all dies bewegt sich innerhalb einer geopolitischen Struktur des erweiterten Nahen Ostens. Dazu gehören auch die Beziehungen von Damaskus zu seinen Nachbarn – ob freundlich oder feindlich.

Würde man versuchen, Syrien mit den Augen von Thomas Friedman [eines US-amerikanischen Publizisten] zu sehen, bliebe ein intellektuelles Vakuum zurück. Das Studium der Geopolitik mildert diese Kurzsichtigkeit. Der bekannte geopolitische Denker, Halford Mackinder, betrachtete die verschiedenen Wellen nomadischer Eroberer, die über die Jahrhunderte aus dem Inneren Zentralasiens kamen; als Teil seiner „Theorie des Kernlands“. Jene Theorie, die er in seinen Vorlesungen und Büchern ausarbeitete, war eine theoretische Reflexion auf den russischen – und später sowjetischen – Imperialismus. Mackinder beschrieb die strategische Kultur einer Region, die auf Expansion ausgelegt ist. Ihrerseits bildete sie den Gegenentwurf für die spätere amerikanisch-atlantische Theorie der Eindämmung [engl. containment], die Nicholas Spykman entwickelte. Selbst Ihr Nationaldichter Goethe war nicht immun gegenüber dem Denken in geopolitischen Begriffen. Er sagte 1827 gegenüber seinem Sekretär – ca. 80 Jahre vor dem Bau des Panamakanals –, dass es absolut unverzichtbar für die Vereinigten Staaten sei, eine Passage des Golfs von Mexiko zum Pazifischen Ozean zu bewerkstelligen. Er, so Goethe, sei sicher, dass es dazu kommen werde.

Islamische Zeitung: Vor Kurzem sprach ein bekannter US-amerikanischer Autor von der „Rache der Geografie“ und erinnerte uns an ihren Einfluss für das menschliche Schicksal. Einige wichtige Regionen, darunter viele Energielagerstätten, befinden sich in der muslimischen Welt…

Dawud Stewart Hurrell: Geografie ist Schicksal, heißt der Satz, auch wenn er oft zurückgewiesen wurde. Das Schicksal der Titanic und die Geografie des Nordatlantiks sind eng miteinander verbunden, auch wenn ein aufmerksamer Kapitän die Überschneidung beider hätte verhindern können. Ohne die bewusste menschliche Machenschaft besteht die menschliche Lage in einem bestimmten Raum üblicherweise in einem kulturell-politischen Sinne, der definitiv von seiner Umgebung bestimmt beeinflusst wird.

Als Beispiel dafür mag Afghanistan dienen. Der Großteil seiner multiethnischen Bevölkerung existiert in der gleichen Form, wie es vor tausend Jahren der Fall war. Die fruchtbaren östlichen Windtäler, das zentrale Bergplateau, die Grasebenen des Nordens sowie die Halbwüsten des Südens und Südostens tragen alle zu den unterschiedlichen Formen von sozialer und politischer Organisation bei. Eine Folge davon ist eine Lebensweise, die an das Gelände angepasst ist: Trockenfeldbau, Beweidung oder bewässerter Anbau durch das Wasser aus Bergen oder Flüssen. Die schiitischen Hazaras beispielsweise verdanken ihr Überleben dem zentralen Bergmassiv, wo sie siedeln. Diese Bergformation machte die Verteidigung wesentlich leichter. Die verschiedenen Gruppen – seien es Paschtunen oder Tadschiken – mussten als Folge des jahrzehntelangen Kriegs für sich selbst kämpfen. Der permanente Kampf – gegen in- oder ausländische Feinde – bewirkte einen sturen Sinn für Unabhängigkeit und Misstrauen gegenüber der Herrschaft in Kabul.

Die zentralisierte Kontrolle in einem Staat mit solchen autonomen Regionen ist beinahe unmöglich. Die Provinzen werden zuerst durch Ethnizität, dann durch Stammen, dann Clan und schließlich durch Familie bestimmt. Und mittendrin findet sich der Typus des Warlords. Den letzten erfolgreichen Zentralstaat gab es unter dem Eisernen Emir, Abdurrahman, der 1901 starb. Sämtliche folgende Versuche, erneut die Herrschaft von Kabul zu erzwingen, endeten in einem blutigen Desaster.

An dieser Stelle passt der Bezug zur Titanic, denn sobald Captain Obama den Blick vom Ozean (dem ausländischen Projekt von Demokratie und kapitalistischer Produktionsweise, das Afghanistan aufgezwungen wurde) abwendet, wird er auf den sprichwörtlichen Eisberg treffen. Und Afghanistan wird, wenn man es denn endlich in Frieden lässt, zu dem werden, was es immer war. Aber natürlich haben die Sättigung mit neuen Technologien wie Transport und Telekommunikation einen bleibenderen Einfluss auf die Menschen dieses Landes, als ihn die militarisierten Amerikaner jemals haben konnten.

Es ist bekannt, dass Küstenzonen und solche im Landesinneren erkennbar unterschiedliche soziale und politische Formen entwickeln. Küstenregionen haben – wegen ihrer Bindung zum Überseehandel, der verschiedene Teile des Erdkreises verbindet – einen wesentlich höheren Grad von kulturellem Austausch, dem Transfer von Ideen und Wohlstand. Diese Zonen sind in der Regel wohlhabender als das Landesinnere. Gebiete im Zentrum sind wesentlich konservativer und – dank der Kosten und der logistischen Schwierigkeiten – die Bewegung von Gütern und Ideen ist langsamer. Das heißt, dass zentrale Gebiete ihre traditionellen Identität wesentlich länger bewahren. Man muss nur die historische Entwicklung von England mit der des russischen Reiches vergleichen. Wir können auch [die pakistanische Hafenstadt] Karatschi mit [dem afghanischen] Kandahar vergleichen.

Die Beziehung der Geografie des Nahen Osten zu seinen dominanten kulturellen und politischen Eigenschaften lässt sich bei Ibn Khaldun finden. Erwarten Sie allerdings keine schmeichelhaften Beschreibungen der Araber; und das, obwohl er selbst einer war. Der Prophet Muhammad sprach von barfüßigen, halbnackten Schafhirten, die beim Bau hoher Gebäude miteinander wetteiferten. Man kann sich nur vorstellen, was seine Anhänger unter dieser Aussage verstanden. Immerhin hatte die öde Wüste schwerlich Baumaterialien, von einer Kultur der Befestigung ganz zu schweigen, die auf eine solche Entwicklung hingewiesen hätte.

Aber die Bedeutung von Geografie offenbart sich in der Zeit selbst. Und der umfangreiche Erdölreichtum – unbekannt zu Beginn des 20. Jahrhunderts – veränderte das Schicksal der Region auf unvorstellbare Art und Weise. Der Geografie des Islam nach zu urteilen, kann man nur schlussfolgern, dass es das Schicksal der Muslime ist, über umfangreiche Machtpotenziale für kommende Jahrzehnte zu verfügen; auch wenn das Vakuum in ihrer Führungsschicht hier offenkundig Grenzen setzt.

Islamische Zeitung: Momentan befindet sich der Nahe Osten im Griff diverser Konflikte. Der schlimmste davon ist der zunehmend blutige und komplizierte Krieg in Syrien…

Dawud Stewart Hurrell: Die geopolitischen Folgen der Krise müssen sich erst noch erweisen. Es wäre möglich, dass im Westen Syriens eine alawitische Enklave entsteht, die entlang einer bedeutenden kurdischen Autonomiezone im Norden liegt. Das würde zu einer Verschlimmerung des kurdischen Separatismus in der Türkei führen. Zur Diskussion im heutigen Syrien stehen Fragen nach Nationalismus, Religion und Ethnizität. Der Kampf zwischen Alawiten und Muslimen bewegt sich entlang religiöser Linien, während der kurdisch-arabische Konflikt durch ethnische Trennungen motiviert ist.

Und trotzdem müsste man sehr stark suchen, um einen alawitischen Vertreter in Syrien finden, der sich ernsthaft um seine eigenen, komischen theologischen Vorstellungen kümmert. Die Alawiten sind eher eine Gemeinschaft mit einer dominanten politischen als einer religiösen Identität. Vergleichbares findet man vielleicht in Israel. Jeder dort ist ein Israeli, aber nicht jeder Israeli ist ein Jude. Die Alawiten, die als Nicht-Muslime immer in der Minderheit waren, haben ihren Anspruch auf historische Unterdrückung passenderweise stark übertrieben. Sie haben diese gefährliche Lage dadurch geschaffen, dass sie sich selbst in das Machtnetz von Hafez al-Assad verwickeln ließen. Das ist eine Lage, die offenkundig unhaltbar ist. Das Hama-Massaker von 1982 hat eine aktive Opposition gegen die brutale alawitische Diktatur lange unterdrückt, aber die Entschlossenheit des Widerstands nur gesteigert.

Der Sieg der Muslimbruderschaft hat ihre Entschlossenheit nur gesteigert. Ich glaube, dass das alawitische Regime in Syrien früher oder später fallen wird; die zunehmende amerikanische Beteiligung lässt keinen anderen Schluss zu. Die Türkei, die eine Führungsrolle in der Region will, ist auf Verbündete angewiesen. Das erklärt zum Teil die Kooperation mit jener kleinen, künftigen diplomatischen Supermacht: Qatar. Trotz der hohen Preises, den die Türkei dabei in der Kurdenfrage bezahlen muss.

Qatar und Saudi-Arabien wollen das Assad-Regime aus dem Weg räumen, um den „schiitischen Halbmond“ zu brechen, der sich von Beirut nach Herat zieht. Die schiitische-alawitische Unterstützung für die Hisbollah – die einzige Gruppe, die eine militärische Stellung gegen Israel einnimmt – ist peinlich, denn sie offenbart die Schwäche der „sunnitischen“ Regime.

Die opportunistische Hamas ist ein anderes Thema. Die Vergeltung nach den Katjuscha-Angriffen auf Israel war ein simpler Weg, sich den Säckel zu füllen; jetzt, wo die Hilfsmittel nach dem Krieg in die Region kommen.

Israel hat den Takt geändert: In der Vergangenheit betrachtete Tel Aviv Assad (erst den Vater, dann den Sohn) als notwendige Übel. Das Syrien der Assads mag zu einem bestimmten Punkt ein militärischer Gegner gewesen sein. Aber nach den Kriegen wurde es zu einem rhetorisch militanten, aber berechenbaren Akteur, der das Land stabil hielt und seine Aufmerksamkeit auf den Libanon, und nicht auf Israel richtete.

Nachdem die Hisbollah das politische Establishment im Libanon infiltriert hatte, ist sie jetzt ein Staat im Staate, der soziale Dienstleistungen offeriert und einen überlegenen militärischen Arm hat. Die Zukunft des Libanon sieht düster aus. Die massiven Bombenangriffe gegen die libanesische Infrastruktur während des Krieges 2006 war Israels Weg zu zeigen, dass es keinen Unterschied zwischen diesem syrisch-iranischen Stellvertreter und dem Staat Libanon macht, solange deren Überschneidung anhält.

Um den alawitischen Assad gegen eine sunnitische Regierung mit Bindungen an die Türkei und Qatar – neben anderen – auszutauschen, ist definitiv die bessere Option. Dies wird ein Glied der Kette von Teheran, durch Beirut bis Nasrallah zerbrechen.

Die Interessen Amerikas verlaufen parallel mit denen Israels, sind aber von größerer Natur. Die Syrien-Kampagne ist der erste Schuss einer neuen Schlacht, die zwischen den Koalitionen bestritten wird, die die sunnitischen-schiitischen Linien ausmachen. Dies wird eine neue strategische Dynamik im Nahen Osten erzeugen.

Islamische Zeitung: Sie sprachen in früheren Texten von einem neuen Kalten Krieg im Nahen Osten. Was meinen Sie damit?

Dawud Stewart Hurrell: Zum Verständnis müssen wir einsehen, dass der Kalte Krieg weniger eine Reaktion auf sowjetischen Druck war, sondern vielmehr eine Entschuldigung dafür, den wirtschaftlichen und politischen Einfluss der Amerikaner in aller Welt zu projizieren. Die Historiker Joyce und Gabriel Kolko bezeichneten dies als Forcierung einer „liberalen, Internationalisten“ Agenda. Sowjetische Abenteuer boten eine gute Entschuldigung, wenn es vonnöten war. Dies könnte man 1973 in Chile mit dem Schicksal Salvador Allendes beobachten.

Als Fortsetzung dieses Trends, der nach 1991 durch das Fehlen eines zu identifizierenden Feindes behindert wurde, projizieren und schützen die USA auch weiterhin ihre strategische Interessen in aller Welt. Weil der Zustand Nordamerikas eine Verbindung von unternehmerischen und politischen Parteien beinhaltet, ist es stellenweise schwierig, das nationale Interesse der USA auf Grundlage seiner eigenen Sicherheitsbelange zu bestimmen. Die Folge davon ist, dass man zeitgleich mit zwei Augen auf die US-Diplomatie in jener Kernregion blicken muss.

Im Nahen Osten wird eine neuer Kalter Krieg entlang religiöser Fronten erzwungen. Das beuten die Amerikaner zu ihrem strategischen Vorteil aus. Wie bereits erwähnt, überlagern sich oft die Interessen von Konzernen und die strategischen Belange der USA.

Auf einer Ebene müssen die USA den jetzigen Zustand unter hochwertigen Staaten wie Saudi-Arabien, Qatar, Bahrain und die Vereinten Arabischen Emiraten aufrechterhalten. Wegen der israelischen Sicherheit gehört auch Ägypten dazu.

Der Wert dieser Länder leitet sich aus wirtschaftlichen Erwägungen ab – natürlich Erdöl. Aber da die Regierungen der in Region ihre Rechtmäßigkeit und ihren Wohlstand aus den Erdölexporten ableiten, darf niemand erwarten, dass sie – kollektiv oder einzeln – die Waffe des Erdölboykotts einsetzen. Dafür fehlt es ihnen am politischen Willen. Auch eine koordinierte OPEC-Aktion ist unwahrscheinlich, da diese mittlerweile global ist und wegen der unterschiedlichen nationalen Interessen einer solchen Aktion niemals zustimmen würde (das 1973er Erdölembargo wurde von der AOPEC beschlossen).

Welche andere Großmacht könnte die USA auf rein strategischer Ebene ersetzen? China, mit seinem veralteten ukrainischen Flugzeugträger, oder Russland, das nicht viel mehr zu bieten hat als Waffen und Know-how bei der Entwicklung von Energieträgern? Daher ist das Strategische, im Sinne einer Rivalität zwischen den Großmächten, seit dem Zusammenruch der Sowjetunion weniger wichtig. Allerdings können die erwähnten Mächte die Geo-Ökonomie der Region beeinflussen.

Um es genauer zu sagen: Die erwähnten hochwertigen Staaten des Nahen Ostens bilden den Kern – zusammen mit China im Osten – des Dollarsystems. Solange das Erdöl in US-Dollar berechnet wird, und solange rund 30 Prozent des weltweiten Rohöls aus dem geografisch kleinen „Erdöl-Dreieck“ kommt, bleibt die Verbindung fest. Das wird als die „unsichtbare Hand der Amerikanischen Hegemonie“ bezeichnet.

Die zweite Ebene, die ebenfalls ein Thema des Kalten Krieges ausmacht, ist ein Projekt zur Aufrechterhaltung der Strukturen dieser hochwertigen Staaten, indem sie abhängig vom Schutz des US-Militärs bleiben. Der Gegner ist ein ambitionierter Iran und seine schiitischen Stellvertreter im Irak, Syrien und dem Libanon. Der „schiitische Halbmond“, der sich vom Mittelmeer bis zum westlichen Afghanistan erstreckt, bildet den nördlichen Abschnitt dieses neuen Kalten Krieges. Als Folge der iranischen Ambitionen sind sie nicht nur eine Herausforderung für die arabische Glaubwürdigkeit, sondern auch eine existenzielle Prüfung, wenn sich insbesondere die iranischen Atombestrebungen in der bisherigen Entwicklungsrichtung fortsetzen. Teil davon sind die Förderung von Unruhen in den erdölreichen, östlichen Regionen Saudi-Arabiens sowie in Bahrain. Vergessen werden dabei darf auch nicht das letzte Jahrzehnt der Beziehung von Hamas zum Iran und die breite Beliebtheit von schiitischen Führern wie Hassan Nasrullah und Ahmedinedschad unter der Bevölkerung. Das ist die Folge ihrer aktivistischen Haltung gegen die israelische und amerikanische Macht.

Innerhalb dieser regionalen Rivalitäten begannen die USA damit, sich als Schutzherrn der arabischen Regime gegen das schiitische Abenteuertum einzumischen. Der erste Schritt war die Schaffung von Demokratie im Irak. Dies führte per Definition dazu, dass Macht an die schiitische Mehrheit überging. Und da ihr Führer die Zeit von Saddam im iranischen Exil verbrachte, ergab sich eine unausweichliche Iran-Connection. Der nächste Schritt war die Auflösung der atomaren Drohung durch den Iran, der die Knie von einigen fortschrittlichen arabischen Politikern zum Schlottern bringt. Die Feindschaft und die Kriegsdrohungen gegen den Iran hatten zur Folge, die Entschlossenheit des Irans zur Vervollständigung seines Nuklearprogramms zu steigern. Ein atomarer Iran ohne ein atomares arabisches Gegenstück hätte schwerwiegende Folgen für die Stabilität im Nahen Osten. Es ist daher kaum verwunderlich, dass Saudi-Arabien 2010 ein einen 60 Milliarden US-Dollar schweren Waffendeal mit den USA – oder eher mit den US-Rüstungsschmieden – abschloss.

Das dritte Stadium in diesem Prozess war der so genannte „Arabische Frühling“, der die gemäßigten Männer fürs Grobe in der Region wie Gaddafi, Ben Ali, Mubarak und zukünftig Assad ausschaltete. Im Gegenzug setzte sich der Typus der berechenbaren „islamistischen“ Muslimbruderschaft durch, der natürlich auf die schiitisch-iranischen Ambitionen mit der Bildung einer gemeinsamen Front reagieren wird. Dieser gesteuerter Zustand der Spannung erlaubt den Amerikanern, eine „Nachfrage“ nach Sicherheit zu schaffen, die nur zu gewillt sind, zu „liefern“. Als Folge wird die geo-ökonomische Struktur unverändert bleiben, da es innerhalb dieser Struktur eines Kalten Krieges keinen Raum für unabhängige Aktionen geben wird. Man muss nur an die Gefügigkeit westeuropäischen Alliierten der USA während des eigentlichen Kalten Krieges denken. Dank der Gemütslage der wohlhabenden Monarchen der Region dürfte man kaum erwarten, dass ein arabischsprachiger De Gaulle aufstehen und eine unabhängige Politik ankündigen wird.

Schlussendlich ist dieser neue Kalte Krieg in strategischer Hinsicht für Israel ein Traum, der sich erfüllt. Was könnte besser sein, als dass Israel und die Araber einen gemeinsamen Feind im Iran haben? Und was könnte besser sein, als dass die USA und Israel einen gemeinsamen Feind haben? Ohne die anhaltende wirtschaftliche, militärische und diplomatische Unterstützung der USA ist es fraglich, ob sich Israel in seiner jetzigen Form wird halten können. Ich muss hierbei nur an Efraim Inbar denken, der bereits 2004 feststellte: „Es gab in Israel ein Gefühl, dass sich wegen des Endes Kalten Krieges die Beziehungen zu den USA abkühlen würden und wir einen neuen Leim für das Bündnis bräuchten werden. Und dieser neue Leim war der radikale Islam; Iran war radikaler Islam.“

Islamische Zeitung: Erlauben Geografie und Geopolitik alternative Szenarien, in denen der Nahe Osten oder die muslimische Welt nicht den globalen Frontverläufen von China versus USA folgen? In den letzten Jahren schlugen einige vor, dass das osmanische Modell helfen könnte…

Dawud Stewart Hurrell: Es ist Vorsicht angebracht, wenn wir das regionale Kräftespiel des Nahen Ostens durch die Linse der amerikanisch-chinesischen Rivalität sehen. Zweifelsohne hat China Interessen im Nahen Osten, aber sie sind ökonomischer Natur. Es will sich im Notfall Zugang zu verfügbaren Energiereserven sichern, trotz der diplomatischen Barrieren wie beim Iran. Hierzu gehört auch der Zugang zur arabischen Welt als ein Absatzmarkt. China hat sich den Nahen Osten erschlossen, wo es dank seiner geringeren Kosten einen großen Marktanteil kontrolliert. Hinzu kommen bedeutsame Infrastrukturprojekte [wie der Bau großer Eisenbahnlinien]. Außerdem führt Peking in erheblichem Maße Waffen in die Region aus.

Auf strategischer Ebene ist China im Wesentlichen abwesend. Die Chinesen können es sich einfach nicht leisten, durch ihre Politik in eine Konfrontation verwickelt zu werden, die zu einem Zusammenstoß mit den USA führt. Am Ende braucht Peking – trotz seiner Kontrolle von US-Schatzbriefen in Höhe von drei Billionen Dollars und der US-Schulden – die USA mehr, als sie China brauchen. Amerika hat China, nachdem es von Deng Xiao-Ping geöffnet wurde, durch Investitionen und Auslagerung von Arbeitsplätzen aufgebaut. Es wäre ein Leichtes, dass seine verletzliche Exportwirtschaft beschädigt werden würde.

Man könnte hier auf die chinesische Unterstützung für den Iran und Syrien verweisen – entweder militärisch durch Waffenlieferungen oder diplomatisch in der UN. Aber es ist wichtig sich daran zu erinnern, dass die Hilfe Chinas defensiv ist, und nicht aggressiv. Mit anderen Worten, China verteidigt den Iran und Syrien nur, wenn der Preis dafür nicht zu hoch ist. Peking verteidigt seine Verbündeten vielleicht genauso wie die Sowjets Kuba „verteidigten“; im Interesse ihrer Glaubwürdigkeit. Trotz Waffenlieferungen und diplomatischer Rückenstärkung feuerte Moskau offiziell niemals einen Schuss für seinen kubanischen Verbündeten ab (der Abschuss des U2-Spionageflugzeugs geschah auf Befehl eines eigenmächtig handelnden Generals).

Russland und China sind Großmächte, die Respekt und Einfluss wollen. Sie verabscheuen es, dass die USA auf ihren Interessen und Alliierten herumtrampeln. Das bedeutet aber nicht, dass sie die Fähigkeit hätten, die Verhältnisse umzudrehen, wenn etwas schief geht. Als Beispiel muss man nur die Verschiebung der chinesischen und russischen Positionen in der Libyenkrise betrachten; oder die Veränderung der Haltung Moskaus im Falle Syriens. Die USA betreiben aktive Geopolitik gegenüber bestimmten Staaten und Regionen, während China im Wesentlichen reaktionär handelt. Dies könnte sich in einem oder zwei Jahrzehnten ändern und hängt davon ab, wie sich der Aufstieg Pekings entwickelt. Aber heute ist China bestenfalls eine zweitrangige Macht. Es muss seine eigenen Angelegenheiten in Ordnung bringen, bevor es sich in den Hinterhöfen anderer einmischt.

Das osmanische Modell ist spannend. Es sieht eine supranationale politische Organisation vor und hatte die Kapazität, eine Vielfalt unterschiedlicher Völker friedlich zu regieren. Es ist definitiv eine Lösung, wie Mehmet Maksudoglu in seinem Buch klarmachte. Aber hier geht es um eine Frage, wie solch ein politischer Prozess heute entstehen könnte.

In einer Zeit, in der Gebietserweiterungen illegal sind und mit international sanktionierten Gegenoffensiven beantwortet werden, ist die militärische Option für keinen Staat haltbar. Wegen der intensiven Kombination aus Nationalismus sowie ethnischen und religiösen Unterschieden, durch die der Nahe Osten gekennzeichnet wird, ist es zweifelhaft, ob seine Bevölkerungen freiwillig Teil eines Gemeinwesens werden, das größer ist als sie selbst. Frühere Versuche einer arabischen Union sind gescheitert. Man könnte sich vorstellen, dass zukünftig etwas Vergleichbares zur EU entstehen könnte. Solche eine „Union“ müsste sich jeder spezifischen nationalistischen Identität entledigen, was zu sofortigem Widerstand führen würde. Eine „Union“ der osmanischen Art müsste auf dem Islam als gemeinsamem Faktor beruhen, indem sie verschiedene Staaten und Regionen vereint. Ansonsten dürfte sie scheitern. Der Antrieb dazu könnte aus einer wirtschaftlichen Kooperation kommen, wie es im Falle der Europäer die Montanunion für Kohle und Stahl aus den 1950er Jahren war. Möglicherweise mit der Türkei an ihrer Spitze, sobald der Nahen Osten sich erfolgreich industrialisiert, um seine Verletzlichkeit als Ansammlung von Ländern der Rentenökonomie zu beenden.

In Europa kam es zu dieser Solidarität aber erst nach einer lähmenden Serie von Kriegen, die von 1914-1945 dauerten. Sie brachen den Kampfgeist Europas und zwangen es zur Kooperation, um den Kontinent aufbauen zu können. Daher bleibt es zweifelhaft, ob ein ähnliches Projekt für die arabischen Welt erfolgreich wäre. Folgen wir Henry Kissingers Beschreibung, wonach die dortigen Machtverhältnisse vergleichbar zu denen sind, wie sie im Europa des 17. Jahrhunderts herrschten, dann sehen die Dinge nicht vielversprechend aus.

Dies vorausgesetzt ist die Türkei der stärkste Staat des weiteren Nahen Ostens. Seine Kontrolle der Oberläufe von Euphrat und Tigris bedeutet, dass es dieses Monopol über das lebensspendende Wasser für den Aufbau eines beispiellosen politischen Einflusses nutzen könnte. Das geplante – mittlerweile wahrscheinlich eingestellte – Projekt einer Wasserpipeline nach Israel unterstreicht diese Tatsache.

Würden wir nach einem historischen Beispiel suchen, dann ließe sich vielleicht in der Periode der Kämpfenden Reiche Chinas von 400-220 v.u.Z. ein Hinweis darauf finden, wie sich erneut Einheit im Nahen Osten finden ließe. Die sieben kämpfenden Reiche waren mehrheitlich han-chinesisch. Im Nahen Osten dienen Islam und Arabisch als gemeinsame Faktoren.

Wenn alles andere scheitert, scheint militärische Macht der Schlüssel zur Vereinigung getrennter und unabhängiger Regionen zu sein. Obwohl es logisch wäre, dass gemeinsame Sprache, Religion und Kultur die treibenden Kräfte für eine politische Einheit sind. Historische oder theoretische Lösungen sind einfach, aber die praktischen Mittel ihrer Umsetzung sind fast unmöglich, solange kein Erdbeben das Haus zum Einsturz bringt. Also, wenn Sie „Osmanen“ sagen, denke ich an Janitscharen…

Islamische Zeitung: Offenkundig steht Europa – spätestens seit der Krise seiner künstlichen Einheitswährung – am Rand. Was sind die wichtigsten Regionen unserer Zeit?

Dawud Stewart Hurrell: Seit Ende das Kalten Krieges steht Europa immer mehr abseits; eine natürliche Folge des Zusammenbruches seines feindlichen und nuklearen Nachbarn sowie durch den „Aufstieg des Restes“. Während der 1990er brachten die Jugoslawien-Kriege Europa – oder einen Mangel an Europa – zurück in den Blickpunkt.

Aber es waren Ereignisse anderswo, die drängender waren und drohten, die Sicherheit der Kernregionen zu unterminieren – der Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion, die Öffnung der zentralasiatischen Länder, das irakische Fiasko und die indisch-pakistanischen Spannungen. Diese Entwicklungen verschoben die Aufmerksamkeit vom Nordatlantik in Richtung Asien und Pazifik.

Obamas Hinwendung nach Asien kann als Beginn einer Phase „nach dem Terror“ in Amerikas Generalplan gedeutet werden. Der Aufstieg Chinas ist natürlich ein Modewort, aber er ist fragwürdig, um es vorsichtig zu sagen. Man könnte den logischen Schluss ziehen, dass acht- bis zehnprozentiges Wirtschaftswachstum pro Jahr und parallel dazu wachsende Militärausgaben in ein bis zwei Jahrzehnten eine regionale oder gar globale Herrschaftsmacht hervorbringen werden. Und doch bedeutet diese Logik nach Ansicht von Luttwak, dass sich China selbst eine Falle stellt. Sein wachsendes Durchsetzungsvermögen in der Region schafft neue Feinde, die es blockieren werden, was den Amerikanern in die Hände spielt. In den Augen der USA sollte China ein billiges Erzeugerland bleiben, dass seine Erträge zurück an die USA verleiht, um den Dollar zu stützen und Inflationsraten gering zu halten.

Die Vorstellung, dass die Globalisierung eine rivalisierende Seemacht 6.000 Meilen westlich von Kalifornien hervorbringt – mit schätzungsweise deutlich höheren Fähigkeiten, als sie das imperiale Japan jemals hatte – ist in relativer Hinsicht ein Alptraum. Die enorme Geografie der asiatisch-pazischen Region mit ihren Inseln, Archipelen und riesigen Entfernungen macht ein vorrangiges Setzen auf Seemacht zur Projektion von Macht notwendig. Dies übersetzt sich in die Anschaffung fortschrittlicher U-Boote und oberseeischer Fahrzeuge, um das Machtgleichgewicht zu halten oder zu verändern. Das trifft auch auf die Verbesserung der Luftwaffe zu, die zu einem unverzichtbaren Bestandteil jeder Marine wurde. Um Kissinger erneut zu zitieren: Die internationale Ordnung Asiens erinnert mehr an europäische des 19. Jahrhunderts als die nordatlantischen Staaten im 21. Jahrhundert.

Diese Nationen sehen sich trotz ihrer ökonomischen Bindungen als strategische Rivalen. Der intensive Nationalismus, Ärger über historische Ungerechtigkeiten und Gebietsstreitigkeiten schufen eine Lage, die mit größter Vorsicht zu behandeln ist. Paradoxerweise macht die US-Präsenz die Dinge schlimmer, da sie schwache Länder wie Vietnam oder die Philippinen ermutigt, sich bei Streitigkeiten gegen China zu stellen und sich lauter und kriegerischer zu verhalten, als sie dies bei schwächeren Nachbarn tun würden.

Es bleibt allerdings vollkommen unklar, wie weit die USA gehen würden, um ihre Verbündeten tatsächlich zu verteidigen. Die asiatisch-pazifische Strategie ahmt die nahöstliche nach und erleichtert Risiken für die Sicherheit. Ein Bedarf, der von den USA gefüllt werden kann. Von sehr lukrativen Verträgen zur maritimen Bewaffnung einmal ganz zu schweigen. Allerdings gibt es hier eine erhebliche Konkurrenz der Europäer und Russlands mit seinen verlässlichen U-Booten. Diese sind die gezogenen Schwerter in einer solchen Angelegenheit.

Der Streit zwischen China und Japan um die Senkaku-Inseln ist ein „Siedepunkt“, der vielleicht zu einem militärischen Konflikt führen könnte. Wie es auch ausgeht, diese Entwicklungen stimulieren das maritime Wettrüsten in der Region. Die Amerikaner betreiben ein kluges Spiel. Solange inner-asiatische Streitigkeiten anhalten, ist China gezwungen, seine Energien auf regionaler Ebene zu fokussieren. Das schadet seinen globalen Plänen und erlaubt es den USA, Halt in der Region zu finden. Nach einer Beobachtung des niederländisch-amerikanischen Geopolitikers Nicholas Spykman ist es besser, ein funktionierendes Mitglied eines europäisch-asiatischen Machtgleichgewichts zu sein, um die Entwicklungen innerhalb handzuhabender Grenzen zu kanalisieren, anstatt abwesend oder isolationistisch zu sein. Spykman schrieb dies 1943 und dachte dabei an das imperiale Japan; die Parallelen sind eindeutig.

Jenseits von Ostasien kommt es zu einer Verbesserung der indisch-pakistanischen Beziehungen. Pakistan gewährte Indien vor Kurzem den Status einer meistbegünstigten Nation. Afrika und Lateinamerika bleiben bis auf Weiteres die wirtschaftlichen Jagdgründe für die Großmächte und Russland betreibt immer noch seine schleichende Energiediplomatie. Moskaus jüngste Ankündigung, dass die Bauarbeiten an der South-Stream-Gas-Pipeline durch das Schwarze Meer 2013 beginnen werden, ist ein kleiner, aber teurer Sieg.

Islamische Zeitung: Lieber Dawud Stewart Hurrell, vielen Dank für das Gespräch.

Hurrell lehrt Geopolitik am Dallas College of Leadership in Kapstadt. Seine Artikel und Analysen finden sich auf www.geopoliticus.org.

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Afghanistan und die Rhetorik des Krieges. Interview mit dem Publizisten und geopolitischen Beobachter Parvez Asad Sheikh

(iz) Zwischen Propaganda, Medienpolitik und Geheimdiensten bewegten sich die Veröffentlichung der Afghanistan-Dokumente durch das Netzwerk Wikileaks. Bisher kam es aber kaum zu neuen Erklärungsmustern für den anhaltenden Krieg in Afghanistan. […]

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Istanbul: Blutiger Militäreinsatz könnte mittelfristig Geopolitik der Region beeinflussen. Von Sulaiman Wilms

(iz/dpa). Trotz des blutigen Militäreinsatzes gegen den internationalen Konvoi sollen schon bald neue Hilfsschiffe Kurs auf den Gazastreifen nehmen. Das kündigte die islamisch-türkische Hilfsorganisation IHH am Donnerstag an. UN-Generalsekretär Ban […]

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Nuklearstreit: Der USA gehen im Streit mit dem Iran die Optionen aus. Von Sulaiman Wilms

(IZ/Al Jazeera). Befragt man die allgegenwärtigen Gastarbeiter in den reichen Staaten am Persischen Golf, so sorgen sie sich trotz der anhaltenden Finanzkrise nicht nur um ihre gefährdeten Arbeitsplätze. Neben der […]

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