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Corona, Krieg und Kaffeekurse: Fairer Handel und die Krise(n)

Die Corona-Krise hat Europas größtes Fair-Handels-Unternehmen Gepa gut weggesteckt. Doch nun sorgen die Kaffeebörse und der Ukraine-Krieg für Probleme. Und die sind vielgestaltig.

Wuppertal (KNA). Mit einem lauten Schlürfen zieht Hanna Schmid den Kaffee vom Löffel. Kurz spült die Sortimentsmanagerin den Schluck im Mund hin und her, dann spuckt sie ihn in ein weißes Porzellangefäß. “Eine ausgewogene Säure”, sagt sie. “Das ist typisch für die Arabica-Bohne.”

Seit anderthalb Jahren arbeitet Schmid beim Fair-Handels-Unternehmen Gepa in Wuppertal. Rund 170 Mitarbeitende sind für den Standort im Bergischen Land tätig. Sie testen – wie Schmid – die Qualität von fair gehandeltem Kaffee im hauseigenen Kaffeelabor. Sie empfangen, verpacken und verschicken Waren im 8.500 Quadratmeter großen Zentrallager, sie halten Kontakt zu den Produzenten vor Ort, sie kümmern sich um das Marketing und die Jahresabschlüsse und sie beschäftigen sich mit politschen Fragen.

Rund 400 unterschiedliche Produkte verkauft Gepa im Einzelhandel, über ihren Online-Shop und – wie schon zu den Unternehmensanfängen – in kirchlich geprägten Weltläden. Die “Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt” gilt heute als der größte europäische Importeur fair gehandelter Waren aus dem globalen Süden. Im vergangenen Jahr machte das Unternehmen fast 1,5 Millionen Euro Gewinn – trotz Corona-Krise. Auch das erste Pandemiejahr 2020 schloss es mit einem Plus von 767.000 Euro ab.

Die Erwartungen für das laufende Jahr fallen allerdings nicht so gut aus. Der kaufmännische Geschäftsführer Matthias Kroth hofft, dass das anstehende Weihnachtsgeschäft Umsatzrückgänge noch abfedern kann. Grund für die sinkenden Zahlen ist der Ukraine-Krieg und das “deutlich veränderte Verbraucherverhalten”, so Kroth. Wegen der gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise wechselten derzeit viele Kundinnen und Kunden zu Discountern. Gepa bietet ihre Produkte aber in den höherpreisigen Supermärkten und bei Bio-Ketten an.

Das hat etwas mit der Geschichte des Unternehmens zu tun. Bei der Gepa-Gründung im Jahr 1975 war der Vertrieb fair gehandelter Produkte als politischer Akt aus einem christlichen Menschenbild heraus zu verstehen. Nach wie vor kommt ein Großteil der Gesellschafter aus dem Kirchenkontext. Lebensmitteldiscounter hingegen stehen im Ruf, noch den letzten Cent aus ihren Zulieferern herauszuquetschen. Würde Gepa ihre Produkte im Billig-Supermarkt anbieten, würde das in der Weltladen- und Kirchenszene auf Unverständnis stoßen, glaubt Kroth.

Heute bezieht das Unternehmen seine Produkte von 131 Partnern in 46 Ländern weltweit, darunter Tee, Schokolade und Wohnaccessoires. Der Verkaufsschlager aber ist seit vielen Jahren Kaffee. Rund 41 Prozent des Gesamtumsatzes von 84,91 Millionen Euro machte Gepa 2021 mit dem Verkauf von Kaffeebohnen, -pulver, -pads oder -kapseln. Der Einkaufspreis für das Rohprodukt orientiert sich an den Kursen der Kaffeebörse in New York. Oben drauf zahlt Gepa mehrere Zuschläge. Die sollen menschenwürdige Arbeitsbedingungen ermöglichen, aber auch zum Beispiel Naturschutzvorhaben in den Kaffeekooperativen finanzieren.

Einem Stresstest war das Gepa-Flagschiff schon in den Monaten vor dem russischen Angriffskrieg ausgesetzt. Der Weltmarktpreis für ein amerikanisches Pfund Kaffee lag im Januar bei rund 2,40 US-Dollar. Ein Jahr zuvor waren es nur rund 1,25 Dollar. Vor allem Engpässe bei Schiffscontainern und eine Dürre im wichtigen Bezugsland Brasilien haben die Steigerung verursacht.

Als Folge erhöhte Gepa zum Jahresanfang die Verkaufspreise für Kaffee um bis zu 1,50 Euro pro Kilo. Den Schritt hätten die Kunden aber “erstaunlich gut akzeptiert”, sagt Kroth. “Wir haben uns jetzt eine sehr gute Substanz geschaffen. Das gibt uns die Ruhe, auch mal ein, zwei weitere Krisenjahre zu überstehen.” Auf keinen Fall wolle Gepa die Zuschläge für die Bäuerinnen und Bauern in den Partnerländern kürzen; auch Entlassungen in der Wuppertaler Zentrale solle es nicht geben. Kosten eindämmen könnte ein Teil der Lösung sein, so der Diplom-Ökonom.

Im Kaffeelabor nimmt Hanna Schmid noch einen Schluck von der Arabica-Mischung, lässt ihn kurz im Mund und spuckt ihn dann aus. Kaffee probieren ist nur ein Teil ihrer Aufgabe, erzählt sie. Zur Zeit tauscht sie sich intensiv mit Kaffeeröstereien aus, mit denen Gepa zusammenarbeitet. Auch diese Unternehmen treibt der Ukraine-Krieg um. Denn: Sie alle rösten mit Gas.

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