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Spaltung von Gesellschaft: Immer mehr Bürger haben Sorgen

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Spaltung: „Ein gewisses Auseinanderdriften in verschiedene gesellschaftliche Lager beobachten wir in Deutschland schon lange, etwa in links-rechts, arm-reich oder Stadt-Land“ (KNA). Berichte über rechtsextreme Verschwörungspläne, aufgeheizte politische Debatten und auf […]

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Gesellschaft: Deutlich mehr rechtsextreme Positionen in Deutschland

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Gesellschaft: Aus einer Befragung für eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung lässt sich ein beunruhigender Trend ablesen.

Berlin (dpa). Rechtsextreme Einstellungen haben in der deutschen Bevölkerung laut einer aktuellen Studie seit 2021 stark zugenommen. Aktuell hat jeder zwölfte Erwachsene ein rechtsextremes Weltbild, wie eine am Donnerstag veröffentlichte Untersuchung von Forschern der Universität Bielefeld feststellt. Mit 8,3 Prozent ist der Anteil gegenüber dem Niveau der Vorjahre von knapp 2 bis 3 Prozent erheblich gestiegen.

Gesellschaft: deutlich mehr rechtsextreme Positionen

Dabei kann man der Studie zufolge von einer rechtsextremen Einstellung nicht automatisch darauf schließen, wo sich jemand selbst politisch verortet. „Unter jenen, die sich klar als „links“ positionieren, gibt es dabei mehr Menschen, die ein gefestigtes rechtsextremes Weltbild teilen (12 Prozent) als es in der politischen Mitte der Fall ist (7 Prozent)“, halten die Forscher um Andreas Zick fest.

Zugenommen habe auch der Anteil der Befragten, der sich rechts der Mitte verortet, heißt es in der Studie mit dem Titel „Die distanzierte Mitte“. Während sich demnach aktuell 15,5 Prozent der Bevölkerung selbst rechts der Mitte sehen, waren es bei der zurückliegenden Befragung lediglich knapp zehn Prozent.

afd

Foto: Olaf Kosinsky / kosinsky.eu / Lizenz: CC BY-SA 3.0

Überraschend ist das nicht, wenn man auf die Ergebnisse der Wählerumfragen der vergangenen Wochen schaut. Dort lag die rechtspopulistische AfD bundesweit bei etwa 22 Prozent.

Grundsätzlich spiegeln Wahlumfragen nur ein Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang. Sie sind zudem immer mit Unsicherheiten behaftet.

Aus den Ergebnissen lasse sich ablesen, dass es der AfD offenbar gelinge, „besonders fremdenfeindliche Nichtwähler“ für sich zu gewinnen, sagte die Mitautorin Beate Küpper. Gerade bei Wählern von CDU und CSU finde sich eine vergleichsweise niedrige Zustimmung zum Rechtsextremismus. In der öffentlichen Debatte stelle man oft fest, dass deren „demokratisches Grundverständnis unterschätzt wird“, sagte die Sozialpsychologin.

Ideologie von „Ungleichwertigkeit und Gewalt“ 

Für die „Mitte-Studie“ der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung werden alle zwei Jahre mit einer repräsentativen Befragung vor allem rechtsextreme Einstellungen untersucht. Als zentrales Merkmal des Rechtsextremismus definieren die Autoren „eine Ideologie der Ungleichwertigkeit und Gewalt beziehungsweise die Billigung von Gewalt zur Durchsetzung der Ideologie“. 

Im Vergleich zu den Vorjahren werde der Vorwurf der beschnittenen Meinungsfreiheit von deutlich mehr Befragten geteilt, heißt es in der Studie. „Gleiches gilt für die völkische Forderung, unterschiedliche Völker sollten sich nicht miteinander vermischen“.

Rassismus

Foto: Freepik.com

Die 2027 Teilnehmer einer Telefonumfrage durch das UADS Institut in Duisburg im Zeitraum vom 2. Januar bis 28. Februar dieses Jahres waren aufgefordert worden, sich zu bestimmten Aussagen zu positionieren, etwa ob sie eine Diktatur befürworten würden. Von der Gesamtstichprobe ausgehend liegt die Fehlergrenze nach Angaben der Autoren bei +/- 2,2 Prozent.

Der Aussage „Die regierenden Parteien betrügen das Volk“ stimmten den Angaben zufolge 30 Prozent der Befragten zu – fast doppelt so viele wie zwei Jahre zuvor. Mehr als verdoppelt hat sich demnach der Anteil derjenigen, die politische Gewalt billigen. Laut Studie liegt er aktuell bei 13,2 Prozent. Vor zwei Jahren vertraten 5,3 Prozent der Befragten diese Auffassung.

Positive Haltung zur Demokratie haben abgenommen

Die Grundorientierung zur Demokratie generell sei zwar noch relativ hoch, habe aber auch abgenommen, sagte Zick. Während aktuell 87 Prozent der Befragten dem Grundsatz „In einer Demokratie sollte die Würde und Gleichheit aller an erster Stelle stehen“ zustimmten, seien es in der Studie zu den Jahren 2018/2019 noch 93 Prozent gewesen.

Die Autoren der Studie wollten diesmal außerdem wissen, welche Sorgen die Menschen in Deutschland im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine am meisten umtreiben.

Sie fanden heraus, dass die Sorge um eine Ausweitung des Krieges mit 62 Prozent zwar relativ dominant ist, die Sorge hinsichtlich steigender Energiepreise jedoch mit 66 Prozent an erster Stelle steht. Grundsätzlich gilt dabei: Frauen bereiten die Auswirkungen des Krieges insgesamt mehr Sorgen als Männern.

Foto: annastills, Freepik.com

Signifikante Unterschiede gibt es auch zwischen den Menschen, die im Westen und im Osten Deutschlands wohnen. So befürchten den Angaben zufolge rund 45 Prozent der Menschen im Westen, als Konsequenz aus diesem Krieg ihren eigenen Lebensstandard dauerhaft nicht halten zu können.

Im Osten treibt diese Sorge etwa 61 Prozent der Menschen um. Eine Ausweitung des Krieges befürchten laut der Studie etwa 70 Prozent der Menschen im Osten und etwa 60 Prozent der Bevölkerung im Westen.

Abgefragt wurde darüber hinaus, ob sich Menschen einsam fühlen. Die Forscherinnen und Forscher stellten dabei fest, dass das Gefühl der Einsamkeit in Städten und ländlichen Gebieten ähnlich verbreitet ist.

„In Ostdeutschland fühlten sich Menschen lange Zeit einsamer als im Westen, das hat sich mittlerweile nahezu angeglichen“, heißt es in der Studie. Insgesamt gaben demnach 28 Prozent der Befragten an, es fehle ihnen öfter oder häufig an Gesellschaft.

15 Prozent der Bevölkerung fühlen sich laut den Ergebnissen der Studie von anderen isoliert. Damit liege die Einsamkeit nun wieder auf ähnlichem Niveau wie vor der Corona-Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen.

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Gesellschaft 2023: Ein Fünftel hat rechtspopulistisches Weltbild

Debattenklima gesellschaft Deportationsszenarien

Gesellschaft: Je ausgeprägter Rechtspopulismus sei, umso größer sei auch die Unzufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie.

Stuttgart (KNA) Ein Fünftel der Menschen in Deutschland hat einer Studie zufolge ein geschlossen rechtspopulistisches Weltbild.

Ein erweitertes solches Weltbild findet sich bei gut einem Drittel, wie ein am Dienstag vorgestelltes „Demokratie-Monitoring“ der Universität Hohenheim ergab.

Foto: Ewa Studio, Shutterstock

In der Gesellschaft haben insbesondere AfD-WählerInnen ein rechtspopulistisches Weltbild

Ein rechtspopulistisches Weltbild besteht demnach vor allem bei Anhängerinnen und Anhängern der AfD. Tendenziell stärker finde sich ein solches Weltbild bei 45- bis 59-Jährigen, bei Menschen mit niedriger formaler Bildung sowie in Ostdeutschland.

Je ausgeprägter ein rechtspopulistisches Weltbild sei, umso größer sei auch die Unzufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie, so die Studie.

Den Befragten waren 22 Aussagen vorgelegt worden, von denen einige Verschwörungserzählungen beinhalteten. „Nicht alle der 22 bewerteten Aussagen sind mit Populismus gleichzusetzen. Wenn sie aber gemeinsam auftreten, weist dies auf ein geschlossen rechtspopulistisches Weltbild hin“, heißt es.

Medien

Foto: Shutterstock

Glaube an „geheime Mächte“

Gut ein Viertel der Menschen denkt, dass die Politik in Deutschland von „geheimen Mächten“ gesteuert werde. Ebenfalls ein Viertel meint, die Regierenden „betrügen das Volk“. Ein Fünftel bis ein Viertel der Befragten sieht seitens der Massenmedien Manipulation: Sie würden die Bevölkerung systematisch belügen.

„Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten nutzten immer wieder die gleichen „Erzähl-Elemente“, erklärte Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider. Sie dächten, dass es einen einheitlichen „Volkswillen“ gebe, den innere und äußeren Mächte unterdrückten.

Dazu gehörten politische Eliten, Massenmedien, die EU, die Globalisierung und der Islam. „Oft werden auch Verschwörungserzählungen eingebaut.“

In der den Angaben zufolge repräsentativen Umfrage waren im Juli 4.024 Menschen befragt worden, 2.510 davon in Baden-Württemberg und 1.514 im restlichen Bundesgebiet. Die Befragten aus Baden-Württemberg seien proportional zu ihrem Anteil an der gesamten Bevölkerung in Deutschland gewichtet worden. Die Befragung wurde von forsa im Auftrag der Universität durchgeführt.

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Religionsmonitor: Ein Drittel sieht „Bedrohung“

Religionsmonitor

Religionsmonitor: Konfessionell Ungebundene berichten überdurchschnittlich häufig, keine religionsbezogenen Kenntnisse zu haben. (KNA/IZ). Ende Mai hat die Bertelsmann Stiftung ihren neuen „Religionsmonitor“ vorgestellt. Die letzte Ausgabe wurde 2013 veröffentlicht. Im Vergleich […]

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Leipziger Autoritarismus-Studie: Weniger rechtsextreme Einstellungen, aber mehr Vorbehalte

gesellscha

Seit zwanzig Jahren untersuchen Forscher in den Leipziger Autoritarismus-Studien, wie es um radikale Tendenzen in Deutschland bestellt ist. Die Wissenschaftler vermelden positive Tendenzen – aber nicht nur. Viele sehen sich im politischen Prozess abgehängt. Von Martina Herzog und Anne-Béatrice Clasmann

Berlin (dpa). Rechtsextreme Einstellungen sind in Deutschland laut einer Studie aktuell weniger stark verbreitet als vor zwei Jahren. Die Autoren der Leipziger Autoritarismus-Studie, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde, sehen die Gesellschaft dennoch im Krisenmodus. Wie das Team um die beiden Psychologen Oliver Decker und Elmar Brähler feststellt, sind zwar 82 Prozent der Bürgerinnen und Bürger mit der verfassungsmäßigen Demokratie zufrieden. Bei einer repräsentativen Befragung zwischen März und Mai dieses Jahres war jedoch nur gerade die Hälfte mit der demokratischen Alltagspraxis zufrieden.

Durch die Corona-Pandemie und den russischen Angriffskrieg in der Ukraine seien die Verantwortlichen in Bund und Ländern zwar gestärkt. Ihr Handeln finde auch breite Zustimmung. Diese „autoritäre Sicherheit“ habe aber einen Preis. Ohnmachtsgefühle und die Einschränkungen des eigenen Lebens würden akzeptiert, führten aber auch „zu einer Steigerung der Aggressionen“. Rechtsextreme Einstellungen träten zwar in den Hintergrund, andere „antidemokratische Motive“ gewännen gleichzeitig aber an Bedeutung.

Der Studie zufolge ist fast jeder Zweite (46,6 Prozent) in Ostdeutschland der Auffassung, „Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden“. In Westdeutschland vertreten demnach knapp 24 Prozent der Menschen diese Meinung. Etwa genauso viele Menschen im Westen haben laut Studie Vorbehalte gegen Sinti und Roma. Im Osten Deutschlands liegt dieser Wert bei knapp 55 Prozent. Einen Anstieg beobachteten die Forscher bei der Auswertung der Ergebnisse der Befragung, die alle zwei Jahre stattfindet, auch bei antifeministischen Einstellungen. Den Angaben zufolge waren 27 Prozent der Befragten der Ansicht, dass Frauen, „die mit ihren Forderungen zu weit gehen, sich nicht wundern müssen, wenn sie wieder in ihre Schranken gewiesen werden“.

In der Studie heißt es außerdem: „Wir finden autoritäre Reaktionen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie nicht allein an erwartbarer Stelle – den Milieus mit Verschwörungsglauben –, sondern auch weit darüber hinaus.“ Durch die Proteste gegen die Präventionsmaßnahmen der Bundesregierung seien Verschwörungserzählungen zur Grundlage einer breiten Mobilisierung geworden. „Sie wurden von organisierten Rechtsextremen genutzt, fanden aber auch in anderen politischen Milieus Anklang.“ Wie „Ausländerfeindlichkeit, Antifeminismus und Antisemitismus“ so seien auch die mit der Pandemie verbundenen „Verschwörungserzählungen eine Brückenideologie, welche verschiedene antidemokratische Milieus miteinander verbindet“.

Die Stärkung der Exekutive in der Pandemie habe zu einer höheren Zufriedenheit mit der Regierung geführt, sagte Co-Autor Decker. Unterstützer der Corona-Maßnahmen hätten die Regierung wie auch die Wissenschaft als positive Autorität erlebt und sich mit den Vorkehrungen identifiziert. Doch ein Teil der Geimpften hege gegenüber Ungeimpften Aggressionen. Der Wunsch nach harten Strafen zeige ein „autoritäres und damit ebenfalls antidemokratisches Potenzial“, heißt es in der Studie. Manifeste, also ausdrückliche, autoritäre Aggressionen gegen Ungeimpfte seien bei fast jedem fünften Geimpften zu finden. „Doch müssen wir im Rückblick feststellen, dass diese Wut auf die Ungeimpften weniger von der Realität gestützt war als von einem Bedürfnis nach Handlungsfähigkeit, das sich in der Personifizierung des Problems in einer gesellschaftlichen Gruppe äußerte.“

Die Zustimmung zur verfassungsmäßigen Demokratie ist im Osten seit der vorherigen Befragung im Jahr 2020 sprunghaft angestiegen auf über 90 Prozent – ein Zuwachs um mehr als 25 Prozentpunkte. Im Westen blieb der Wert ungefähr gleich bei um die 80 Prozent. Dabei gilt aber: Je abstrakter nach der Demokratie als Konzept gefragt wird, desto größer die Zustimmung. Die „Demokratie, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert“, fand nur noch bei 58,8 Prozent der Befragten Zustimmung.

Gleichzeitig haben viele Menschen das Gefühl, selbst nicht politisch mit gestalten zu können. Nur etwa jeder Vierte ist überzeugt, Einfluss auf Regierungsentscheidungen nehmen zu können, nur ein Drittel sieht Sinn in eigenem politischem Engagement, wobei sich im Osten mehr Menschen ohnmächtig fühlen als im Westen. Die Möglichkeiten zur demokratischen Teilhabe gingen zurück, sagte Co-Autor Decker. Die Bereiche, in denen Menschen einen Großteil ihres Lebens verbrächten wie Schule oder Arbeit seien hierarchisch organisiert. Es sei wichtig, hier Möglichkeiten zur Mitbestimmung zu schaffen.

* Unter dem Titel „Autoritäre Dynamiken in unsicheren Zeiten“ legen Wissenschaftler der Universität Leipzig bereits die elfte Untersuchung dieser Art zu politischen und antidemokratischen Einstellungen in Deutschland seit 2002 vor. Die Untersuchung erscheint im Zweijahres-Rhythmus, sie wird von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung und der Otto Brenner Stiftung der IG Metall unterstützt.

Medienkonsum und Gesundheit

Nachrichtenüberflutung

(iz). Es war eine große Idee: das Internet, ein weltumspannendes Netzwerk, das die wissenschaftliche und kulturelle Kompetenz eines ganzen Planeten zusammenführt. Soziale Medien, die gesellschaftliche Gruppen und Personen vernetzen und die Methode der Schwarm-Intelligenz in Form einer Orientierung in einer komplizierten Welt einführt.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts werden diese Errungenschaften mit einer gewissen Skepsis angesehen. Schlimmer noch, es besteht der Argwohn, dass die neuen Medien das moderne Leben eher vergiften als verändern und den Einzelnen entweder in den Narzissmus des „Selfie“, der permanenten Selbstdarstellung, oder aber in allgegenwärtige Formen der Identitätspolitik verstricken.

Nicht selten wird die wachsende Zahl der Depressiven dadurch erklärt, dass die Informations- und Bilderflut ein ungesundes Ausmaß angenommen haben und eher zu einer Flucht aus der Realität und weniger zu einer gesunden Wahrnehmung der menschlichen Lage führt. Die Statistiken der Mediennutzung zeigen, dass wir eine immer größere Zeitspanne vor unseren Smartphones und Computern verbringen.

Bevor man sich an einer Einordnung versucht, sollte man sich klar machen, dass die Innovationen der Technik meist jenseits von gut und böse einzuordnen sind. Was auf der einen Seite eine Segnung ist, ist auf der anderen ein Fluch. Unter dem Stichwort digitale Gesundheit kooperieren tausende Mediziner international zum Wohl der Kranken, während das Bild des gläsernen Patienten ein Wortspiel einführt, dass die Gefahr dieser Entwicklungen anzeigt.

Die Kritik an den Neuen Medien hat in Deutschland eine lange Tradition. Schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts hat Walter Benjamin einen Grundlagentext verfasst. „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ führt in die Revolution ein, die der Fortschritt im Feld der Fotografie und der Filmkunst verursacht. Der Philosoph enthält sich dabei eines endgültigen Urteils, erwartet nicht nur die Veränderung von Sehgewohnheiten, überhaupt der Erkenntnis, sondern ahnt bereits das politisch-soziale Potential der Mediennutzung. Benjamin, der vor den Nationalsozialisten flüchtete, ist sich klar, dass die Möglichkeit der bewegten Bilder von den Ideologien eingesetzt werden.

Er stellt fest, dass das Kunstwerk immer kopiert wurde, aber die technische Reproduzierbarkeit etwas Neues eröffnet. Sie löst endgültig die ursprüngliche Anlehnung der Kunst am religiösen Ritual und ändert radikal die Art der Sinneswahrnehmung. Bei der Reproduktion fällt aus seiner Sicht eines aus, dass Hier und Jetzt des Kunstwerkes – sein einmaliges Dasein an dem Ort, an dem es sich befindet. Die Vervielfältigung setzt an die Stelle eines einzelnen Vorkommens das Massenhafte und wird dadurch politisch nutzbar.

Die Folgen sind ambivalent. Was im Zeitalter der Reproduzierbarkeit des Kunstwerkes beispielsweise verkümmert, beklagt Benjamin, ist seine Aura. Was er damit meint, kann man in seiner eigenen digitalen Bilddatenbank prüfen. Wir sammeln unzählige Bilder über die Dinge und Ereignisse, die wir wahrnehmen und festhalten, dabei verliert man nicht nur schnell den Überblick, sondern oft das Verständnis, wann etwas vor unsere Kameras geschah und warum. Es fällt schwer die immer wiederkehrenden Bilder, falls wir sie überhaupt nochmals anschauen, an eine bestimmte Entstehungszeit zu knüpfen. In den sozialen Medien verlieren sich die Abbildungen von privaten oder öffentlichen Katastrophen und Ereignissen in einer unheimlichen Beliebigkeit.

Die wachsende Zahl von Videos und kleinen Clips erinnern zudem an ein Bonmot des Kulturkritikers Georges Duhamel: „Ich kann nicht mehr denken, was ich denken will. Die beweglichen Bilder haben sich an den Platz meiner Gedanken gesetzt.“ Parallel zu dieser Analyse muss man sich die wissenschaftlich belegte Erkenntnis vergegenwärtigen, dass die meisten MediennutzerInnen längere Texte kaum mehr zur Kenntnis nehmen, nur auf Emotionen reagieren und die Standards aus der digitalen Welt in ihren Alltag übernehmen.

In der persönlichen Begegnung trifft man dann öfters auf Zeitgenossen, die alles wissen und sich kaum für das Argument des anderen im konkreten Gespräch interessieren. Noch seltener wird man auf Interesse stoßen, wenn der Gesprächspartner etwa Schnappschüsse von seiner Urlaubsreise oder seinen Stadtrundgängen zeigt. Der Fakt, dass wir fortlaufend von Informationen und Bildern überfüttert werden, lässt sich in eine Metapher übersetzen, die das Problem verbildlicht: Unser Glas ist stets voll.

Eine andere Revolution sieht Benjamin ebenso in seinem Text voraus: „Mit der wachsenden Ausdehnung der Presse, die immer neue politische, religiöse, wissenschaftliche, berufliche, lokale Organe der Leserschaft zur Verfügung stellte, gerieten immer größere Teile der Leserschaft – zunächst fallweise – unter die Schreibenden.“ Die Unterscheidung zwischen Autor und Publikum ist im Begriff ihren grundsätzlichen Charakter zu verlieren.

Ein Phänomen, das die sozialen Medien auf die Spitze treiben. In den diversen Foren des Internets mutiert inzwischen jede Persönlichkeit zum Autor, verbreitet religiöse Theorien oder gibt seine politische Meinung kund. Zu Beginn wurde diese Realität mit der Idee der Demokratisierung verbunden, heute wächst hier die Skepsis, denn Millionen von neuen Autoren publizieren regelmäßig Unsinn, Falschmeldungen und Beleidigungen.

Verändern die sozialen Medien die Gesellschaft zum Negativen? Bevor man sich hier vorschnell eine Meinung bildet, erinnert man sich besser an die Weisheit, dass jede menschliche Tätigkeit, die ohne Maß betrieben wird, direkt oder indirekt krank macht. Aber, zweifellos, betrachtet man die wachsende Zeit, die der Konsument in den sozialen Medien verbringt, lässt sich das Gefahrenpotential kaum herunterspielen.

Die ganze Welt und ihre Krisen im Sekundentakt nachzuvollziehen, birgt offensichtlich die Gefahr, entweder zu verzweifeln oder sich in einer Parallelwelt mit simplen Wahrheiten zu versorgen. Stress, Angst und Panikattacken sind nach wissenschaftlicher Sicht der Preis, der das Überangebot von negativen Informationen mit sich bringt. Im Nachrichtenmagazin „Der SPIEGEL“ hat der Medienforscher McLaughlin aus seiner Untersuchung berichtet, die bestätigt, dass bei 1.100 Befragten etwa 16,5 Prozent zu diesem problematischen Medienkonsum neigen.

Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Nutzung der Medien oft mit der Einsamkeit der Nutzer einhergeht. Es fehlt oft an begleitenden Begegnungen, Gespräche, die die Erfahrungen und Einsichten des alltäglichen Konsums miteinander einordnen. Dass eine reale Situation nicht durch digitale Medien ersetzt werden kann, erkennt man an den Ermüdungserscheinungen, die die zahlreichen Zoom-Konferenzen in uns auslösen. Und jeder, der/die sich als RednerIn in einem virtuellen Forum versucht hat, wird schnell erkennen, wie der Mangel an direkt erfahrener Reaktion den eigenen Redefluss hemmt.

Das gleiche Phänomen werden diejenigen bestätigen, die auf eine sachliche oder Gewinn bringende Diskussion in einem sozialen Medium hoffen. Nicht zufällig endet diese Kontaktaufnahme meist schnell, es wird radikaler – im Vergleich zu einem direkten Austausch – geurteilt und verurteilt. Die Zahl der virtuellen Feindschaften dürfte in dieser Bilanz größer ausfallen, wie die Fälle des Beginns echter Freundschaft.

Natürlich gilt auch im Feld der sozialen Medien der alte Grundsatz, dass die Absicht zählt. Neben dem Rat der Mäßigung der Nutzung bietet sich hier eine weitere Ergänzung an. Wer für ein Thema mobilisiert, nach Gleichgesinnten sucht oder ein konkretes Projekt initiiert, wird in den Foren immer Erfolgserlebnisse verzeichnen. Die Theorie dazu leitet sich von einem Gedanken des Philosophen Slavoj Zizek ab, der das Virtuelle im Sinne einer Vorstufe des Realen ansieht. Dieser Mechanismus funktioniert, je nach Motivation, in einer guten und einer schlechten Dimension. Wer sich zum Ziel setzt, das Netz für ein Projekt zu nutzen oder echte Begegnungen einzuleiten, wird gesündere Erfahrungen verbuchen, im Vergleich zu denjenigen, die nur in einer imaginären Traumwelt von absoluten Wahrheiten das Spiel der Akteure beobachten.

Es ist an der Zeit für die muslimische Community, eine neue Strategie für die kreative Nutzung sozialer Medien anzudenken. Das faszinierende Potential der Mobilisierung, die das Internet ermöglicht, dürfte dabei kaum ernsthaft zur Debatte stehen. Seit Jahren gelingt es uns, in den neuen Medien die bestehenden negativen Assoziationsketten rund um das Phänomen der Muslime in Europa mit positiven Bildern zu konterkarieren. Hier seien drei weitere Beispiele genannt, die wir gemeinsam in den nächsten Jahren umsetzen können: die Neuformierung von Gilden, die Etablierung virtueller Marktplätze und die Finanzierung von richtungsweisenden Projekten durch das Crowdfunding. Die Wirkung der modernen Technologien sind ambivalent, im Ergebnis bleibt aber die Hoffnung, dass sich unsere guten Absichten letztlich durchsetzen.

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Auf der Sinnsuche: Die letzten Konservativen

(iz). Der Begriff des „Konservativen“ ist im politischen Diskurs fragwürdig geworden. Ursprünglich bedeutet das lateinische Wort „conservare“, etwas zu bewahren. Wenn man heute jemanden als konservativ bezeichnet, meint man meist […]

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Wir werden immer älter und weniger

Debattenklima gesellschaft Deportationsszenarien

Viele Staaten mit einer niedrigen Geburtenrate hegen immer noch Illusionen auf eine Änderung ihrer Lage. Es ist an der Zeit für sie, diese aufzugeben und sich auf eine Periode vorzubereiten, […]

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Spalter! Spalter? Kommentar auf eine zerstrittene Gesellschaft

„Seid ihr von der Judäischen Volksfront?“ – „Judäische Volksfront. Quatsch! Wir sind die Volksfront von Judäa! Judäische Volksfront…“ (Das Leben des Brian)

(iz). Nachdem 2007 eine hartnäckige Weltfinanzkrise wegen „Blasen“, Spekulation und unkontrollierten Geldmengen ausbrach, begann eine der ersten Krisen des 21. Jahrhunderts. Im Verlauf lernten wir den bisher seltenen „Stresstest“ kennen. Hier bedeutete es, dass die zuvor irrational agierenden Finanzinstitutionen auf ihr Funktionieren unter Belastungsbedingungen geprüft wurden. Als Folge entstanden unter anderem „Bad Banks“ für die vielen „faulen Kredite“.

Wenden wir dieses Prüfverfahren auf unsere, seit März 2020 von Pandemie und ihrer Nebenwirkungen gestresste Gesellschaft an, finden sich Risse in ihrem Zusammenhalt. 

In der öffentlichen Debatte macht das böse Wort von der „Spaltung“ längst die Runde. Je nach Standpunkt des Betrachters geht sie entweder von einer Minderheit aus, die sich trotz einer vierten Welle nicht impfen lässt und den Mehrheitskonsens zum Virus ablehnt, oder es sei die Mehrheit selbst, welche uns spalten würde.

Machen wir uns nichts vor. Wir Muslime kennen den Begriff, der gerne als Vorwurf gebraucht wird. Das Etikett des „Spalters“ wird häufig in unterirdischen Debatten dem angeklebt, der öffentlich kritisiert. Oder man nimmt ihnen übel, einen – häufig eingebildeten – Konsens aufgekündigt zu haben. Manchmal stimmt diese Zuschreibung. Viel häufiger aber setzen sich die Urteilenden so sehr mit der Mehrheitsposition oder diesem Konsens gleich, dass sie Widerspruch als Bruch einer reinen Lehre und ihrer Identität begreifen.

Sprechen wir im gesamtgesellschaftlichen Kontext von „Spaltung!“, dann müssen wir als Bürger erkennen, dass hier eine hochkomplexe Gesellschaft herrscht. Sie ist schon lange kein Monolith mehr, sondern ist ein buntes Sammelsurium diversester „Parallelgesellschaften“.

Insofern braucht es eine Krise, um das hervorzubringen, was längst schon Realität ist, aber das Funktionieren für die Öffentlichkeit bislang nicht sonderlich störte. Deutschland steht vor einer Doppelaufgabe: Zu verhindern, dass Zentrifugalkräfte zu groß werden, und gleichzeitig Minderheitenrechte bewahren.

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Was sind die Schlüsselelemente in der Mädchenerziehung?

Es gibt eine Aussage von Saijiduna ‘Ali [dem vierten Khalif des Islams], wonach die ersten sieben Lebensjahre eines Kindes dem Spiel gewidmet sein sollten. In den nächsten sieben sollten sie […]

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