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BRICS-Gipfel 2023 eine Neuvermessung der Welt?

BRICS

BRICS: Die Fünfer-Gruppe will sich erweitern und neue Mitglieder aufnehmen. Doch zu welchen Kriterien und ab wann?

Johannesburg (dpa/KNA). Der Gipfel der wichtigen Schwellenländer BRICS endete am Donnerstag in Südafrikas Wirtschaftsmetropole Johannesburg. Im Vordergrund des dreitägigen Spitzentreffens steht die Erweiterung der Gruppe.

Es wird erwartet, dass die Staatschefs der Fünfer-Allianz Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika während ihrer Abschlusserklärung dazu konkret Stellung nehmen.

Entsteht mit BRICS der größte Block?

Sie könnten Aufnahmekriterien für neue Mitglieder beschließen. Auch ist es denkbar, dass es Hinweise geben wird, ab wann zusätzliche Staaten aufgenommen werden – um aus der Gruppe durch zahlreiche Neuzugänge BRICS plus zu machen.

Auf diese Weise will BRICS als Machtzentrum des globalen Südens ein Gegengewicht zu anderen Foren wirtschaftlich starker Länder wie den G7 bilden. Auch ihre Abhängigkeit vom US-Dollar als globale Leitwährung wollen die Mitglieder reduzieren. Schon jetzt macht BRICS nach eigenen Angaben 42 Prozent der Weltbevölkerung und etwa ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung aus.

Foto: 15th BRICS SUMMIT, via flickr

Der „globale Süden“ will sich emanzipieren

Geht es nach Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor, ist das Zeitalter des globalen Südens angebrochen. „Wir wollen unseren eigenen Platz in dieser Welt schaffen, und das zügig“, betonte die Diplomatin am Dienstag beim Gipfeltreffen.

Heute leben in Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung; zudem verbuchen die Schwellenländer mehr als ein Viertel der globalen Wirtschaft. Die geplante Expansion des Bundes könnte die bisherige Weltordnung auf den Kopf stellen – nicht zuletzt, weil China und Russland den Prozess auch als eine Art politischer Dating-Plattform betrachten.

Für die aktuellen und künftigen Mitglieder von BRICS plus ist vor allem ein Ziel interessant: die sogenannte Entdollarisierung, also eine Abkehr vom US-Dollar als Weltleitwährung. In Zukunft wollen die Mitglieder vermehrt in eigenen Landeswährungen handeln.

Im Gespräch ist die Schaffung eines gemeinsamen Zahlungsmittels. „Die Hoffnung dieses Gipfels ist, dass künftig mehr Länder profitieren und ein neues System geschaffen wird, das nicht allein vom Westen abhängig ist“, schreibt die südafrikanische Zeitung „Mail & Guardian“.

Wiederholt betonte Pandor: BRICS sei weder antiwestlich noch prorussisch; auch keine Konkurrenz zu den USA und der EU. Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hob in seiner Rede am Dienstagabend ebenfalls hervor, dass das Bündnis kein Gegenpol zu den G7- oder G20-Staaten sei. Vielmehr habe man das Potenzial, die Ungleichheiten dieser Welt zu bekämpfen und ehemals unterdrückten Ländern gleichberechtigtes und ökologisches Wachstum zu bringen.

Foto: 15th BRICS SUMMIT, via flickr

Weitere Staaten wollen Mitglied werden

Nach Angaben der südafrikanischen Außenministerin Naledi Pandor haben etwa 40 Staaten mehr oder weniger verbindlich Interesse an einer Brics-Mitgliedschaft bekundet, 23 davon konkret. Darunter befinden sich Argentinien, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Algerien, Ägypten, Iran, und Bangladesch.

Chinas Präsident Xi Jinping, Brasiliens Luiz Inácio Lula da Silva, Südafrikas Cyril Ramaphosa und Indiens Premierminister Narendra Modi nahmen in Person an dem Gipfel teil. Russlands Staatschef Wladimir Putin wurde per Video zugeschaltet.

Der Kreml-Chef nutzte das Treffen, um den Krieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen. Obwohl er selbst den Einmarsch ins Nachbarland am 24. Februar 2022 befohlen hatte, schob er einmal mehr dem Westen die Schuld zu und behauptete: „Das Bestreben einiger Länder, ihre Vorherrschaft in der Welt zu bewahren, hat zu der schweren Krise in der Ukraine geführt.“

Foto: Mike Mareen, Shutterstock

Ein Vehikel sino-russischen Machtwillens

Einige Experten äußerten Zweifel. Sie befürchten, dass eine Erweiterung überwiegend zugunsten Chinas und Russlands ausfallen dürfte. „Nein zu Putins Imperialismus“ und „Bring die Kinder zurück“, forderten Aktivisten vor dem Johannesburger Tagungszentrum. Drinnen nutzte Putin seine Rede auf riesiger Leinwand dazu, potenzielle Verbündete zu umwerben: „Russland ist und bleibt ein verlässlicher Nahrungsmittellieferant für Afrika“, sagte er.

Laut Politologen hat nicht zuletzt der russische Angriff auf die Ukraine zu einem Ansturm auf den Verbund geführt. „Das hat viel Angst unter den Ländern des Globalen Südens geschaffen. Vielen geht es darum, ihre strategische Autonomie auf der Weltbühne abzusichern“, meint Priyal Singh von der afrikanischen Denkfabrik Institute for Security Studies.

Offen ist, ob es beim Gipfel zu konkreten Zusagen an potenzielle Beitrittskandidaten kommt. In jedem Fall sollten Indien, Brasilien und Südafrika auf Ausgewogenheit unter den neuen Mitgliedern achten, rät die südafrikanische Politologin Narnia Bohler-Muller.

Neben Staaten wie Kuba könnten auch Verbündete des Westens, etwa Saudi-Arabien oder Mexiko, den Zuschlag erhalten. Andernfalls könnte BRICS zu einer „Quelle globaler Polarisierung“ werden.

Foto: yiannisscheidt, Shutterstock

Hilfswerk sieht BRICS-Erweiterung skeptisch

Misereor sieht die angekündigte Erweiterung des BRICS-Staatenbundes skeptisch. „Wir beobachten mit Sorge, dass unter den Ländern, die sich nun für einen Beitritt im Bündnis interessieren, ausgerechnet solche mit eingeschränkten Demokratien beziehungsweise Theokratien sind“, sagte die Misereor-Abteilungsleiterin für Politik und Globale Zukunftsfragen, Kathrin Schroeder, am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

„Es ist zu befürchten, dass durch eine engere Zusammenarbeit von Regierungen aus solchen Staaten die Akzeptanz für die Achtung, Schutz und Gewährleistung der Menschenrechte noch stärker unter Druck geraten“, gab Misereor-Vertreterin Schroeder zu bedenken. Auch könnten gemeinsame Anstrengungen zum Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele in den Hintergrund rücken.

Misereor setze große Hoffnungen in multilaterale Prozesse, „in denen im Prinzip jedes Land dasselbe Stimmgewicht hat“, betonte Schroeder. „Wir wissen natürlich auch, dass die Machtverhältnisse, die von Finanz- und Wirtschaftskraft sowie dem Erbe des Kolonialismus geprägt sind, diese Gleichheit in der Realität oft konterkarieren.“

Selbstverständlich sei nichts gegen ein selbstbewusstes Auftreten der Staaten einzuwenden. „Schwierig wird es, wenn Zusammenschlüsse Blockbildungen vorantreiben und den Multilateralismus weiter schwächen würden.“

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