Kommentar: Respekt vor den Toten Aziz und Ahmad. Gegen die Hetzjagd. Von Tarek Bärliner

(iz). “Die Paten des Untergrunds” titelt der Berliner Ableger der Axel-Springer-Presse „BZ“ völlig unverfroren über die zwei verstorbenen Brüder Aziz und Ahmad A. Die “Bild” machte es ihr nach.

Am Samstag, dem 16.05. kippte gegen 02:30 Uhr ein LKW zur Seite und blockierte die drei Spuren der A2 nahe dem Dreieck Hannover-West. Die beiden Brüder sahen das Unglück nicht kommen und fuhren mit vollem Tempo in den LKW. Ihr Wagen brannte aus, Hilfe kam zu spät.

Jeder gesunde Menschenverstand würde in Anbetracht der frischen Trauer der Angehörigen und der besonderen Härte der Todesursache sich den Normen des Anstandes entsprechend verhalten. Jede Achtung christlicher, muslimischer und selbst säkularer Trauerphasen wird bei der „BZ“ und der „Bild“ aber scheinbar außer Kraft gesetzt. Wie hyänengewordene Medien werfen sich die beiden Blätter auf die verbrannten Leichen und schlachten die Meldung aus.

Die zwei wehrlosen Toten werden zu gefürchteten Großkriminellen, die Trauernden zum ‚Gesocks‘ des Milieus verdammt. Von einer Pressegruppe, die öfter als jede andere vom Presserat gerügt wird.

Für die Paten der Medienwelt werden selbst allseits bekannte Anstandsformen aufgehoben. Die „BZ“ titelte nach der Beerdigung, scheinbar auf der Suche nach der höchstmöglichen Dreistigkeit, „wenn die Paten der Unterwelt beerdigt werden, dann zählt die Berliner Straßenverkehrsordnung nicht mehr viel.” Wenig später änderte sie das. Einsicht? Wohl kaum.

Die diversen Rügen des deutschen Presserates bleiben unbeachtet. Die Beerdigung wird zu einer Zusammenkunft der geballten kriminellen Szene Berlins instrumentalisiert. Dass sich dort aber über 3.000 Gäste versammelten, die sicherlich zu großen Teilen in keiner Weise in kriminelle Machenschaften verwickelt sind, wirkt auf die Redakteure wohl unmöglich. Und dass dafür ein Teil des Berliner Columbiadamms von der Polizei organisiert und gesichert abgesperrt wird, ist eine logische Maßnahme der Behörden, den Trauerzug ungehindert stattfinden zu lassen und die Kontrolle über den Verkehr zu behalten. Selbst nach ihrem Tod und der Hetzjagd auf ihren Ruf noch den Versuch zu unternehmen, ihnen eine Aufhebung der Straßenverkehrsordnung in die Schuhe schieben zu wollen, lässt unmoralische Maßlosigkeit erahnen.

Menschen irren. Mit Sicherheit waren auch Aziz und Ahmad mit Fehlern behaftet. Und wenn sie wirklich kriminell waren – ist dies nicht der Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Staatsgewalt? Der späte, selbsternannte Richter, der über den Schmerz der Angehörigen hinweg seine verachtenswerten Schlagzeilen zu produzieren versucht, beweist die absolute Auflösung empathischer Fähigkeiten.

Während der leitende Imam die Trauernden ermutigt in Anbetracht der Erinnerung an die Vergänglichkeit des Lebens auf die Suche nach eigenen Fehlern zu gehen und sich zu bessern, jeder Schlechtigkeit abzusagen, versucht die „BZ“ einem Fortschritt im Weg zu stehen und Toten und Trauernden einen ewigen Stempel aufzudrücken.

„Wir tragen keine Zuhälter oder Drogendealer zu Grab, wir tragen zwei Verwandte, zwei Menschen! In dieser schweren Zeit uns so hinterhältig zu attackieren ist das Letzte. Hier sind Greise, Frauen und Kinder die am Boden zerstört sind. Hier sind Leute, die diese Vorwürfe zum ersten Mal hören. Man muss nicht gut finden, was sie beiden angeblich gemacht haben sollen, aber man kann wenigstens die Toten respektieren“, sagt ein Angehöriger.

Eine Freundin der Familie fügt hinzu: „Die Artikel waren wie eine harte Ohrfeige in die weinenden Gesichter ihrer Familien.“

Tote sind tot. In unserer Sprache ist ein weitverbreiteter Ausspruch „Mögen sie in Frieden ruhen“. Mit dieser Hetzjagd wird ihnen weder Ruhe noch Frieden gewährt. Solidarität mit Toten ist keine Solidarität mit Kriminalität. De mortuis nil nisi bene – über die Verstorbenen soll man nur Gutes reden, hieß es schon bei Solon.

Möge der Schöpfer den Seelen der Verstorbenen gnädig sein und den Angehörigen Geduld und Lohn schenken. „Wir gehören Allah und zu Ihm kehren wir wieder zurück.“ (Sure 2/156)

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