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Gaza: CARE warnt vor Bedingungen

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Gaza: CARE warnt vor inhumanen Zuständen. In Rafah sind eine Millionen Menschen auf der Hälfte der Fläche von Bonn zusammengepfercht.

Bonn (CARE). Die Hilfsorganisation CARE warnt, dass über zwei Millionen Menschen in Gaza von einer akuten Hungersnot bedroht sind oder an vermeidbaren Krankheiten sterben könnten.

Im Moment haben die Menschen in Gaza im Durchschnitt nur zwei bis drei Liter Wasser pro Tag zur Verfügung. Das ist ein Fünftel dessen, was in Ausnahmesituationen zum Trinken, Kochen und für die persönliche Hygiene nötig wären.

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Foto: UNRWA/Ashraf Amra

Gaza – über 80 Prozent sind auf der Flucht

Über 80 Prozent der Bevölkerung mussten ihr Zuhause aufgeben und alles zurücklassen. Sie leben jetzt größtenteils in provisorischen Unterkünften. Diese schützen jedoch nicht vor den aktuellen Temperaturen von nur fünf Grad in der Nacht und der derzeitigen Wetterlage mit Regen und Wind.  

„Die Menschen in Gaza, die die aktuelle Situation bisher überlebt haben, fürchten nun zusätzlich einen langsamen Tod. Oft teilen sie sich kleine Räume oder Zelte mit dutzenden anderen Geflüchteten.

Schwangere oder stillende Mütter liegen ohne Matratze auf dem kalten Boden neben Menschen, die sie noch nie zuvor getroffen haben“, sagt Hiba Tibi, stellvertretende Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika. 

„Die Menschen trinken Brackwasser und essen alles, was sie auf dem schmutzigen Boden finden. Alle husten, Kinder haben blutigen Durchfall und Mütter verzichten fast komplett auf Nahrung, um sicherzustellen, dass ihre Kinder satt werden.“ 

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Foto: Anas-Mohamed, Shutterstock

Eine Katastrophe in Rafah

Besonders katastrophal ist die Situation in Rafah, wo rund eine Million Palästinenser:innen auf einer Fläche von 65 km2, halb so groß wie das Stadtgebiet von Bonn, zusammengepfercht sind. Da die Anzahl der Notunterkünfte immer weiterwächst und sich mittlerweile bis zu 480 Menschen nur eine Toilette teilen müssen, stellen Krankheiten eine ernsthafte Bedrohung dar.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation haben Durchfallerkrankungen bei Kindern unter fünf Jahren seit der Eskalation des Konflikts um 2.000 Prozent zugenommen, während über 225.600 Menschen an akuten Atemwegsinfektionen leiden. 
 
„Es ist ein Albtraum. Die Menschen haben keine Winterkleidung, keine Decken, nichts, was ihre Kinder wärmen könnte. Die Böden, auf denen die Menschen schlafen, sind schlammig, da der Regen ständig die Zelte überschwemmt.

In den Camps, in denen CARE arbeitet, gibt es kaum Wasser, die Menschen müssen ihre Notdurft im Freien verrichten und viele leiden an Durchfallerkrankungen“, sagt Tibi. „Familien bezeichnen ihre Lage in Gesprächen mit uns als ‚Todesfalle‘ oder ‚Hölle auf Erden‘, in der es weder grundlegende Hygiene noch sonst irgendwie sichere Bedingungen gibt.“ 

Über 60 Prozent der Unterkünfte in Gaza wurden zerstört oder sind schwer beschädigt. 1,7 Millionen Menschen sind Binnenvertriebene und suchen Schutz vor den ständigen Angriffen in Schuppen, Ruinen, Schulen oder Krankenhäusern.

Foto: A-One Rawan, Shutterstock

Frauen und Kinder sind besonders gefährdet

„CARE ist besonders besorgt über die Situation von Frauen und Kindern. 90 Prozent der Kinder unter zwei Jahren in Gaza können nicht altersgemäß und abwechslungsreich ernährt werden“, sagt Tibi.

„Ihr Immunsystem ist geschwächt, was das Risiko erhöht, an eigentlich vermeidbaren Krankheiten zu sterben. Wir hören immer häufiger von jungen Müttern, die nicht in der Lage sind, zu stillen, weil sie zu unterernährt und durch die Auswirkungen des Krieges und der Blockade psychisch gestresst sind. Wir können nur ansatzweise abschätzen, welche katastrophalen Auswirkungen dieser Krieg in den kommenden Jahren haben wird.“ 

CARE bekräftigt seine Forderungen nach einer sofortigen Feuerpause, damit im gesamten Gazastreifen vollständige, sichere und ungehinderte Bereitstellung humanitärer Hilfe gewährleistet werden kann und die sofortige Freilassung aller Geiseln.

Die internationale Gemeinschaft muss schnell handeln, um eine Verschärfung der humanitären Katastrophe abzuwenden.

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Gaza nach dem Terror: Gebiet unter Blockade

Angst Eskalation

Gaza: Nach ersten Luftangriffen wartet die Zivilbevölkerung auf die erwartete Bodenoffensive. Tel Aviv verhängte eine totale Blockade.

(KNA, dpa, iz, Agenturen). Neben der angeordneten Unterbrechung der Strom-, Treibstoff- und Lebensmittelversorgung wird Israel das Wasser abdrehen. Das geht aus Äußerungen des Ministers für Infrastruktur, Energie und Wasser, Israel Katz, hervor. Ähnlich äußerte sich Verteidigungsminister Gallant. „Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und handeln entsprechend“, wurde er von Medien zitiert.

„Eine Bombardierung, die Dutzende palästinensischer Kinder töten wird, und die Streichung von Strom, Lebensmitteln und Treibstoff für Krankenhäuser und Familien sind nicht zu rechtfertigen“, sagte diesbezüglich der ehemalige norwegische Politiker und heutige Vertreter des Norwegischen Flüchtlingsrates (NRC) Jan Egeland. Andere internationale Stimmen weisen darauf hin, dass eine totale Blockade gegen internationales Recht verstößt.

Foto: IDF Spokesperson’s Unit, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Gaza vor Beginn der Bodenoffensive ohne Versorgung aus Israel

Das dicht besiedelte Gebiet, in dem mehr als 40 Prozent der Einwohner 14 Jahre alt oder jünger sind, ist damit einer totalen Blockade aller Güter und Versorgungsleistung von israelischer Seite ausgesetzt. Unterdessen gehen die seit Samstag als Reaktion auf den Terror der Hamas gegen israelische Zivilisten geflogenen Luftangriffe weiter.

Die Hilfsorganisation Islamic Relief warnte vor einer Verschlechterung der humanitären Lage im Gazastreifen durch die israelische Gegenoffensive. Ein Großteil der Bevölkerung sei auf humanitäre Hilfe angewiesen, um zu überleben. „Alle Parteien sollten Zurückhaltung üben, um weitere zivile Opfer zu vermeiden“, hieß es. Israel hatte der in Großbritannien ansässigen Organisation in der Vergangenheit wiederholt vorgeworfen, die Hamas zu unterstützen.

Nachdem Israel die Einfuhr von Gütern in den Gazastreifen gestoppt hat, sollen die Menschen in dem Küstengebiet laut Meldungen Hilfslieferungen aus dem benachbarten Ägypten erhalten. Hilfslieferungen verschiedener Nichtregierungsorganisationen stünden in der Nähe des Grenzübergangs bereit, sagte ein Vertreter der palästinensischen Botschaft in Rafah, dem ägyptischen Grenzübergang zum Gazastreifen, am Montag.

Der Grenzübergang ist derzeit geöffnet, die ägyptischen Behörden müssen noch zustimmen. Bereits am Sonntag waren erste Hilfslieferungen in Gaza eingetroffen.

Ana Povrzenic, Direktorin des NRC für Palästina, rief zu einem Ende der Gewalt und zum Schutz der Zivilbevölkerung auf. „Alle Parteien müssen sich an das humanitäre Völkerrecht halten, indem sie es unterlassen, Zivilisten absichtlich oder wahllos ins Visier zu nehmen. Sie müssen sich an die Grundsätze des humanitären Rechts halten.“

Foto: Mohmmed Asad/Middle East Monitor

Die Zivilbevölkerung zahlt den Preis für den Terror

Das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) teilte am Montag mit, dass der Bedarf an humanitärer Hilfe in den besetzten palästinensischen Gebieten weiter steigt, da der Zugang zu Hilfsgütern derzeit nicht möglich ist.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza wurden mindestens 413 Palästinenser getötet und 2.300 verletzt. Weitere 13 Palästinenser, darunter ein Kind, wurden von israelischen Streitkräften im Westjordanland getötet. Das israelische Militär teilte der Presse mit, dass es 426 Ziele im Gazastreifen angegriffen habe und erklärte, dass es sich dabei um Hochburgen von Hamas-Kämpfern und -Führern handele.

„Wenn wir aus früheren Eskalationen etwas gelernt haben, dann, dass wir, solange schwere Übergriffe ungestraft bleiben, noch mehr Repression und Blutvergießen unter der Zivilbevölkerung erleben werden“, sagte Omar Shakir von Human Rights Watch.

Nach Angaben des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) wurde am 8. Oktober eine Schule des Hilfswerks getroffen, in der 225 Menschen Schutz suchten.

„Inzwischen ist die Zahl der Menschen, die auf der Suche nach Sicherheit aus ihren Häusern fliehen mussten, über Nacht stark angestiegen. Nahezu 74.000 Vertriebene befinden sich jetzt in 64 UNRWA-Unterkünften, und die Zahl wird wahrscheinlich noch steigen, da der schwere Beschuss und die Luftangriffe auch auf zivile Gebiete anhalten. UNRWA-Teams versorgen die Familien mit Unterkünften und sauberem Wasser. Derzeit werden Hilfsgüter wie Lebensmittel, Hygienesets und Reinigungsmittel für die Familien vorbereitet“.

Foto: Deutscher Bundestag / Florian Gaertner / photothek

Längerfristige Folgen – Hilfe auf dem Prüfstand

Unterdessen haben deutsche Politiker die Entwicklungshilfe für die palästinensischen Gebiete in Frage gestellt. „Nach dem Angriff der Hamas auf Israel gehören alle deutschen und internationalen Hilfsgelder für den Gazastreifen und das Westjordanland auf den Prüfstand“, sagte der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein.

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes erhalten die palästinensischen Gebiete in diesem Jahr knapp 73 Millionen Euro, die über UN-Institutionen und Hilfsorganisationen verteilt werden. Der Großteil der Gelder sei bereits ausgezahlt.

Das Entwicklungsministerium hat nach eigenen Angaben bis 2023 rund 250 Millionen Euro zugesagt, die Hälfte davon über bilaterale Projekte der KfW Entwicklungsbank und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in diesem und im kommenden Jahr.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hatte bereits am Wochenende angekündigt, die Hilfsgelder auf den Prüfstand stellen zu wollen.

Die EU hat den Angaben zufolge für die humanitäre Hilfe in den Palästinensergebieten von 2021 bis 2024 einen Finanzrahmen von knapp 1,2 Milliarden Euro vorgesehen. Hinzu kämen knapp 100 Millionen Euro für Flüchtlinge. Am Montag kündigte die EU-Kommission an, die Auszahlung der EU-Hilfen zu stoppen.

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Suche nach einer Waffenruhe im Sudan

Waffenruhe Sudan

Sudan ohne Waffenruhe: Der Kampf zwischen Armee und RSF verschlechtert die bereits angespannte Lage der Bevölkerung. (IZ/KNA). Im Sudan wurde mehrfach erfolglos versucht, die zerstörerischen Kämpfe zwischen der regulären Armee […]

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Jemen geht uns alle an

Jemen

Die Lage in Jemen ist katastrophal. Die internationale Gemeinschaft darf nicht länger passiv bleiben. (IPS). Während der Jemenkrieg in sein neuntes Jahr tritt, stehen seine Menschen vor einer humanitären Krise […]

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NGOs beklagen Verschlechterung im Sudan

Sudan Afrika

Die Kämpfe im Sudan verschlimmern humanitäre Situation für Kinder rapide. Vertreibungen, Gewalt und Zwangsrekrutierungen drohen

Friedrichsdorf/Khartoum. Die Kämpfe im ostafrikanischen Sudan führen zu Vertreibungen und setzen Kinder weiteren möglichen schwerwiegenden Übergriffen aus. Das befürchten UNICEF und die Kinderhilfsorganisationen World Vision und Save the Children in einer gemeinsamen Pressemitteilung der drei Organisationen.

Das schließe auch Zwangsrekrutierungen und den Einsatz durch Streitkräfte und bewaffnete Gruppen sowie sexualisierte Gewalt ein.

Foto: yiannisscheidt, Shutterstock

Krieg im Sudan gefährdet Gesundheit und Situation von Zivilisten

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation wird zudem die Gesundheitsversorgung durch die Gewalt stark beeinträchtigt. Ein Drittel der Gesundheitseinrichtungen im Sudan funktioniert nicht mehr. Dadurch werden Kindern und ihren Familien der Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung verwehrt.

Ständige Strom- und Kraftstoffausfälle beeinträchtigen Kühlketten, die Impfstoffe lebensfähig halten, wurde – wodurch das Leben von Millionen von Kindern in einem Land gefährdet wird, in dem die Impfraten bereits rückläufig waren und Kinder regelmäßig mit Krankheitsausbrüchen konfrontiert sind.

Millionen von unzureichend oder gar nicht geimpften Kindern werden lebensrettende Impfungen verpassen und tödlichen Krankheiten wie Masern und Polio ausgesetzt sein.

„Kinder laufen Gefahr, zu sterben oder körperliche und entwicklungsbedingte Schäden zu erleiden, wenn sie keinen Zugang zu Nahrungs- und Ernährungshilfe erhalten“, sagt Emmanuel Isch, Landesdirektor von World Vision im Sudan.

„Ohne Frieden wird es viel schwieriger, für extrem gefährdete Mädchen und Jungen und ihren Gemeinden Nahrungs- und Ernährungshilfe zu leisten.“

Foto: World Vision

Humanitäre Lage war schon zuvor schwierig

Schon vor Beginn des aktuellen Konflikts waren die humanitären Bedürfnisse im Sudan akut und verschlechterten sich, wobei Kinder am stärksten gefährdet waren. Etwa 15,8 Millionen Menschen benötigten humanitäre Hilfe, darunter mehr als 8,5 Millionen Kinder.

Der Sudan hat eine der höchsten Raten an Unterernährung bei Kindern weltweit. Die Krise hat die lebensrettende Behandlung von schätzungsweise 50.000 Kindern unterbrochen, die an schwerer akuter Unterernährung (SAM) leiden und derzeit in Behandlungsprogramme aufgenommen werden.

Diese Kinder könnten sterben und die Unterernährungsraten werden sich verschlechtern, wenn die Hilfe nicht schnell wieder aufgenommen wird.

„Kinder tragen die Hauptlast des Konflikts im Sudan“, sagt Mandeep O’Brien, UNICEF-Vertreter im Sudan. „Sie sterben und ihre Zukunft wird ihnen genommen. Die Auswirkungen, wenn gefährdete Kinder daran gehindert werden, Gesundheits-, Schutz- und Bildungsdienste zu erhalten, werden ein Leben lang anhalten. Die Kämpfe müssen aufhören, damit wir alle gefährdeten Kinder dringend besser erreichen können, wo immer sie sind.“

„Schon vor der aktuellen Krise gingen 7 Millionen Kinder im Sudan nicht zur Schule und 2,7 Millionen Kinder lebten mit Unterernährung“, erklärt Arshad Malik, Landesdirektor von Save the Children im Sudan.

„Das Ausmaß an Schäden an Gesundheitseinrichtungen und Schulen ist noch unbekannt. Wir müssen dringend sicherstellen, dass alle Kinder Zugang zu Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung haben – ihr Leben ist in Gefahr.“

Schulschließungen haben Millionen aus ihren Klassenzimmern vertrieben – und jedes dritte Mädchen und jeder vierte Junge verpasst so den Unterricht. Kinder hatten auch vor Ausbruch der Kämpfe mit schlechter Bildung zu kämpfen. Etwa 70 Prozent der Zehnjährigen können nicht lesen.

Foto: World Vision

Forderungen der Hilfsorganisationen

Die drei Organisationen sind zutiefst besorgt über die Auswirkungen des anhaltenden Konflikts auf Kinder und fordern alle Konfliktparteien und die internationale Gemeinschaft dringend auf, mehr für den Schutz von Kindern im Sudan zu tun, einschließlich:

Aufrechterhaltung und Einhaltung des Waffenstillstands und Sicherstellung, dass die humanitäre Hilfe wiederhergestellt werden kann. Die humanitären Aktivitäten wurden in vielen Regionen aufgrund weitverbreiteter Gewalt und Unsicherheit unterbrochen. In Einrichtungen von World Vision, UNICEF und Save the Children wurde eingebrochen. Vorräte wurden gestohlen.

Alle Konfliktparteien sollten die Sicherheit der humanitären Helfer garantieren und ihnen ermöglichen, Kinder und ihre Familien ohne Angst vor Gewalt und ohne behindert zu werden, Menschen mit dringend nötigen Gesundheits-, Ernährungs-, Schutz- und Bildungsdiensten zu erreichen.

Alle Konfliktparteien sollten sich für den Frieden für Kinder im Sudan einsetzen und Schulen wieder eröffnen. Schulen sind nicht nur Lernorte für Kinder, sondern auch sichere Orte, die sie vor Missbrauch und Ausbeutung, einschließlich der Rekrutierung durch bewaffnete Gruppen schützen.

Jeder Tag, den Kinder nicht zur Schule gehen, verringert die Chance, dass sie letztendlich zurückkehren. Dies gilt insbesondere für Mädchen. Die Lernkrise im Sudan entwickelt sich zu einer Generationenkatastrophe und erfordert dringendes Handeln.

Alle Parteien sollten Kinder schützen und die Anwerbung und den Einsatz von Kindern verhindern. Die Rekrutierung und der Einsatz von Kindern durch bewaffnete Kräfte und Gruppen führt zu einer schweren, lang anhaltenden Exposition gegenüber körperlichen und psychischen traumatischen Ereignissen.

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Schlechter Zugang zu sauberem Wasser verschärft Choleraausbruch in Syrien

Der schlechte Zugang zu sauberem Wasser hat den Ausbruch der Cholera in den vom Krieg zerrütteten Provinzen Syriens verschlimmert, wo die lokalen Behörden mit Chlortabletten und Impfstoffen versuchen, die Ausbreitung einzudämmen, berichtet Reuters.

(Middle East Monitor). Nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen wurden landesweit mehr als 35.000 Verdachtsfälle von Cholera gemeldet. Laut UNICEF wurden nur etwa 2.500 getestet, von denen fast die Hälfte positiv getestet wurde.

„Die Feststellung eines einzigen Cholerafalls bedeutet, dass es sich um einen Ausbruch handelt“, sagte Zuhair Al-Sahwi, Leiter der Abteilung für übertragbare und chronische Krankheiten im syrischen Gesundheitsministerium. Er berichtete, die Kurve sei weitgehend abgeflacht, und die Zahl der täglich neu auftretenden bestätigten Fälle sei zurückgegangen.

Sahwi sagte, das Ministerium habe 46 Todesfälle aufgrund von Verzögerungen beim Zugang zu medizinischer Versorgung verzeichnet und bei der Weltgesundheitsorganisation Cholera-Impfstoffe angefordert. Nach Angaben der WHO stehen die Fälle in Syrien im Zusammenhang mit einem grassierenden Ausbruch, der im Juni in Afghanistan begann und sich dann nach Pakistan, Iran, Irak, Syrien und Libanon ausbreitete.

Cholera wird in der Regel durch verunreinigtes Wasser, Lebensmittel oder Abwässer übertragen. Sie kann zu schwerem Durchfall und Dehydrierung führen, was unbehandelt tödlich sein kann. Die Wasserleitungen und Pumpstationen in Syrien sind durch den seit mehr als zehn Jahren andauernden Krieg verwüstet worden, und die Dürre in diesem Jahr hat den Pegel des wichtigsten Flusses, des Euphrat, besonders niedrig werden lassen.

Nabbough Al-Awwa, ein Augen-, Nasen- und Halsarzt in Damaskus, ist der Ansicht, dass das Einleiten fester Abfälle in stehendes Wasser zur Ausbreitung der Krankheit beigetragen habe. „Wenn der Fluss fließt, ist das in Ordnung. Aber als die Wasserstände wegen der steigenden Temperaturen in vielen Ländern der Welt niedrig wurden, begannen sich diese Bakterien zu vermehren und auszubreiten““ so Awwa gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Da die Landwirte auf unbehandeltes Flusswasser angewiesen sind, wurde das Gemüse schnell kontaminiert, und das Virus breitete sich in den Städten aus, sagte er.

Geschäfte und Restaurants in der Hauptstadt haben ihre Speisekarten angepasst, um ihre Kunden zu schützen. „Wir haben im Interesse der öffentlichen Gesundheit kein Blattgemüse mehr verwendet“, sagte Maher, der in Damaskus einen Falafel-Laden betreibt.

Die Hauptstadt bleibt nach Angaben der WHO relativ geschützt. Die höchsten Fallzahlen wurden in der riesigen Wüstenprovinz Deir Ezzor im Osten sowie in Raqqa und Aleppo im Norden verzeichnet, die am meisten vom Euphrat abhängen.

Die Organisationen der Vereinten Nationen haben vor allem Wasser zu den betroffenen Gemeinden transportiert und Sterilisationstabletten verteilt. Um ihre Bemühungen fortzusetzen, benötigt das UN-Kinderhilfswerk nach eigenen Angaben bis zum Jahresende noch rund 9 Millionen Dollar.

* Veröffentlicht im Rahmen einer CCL-Lizenz.

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5. Jahrestag der Vertreibung – Rohingya fordern Gerechtigkeit

Bonn (KNA). Fünf Jahre nach der Vertreibung der Rohingya aus Myanmar fordern westliche Staaten eine Bestrafung der Verantwortlichen und ein Ende der Gewalt gegen Minderheiten in dem südostasiatischen Land. In den Flüchtlingslagern in Bangladesch protestierten tausende Rohingya für bessere Lebensverhältnisse und eine würdevolle Rückkehr in ihre Heimat. Auch Helfer zeigten sich angesichts der humanitären Verhältnisse in den Lagern alarmiert.

Myanmar müsse den Anordnungen des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag in dem seit 2020 laufenden Völkermordprozess Folge leisten, hieß es einer am Donnerstag in Brüssel veröffentlichten Stellungnahme des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, die auch von den Außenministern Australiens, Großbritanniens, Kanadas, Neuseelands, Norwegens und der USA mitgetragen wird.

Bei dem Exodus von mehr als 700.000 Rohingya ins benachbarte Bangladesch handele es sich um „eine der größten Massenfluchten einer Minderheit in der jüngeren Geschichte“, so die Regierungen. Als Auslöser nannten sie den Militärangriff 2017 auf Gemeinden der muslimischen Minderheit in Myanmars Bundesstaat Rakhine, bei dem Tausende getötet, vergewaltigt und gefoltert worden seien.

Diejenigen, die laut einer UN-Faktenfindungsmission schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen und Übergriffe gegenüber Rohingya begangen hätten, seien zugleich die Köpfe des Militärputschs vom Februar 2021 und verübten weiterhin Gräueltaten an Dissidenten und vulnerablen Gruppen, darunter ethnischen und religiösen Minderheiten. Man rufe das Militärregime auf, die Gewalt und Menschenrechtsverletzungen zu beenden, so die Erklärung. Ähnlich äußerte sich auch Amnesty International.

In 20 der mehr als 30 Flüchtlingslager im Distrikt Cox’s Bazar in Bangladesch bildeten Rohingya am Donnerstag Menschenketten, um gegen ihre Lage zu demonstrieren, wie das Nachrichtenportal Dhaka Tribune berichtete. In einem Video, das vom Menschenrechtsminister der myanmarischen Untergrundregierung auf Facebook verbreitet wurde, sagt der junge Rohingya Enam Udin, seit fünf Jahren hofften die Rohingya vergeblich auf Hilfe und Gerechtigkeit. „Das liegt an der Bequemlichkeit und an dem Desinteresse der Weltgemeinschaft.“ Wegen der Tatenlosigkeit der internationalen Regierungen gehe der „Völkermord“ in Myanmar weiter.

Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte: „Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien.“ Zugleich unterstütze die Bundesregierung die internationalen Bemühungen zur Aufklärung dieser Verbrechen, so ein Sprecher. Das Urteil des Internationalen Gerichtshofes von Ende Juli zur Zulässigkeit der Klage Gambias im Völkermord-Verfahren gegen Myanmar sei dafür ein wichtiger Schritt.

Unterdessen verwies Ärzte ohne Grenzen auf die schlechten hygienische Bedingungen in den Lagern. Die Zustände im Distrikt Cox’s Bazar seien alarmierend, teilte die Hilfsorganisation in Berlin mit. 88 Prozent der Menschen hätten einer Befragung zufolge keinen ausreichenden Zugang zu Wasser und geeigneten sanitären Einrichtungen. Rund drei Viertel der Befragten gaben an, überlaufende Toiletten benutzen zu müssen.

Am 25. August 2017 begann die Armee von Myanmar mit der gewaltsamen Vertreibung von rund 700.000 muslimischen Rohingya aus dem Bundesstaat Rakhine. Zusammen mit den bereits über Jahrzehnte zuvor vertriebenen Rohingya leben in Cox’s Bazar gut eine Million Flüchtlinge. Sie verteilen sich auf 31 Siedlungen, die zusammen als das größte Flüchtlingslager der Welt bezeichnet werden.

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Lage in Afghanistan: Familien bieten Kinder aus Verzweiflung zur Heirat an

Bonn (CARE). Ein neuer Bericht der Hilfsorganisation CARE zeigt, dass sich die Situation für Frauen und Mädchen in Afghanistan zunehmend verschlechtert. Durch die aktuelle Wirtschaftskrise und Nahrungsmittelknappheit ist die Zahl der Früh- und Zwangsehen in den vergangenen Monaten stark angestiegen. Zwölf Prozent der für den Bericht befragten Haushalte gaben an, eine ihrer minderjährigen Töchter verheiraten zu müssen, um die Familie ernähren zu können. Rund 90 Prozent aller Befragten berichteten, dass ihr Haushaltseinkommen seit August 2021 stark zurückgegangen sei.

„Stellen Sie sich vor, Sie müssten ihre junge Tochter verheiraten, um das Überleben der restlichen Familienmitglieder sichern zu können. Das ist herzzerreißend und sowohl für die Mädchen als auch die Familien eine Katastrophe“, erklärt Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE Deutschland. „Ohne Einkommen können Frauen keine nahrhaften Lebensmittel kaufen, notwendige medizinische Hilfe in Anspruch nehmen oder in einer angemessenen Unterkunft leben. Die internationale Gemeinschaft muss jetzt handeln, um eine weitere Verschlechterung der humanitären Lage und Ernährungsunsicherheit zu verhindern.“

Etwa 80 Prozent der befragten Frauen gaben an, dass sie in den zwei Wochen vor den Interviews mindestens eine Mahlzeit ausfallen lassen mussten. Viele gaben ihre Essensportionen an ihre Kinder ab, weil sie sich nicht genügend Lebensmittel für alle Familienmitglieder leisten konnten.

Für den Bericht befragte CARE 345 Frauen in städtischen und ländlichen Gemeinden in neun Provinzen Afghanistans und führte ausführliche Interviews mit Frauen, Fokusgruppendiskussionen mit Männern, Interviews mit Fachleuten für Ernährungssicherheit und humanitären Akteur:innen durch. Gleichzeitig wurden vorhandenen Daten aus unterschiedlichen Quellen seit August 2021 überprüft.

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Weltweite Hilfsappelle für Menschen in Afghanistan

Auch am Wochenende haben Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und der Kirche weiter Hilfe für die Menschen in Afghanistan gefordert. Der Blick richtete sich insbesondere auf Frauen und Kinder. Zudem wurden Rufe zu einer Erleichterung von Asylverfahren laut. Amnesty International und Reporter ohne Grenzen forderten Visa für Gefährdete.

Bonn (KNA). „Wir können in historischen Momenten wie diesen nicht gleichgültig bleiben“, mahnte Papst Franziskus beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz am 29. August. Die leidgeprüfte Bevölkerung benötige dringend Unterstützung – vor allem Frauen und Kinder. Er nehme großen Anteil am Schicksal der Menschen und gedenke der Opfer des verheerenden Terroranschlags in Kabul vom Donnerstag.

Die von Franziskus angestoßene Solidaritätsinitiative „Economy of Francesco“ rief zudem einen internationalen „Marsch für die Rechte afghanischer Frauen“ ins Leben. Laut Vatican News beteiligten sich am Samstag Aktivisten in mehreren Städten und Ländern. Das Vorrücken der militant-islamistischen Taliban habe laut UN nicht nur zu willkürlichen Tötungen geführt, erläuterte Olena Komisarenko, Mitglied von „Economy of Francesco“. Viele Frauen seien plötzlich verschwunden oder eingesperrt worden.

Das UN-Flüchtlingshilfwerk rief die Nachbarstaaten von Afghanistan zu Solidarität auf. Mehr als eine halbe Million Afghanen, die Mehrheit davon Frauen und Kinder, seien aufgrund der in den vergangenen Wochen gestiegenen Gewalt und Unsicherheit auf der Flucht, twitterte das UNHCR am gleichen Tag. Die Nachbarländer sollten deswegen die Grenzen offenhalten. „Die Möglichkeit, Sicherheit zu suchen, kann das Leben unzähliger Zivilisten retten.“

Die UNHCR-Vertreterin in Deutschland, Katharina Lumpp forderte, die Bundesregierung müsse mit Blick auf Flüchtlinge aus Afghanistan Asylverfahren und den Familiennachzug erleichtern. Asyl für afghanische Flüchtlinge treffe derzeit vor allem die Nachbarländer des asiatischen Staates, in denen schon seit Jahrzehnten 90 Prozent aller afghanischen Flüchtlinge lebten, sagte Lumpp der „Augsburger Allgemeinen“ (Montag). „Daher ist es auch so wichtig, sich solidarisch zu zeigen, in Worten und Taten.“

Ein Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am 28. August nach einem Telefonat der Kanzlerin mit dem britischen Premierminister Boris Johnson und dem niederländischen Premierminister Mark Rutte, dass sich alle einig seien, „dass der Ausreise von Staatsangehörigen, Ortskräften und schutzbedürftigen Menschen aus Afghanistan auch weiterhin höchste Priorität zukommt, ebenso wie der humanitären Versorgung der Bevölkerung und der Flüchtlinge in der Region.“

Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte am 20. August anlässlich seiner Reise in die Region um Afghanistan: „Deutschlands Engagement endet nicht mit dem Abschluss der militärischen Evakuierungsmission. Wir konnten in den vergangenen Wochen auf internationale Zusammenarbeit und Unterstützung zählen.“ Man wollte sich mit den Nachbarstaaten Afghanistans darüber verständigen, „wie Deutsche, unsere Ortskräfte und weitere schutzbedürftige Afghaninnen und Afghanen schnell und sicher nach Deutschland gelangen können“.

Wie ist die Lage der Menschen in Gaza? Interview mit dem humanitären Helfer Dr. Mahmoud Almadhoun von Islamic Relief

(iz). Während die Zivilbevölkerung im Gazastreifen unter einem erneuten sinnlosen Krieg zu leiden hat, bemühen sich verschiedene internationale Organisationen zumindest um die Linderung der schwierigsten Versorgungsengpässe und der bedrohlichsten Mängel. Dabei müssen sie, wie unabhängige Journalisten, darauf achten, dass sie nicht selbst in die Schusslinie dieses Konfliktes geraten, der sich zu einem Bodenkrieg ausweiten könnte.

Dr. Mahmoud Almadhoun von Islamic Relief ist einer von ihnen. Almadhoun ist seit 2008 als Manager für das Personalwesen und die Qualitätssicherung sowie im Komitee für die Geschäftsführung aktiv. Während er mit einem Team der Hilfsorganisation in deren Kairoer Räumlichkeiten auf Grünes Licht für eine sichere Einreise nach Gaza wartete, sprachen wir mit ihm über die Lage, die Menge der bisherigen Opfer und den Mangel an wichtigen Gütern.

Islamische Zeitung: Sie stehen kurz davor bereit, mit Ihrem Team der Hilfsorganisation Islamic Relief nach Gaza einzureisen. Wie sieht die dortige Lage aus?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Ich bin seit drei Tagen in Kairo damit beschäftigt, die Lage in Gaza zu beurteilen. Eigentlich wollten wir heute mit einem Team nach Gaza fahren, aber wir konnten nicht. Die Sicherheitslage ist so brenzlig geworden, dass es bisher nicht möglich war. Auch aus Telefonaten mit meiner Familie in Gaza wurde deutlich, dass die momentane Lage mit dem Gazakrieg 2009 [die israelische Operationen „Gegossenes Blei“] zu vergleichen ist. Unser Palästina-Büro in Gaza hat uns kontaktiert und uns absolut von einem Kommen abgeraten. Die Lage ist vollkommen unübersichtlich und es bestehen keinerlei Möglichkeiten, den Schutz unserer Sicherheit zu gewährleisten.

Islamische Zeitung: Wie erlebte die Zivilbevölkerung die Angriffe der letzten vier Tage?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Die Situation ist sehr schwierig. Das Leben hat total aufgehört zu funktionieren. Die Kinder gehen nicht zur Schule. Die Leute bleiben zu Hause. Alle Menschen haben Angst und können überhaupt nicht schlafen, weil der kontinuierliche Beschuss aus der Luft und von See seit fünf Tagen sehr stark ist. Die Häuser wackeln genau wie bei einem Erdbeben.

Islamische Zeitung: Ist die Lage mit dem israelischen Angriffen bei der Operation „Gegossenes Blei“ im Jahre 2009 zu vergleichen?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Ja, unbedingt. Ich habe diese Frage mehrfach gestellt, auch unserem Büro von Islamic Relief in Gaza, und es sieht bisher genauso aus wie im Jahre 2009. Es ist noch nicht ganz so stark, aber die Gesamtlage sieht vergleichbar aus.

Islamische Zeitung: Es gibt in Deutschland Medienberichte, die von einem Ende der Aktion sprechen, da Israel angeblich beinahe sämtliche Raketendepots zerstört haben soll. Ist das glaubwürdig oder rechnen die Menschen in Gaza mit einem Einmarsch israelischer Bodentruppen?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Die arabische Webseite von Al Jazeera behauptete heute morgen so ziemlich das Gegenteil. Die israelische Regierung wolle noch weitermachen und hätte zusätzliche Einheiten mobilisiert. Laut Al Jazeera würde sich Israel auf eine Ausweitung der Operationen vorbereiten.

Islamische Zeitung: Gibt es verlässliche Zahlen zu Getöteten und Verletzten der ersten fünf Tage?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Wir wissen von 52 Personen, die bei den Angriffen getötet wurden. Darunter waren 15 Kinder, wobei das jüngste elf Monate als war. Über die Verletztenzahlen habe ich keine genauen Angaben.

Islamische Zeitung: Während der Operation „Gegossenes Blei“ funktionierten ja noch die Krankenhäuser vom Roten Kreuz und vom UNHCR teilweise. Arbeiten sie dieses Mal immer noch?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Doch, sie arbeiten jetzt immer noch.

Islamische Zeitung: Welche Projekte unterhielt Islamic Relief bis jetzt in Palästina?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Islamic Palästina wurde 1998 gegründet und momentan haben wir 102 Mitarbeiter. Augenblicklich betreiben wir 39 Projekte, davon 19 dienen der Nothilfe. 14 widmen sich der Entwicklungshilfe und sechs sind spezifisch auf die Betreuung von Kindern ausgerichtet. Dazu zählt ein Programm für 6.000 Waisen in Gaza. Islamic Relief hat in den letzten Tagen dieser Krise verschiedene Aktionen gestartet. So hat Islamic Relief Worldwide in diesem Zeitraum 1,2 Millionen Euro gesammelt und nach Gaza überwiesen. Dort besteht ein großer Bedarf an Medikamenten und medizinischer Versorgung. Mittlerweile ist eine Spendenkampagne angelaufen, die bis Ende November eine weitere Millionen Euro ergeben soll. Bis zum Ende des Jahres wollen wir diese Summe auf fünf Millionen steigern. Und bis zum Juni des kommenden Jahres soll das Endziel dieser Kampagne bei 20 Millionen Euro liegen. Insbesondere auf dem palästinensischen Gesundheitssektor gibt es einen großen Bedarf. Dieser ist in einem unglaublichen Zustand. Dabei ist nicht nur diese Krise das Problem, sondern wir müssen immer noch mit den Folgen des letzten Krieges fertig werden. Von 2009 bis heute wurde das Ziel der Entwicklung des Gesundheitssektors noch nicht erreicht.

Islamische Zeitung: Es ist seit mehreren Jahren schon der „Normalfall“, dass Gaza von Hilfslieferungen abhängig ist – wegen der Blockade und wegen einer nicht mehr existenten Industrie. Bei welchen Gütern wird es Ihrer Meinung nach die ersten Engpässe geben?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Gestern [Samstag, den 17. November] erhielten wir vom Gesundheitsministerium die Information, wonach 130 Medikamente für Fälle lebensbedrohlicher Krankheiten fehlen. Als Islamic Relief haben wir eine Liste von solchen Präparaten bekommen und möchten sie gerne mit Hilfe verschiedener Organisationen und Partner bearbeiten. Ein zweiter notwendiger Aspekt ist das Fehlen benzin- oder solargetriebene Notstromaggregate. Derzeit reichen die Kapazitäten nur für drei Tage. Danach können wir keinen Strom mehr bekommen. Das heißt, das die Krankenhäuser ohne Strom nicht mehr optimal werden funktionieren können. Islamic Relief unterstützt im Augenblick das Krankenhaus Asch-Schifa voll. Wenn man dort eintrifft, sieht man dort auch unser Logo. Islamic Relief Palästina hat sich insbesondere der Arbeit auf dem Gebiet der Gesundheit – allen voran den Krankenhäusern – gewidmet.

Islamische Zeitung: Wie sieht es bei der Versorgung mit Lebensmitteln aus?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Die Lebensmittelversorgung hängt von der Lage an den Grenzen ab. Wenn diese geschlossen sind, kommt keine Nahrung nach Gaza. Die Lebensmittel werden entweder in Ägypten oder stellenweise auch in Israel gekauft. Der Versorgungslage ist schwierig; auch, weil alle Leute jetzt versuchen, so viel wie möglich zu kaufen, um für eine Verschärfung der Lage gewappnet zu sein. Bereits jetzt gibt es einen Mangel.

Islamische Zeitung: Die israelische Luftwaffe hat bereits hunderte Angriffe geflogen. Inwieweit wurde auch die Infrastruktur von Gaza in Mitleidenschaft gezogen?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Egal, welche Art die Ziele der Angriffe sind, es bleibt nicht ausgeschlossen, dass alles andere mit betroffen sein wird. Ein Team von Islamic Relief war in einem Supermarkt während einer Beschießung ganz in der Nähe. Das war einer der Gründe, warum wir bisher nicht einreisten. Man weiß nicht genau, wo die Einschläge treffen werden.

Islamische Zeitung: Liegt dies auch an der Schwierigkeit, militärische und zivile Ziele auseinander zu halten, wenn beispielsweise Waffen in Wohngebieten gelagert werden?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Ja, und ich glaube, dass es sehr schwierig ist, wenn einzelne Personen das Ziel sind.

Islamische Zeitung: Wie ist die Stimmungslage in Gaza?

Dr. Mahmoud Almadhoun: Ehrlich gesagt kann ich nur von der Warte der Helfer aus berichten, habe aber einiges von meiner Familie gehört. Die Leute hoffen natürlich, dass alles gut ausgehen wird. Unsere Sorge als Islamic Relief gilt der Kampagne zur Unterstützung der Menschen in Gaza.

Islamische Zeitung: Arbeiten Sie mit internationalen Partnern in Gaza zusammen?

Dr. Mahmoud Almadhoun: In solchen Fällen, bei denen die Lage sehr schlecht ist, arbeiten wir mit UN-Organisationen und dem Roten Kreuz zusammen. Die internationalen Helfern bilden solchen Fällen Komitees, weil die Aufgaben in solchen Krisen nicht von einzelnen zu bewältigen sind.

Islamische Zeitung: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Webseite von Islamic Relief:
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