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Zahl der Toten nach Anschlag in Pakistan steigt weiter an

Pakistan

Islamabad (dpa/KNA). Die Zahl der Toten nach einem Selbstmordanschlag in einer Moschee im Nordwesten Pakistans ist auf mindestens 89 gestiegen. Andere Medien sprachen von mindestens 95 Opfern. In der Nacht zum Dienstag seien mindestens zehn Tote aus den Trümmern des eingestürzten Gebäudes geborgen worden, sagte ein örtlicher Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur.

Mehr als 220 Menschen seien verletzt worden. Der Angriff ereignete sich am 30. Januar während des Mittagsgebets in einer Hochsicherheitszone der Stadt Peschawar, in der sich auch viele Polizeigebäude befinden.

Die Opfer seien hauptsächlich Polizisten, sagte der Sprecher weiter. Premierminister Shehbaz Sharif verurteilte den Anschlag. “Es war nichts weniger als eine Attacke auf Pakistan“, sagte er.

Bislang hat sich keine Gruppe zu dem Anschlag bekannt. Ende vergangenen Jahres hatten jedoch die pakistanischen Taliban – die unabhängig von der islamistischen Taliban-Regierung im benachbarten Afghanistan sind – eine Waffenruhe mit der Regierung in Islamabad aufgekündigt. Seither haben sie mehrere Anschläge für sich reklamiert. Auch die Terrormiliz Islamischer Staat hatte sich in der Vergangenheit zu Anschlägen auf Moscheen bekannt.

In Pakistan ist die große Mehrheit der Bevölkerung von mehr als 230 Millionen Einwohnern muslimischen Glaubens. Peschawar mit seinen etwa zwei Millionen Einwohnern war lange Zeit Zentrum einer Unruheregion in Pakistan – nach einer Militäroffensive gegen islamistische Terrorgruppen im Jahr 2014 war es dort ruhiger geworden.

In den vergangenen Jahren gab es jedoch dort wieder vermehrt Anschläge. Erst im März 2022 sprengte sich ein Attentäter der Terrormiliz IS in Peschawar in die Luft und tötete mehr als 60 Menschen. Die Sicherheitslage in Pakistan hat sich laut Experten seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im August 2021 rapide verschlechtert. Pakistans Innenminister Rana Sanaullah sagte Ende Dezember 2022, im eigenen Land sei die Zahl der Taliban-Kämpfer gestiegen und liege mittlerweile zwischen 7.000 und 10.000.

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Erneuter Militärputsch in Burkina Faso: Hauptmann Ibrahim Traore übernimmt die Macht

Burkina Faso erlebt den zweiten Putsch seit Jahresbeginn. Jetzt hofft die Bevölkerung, dass sich die Sicherheitslage in dem Krisenstaat endlich verbessert. Von Katrin Gänsler

Ouagadougou (KNA). Paul-Henri Damiba ist in Burkina Faso Geschichte. Der Militäroffizier, der Ende Januar nach dem Staatsstreich gegen Roch Marc Christian Kabore an die Macht kam, ist in der Nacht zu Samstag, den 01. Oktober, abgesetzt worden. In einer Ansprache im staatlichen Fernsehen RTB ernannte die Junta Ibrahim Traore zum neuen Präsidenten der regierenden Patriotischen Bewegung zur Rettung und Wiederherstellung (MPSR). Damit erlebt der Sahelstaat (21,9 Millionen Einwohner) den zweiten Putsch in gerade einmal acht Monaten. Über Damiba heißt es aus verschiedenen Quellen, dass er auf dem Weg nach Togo sei.

Begonnen hatte der erneute Machtwechsel am Freitag mit Schüssen in der Hauptstadt Ouagadougou. Dort, berichtet der Journalist Gerard Beogo gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), sei es am Samstagmittag ruhig gewesen. Viele Geschäfte hätten geschlossen. „In anderen Städten des Landes geht das Leben aber normal weiter“, so Beogo. Seiner Meinung nach ist der Coup keine große Überraschung. „Viele standen nicht mehr hinter Damiba.“ Seine Ankündigung, den Terrorismus zu bekämpfen, habe er nicht erfüllt.

Damiba galt international als jemand, der gute Beziehungen zu Europa pflegte. Und er schien offen für Verhandlungen. Die Sichtweise seiner Landsleute ist jedoch eine andere. Gerade gegen die Präsenz der einstigen Kolonialmacht Frankreich im Sahel – im Nachbarland Mali ist im August die wenig erfolgreiche Anti-Terrormission Barkhane beendet worden – regt sich Widerstand. Als neuer Partner für Burkina Faso wird zunehmend Russland ins Spiel gebracht. In Mali sind bereits Kräfte der russischen Sicherheitsfirma Wagner stationiert. In den vergangenen Monaten wurden den Söldnern, ebenso wie malischen Streitkräften, mehrfach schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Welche Strategie nun der 34-jährige Traore verfolgt, ist noch unklar. Er war bisher Leiter der 2019 gegründeten Anti-Terror-Einheit „Cobra“ in der Region Kaya nördlich von Ouagadougou. Dass ausgerechnet jemand von „Cobra“ ernannt wurde, könnte auch auf Querelen innerhalb des Militärs hindeuten. Nach Informationen des Magazins „Jeune Afrique“ warten die „Cobra“-Soldaten auf nicht gezahlte Prämien. Kritik gibt es zudem, weil ihr früherer Chef, Emmanuel Zoungrana, seit Anfang Januar in Haft sitzt. Ihm wird die Vorbereitung eines Staatsstreiches vorgeworfen. Sein Prozess soll Ende Oktober stattfinden.

Im Nordosten des Landes ist sich derweil Francois Paul Ramde, Koordinator der nichtstaatlichen „Geschwisterlichen Union der Gläubigen von Dori“, sicher: Die neuen Unwägbarkeiten werden den Kampf gegen die Terroristen nicht erleichtern, im Gegenteil. „Man wird sich mit der politischen Entwicklung beschäftigen – und weniger mit dem Kampf gegen den Terrorismus. Das macht uns Angst.“

Seit Ende 2015 haben sich islamistische Terrorgruppen, die Al-Qaida und dem Islamischen Staat nahestehen, vor allem von Mali aus in Burkina Faso ausgebreitet. Aufgrund der Gewalt sind nach Regierungsangaben mittlerweile mehr als 1,9 Millionen Menschen auf der Flucht. Der ehemalige Präsident von Niger und derzeitige Vermittler in der Burkina-Faso-Krise, Mahamadou Issoufou, schätze im Juni, dass sich 40 Prozent des Landes nicht mehr unter Regierungskontrolle befinden. Nach Informationen der Vereinten Nationen sind mehr als 4.200 Schulen geschlossen.

Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1960 galt Burkina Faso stets als eines der ärmsten Länder der Welt. Die Sicherheitskrise hat die Situation weiter verschlimmert. „Wir haben Angst, über den Landweg zu reisen“, beschreibt Ramde den Alltag. Provinzhauptstädte seien noch einigermaßen gesichert, Fahrten in Dörfer nahezu unmöglich. „Wir können deshalb nur die Daumen drücken und beten“, sagt der Mann aus Dori. Der Kampf gegen die Terroristen müsse unbedingt fortgesetzt werden.

Brief an einen Pseudo-Mudschahid

(IZ). Entwicklungen der letzten Zeit veranlassten mich, einige Angelegenheiten zu unterbrechen und dir diesen Brief zu schreiben. Du magst fragen, woher ich dich kenne. Ich traf dich auf Studentenveranstaltungen, in Moscheen und Konferenzen. Ich lauschte deinen Argumenten und sprach Gegenargumente. Oftmals waren meine Argumente formell. So dachte ich daran dir einen Brief zu schreiben, da dies viel persönlicher und weit weniger formell ist. Vielleicht wirst du dann geneigter sein, mir zuzuhören.
Um anzufangen: Wann auch immer du kritisiert wirst für deine blutige anarchistische Ideologie, weist du auf die blutigen Missbräuche der amerikanischen Kriegsmaschinerie oder ihre zionistischen Komplizen hin. Dieses Ablenkungsmanöver deinerseits, beeindruckt ernsthafte und nachdenkliche Personen nicht. Es ist einfach eine Loslösung von deiner moralischen Verantwortung. Es ist, als würdest du sagen, du hättest das Recht etablierte islamische Prinzipien zu missachten, wie z.B. jene, die unschuldigem Leben Schutz zusprechen, weil das amerikanische Militär oder die IDF ebenfalls das unschuldige muslimische Leben nicht respektieren. Dies wäre ein glaubwürdiges Argument, wenn das amerikanische Militär oder die IDF behaupten würden, dass sie auf Basis der islamischen Prinzipien operieren. Sie tun es jedoch nicht – aber du tust es. Ich hoffe, ohne darauf weiter eingehen zu müssen, dass du sofort das moralische Dilemma, welches du für dich selbst schaffst, verspüren kannst.
Erlaube mir auch, dich zwischen diesen Zeilen an etwas anderes zu erinnern. Dein fehlgeleiteter Versuch, unschuldige Amerikaner zu töten und zu verstümmeln, macht es dem amerikanischen Militär nur leichter, noch ungestrafter mehr Muslime zu töten. Deine Handlungen sind behilflich darin, ein politisches Klima fern von jeglichen moralischen Skrupeln hinsichtlich des amerikanischen Militärs, der IDF und schon bald der Mächte der in Indien zunehmenden hinduistischen nationalistischen bewaffneten Kräfte zu schaffen. Wie du siehst, ist Angst eine sehr fruchtbare Emotion und, vorsichtig manipuliert, kann sie zu irrationaler Politik führen. Die extremste Form dieser Art von Politik wird auch Genozid genannt.
Die Angst kann besonders gefährlich werden, wenn sie mit einer anderen Emotion einhergeht: der Unsicherheit. Du lebst so abseits von der Wirklichkeit, dass du vielleicht noch nicht bemerkt hast, dass eine große Anzahl von Amerikanern sich momentan sehr unsicher fühlen, insbesondere die weiße Mittelklasse oder das, was noch von ihr übrig ist. Sie wissen nicht, ob sie schon bald das Dach über ihren Köpfen verlieren werden, ob sie morgen noch ihre Arbeit haben, ob ihr Geld nächste Woche noch auf der Bank sein wird, ob sie es schaffen werden, ihre Kinder aufs College zu schicken oder ob ihnen ihre Rente geraubt oder sie vollkommen entwertet wird. Diese Unsicherheit gemeinsam mit dem Phantom des ‚muslimischen Terroristen nebenan‘ ist eine tödliche Kombination, welche Menschen, die Demagogen genannt werden, ausnutzen, um ihren Vernichtungskrieg gegen Muslime zu rechtfertigen.
Diese Demagogen nutzen die Angst vor DIR, um Menschen vom Aufbau bodenständiger und bekannter Bewegungen abzuhalten, die notwendig sind, um die kooperative Vergewaltigung unserer Gesellschaft und die zerstörerische Logik des ständigen Krieges anzufechten. Erinnerst du dich beispielsweise an die anwachsende Bewegung gegen das aggressive Durchsuchungsprozedere der amerikanischen Sicherheitsbehörde TSA an Flughäfen? Bemerktest du, wie diese Bewegung sich auflöste, nachdem ein Möchtegern Mujahid in Portland sich auf den Plan einließ, eine Weihnachtsbaumzeremonie in die Luft zu jagen? Denkst du dieser Moment war ein Zufall? Es ist eine Schande, dass du und deinesgleichen sich so unbedacht auf solche Pläne stürzen.
Jetzt denkst du, die Mujahids könnten ein Vernichtungskrieg gegen die Amerikaner gewinnen. Schau doch, was die Mujahids ihnen in Afghanistan antun. Es tut mir leid, aber Vernichtungskriege gleichen nicht jenem in Afghanistan. Ich werde dir einen Abriss von dem Aussehen eines solchen Vernichtungskrieges geben. Erinnerst du dich, als vor einigen Jahren die Israelis den Gazastreifen bombardierten und die palästinensischen Muslime, trotz ihrer Courage, nichts anderes tun konnten als sich an die Mächte außerhalb zu wenden, um diesem Blutbad ein Ende zu bereiten? Oder einige Jahre vorher, als Jenin dem Erdboden gleich gemacht wurde? Jetzt stell dir vor, dieses Ausmaß der Vernichtung trifft alle großen Städte der muslimischen Welt. Stell dir vor, die USA entwirft eine neue Generation ‚taktischer‘ Nuklearwaffen, die speziell gegen muslimische Ziele genutzt werden sollen, die auf muslimische Großstädte herabregnen, während es keine muslimischen strategischen Abschreckungsmittel gibt, sie davon abzuhalten. AK-47s und RPGs werden dann nicht von Nutzen sein. Stell dir die Aufrufe an Menschenrechtsorganisationen vor, damit diese diesem Massaker ein Ende bereiten und wie diesen Rufen kein Gehör geschenkt wird, weil die neo-faschistischen Mächte, die DEINE Idiotie losgelöst hat, diese Organisationen in ihrem wahnsinnigen Treiben vernichteten.
Ich höre schon, wie du widersprichst, ein solches Argument sei die Manifestation eines mangelnden Glaubens. Gott habe doch den Gläubigen den Sieg versprochen! Wahrlich, das hat Er, jedoch ist es sehr anmaßend von dir zu denken, dass sich dreiste ungestrafte Mörder von Frauen, Kindern und Unschuldigen im Namen Gottes die Gläubigen seien, denen Er den Sieg versprach. Er hat den Sieg den Gläubigen versprochen – doch dieser Sieg ist nicht ohne Bedingungen. Gott wird den Sieg nicht jenen gewähren, die in Seinem heiligen Namen unschuldige Menschen ermorden.
Ich applaudiere jedoch deiner Courage, doch mich verwirrt, wie du sie zeigst. Du hast die Courage, durch die halbe Welt zu fliegen und dich einem bewaffneten Kampf anzuschließen, aber du hast nicht die Courage, an die Tür deines Nachbarn zu klopfen, um ihm den Islam zu eröffnen oder ihm deine Hilfe in weltlichen Angelegenheiten anzubieten. Ebenfalls bin ich erstaunt darüber, wie du in sein Gesicht lächeln kannst, während du aber bereit bist ihn in die Luft zu jagen, wenn er zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Welchen Maßstab besitzt du, um der Annahme zu verfallen, dass er sich deine Botschaft nicht anhört? Was hat er dir angetan, dass er die Zielscheibe deines Blutdurstes wird?
Du behauptest, ein geläutertes Verständnis des Islams zu haben, so rein, dass du große Entscheidungen in Bezug auf Leben und Tod fällen kannst – Entscheidungen von großer strategischer Bedeutung – doch du scheinst nichts wahrzunehmen über die göttliche Weisheit deines Daseins in diesem Land. Du hast die Möglichkeit, ein Erzieher zu sein in einer Zeit, in der die Menschen nach neuen Wegen suchen. Du hast die Möglichkeit, ein Anführer zu sein in einer Zeit, in der die Menschen neue Richtungen suchen. Du hast die Möglichkeit, Quelle spirituellen Trostes zu sein in einer Zeit, in der die Menschen verwirrt, wütend und ängstlich sind. Du hast die Möglichkeit, ein feuriger Verteidiger der Wahrheit in einer Zeit zu sein, in der Lügen das Bild deiner Religion verzerren und die Richtung deines Landes verändern. Du hast die Fähigkeiten, die Beherrschung der Sprache, das Wissen über die Menschen, um all dies und noch viel mehr zu tun, doch du entscheidest dich lieber von diesem Kampf zu fliehen und dich einem anzuschließen, von dem du nicht einmal weißt, wer ihn anführt.
Erwähnte ich das schon? „Dich einem Kampf anzuschließen, von dem du nicht einmal weißt, wer ihn anführt“? Nein! Ich tat es noch nicht. Denkst du, dass, wenn das FBI falsche Mujāhids in die Moscheen in ganz Amerika einschleusen kann, um verletzliche und verwirrte Muslime zu finden, mit ihnen gefälschte Attentatspläne mit Bombenattrappen mit sehr reellen politischen Zielen zu bauen, die CIA nicht das Gleiche im Ausland tun kann? Nein, warte eine Minute – hat nicht die CIA das afghanische Mujahidin-Netzwerk aufgebaut? Beschrieb nicht, wie hieß er nochmal, Zbigniew Brzezinski, die afghanische Operation als die „goldene Stunde der CIA“?
Sie würden niemals falsche Mujahids nutzen, durch gefälschte Webseiten arbeiten, um verwirrte und verzweifelte muslimische Jugendliche anzuwerben, damit das Klima der Angst überlebt, oder? Sie würden dies nicht tun, um blutsaugende, Bodenschätze fördernde Kriege am Leben zu halten in Zeiten, in denen es kein Geld für die Armen, die Alten, die Gesundheitsversorgung, die Erziehung, die Infrastruktur oder das Investment in die grüne Wirtschaft gibt. Nein! Es ist absurd. Dies wären ja sonst psychologische Operationen (Operative Information) und das würde ja Betrug heißen. ,,Amerika betrügt niemals, wir sind die guten Jungs!”
Entschuldige! Ich weiche vom Thema ab. Um ernst zu bleiben, hoffe ich, dass Du dich nicht eines Tages so dumm und ausgenutzt fühlst, wie der junge Antonio Martinez oder Mahomed Osman Mohamud, das somalische Kind aus Oregon, sich gerade fühlen. Sie wurden von falschen Mujahids getäuscht, betrogen, benutzt und missbraucht und dann in ein Verlies geworfen, damit sie für den Rest ihres Lebens dort verrotten. Denkst du, dein Schicksal wird anders sein? Sei doch kein Narr!
Mit freundlichen Grüßen,
Imām Zaid Shakir
Die folgenden Fragen wurden mir von vielen Individuen als Antwort auf meine Schrift ‚Brief an den Möchtegern-Mujahid‘ zugesandt. Ich hoffe, diese Antworten, von denen einige lang sind, werden behilflich dabei sein Fragen zu beantworten, welche für viele unserer jungen Geschwister verwirrend sind.
Frage: Deine Gewaltlosigkeit verweigert Muslimen das Recht, ihre Heimatländer zu verteidigen und die Besatzer zurückzuschlagen.
Antwort: Ich betone definitiv die Gewaltlosigkeit für Muslime, die in pluralistischen Gesellschaften im Westen leben. Dies ist eine fundamentale islamische Verantwortung. Doch Muslime in mehrheitlich muslimischen Ländern haben jegliches Recht ihr Land, ihre Rohstoffe, ihre Häuser sowie ihre Familien zu verteidigen, wenn ihre politischen und religiösen Anführer diese Verteidigung als das für sie angemessenste Vorhaben sehen. Die Angelegenheit, die ich besprach, war nicht das universell anerkannte Recht der Selbstverteidigung, welches für Muslime und für alle anderen Menschen gilt. Ich spreche mich jedoch dagegen aus, dass Massenmord an Zivilisten ein Teil des Islams sein soll. Dies ist moralisch verwerflich und strategisch kontraproduktiv. Jeder beachtliche strategische Erfolg der Muslime in letzter Zeit geschah durch öffentlichen Widerstand und nicht durch vigilantistische Morde und Morde durch Söldner.
Frage: Warum versuchst Du mich durch deine intellektuellen Argumente zu überzeugen, den Jihad aufzugeben, wo doch die wörtliche Bedeutung des Koran ganz klar über die Pflicht spricht, die Ungläubigen überall dort zu töten, wo man sie auffindet?
Antwort: Ich denke der wichtigste Punkt, der klargestellt werden muss in Bezug auf diese Frage ist die Verwendung der Vernunft. Das Thema, die Nichtmuslime ‚überall dort zu töten, wo man sie auffindet‘ wird in der darauffolgenden Frage erörtert. Der Koran selbst ruft uns dazu auf, die Vernunft zu verwenden. Dies ist von Anfang an schon beim Eintritt des Islams der Fall. Allah gebietet: „Es gibt keinen Zwang in der Religion. Wahrheit ist nunmehr deutlich unterscheidbar von Irrtum…“ (2:256)
Der Gelehrte Ibn Kathīr – möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagt über diesen Vers:
»Der Allerhabene gebietet: „Es gibt keinen Zwang in der Religion…“, das heißt, du kannst niemanden zum Eintritt in die Religion des Islams zwingen, denn sie ist klar und offensichtlich. Seine Beweise und Hinweise sind so wahrnehmbar, dass niemand gezwungen werden muss, ihn zu betreten, sondern, wen auch immer Allah mit dem Islam rechtleitet, dessen Brust er öffnet und dessen innere Sicht er erleuchtet; dieser betritt die Religion auf Basis der Klarheit. Wer jedoch sein Herz durch Allah erblindet findet, seine Sicht und sein Gehör versiegelt; für den gibt es keinen Nutzen im Betreten des Islams durch Zwang und Gewalt. Es wird erwähnt, dass die Offenbarung dieses Verses sich auf eine Gruppe der Anṣār bezieht, auch wenn seine Regelung allgemeingültig ist.«
Die Beweise und Hinweise, auf welche Ibn Kathīr sich bezieht, können nicht ohne einen gesunden Menschenverstand wahrgenommen werden, weswegen sich alle muslimischen Gelehrten einig sind, dass eine Person, die keinen Besitz über ihre mentalen Fähigkeit hat, nicht religiös verantwortbar ist (ghayr mukallaf). Die Haltung der Gelehrten in dieser Angelegenheit wird abgeleitet von der Aussage des Propheten – Segen und Friede seien auf ihm: „Der Stift ist von dreien gehoben: Vom Wahnsinnigen, bis er zur Vernunft kommt; vom Kind, bis es die Pubertät erreicht und vom Schlafenden, bis er erwacht.“ (Abū Dāwūd, 4403; Ibn Mājah, 2041)
Der Koran sagt auch über Vernunft, Intellekt, Nachdenken und sich darauf beziehende Konzepte: „Machen sie sich denn keine Gedanken über den Koran? Wenn er von jemand anderem als (von) Allah wäre, würden sie in ihm viel Widerspruch finden.“ (4:82)
Ibn Kathīr kommentiert diesen Vers mit folgenden Worten:
»Der Allerhöchste befiehlt ihnen über den Koran nachzudenken, verbietet ihnen die Abwendung von ihm und seinen eindeutigen Bedeutungen und klaren Aussagen, und informiert sie, dass es darin keine divergente Ansichten, Unstimmigkeiten und Widersprüche gibt. Dies ist, weil es die Offenbarung des Mächtigen und Gepriesenen ist. Somit ist es die Wahrheit vom Wahren. Aus diesem Grund gebietet Er: „Machen sie sich denn keine Gedanken über den Koran? Oder sind ihre Herzen versiegelt?“ (47:24)«
Dann sagt er – möge Allah barmherzig mit ihm sein:
»„Wenn er von jemand anderem als (von) Allah wäre, würden sie in ihm viel Widerspruch finden“, das heißt, wäre er von Menschen oder eine Fälschung, wie es die Ignoranten unter den Götzendienern und Heuchler in ihren geheimen Sitzungen behaupteten, würden sie viel Divergentes in ihm finden – und zwar viele Unstimmigkeiten und Widersprüche. Jedoch ist dieses Schreiben fern von Divergentem, da es nämlich von Allah ist.“
Wie findet man divergente Ansichten, Unstimmigkeiten und Widersprüche, wenn nicht durch das Nachdenken und die Reflektion, deren Wurzel die Vernunft ist? Die folgenden Verse sollten die Rolle des Verstands im Islam klarer machen. Allah erwähnt im Koran:
„Er ist es, Der dir das Buch herabgesandt hat. Darin sind eindeutig klare Verse – sie sind die Grundlage des Buches – und andere, die verschieden zu deuten sind. Doch diejenigen, in deren Herzen (Neigung zur) Abkehr ist, folgen dem, was darin verschieden zu deuten ist, um Zwietracht herbeizuführen und Deutelei zu suchen, (indem sie) nach ihrer abwegigen Deutung trachten. Aber niemand kennt ihre Deutung außer Allah. Diejenigen aber, die ein tief begründetes Wissen haben, sagen: „Wir glauben wahrlich daran. Alles ist von unserem Herrn.“ Aber nur diejenigen, die Vernunft haben, lassen sich mahnen.“ (3:7)
Anders als die Verse, welche zum Nachdenken über die Wunder in der Schöpfung Allahs aufrufen, behandelt dieser Vers ein bestimmtes theologisches Thema. Um dieses Thema vollständig begreifen zu können, benötigt man gesunde Vernunft. Ibn Kathīr kommentiert die Aussage: „Aber nur diejenigen, die Verstand haben, lassen sich mahnen“ wie folgt:
»Nur jene, die gesunde Vernunft und aufrechte Kräfte der Wahrnehmung haben verstehen, begreifen intellektuell und nehmen die Bedeutungen akkurat auf.«
Ich führte die Aussagen Ibn Kathīrs in diesem Falle an, weil er als ein konservativer Exeget anerkannt ist, der nicht dafür bekannt ist, seine Erläuterung des Korans auf Vernunft und Intellekt aufzubauen.
Fakhr ad-Dīn ar-Rāzī ist expliziter in der Betonung der Rolle des Intellekts, um die Botschaft des Koran zu verstehen. Über die Aussage: „Aber nur diejenigen, die Vernunft haben, lassen sich mahnen“ sagt er:
»Dies ist ein Lob Allahs für jene, die sagen: „Wir glauben daran“, was bedeutet: Niemand wird überzeugt von dem, was der Koran übermittelt, außer denjenigen, die eine reife Vernunft besitzen. Diese Aussage ist ein Hinweis darauf, dass sie ihre Vernunft nutzen, um den Koran zu verstehen.«
Unser Prophet – Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Für wen Allah – Erhaben und Makellos ist Er – etwas Gutes wünscht, dem gibt Er tiefes Verständnis über die Religion…“ (Bukhārī, 71; Muslim, 1037) Verständnis ist sehr wichtig, um zur Wahrheit dieser Religion zu gelangen. Jemand, der ein Mangel an Verständnis hat, wird verdammt sein, sich und andere irrezuführen, was vom Propheten – Segen und Friede seien auf ihm – auch als eine der Zustände beschrieben wurde, die auftreten werden, wenn die Gelehrten verschwinden:
„Allah entfernt das Wissen nicht plötzlich, indem Er es den Dienern entreißt, sondern er entfernt es, indem er die Gelehrten nimmt, bis nicht ein einziger Gelehrter mehr bleibt. Die Menschen nehmen dann Unwissende als ihre Führer. Sie werden gefragt und sie antworten ohne Wissen. Sie sind in der Irre und sie leiten andere in die Irre.“ (Bukhārī, 100)
Unkritischer Buchstabenglaube führte dazu, dass der Jihad sich von einem Mittel, um die Interessen des göttlichen Gesetzes zu erlangen und durchzusetzen, wandelte und zum End- und Selbstziel wurde. In den Worten eines der führenden Theoretiker der Jihad-Bewegung, Abdus-Salaam Faraj, ist es die verlorene Pflicht (al-Fariḍa al-Ghāʾiba). Diese Verwandlung führte dazu, dass viele glauben, dass sie zu kämpfen haben, einerlei was die Konsequenzen sein – ob nun durch ihr Kämpfen die Interessen der Umma vorankommen oder einen Rückschlag erleben.
Der Prophet – Segen und Friede seien auf ihm – wies daraufhin, dass der Jihad nicht ein End- und Selbstziel ist. Tatsächlich kann der Jihad sogar mit falschen Gründen geführt werden. Ein Beispiel hierfür finden wir im Ḥadīth des Abū Ayyub al-Anṣārī. Er berichtet folgendes: „Der Gesandte Allahs wurde gefragt über einen Mann, der kämpft, um seinen Mut zu zeigen, über einen, der kämpft aufgrund seiner Stammeszugehörigkeit und einen anderen, der mit seinem Kampf angeben will. Wer von ihnen sei auf dem Weg Allahs? Der Gesandte Allahs – Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Derjenige der kämpfte, damit das Wort Allahs am allerhöchsten ist. Dieser ist auf dem Weg Allahs.“ (Bukhārī, 7458; Muslim, 1904)
Wie der Prophet – Segen und Friede seien auf ihm – uns erinnert, gibt es auch weltliche und außerweltliche Konsequenzen für das Kämpfen, insbesondere für die falschen Gründe. Beispielsweise erzählt uns der Prophet über einen Mann, der behauptet, er habe auf dem Weg Allahs gekämpft und sei auf diesem Weg gestorben, welcher dennoch in die Hölle geworfen wird. Er – Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Die erste Person am Tag des Gerichts, die zur Rechenschaft gezogen wird, ist der Märtyrer. Er wird nach vorne gebracht und Allah erinnert ihn an die Segnungen, die er erhielt und er wird sie bestätigen. Er wird fragen: „Was hast du getan für diese Segnungen?“, und der Mann wird antworten: „Ich kämpfte für dein Wohlgefallen bis ich zum Märtyrer wurde.“, und Allah wird erwidern: „Du lügst, denn du kämpftest, damit es heißt, dass du mutig warst, und dies wurde auch gesagt.“ Dann wird befohlen, dass er auf seinem Angesicht ins Höllenfeuer geschliffen wird und dort hineingeworfen wird.“ (Muslim, 1905)
Oftmals werden die Hinweise der Buchstabengläubigen – auch Literalisten – nicht vollständig durchdacht. Wenn wir beispielsweise folgenden Ḥadīth beachten: „Verlangt nicht danach, dem Feind zu begegnen, sondern fragt Allah um Wohlergehen. Wenn ihr dem Feind jedoch begegnet, dann harrt aus und wisset, dass das Paradies im Schatten des Schwertes liegt.“ (Bukhārī, 2965; Muslim, 1742) In diesem Ḥadīth warnt uns der Prophet – Segen und Friede seien auf ihm – davor, nach den Heimsuchungen des Konflikts zu verlangen und befiehlt seiner Gemeinschaft das Beten für Frieden und Wohlergehen. Dieses Gebet stimmt überein mit der Basis (asl) der menschlichen Beziehungen, welches Friede und Wohlergehen ist. Krieg und Seuchen widersprechen diesem Wohlergehen. Dann sagt er, wenn du dem Feind begegnest, dann harre aus. Eines der Manifestationen des Ausharrens im Konflikt, ist das Einhalten der Grenzen Allāhs und seines Gesandten, wie das Wahren der Sicherheit der Unschuldigen und Zivilisten. Daraufhin sagt er, und dies ist der Punkt, den ich im Kontext der Erörterung des Buchstabenglaubens betonen will: „…und wisse, dass das Paradies im Schatten der Schwerter liegt.“ Unser Prophet – Segen und Friede seien auf ihm – sagte, dass das Paradies im Schatten der Schwerter liegt. Gemäß diesem Ḥadīth, wenn wortwörtlich verstanden, liegt es nicht im Schatten der AK-47s und RPG-7s, oder anderen modernen Waffen. Der einzige Weg, um diesen Ḥadīth auf moderne Kämpfe auszuweiten, ist durch metaphorische Interpretation oder das Heranziehen eines anderen Textes.
Dies ist ein kleines Beispiel für die beschränkte Effektivität des Buchstabenglaubens beim Verstehen der göttlichen Texte. Letztlich wird der Buchstabenglaube in diesem Bereich nur dazu dienen, vorherige Schlussfolgerungen zu verstärken, nämlich, dass der Massenmord ein fester Bestandteil des Islams sei. Wenn es jedoch seine Befürworter mit Dilemmata des Verständnisses konfrontiert, die nur durch die Ablehnung dieser Sache gelöst werden können, ist das übliche Verfahren das einfache Ignorieren dieses Dilemmas.
Frage: Wie kannst du friedvolle und freundliche Beziehungen zu den Nicht-Muslimen vertreten, während der ‚Schwertvers‘ (9:5) alle vorherigen milden Verse, die du zur Untermauerung deiner Worte nutzt, aufhebt?
Antwort: Die Behauptung, der ‚Schwertvers‘ würde die friedvolleren und toleranteren Verse des Koran aufheben, ist aus mehreren Gründen fehlerhaft. Zuallererst sind die gewichtigsten Kommentare des Korans der Ansicht, dass der ‚Schwertvers ‘ selbst aufgehoben ist durch den Vers: „Wenn ihr (auf einem Feldzug) mit den Ungläubigen zusammentrefft, dann haut (ihnen mit dem Schwert) auf den Nacken! Wenn ihr sie schließlich vollständig bekämpft habt, dann legt (sie) in Fesseln, (um sie) später entweder auf dem Gnadenweg oder gegen Lösegeld (freizugeben)!“ (Qur’an 47:4) Hier ist anzumerken: wenn es einen uneingeschränkten Befehl geben würde, Nicht-Muslime zu töten, wie kann es dann sein, dass man die freie Wahl hat zwischen Lösegeld und Gnadenweg? Auch sollte der Befehl ‚haut auf den Nacken‘ im Kontext der momentanen Schlacht gesehen werden. Viele Polemiker gegen den Islam benutzen diesen Vers, um zu behaupten, es sei den Muslimen anbefohlen, unschuldigen Menschen den Kopf abzuschlagen.
Imām al-Qurtubī erwähnt, dass al-Ḍaḥḥāk, ʿAṭā und andere der Ansicht waren, dass der oben erwähnte Vers (47:4) den ‚Schwertvers ‘ aufhebt. Ath-Thawrī überliefert von Juwaybir, dass al-Ḍaḥḥāk sagte: „Tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie auch findet…“ (9:5) wurde durch: „…(um sie) später entweder auf dem Gnadenweg oder gegen Lösegeld (freizugeben)!“, aufgehoben. Imām Ṭabarī kommt, in Bezug auf den Vers 47:4, zu folgendem Schluss, nachdem er die Beweise jener anführt, welche der Meinung sind, dass dies aufgehoben ist oder den ‚Schwertvers‘ aufhebt:
»Die korrekte Ansicht in dieser Diskussion ist – dies ist unsere Meinung – dass dieser Vers (47:4) noch gültig und nicht aufgehoben ist, denn die Definition des Aufgehobenen und Aufhebenden, die wir nun an mehr als einer Stelle in unserem Buch anführten, ist, dass dies nur dann geschieht, wenn es unmöglich ist, zwei sich widersprechende Rechtsurteile in Versen zusammenzuführen, oder wenn es einen überzeugenden Beweis gibt, dass eines der Urteile das andere aufhebt. (In diesem Fall) ist es naheliegend zu sagen, dass es dem Gesandten Gottes und jenen, welche die Angelegenheiten der Gemeinschaft nach ihm lenken, freigestellt ist zwischen Freiheit, Lösegeld oder Exekution der nichtmuslimischen Soldaten zu entscheiden.«
Zweitens: Die Behauptung der ‚Schwertvers‘ hebe andere Verse, welche zum Frieden und zur Toleranz aufrufen, auf, wird von vielen Korankommentatoren angezweifelt. Beispielsweise wird behauptet, der Vers: „Und wenn sie sich dem Frieden zuneigen, dann neige (auch du) dich ihm zu (und laß vom Kampf ab)! Und vertrau auf Allah! Er ist der, der (alles) hört und weiß.“ (8:61), sei aufgehoben durch den ‚Schwertvers‘. Imām al-Qurtubī erörtert in einer langen Ausarbeitung, warum dieser Vers nicht aufgehoben ist. Im Kontext seiner Erörterung sagt er, dass dieser die Basis dafür ist, dass die Muslime ein Friedensvertrag mit den Nicht-Muslimen schließen können, der ewig währt.
Imam al-Ṭabarī lehnt gleichermaßen die Ansicht ab, dass dieser Vers aufgehoben wurde. Er sagt: »Und jene, welche die Aussage des Qatada und der anderen über die Aufhebung dieses Verses beständig wiederholen, so sind diese Worte unfundierte Aussagen, die keinen Halt haben im Koran, der Sunna und der gesunden Vernunft.«
Ibn Kathīr lehnt diese Ansicht besonders ab, nachdem er die Meinungen darlegt, dass der Vers aufgehoben sei. Er sagt: »Hier gibt es keinen Widerspruch (tanafi), keine Aufhebung (nāskh) und keine Spezifizierung (takhsīs).“
Zusätzlich zu den Ansichten, dass der ‚Schwertvers‘ selbst aufgehoben sei und er nicht die Verse aufhebe, die Zurückhaltung, Friede und Toleranz zwischen Muslimen und den Gemeinschaften anderer Glauben betonen, sind viele Gelehrte der Ansicht, dass sich dieser Vers nicht einmal auf Juden und Christen bezieht. Somit kann es nicht als Beweis dafür benutzt werden, dass der Koran die willkürliche Ermordung von Juden und Christen gutheißt. Beispielsweise sagt Imām al-Qurtubī, bekannt für sein Koranerläuterungswerk mit Rechtsurteilen:
»… Es ist zulässig zu verstehen, dass die Aussage „Polytheisten“ nicht die Juden und Christen (Ahl al-Kitāb) miteinschließt.«
Diese Meinung wird verstärkt durch die Interpretation eines Ḥadīth: „Mir wurde anbefohlen die Menschen zu bekämpfen bis sie bezeugen, dass es keine Gottheit außer Allāh gibt…“ Imam Nawawī erwähnt in seinem Kommentar über den Ḥadīth:
»Al-Khaṭṭābī sagte: ‚Es ist sehr wohl bekannt, dass hier die Menschen der Götzendienerei gemeint sind und nicht die Leute des Buches, die Juden und Christen.“ Imām Abū Ḥanīfa, Imām Aḥmad, und viele andere Gelehrte sind der Ansicht, dass nur die Polytheisten gemeint sind mit dem ‚Schwertvers‘, die zur Zeit der Offenbarung auf der Arabischen Halbinsel lebten. Gemäß dieser Ansicht bezieht sich dieser Vers nicht auf die Polytheisten außerhalb der Arabischen Halbinsel.
Frage: Du zitierst ständig den Vers: „…Wenn jemand einen Menschen tötet ohne, dass dieser einen Mord begangen hätte oder ohne, dass ein Unheil im Lande geschehen wäre, es so sein soll als hätte er die ganze Menschheit getötet; und wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, es so sein soll als hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten. … (5:32)”, doch du zitierst nie den darauffolgenden Vers: „Der Lohn derer, die gegen Allah und Seinen Gesandten Krieg führen und Verderben im Lande zu erregen trachten, soll sein, dass sie getötet oder gekreuzigt werden oder, dass ihnen Hände und Füße wechselweise abgeschlagen werden oder, dass sie aus dem Lande vertrieben werden. Das wird für sie eine Schmach in dieser Welt sein und im Jenseits wird ihnen eine schwere Strafe zuteil.“(5:33)
Antwort: Die Wichtigkeit des Verses: „Wenn jemand einen Menschen tötet…“, ist zu groß, als dass man sie einfach ignorieren könnte. Jedoch werde ich nicht lange darauf eingehen und mich mit zwei Kommentaren der zwei größten Korankommentatoren zufrieden geben:
Imām Fakhr ad-Dīn al-Rāzī sagt über diesen Vers:
»Wenn er (ein Mörder) die Absicht fasst, eine unschuldige Person zu töten, hat er die Anordnungen seines Blutdurstes und seines Zornes denen Allahs vorgezogen. Wenn diese Neuordnung der Prioritäten geschieht, fasst er in seinem Herzen die Absicht, wenn er könnte, jeden zu töten, der sich seinem Wunsch entgegenstellt.«
Imām al-Qurtubī sagt: »Die Bedeutung ist, dass, wenn jemand es als erlaubt erklärt einem unschuldigen Menschen das Leben zu nehmen, er es für erlaubt erklärt hat, allen Menschen das Leben zu nehmen, denn er hat das göttliche Gesetz, welches das Töten Unschuldiger verbietet, abgelehnt.«
Es sollte eine ausreichende Warnung für jeden sein, dass die absichtliche Ermordung eines unschuldigen Menschen von den größten Gelehrten in der islamischen Geschichte als eine Ablehnung der islamischen Gesetzgebung erachtet wird.
Es ist interessant, dass gerade ein ‚Jihadist‘ auf den darauffolgenden Vers aufmerksam macht, denn er bezieht sich auf die Anarchie, die oft im Namen des ‚Jihad‘ geschieht, da die Kommentatoren und Juristen übereinstimmen, dass dieser Vers sich auf jene bezieht, die den öffentlichen Frieden stören (muḥaraba/ḥiraba). Die einzige Meinungsverschiedenheit hier liegt darin, ob die Störung des öffentlichen Friedens sich nur auf ländliche Gebiete oder auch auf die Stadt bezieht. Imām Mālik, al-Awzāʿī, Layth b. Saʿd, al-Schāfiʿī und Aḥmad b. Ḥanbal sind der Ansicht, dass sich diese Störung des öffentlichen Friedens auf das Land und auf die Stadt bezieht. Doch Imām Abū Ḥanīfa und seine Rechtsschule sind der Ansicht, dass sich dies nur auf das Land bezieht, da die Menschen in den Stadtgebieten viel leichter um Hilfe rufen können und Hilfe erhalten können, da es Wachen und dergleichen gibt, welche diese Verbrechen unter normalen Umständen aufhalten sollten.
Nach einer ausgiebigen Untersuchung des Offenbarungsgrundes des Verses 5:33, beschreibt Ibn Kathīr die Strafe, die in Zusammenhang mit dem Verbrechen steht. Er sagt:
»Die Mehrheit der Gelehrten sagt: Dieser Vers wurde für verschiedene Situationen offenbart, wie es erwähnt wurde von Abū ʿAbdullah asch-Schāfiʿī. Er sagte: Uns wurde berichtete von Ibrāhīm b. Abī Yaḥyā, von Ṣāliḥ al-Tawʿama, von Ibn ʿAbbās über das Verbrechen der Wegelagerei: Wenn die Verbrecher töten und Güter klauen, werden sie getötet und gekreuzigt. Wenn sie nur töten und sie klauen nichts, dann werden sie getötet, aber nicht gekreuzigt. Wenn sie klauen aber nicht töteten, dann werden ihre Hände und Füße kreuzüber abgeschlagen. Wenn sie die Menschen terrorisieren, aber ihre Güter nicht klauen, werden sie ins Exil verbannt.“
Niemand sagt, dass diese Art der Bestrafung an jemandem angewandt werden kann, der nicht direkt an den von Ibn ʿAbbās beschriebenen Verbrechen schuldig ist. Deswegen ist es eine haltlose Fehlinterpretation, wenn man diesen Vers benutzt, um das Ermorden unschuldiger Zivilisten zu rechtfertigen.
Frage: Die USA, Israel und ihre Komplizen haben keine Barmherzigkeit im Töten unschuldiger muslimischer Zivilisten, wieso sollten wir dann Barmherzigkeit mit ihren Zivilisten haben?
Antwort: Allah – Erhaben und Makellos ist Er – sagt: „Töte das von Allah bewahrte Leben nicht grundlos…“ Welcher Grund kann heraufbeschworen werden, um die Ermordung unschuldiger Zivilisten, die vielleicht sogar Muslime sind, zu rechtfertigen? Die Tatsache, dass die USA und Israel oder sonst wer dies tut, ist keine angemessene Rechtfertigung. Keiner der Koranverse, welche die Vergeltung erwähnen, sind für diese Situation gemäß dem Ḥadīth: „Es gibt keinen Schaden oder die Vergeltung eines Schadens…“ und die damit zusammenhängenden juristischen Maxime: „Schaden muss beseitigt werden“ anwendbar. Das Töten unschuldiger Nichtmuslime schafft einzig und allein nur eine Atmosphäre und einen Umstand, der es leichter macht, vielmehr muslimische Zivilisten willkürlich zu ermorden. Somit zieht eine solche Handlung mehr Schaden nach sich, der jedoch vermieden werden soll.
Unser Gesandter – Segen und Friede seien auf ihm – sagte, dass er ein Geschenk der Barmherzigkeit ist. Er sprach: „Oh ihr Menschen! Wahrlich, ich bin eine geschenkte Barmherzigkeit!“ (Ḥākim, al-Mustadrak, 100). Er sagte auch: „Wer keine Barmherzigkeit zeigt, wird auch keine Barmherzigkeit erleben.“ (Bukhārī, 5997; Muslim, 2318). Auch: „Wer auch immer der Menschheit gegenüber keine Barmherzigkeit darbringt, wird von Allāh auch keine Barmherzigkeit empfangen.“ (Bukhari, 6013; Muslim, 2319). „Den barmherzigen Menschen wird Barmherzigkeit dargebracht vom Allbarmherzigen; seid barmherzig zu jenen auf der Erde, damit die im Himmel barmherzig zu euch sind.“ (Abū Dāwūd, 4941; Tirmidhī, 1924). „Ihr habt nicht wahrlich geglaubt, solange ihr nicht barmherzig zueinander seid.“ Daraufhin sagten jene, die dies hörten: „Oh Gesandter Allāhs! Wir alle sind Barmherzigkeit zueinander!“, worauf er – Segen und Friede seien auf ihm – erwiderte: „Nicht die Barmherzigkeit euren Freunden und Gefährten gegenüber, sondern die Barmherzigkeit allen Menschen gegenüber.“ Der Prophet – Segen und Friede seien auf ihm – sprach auch: „Barmherzigkeit wird nur aus dem Herzen eines an die Hölle gebundenen Wichtes entrissen.“ (Abu Dawud, 4942). Während der Schlacht von ʿUhud, als seine Feinde versuchten ihn – Segen und Friede seien auf ihm – zu töten, bat man ihn um ein Gebet, damit seine Feinde vernichtet werden. Er – Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Ich wurde als Barmherzigkeit gesandt und nicht, um die Menschen zu verfluchen.“
Frage: Du spornst zu freundlichen Beziehungen mit den Nichtmuslimen an, während Allāh – Erhaben und Makellos ist Er – uns verboten hat, sie als Freunde zu nehmen.
Antwort: Allah erwähnt im Koran: „Allah verbietet euch nicht, gegen diejenigen pietätvoll und gerecht zu sein, die nicht der Religion wegen gegen euch gekämpft und, die euch nicht aus euren Wohnungen vertrieben haben. Allah liebt die, die gerecht handeln.“ (Koran: 60:8). Es gibt einige, die behaupten, dass dieser Vers aufgehoben wurde durch den ‚Schwertvers‘, jedoch sagt Imām al-Qurtubī bei seiner Erklärung dieses Verses, dass die meisten Exegeten der Ansicht sind, dass dieser Vers gilt und sie die Ansicht ablehnen, dass dieser Vers aufgehoben ist. Die vielen Gelehrten, die der Ansicht sind, dass dieser Vers noch gültig ist und nicht aufgehoben wurde, begründen ihre Ansicht auf der Geschichte von Asmāʾ, der Tochter des Abū Bakr. Als ihre Mutter sie in Medina besuchte, die zu der Zeit noch eine Götzendienerin war, zögerte sie das Geschenk ihrer Mutter anzunehmen und lehnte es ab, sie im Haus aufzunehmen oder ihr Einlass zu gewähren. Als der Prophet dies erfuhr, spornte er sie dazu an, das Geschenk anzunehmen, sie zu bewirten und sie mit der besten Güte zu behandeln, auch wenn sie eine Götzendienerin war.
Imām Ṭabarī sagt, nachdem er viele Interpretationen dieses Verses angeführt hat:
»Die beste und akkurateste Ansicht in Bezug auf diesem Vers sind folgende Worte: „Mit diesem Vers sind alle Menschen jeder Lebensart und Religion gemeint: Dass du freundlich zu ihnen bist, dass du mit ihnen verkehrst und sie gerecht behandelst.“, denn Allah – Erhaben und Makellos ist Er – spricht hier eine allgemeine Aussage, welche jeden umschließt, der zu der Beschreibung des Verses passt. Allah beschrieb oder wählte in diesem Vers nicht bestimmte Menschen aus und schloss auch nicht bestimmte Menschen aus. Die Behauptung, dieser Vers sei aufgehoben, ist sinnlos.«
Ibn Kathīr lehnt diese Ansicht ebenfalls ab, und auf den darauffolgenden Vers hinweisend, sagt er:
»Vielmehr verbietet er dir, jene als Freunde zu nehmen, die dir gegenüber offenkundige Feindschaft hegen, dich bekämpfen, dich vertrieben oder in deiner Vertreibung mitgewirkt haben. Allah – Erhaben und Makellos ist Er – verbat es, diese als Freund zu nehmen.«
Wenn man die anderen Verse des Korans untersucht, die einen davor warnen, Freunde aus anderen Religionsgemeinschaften zu haben, ist ersichtlich, dass all diese Warnungen an Bedingungen geknüpft sind, wie es Ibn Kathīr hier erklärte. Beispielweise ist 3:28 an die Bedingung geknüpft, dass sie den Gläubigen gegenüber voreingenommen sind; in 3:118 gibt es die Bedingung, nicht mit jenen Freundschaft zu schließen, welche offenkundig ihren Hass für die Religion kundgetan haben und, die daran arbeiten, die Religion zu vernichten. 5:57 handelt über die Freundschaft mit jenen, welche den Islam erniedrigen. Wenn die in diesen Versen erwähnten Bedingungen nicht existieren, dann hat das Verbot einer gerechten, gleichgestellten und freundlichen Behandlung der Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften keine Kraft.
Es ist hier angemessen zu erwähnen, dass ein muslimischer Mann eine nichtmuslimische Frau heiraten darf. Dies abzulehnen ist unmöglich. Allah – Erhaben und Makellos ist Er – erwähnt im Koran: „Und zu seinen Zeichen gehört es, dass er euch aus euch selber Gattinnen geschaffen hat, damit ihr Frieden bei ihnen findet. Und er hat bewirkt, dass ihr einander in Liebe und Güte zugetan seid. Darin liegen Zeichen für Leute, die nachdenken.“ (30:21) Allah – Erhaben und Makellos ist Er – sagt, dass er Liebe und Güte zwischen Ehemann und Ehefrau gelegt hat, während die letztere eine Jüdin oder Christin sein könnte. Soll er jetzt die Liebe und Güte oder die Freundschaft seiner Ehegattin ablehnen und sich blind an das angebliche Verbot der Befreundung mit Andersgläubigen halten?
Frage: Was soll eine Person, welche genug von der willkürlichen Ermordung der Muslime in der gesamten Welt von Seiten der USA hat, tun?
Antwort: Dies ist eine korrekte und wichtige Frage. Ich werde hier einige Ratschläge geben.
1. Realisiere, dass nicht du das Durcheinander, die Schwäche und die politische Inkompetenz der muslimischen Welt geschaffen hast und auch nicht du die Verantwortung trägst, dies zu korrigieren und auch nicht fähig dazu bist. Oftmals werden wir von Dingen gestresst, die außerhalb unserer Macht liegen. Der Prophet – Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Das Gute vom Islam eines Menschen ist, dass er sich nicht in Dinge einmischt, die ihn nichts angehen.“ Dinge, über die wir keine Kontrolle haben, gehen uns nichts an. Doch es gibt viele Dinge, die zu tun wir fähig sind, aber oftmals vernachlässigen wir diese Dinge. Wir rennen weg von Situationen, auf die wir maßgebend Einfluss nehmen könnten und die wir mitgestalten könnten, zu Ereignissen, über die wir keine Kontrolle haben. Dies ist dann das Rezept für Frustration und ineffektivem Handeln.
2. Ziehe Nutzen aus den Bildungsmöglichkeiten, die du hast und übe dich darin, etwas Sinnvolles für die Muslime und für die Menschheit im Allgemeinen zu tun. Viele Menschen in der durchschnittlichen muslimischen Gemeinschaft haben nicht die Möglichkeit, eine hohe Bildung zu bekommen. Hier in der westlichen Gesellschaft haben wir diese Möglichkeit. Anstelle über die Situation der Muslime in den verschiedenen Teilen dieser Welt uns verzweifelte Gedanken zu machen, sollten wir uns bilden, damit wir die Fähigkeit haben, etwas Bedeutungsvolles mit unserem Leben zu tun, damit wir einen Wechsel für das Leben dieser Muslime bewirken können. Es ist bewiesen, dass Wissen Macht bedeutet und wir sollten uns damit beschäftigen, uns Macht anzueignen.
3. Leiste in sinnvoller Weise etwas zu der Diskussion bei, welche das Islambild der Amerikaner maßgeblich beeinflusst. Wir sollten nicht annehmen, dass jeder in diesem Land von Geburt an gegen die Muslime ist. Wenn wir jedoch nicht anfangen, unsere Mitbürger über unsere Religion, unsere Gemeinschaft, die Anstrengung unseres Volkes aufzuklären, dann wird ein immer größerer Teil der Bevölkerung dem Islām gegenüber voreingenommen sein und wir werden es sehr schwer dabei haben, diese Haltung zu korrigieren. Du kannst Nachforschungen anstellen, um dabei behilflich zu sein, verleumderische und beleidigende Ansichten über die islamischen Prinzipien und den islamischen Glauben zu widerlegen. Du kannst etwas schreiben oder bloggen. Du kannst den Menschen Islām lehren in formeller oder informeller Weise. Du kannst Sitzungen, Seminare oder Unterrichte an öffentlichen Plätzen wie in Bibliotheken, Gemeinschaftshäusern und ähnlichen Orten arrangieren. Du kannst private Veranstaltungen organisieren, in denen du deine Nachbarn, Freunde und Verwandte einlädst. Du kannst Buchclubs ansprechen und dort Lesungen und Diskussionen von Büchern vorschlagen, die den Islam akkurat darstellen.
4. Lerne eine Fähigkeit, die in der muslimischen Welt gebraucht wird und verbringe deine Zeit damit, anderen Menschen in anderen Ländern zu dienen. Solche Fähigkeiten können Medizin, Krankenpflege, Informatik, Gesundheitspflege, Sanierungstechniken, Umweltwissenschaften, Psychologie (auf der Basis therapeutischer Beratung), Automechanik etc. sein. Indem du in diesen Bereichen dienst, kannst du zu der Stabilität der muslimischen Gesellschaft, welche beschädigt und zerrüttet ist durch die Dekaden des Krieges, beisteuern.
5. Helfe den Gefangenen, den neuen Immigranten, den Armen, den Älteren und anderen Bevölkerungsgruppen, deren Leben durch den Staat zerrüttet wurde. Das Bauen von Brücken zwischen diesen Bevölkerungsgruppen wird ein Schlüsselfaktor in späterer Zeit sein, die Koalitionen schafft, welche wirkungsvoll die hegemoniale soziopolitische Maschine zurückdrängen können, die versucht, unser gesamtes Leben einzunehmen. Je ernster die Finanzkrise des kapitalistischen Staates wird, desto mehr Menschen werden Dienste benötigen. Dies ist eines der größten Dinge, die wir tun können, um gegen die Propaganda über die Muslime zu arbeiten.
6. Schließe dich den Organisationen an, deren politischen Visionen es sind, die Menschen zusammenzubringen und Spaltungen und Unterschiede zu überbrücken, welche sie voneinander getrennt haben. Eine solche Arbeit kann im Kontext des politischen Wahlsystems sein und im Kontext fundamentaler politischer Bildung und grundlegender Organisationen. Es gibt auch viele muslimische Gruppen. Schließe dich diesen Gruppen an und helfe ihnen finanziell und mit deinem Dasein.
7. Schließe dich den Bewegungen an, die versuchen, die Muslime näher an die Mehrheitsgesellschaft mit muslimischer Kunst und Kultur zu bringen. Diese Bewegung ist mächtig und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Bereiche dieser effektiven Kommunikation schließen Film, Kunst, akzeptable Formen der Musik, Dichtung und viele andere Dinge ein.
8. Schließe dich den Antikriegsbewegungen an. Antikriegsbewegungen waren grundlegend am Ende des Vietnam-Krieges beteiligt und sie sind das einzige, welches den angeblichen Krieg gegen den Terror beenden kann. Es gibt viele Organisationen und Onlineinitiativen, welche Hilfe benötigen, um ihre Effizienz zu stärken. Muslime sollten sich solchen Gruppen in großer Anzahl anschließen, wenn sie in ihrem Wunsch den Krieg zu beenden aufrichtig sind – einem Krieg, der zum Tod tausender Muslime und zur Vernichtung muslimischer Gesellschaften führt.
Dies sind nur einige Ratschläge und es gibt noch viele andere Sachen. Nicht ein einziger junger Muslim ist entschuldigt, um daheim geplagt von Langeweile herum zu sitzen und nicht zu wissen, was er tun soll, nur um dann später in eine reaktionäre Schiene zu geraten, welche nur dazu führt, dass die Muslime in diesem Land und anderswo unterdrückt werden.
Ich hoffe, dass diese Antworten ein wenig Klarheit schufen und jenen eine Richtung aufwiesen, die diese Fragen gestellt haben und für jene, die ebenfalls diese Fragen mit sich trugen. Letztlich ist kein Erfolg möglich ohne die göttliche Unterstützung Allahs. Wir bitten Ihn darum, uns zu unterstützen und dass Er unsere Segel mit dem Wind seiner Unterstützung und Seiner Liebe füllt in diesen schweren Zeiten. Möge Allah euch alle segnen, ob Freund oder Feind.
Dein Bruder im Islam,
Imām Zaid Shakir

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Der Radikalismus des Prokrustesbettes

(iz). Wenn im Zusammenhang mit dem Fundamentalismus im Islam über die Quelle einer bestimmten Tradition gesprochen wird beziehungsweise über die Art der Beziehung zu dieser Quelle, wenn also über den […]

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Die Khawaridsch von heute

(iz). Der vorliegende Text behandelt „die Khawaridsch von heute“. Es handelt sich um eine Einordnung des Phänomens ISIS/Daesh durch die islamische Lehre sowie ihr Erscheinen in der muslimischen Geschichte.
Zuerst möchte ich auf den Begriff Khawaridsch eingehen. Es geht mir darum, was sich über sie in den Aussagen des Propheten Muhammad, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, finden lässt. Die Mehrheit dieser Ahadith, von denen ich nur einen kleinen Ausschnitt anführe, stammt überwiegend aus den Büchern von Imam Al-Bukhari und Imam Muslim.
In einem Hadith, das Dschabir ibn ‘Abdillah überlieferte, wird von einem Mann berichtet, der zum Gesandten Allahs kam. Das geschah nach einer Schlacht bei Hunain. In der Kleidung von Bilal befanden sich Silberstücke, von denen der Prophet einige unter den Leuten verteilte. Einer der Anwesenden sagte: „Oh Muhammad, sei gerecht!“ Und der Gesandte Allahs entgegnete: „Wehe dir! Wer könnte gerecht sein, wenn ich es nicht bin? Ich wäre sehr unglückselig und ein Verlierer, wenn ich ungerecht wäre.“ Darauf sprach ‘Umar ibn Al-Khattab aus: „Erlaube mir, diesen Heuchler zu töten!“ Hier müssen wir verstehen, dass er ein großer Mann war, der Unterscheidungsvermögen besaß. Er konnte das Richtige vom Falschen unterscheiden. Es war sehr deutlich, als er diese Person einen Heuchler nannte.
Um zum Bericht zurückzukehren – der Prophet entgegnete: „Ich suche Zuflucht bei Allah davor, dass die Leute sagen könnten, ich töte meine Gefährten. Wahrlich, dieser Mann und seine Gefährten rezitieren den Qur’an, aber er geht nicht über ihre Kehle hinaus. Und sie werden durch ihn [den Qur’an] spurenlos hindurch schießen, wie der Pfeil durch die Beute geht.“ Die Bedeutung hiervon ist, dass nichts von der Rezitation des Qur’an in ihnen verbleibt. Das Gleichnis des Pfeils bedeutet, dass wegen der Wucht des Geschosses nichts vom Inneren des Tieres daran haften wird. Zwei Aspekte sind hier von Bedeutung: Dass ‘Umar den Mann als Heuchler erkannte und das wuchtige Durchschlagen des Pfeiles, an dem nichts verbleibt.
Bei Imam Muslim findet sich eine Variante dieses Berichts mit anderen Personen. An ihrem Ende findet sich die Aussage des Propheten: „Aus der Nachkommenschaft dieser Personen werden Leute kommen, die die Anhänger des Islam töten werden und die die Götzenanbeter verschonen werden. Sie werden so schnell durch die Lehren des Islam rasen, wie der Pfeil durch die Beute schlägt. Sollte ich sie jemals treffen, würde ich sie töten wie die Leute von ‘Ad [das antike Volk, das von Allah ausgelöscht wurde].“
Ein ähnlicher Bericht findet sich bei Imam Al-Bukhari. Hier heißt es, dass „in dieser Umma eine Gruppe von Leuten erscheinen wird“. Also, nicht von, sondern in. Das ist ein wichtiger Unterschied. Außerdem erwähnt der Gesandte Allahs hier beim Gleichnis des Pfeils, dass Zweifel bleibt, ob am Ende des Pfeils etwas hängen bleibt oder nicht. In einem weiteren Bericht spricht der Gesandte Allahs von einer Gruppe, die „jung an Jahren und unreif in ihren Gedanken“ sein wird. In einem Bericht von Jassir ibn ‘Ammar, der die Worte vom Gesandten Allahs wiedergab, wird neben anderen Aussagen überliefert, dass der Prophet sagte: „Diese Leute werden aus dem Irak kommen.“ Dann zeigte er mit seiner Hand in die Himmelsrichtung. In anderen Ahadith finden sich weitere Beschreibungen. So seien sie die schlimmsten Geschöpfe unter dem Himmel, „die Hunde der Hölle“. Sie gehörten mit zu den am meist Gehassten in der Schöpfung Allahs.
Erinnern wir uns daran, dass es sich hier um den Propheten handelt, der Prophezeiungen machte. Es war eine Vorhersage von etwas, das geschehen wird. Wir erhalten in diesen Berichten Hinweise über ihre Ursprünge, ihre psychologischen Einstellungen, ihre Fehler im Glauben, die Grausamkeiten, die sie begehen werden, und Anweisungen, wie mit ihnen umzugehen ist.
Wie trat dieses Phänomen historisch in Erscheinung? Es kam zu ihrer Entstehung im Kontext der Schlacht bei Siffin zwischen Sajjiduna ‘Ali und Sajjiduna Mu’awijja. Im Rahmen dieser strittigen Angelegenheit zwischen beiden kam es zu einer Verhandlungslösung. Diejenige Gruppe, die ‘Ali zuerst wegen ihres Einflusses zu einer Verhandlungslösung zwang, beschuldigte ihn daraufhin, die Armee habe durch die Akzeptanz des Kompromisses einen Akt des Unglaubens begangen. Sie müsse – inklusive ‘Ali – dies nun bereuen. ‘Ali widersprach ihnen. Auch wenn die Lösung nicht das war, was er wollte, sei sie vor Allah möglich.
Diese Gruppe lehnte die Erklärung ab und bezeichnete ihn als Ungläubigen. Immer wieder rief sie aus: „Das Urteil ist bei Allah.“ Sie erklärten Sajjiduna Mu’awijja und Sajjiduna ‘Ali und ihre Anhänger zu Ungläubigen. Sie entfernten sich von allen anderen Muslimen und erklärten sie zu Ungläubigen. Aus diesem Auszug leitete sich der Name Khawaridsch ab. ‘Ali entsandte ’Abdullah ibn ’Abbas zu ihrem Zentrum und er konnte zwei Drittel von ihrem Irrtum abbringen.
Das ist ein wichtiger Aspekt. Gruppenpsychologisch war für sie jeder andere als sie ein Nichtmuslim. Wurde ihnen die Wahrheit ihres Irrtums erklärt, rückten einige ab. Andere verharrten in dem Fehler und nahmen sich das Recht heraus, die Situation – in ihren Augen – zu klären. Die Mehrheit dieser Leute waren Beduinen, die keine Ahnung vom Wissen des Islam hatten. Psychologisch waren das keine ausgeglichenen Persönlichkeiten. Sie führten Krieg gegen Sajjiduna ‘Ali – was in ihren Augen ein „Dschihad“ war. Sajjiduna ‘Ali versuchte sein Bestes, sie zu überzeugen, musste am Ende aber zur bewaffneten Gewalt greifen. Bei der Schlacht von Nahawand erlitten sie eine vernichtende Niederlage. Neun Angehörige sollen überlebt haben. Sie bauten die Bewegung wieder auf, die den ’Umaijaden und ’Abbasiden große Schwierigkeiten bereitete. Ein moderater Ableger, die ’Ibadija, konnte bis heute in kleinen Resten überleben.
Die Vorhersagen des Propheten deuten auf einen zyklischen Charakter dieses Phänomens hin. Im Verlauf der Geschichte ist diese Bewegung immer wieder in Erscheinung getreten. Bei Ibn Kathir findet sich ein Abschnitt über die Khawaridsch. Ein interessanter Aspekt dabei ist, dass einige potenzielle Anhänger dieser Gruppe von ihren Verwandten und Eltern ermahnt wurden. Ein Teil wandte sich wieder dem geraden Weg zu und wurde gerettet.
Ist das nicht eine Sache, die uns bekannt vorkommen müsste? Was derzeit geschieht, ist keine neue Sache. Weil sie aber schwerwiegend ist, hat der Prophet uns Wissen darüber hinterlassen. Wir sind einer Gruppe ausgesetzt, die den Rest der Muslime zu Ungläubigen erklärt. Und sie verbreitet Unheil und Verderben, weil sie ihre Handlungen als erlaubt und islamisch erstrebenswert erachtet.
Die rechtgeleiteten Gelehrten dieser Zeit haben sie als die Khawaridsch dieser Zeit erkannt und bezeichnet. Einige der Khawaridsch glauben, der Prophet, wäre er unter uns, würde sich ihnen anschließen. Wir wissen, dass er das nicht tun würde. Würden sie ihm auch „oh Muhammad, fürchte Allah“ zurufen? Sie haben nicht die Demut, sich dem zu unterwerfen, was der Gesandte bringt. Das ist eines der Kernelemente ihrer Abweichung. Die Konsequenz ist ihre komplette Trennung und Entfremdung von der Umma, wie es ISIS/Daesh tut. Für sie ist es gut und lobenswert, jeden zu töten, der nicht ihre Ansichten teilt.
Was ist das Urteil bezüglich der Khawaridsch? Die Gelehrten sind in drei Lager geteilt. Aber alle sind sich einig, dass sie fehlgeleitet und Allah gegenüber ungehorsam sind. Sie sind infam und böse. Es ist Verpflichtung für die muslimischen Autoritäten, sie zu bekämpfen. Darüber herrschen keine Meinungsunterschiede.
Der Unterschied besteht darin, ob sie als Muslime zu gelten haben oder nicht. Die Mehrheit der Gelehrten betrachtet sie trotz übler Gewalttaten als Muslime. Es gab aber sehr bedeutende Gelehrte, für die sie Nichtmuslime waren. Dazu gehören Imam Al-Bukhari, Qadi Abu Bakr ibn Al-‘Arabi, As-Subki und Imam Al-Qurtubi. Ihrer Ansicht nach haben sie den Islam verlassen. Andere Gelehrte bezogen eine Position zwischen diesen beiden. Unabhängig davon, welche der drei Positionen die richtige ist: Die Übernahme dieser Ideologie kann dazu führen, dass ein – insbesondere junger – Muslim den Islam verlässt.
Der Text ist die gekürzte Version eines Vortrages, der im Rahmen der IZ-Akademie am 6. Januar in Mülheim gehalten wurde.

Hintergrund: Die „religiöse Brille“ hilft nicht beim Verständnis des IS-Terrors. Von Abdul-Azim Ahmed

Experten unterschiedlicher Couleur haben das ausschließlich religiöse Erklärungsmuster des „Islamischen Staates“ als nicht haltbar zurückgewiesen. Um ein mehrdimensionales Phänomen wie diesen Gewaltstaat zu verstehen, müssten vor allem Erkenntnisse der Sozialwissenschaften mit in glaubwürdige Erklärungen einbezogen werden.

(iz). Der Journalistin Sana Saeed fiel einer dieser großartigen Begriffe ein, der unglaublich nützlich ist („faithwashing“, engl. von „whitewashing“ abgeleitet, eine Sache schönfärben, etwas als makellos darstellen). Das folgende Zitat bietet eine annehmbare Zusammenfassung ihrer These: „‘Faithwashing’ behandelt die willentliche Veränderung in den Ursachen des israelisch-palästinensischen Konfliktes (…) von einem euro-amerikanischen kolonialen Siedlungsprojekt (das Antisemitismus in die muslimische Welt brachte) zu einer nicht vorhandenen, jahrhundertealten Feindschaft zwischen Juden und Muslimen.“

Sie benutzt den Begriff in der Kritik einer Berichterstattung über den israelisch-palästinensischen Konflikt sowie für eine Diskussion seiner Lösung, die zu einer theologischen Diskussion verkommen kann, anstatt sich auf die eigentlichen, weltlich-geopolitischen Wurzeln zu besinnen. Ich konnte das selbst beobachten, als ich in Jerusalem einen Kurs für fortgeschrittene Studenten anbot. Während des jüngst gesteigerten Bombardements von Gaza im Sommer 2014 verbreitete die israelische Regierung via Twitter ein Bild zu den verschiedenen Ansprüchen auf die religiöse Bedeutung von Jerusalem. Das war ein Ablenkungsmanöver; ein Versuch, die wahre Ursache zu verbergen, die darin besteht, dass Millionen Palästinenser durch Israel ihre Heimstätte verloren haben. Saeed bezeichnete das als „faithwashing“.

In Erweiterung lässt sich ihre Begriffsprägung auch auf andere Zusammenhänge ausweiten – insbesondere auf die Berichterstattung über den Islam und den Nahen Osten. Meiner Meinung nach handelt es sich dabei nur um eine Verlängerung des bereits existierenden orientalistischen Erzählmusters, das die Berichterstattung über den Anderen dominiert.

James Gelvin, ein Wissenschaftler und Forscher des „Arabischen Frühlings“, erklärte mir das kurz und bündig: „In Sachen Naher Osten greifen die Leute immer zuerst zum Thema ‘Religion’, aber nicht beim Westen. Gibt es hier ein Problem, dann handelt es sich dabei um kein nationales oder wirtschaftliches. Es muss an Religion festgemacht werden. Das ist eine oberflächliche, verallgemeinernde und faule Analyse.“

Und so ist es nicht verwunderlich, dass der „Islamische Staat“ auf die gleiche Art und Weise beschrieben wird. Seine Ansprüche auf das Khalifat werden unhinterfragt wiederholt. Seine unausgegorenen theologischen Rechtfertigungen werden als seine Motivation hingestellt. Und die religiöse Identität wird so zur einzigen Identität. Der Fehler solcher Thesen besteht darin, dass sie die Augen vor dem Kontext verschließen. Glauben Autoren wirklich, dass es ISIS ohne Kolonialismus, zeitgenössischen Imperialismus, den Irakkrieg, arabische Despoten und den unglaublichen Wert des Nahen Ostens als Erdölquelle geben würde?

Es gibt jedoch eine neue Gegenerzählung zur groben Vereinfachung. So verglich Musa al-Gharbi in Al Jazeera sachkundig Mexikos Drogenkartelle mit dem „Islamischen Staat“ und geht davon aus, erstere seien schlimmer. Al-Gharbi zog einen genauen Vergleich zwischen der Gewalt der Drogenkartelle und ihrer berüchtigten, halbstaatlichen Macht über Regionen des Landes. Namentlich beleuchtet er, dass die Kartelle eine pseudochristliche Ideologie haben (genauso wie IS/ISIS eine islamische Ideologie unterhält). Vergleichbar argumentierte Joshua Foust zuvor: „Lateinamerikanische Kartelle, von Los Zetas bis Sinaloa, haben klare ideologische, und oft religiöse, Aspekte in ihrem Vorgehen.“

Derartige Kritik ist wichtig. Und nicht nur, weil sie der Öffentlichkeit eine genauere Reflexion über die Natur des IS (und auch darüber, wie er zu bekämpfen ist) ermöglicht. Sie dämmt auch islamfeindliche Ableitungen ein, nach denen IS-Gewalt ein innewohnendes Nebenprodukt der islamischen Theologie sei und demnach jeder Muslim ein potenzieller Terrorist.

Aber die Begriffsverwirrung betrifft nicht nur ISIS als Organisation, sondern gilt auch für radikalisierte Rekruten aus dem Westen. Der Historiker Tom Holland liegt unglaublich daneben, meinte er doch, dass „dummer Buchstabenglaube“ zu den Ursachen zählt, warum sich junge Männer dem „Islamischen Staat“ anschließen. Das hieße ja, dass ein ansonsten in sich ruhendes und zufriedenes Individuum den Qur’an lesen würde, daraus eine wortwörtliche Deutung ableitet und, deswegen, tausende Kilometer in den Nahen Osten reist, um zu töten und zu verstümmeln.

Simon Cottee, Dozent der Kriminologie an der Universität im britischen Kent, hat eine alternative und gründlichere Analyse. Er schreibt darüber, wie die Bandenkultur ein Weg ist, durch den die spezifische Attraktivität von ISIS verstanden werden kann. Er beschrieb sie als „Weg zum Paradies für knallharte Typen“. Das folgende Zitat illustriert seinen Punkt: „Die Propaganda des Islamischen Staates – insbesondere seine berüchtigten Enthauptungsvideos – sind gesättigt durch die Bildersprache von Straßenbanden. Betrachten Sie das Material, wenn Sie sich trauen, und Sie werden unaussprechliche, schreckliche Dinge sehen. Männer, die AK-47, Panzerfäuste oder gekrümmte Macheten schwingen. Sie funkeln voller Absicht… Kein Frage, diese Männer projizieren (…) die ‘furcheinflößende, ominöse Präsenz’, die Bestandteil der Aura knallharter Typen ist.“ Cottee merkt an, dass dieses einen bestimmt Typ junger Männer anspricht – insbesondere jene, die an gewalttätigen Bandenverbrechen beteiligt waren. Nach seiner Ansicht seien diese Vorstellungen von Männlichkeit entscheidend zum Verständnis ihrer Attraktivität.

Ebenso wertvoll ist Mehdi Hasans Einsicht in die religiöse Naivität der Dschihadisten. „Wenn wir mit dem Dschihadismus fertig werden wollen“, argumentiert Hasan, „müssen wir mit der Bedrohungslage aufhören, die diese jungen Männer darstellen und ihnen nicht mehr den Sauerstoff der Öffentlichkeit verabreichen, nach dem sie dürsten. Wir müssen damit anfangen zu beleuchten, dass so viele von ihnen einen dezidiert unislamischen Lebenswandel pflegen.“

Dr. Matthew Francis, Spezialist für Radikalisierung, schrieb darüber, dass es nicht einfach „schlechte Religion“ sei, sondern ein Bündel anderer Faktoren, die dazu führten. „Radikalisierte Menschen fühlen, wenn sie gewalttätig werden, dass sie schlechter dran sind als andere Leute. Und sie glauben, nicht den gleichen Zugang zu Mitteln oder Gelegenheiten zu haben, um ihre Lage zu verbessern (ungeachtet, ob das auch stimmt). Es ist jene Einbindung der Leute in ein Netzwerk Gleichgesinnter, die Gewalt ermuntert – gelegentlich über das Internet, aber üblicherweise auf persönlichem Wege.“

Was Cottee, Hasan, Francis, Moghul und Hussain schreiben, ist weder bahnbrechend, noch revolutionär. Sie machen einfach zwei Dinge: Zuerst einmal baut ihr Denken auf bekannten wissenschaftlichen Forschungen auf. Ihre Artikel beruhen auf empirischen Erkenntnissen. Zweitens nutzen sie verlässliche Analysemethoden, die zur Verfügung stehen, um menschliches Verhalten im Hinblick auf den IS zu verstehen.

Es ist an der Zeit, mit dem „Faithwashing“ von ISIS und der Radikalisierung von Muslimen aufzuhören. Beide müssen ganzheitlich verstanden werden. Das ist der einzige Weg, wie die globale Gemeinschaft den IS stoppen und den Menschen in Syrien und im Irak helfen kann, die in den letzten Jahren Schreckliches erleiden mussten.

Folgen die Untaten des so genannten Islamischen Staates der Narco-Logik südamerikanischer Netzwerke?

„Als jemand, der sich sonst vor allem mit dem Nahen Osten beschäftigt, meine ich, dass es sich lohnt, die obszönen Grausamkeiten (…) einmal durch andere Prismen zu betrachten: im Nahen […]

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Die Berliner Schnauze: Es gibt weitaus nervigere Dinge als die Wiederkehr der Weihnachtszeit

(iz). Alle Jahre wieder. Radikalisierte Fanatiker fällen in ihrem Religionswahn hunderttausende Bäume auf deutschem Boden. Gutmenschen unterstützen es – und die Medien schweigen. Ihr Glaube besagt, dass ein übergewichtiger Rentner […]

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Mazyek fordert gemeinsames Konzept gegen Radikalisierung

Berlin (KNA). Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, räumt Fehler im Umgang mit der Radikalisierung junger Muslime ein. „Wir haben das Phänomen des religiösen Extremismus zu lange unterschätzt“, sagte er am Donnerstag dem Online-Portal der „Bild“-Zeitung. Dasselbe gelte für Schulen, Medien und Politik, ergänzte Mazyek. Nun brauche es ein gemeinsames Konzept, um den Extremismus einzugrenzen.

Diejenigen, die sich mit dem Terror der Miliz „Islamischer Staat“ (IS) identifizierten, seien oft Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl, die „mit der Gesellschaft gebrochen haben, weil sie sich ausgegrenzt fühlen“, so Mazyek weiter. Sie zögen in den Krieg, „um niedere Instinkte zu bedienen“.

Der IS betreibe Missbrauch am Islam, betonte der ZMD-Vorsitzende. Es gebe keine Lehrmeinung im Islam, der Terror rechtfertige. „Wir müssen aufhören, immer wieder im Islam die Begründung für Terror zu suchen, denn damit führen wir nur die Propaganda der Terroristen fort“, so Mazyek.

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