,

Islamic Relief Deutschland Jahresbericht 2021: Perspektiven schaffen für Menschen in Not

Köln (IRD). Das Jahr 2021 markierte für die Hilfsorganisation aus Köln 25 Jahre humanitäre Arbeit für und mit Menschen in Not. Islamic Relief Deutschland stellt im Rückblick besondere Nothilfe- und Entwicklungsprogramme vor und präsentiert den jährlichen Finanzbericht 2021. Die Spenden und Fördermittel erreichten im zweiten Pandemiejahr über 25 Millionen Euro, einen Höchstwert seit der Gründung des gemeinnützigen Vereins 1996.

„Die Zahlen aus unserem Jahresbericht 2021 bedeuten für uns nicht nur den Abschluss eines erfolgreichen Geschäftsjahres als Hilfsorganisation. Es bedeutet vielmehr, dass wir trotz der verheerenden Folgen globaler Ereignisse Menschen weltweit lebensrettende Unterstützung gewährleisten konnten. Durch unsere Projekte der Humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit haben wir allein im letzten Jahr hunderttausende Menschen erreicht. Ob im Einsatz gegen Hunger, für medizinische Versorgung oder gegen die Auswirkungen der Klimakrise: Wir streben stets nach Ganzheitlichkeit und Transparenz unserer Hilfe. Sei es in Afghanistan, in Deutschland oder im Jemen, wir stehen solidarisch mit den Menschen in ihrer Not“, sagt Tarek Abdelalem, Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland.

31 Nothilfemaßnahmen weltweit: Afghanistan, Deutschland, Jemen, Sudan und Syrien

Die Hilfsorganisation reagierte mit zahlreichen Projekten der Humanitären Hilfe auf Krisen wie Hunger, Dürren, militärische Konflikte und Überschwemmungen in der Welt. Der Fokus lag dabei auf Nothilfe für Ernährungssicherheit und den Gesundheitssektor, insbesondere für Menschen im Afghanistan, Bangladesch, Jemen, Sudan und Syrien, die von Hunger, Krieg und Vertreibung betroffen sind. Insgesamt 31 Projekte der Humanitären Hilfe wurden 2021 in 28 Ländern finanziert.

Ob in Afghanistan aufgrund von Nahrungsmangel durch Dürre und Konflikt, im Sudan, wo die Überschwemmungen große Teile des Landes verwüsteten oder in Syrien und im Jemen, wo bewaffnete Auseinandersetzungen und ihre Folgen Millionen von Menschen das Leben erschwerten, in vielen Regionen hat Islamic Relief Menschen in Form von Bedarfspaketen und Wiederaufbaumaßnahmen unterstützt.

Zusätzlich wurden diejenigen, die unter gewaltsamen politischen Konflikten und den Folgen leiden, wie äthiopische Geflüchtete im Sudan oder Menschen im Jemen, mit notwendigen und lebenserhaltenden Hilfs- und Sensibilisierungsmaßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 unterstützt.

Auch hierzulande wurde umgehend auf die Flutkatastrophe im Sommer 2021 in Nordrhein-Westfalen reagiert. Unmittelbar nach der Flutkatastrophe halfen Ehrenamtliche und Mitarbeitende von Islamic Relief Deutschland im Juli und August in Erftstadt und Stolberg bei den Aufräumarbeiten. Zeitgleich wurden Nothilfeprojekte für eine längerfristige Unterstützung initiiert.

„Wir dürfen eines nicht vergessen: Die Anzahl schutzbedürftiger Menschen, die von Hunger, militärischen Konflikten und Naturkatastrophen betroffen sind, hat sich nicht nur erhöht, ihre Lage hat sich weiterhin durch die Folgen der Pandemie verschlimmert. Die Folgen halten noch immer an“, erklärt Abdelalem zum weiterhin wachsenden Bedarf an humanitärer Hilfe weltweit.

Gegen den Hunger: Nahrungsmittelhilfe zu Ramadan und Kurban für eine Million Menschen

Angaben der „Deutschen Welthungerhilfe“ zufolge litten im Jahre 2021 bis zu 811 Millionen Menschen weltweit unter chronischem Hunger. Hierfür sind verschiedene Ursachen, wie anhaltende Dürre, Naturkatastrophen und nicht zuletzt vorherrschende bewaffnete Konflikte, verantwortlich. Im letzten Jahr erreichte Islamic Relief Deutschland dank großzügigen Spenden der deutschen Spenderinnen und Spender mehr als eine Million Menschen mit Lebensmitteln zu Ramadan und Kurban.

Mit den jährlichen Ramadan- und Kurban-Projekten leistet die Hilfsorganisation ihren Beitrag zur Linderung der Hungersnot in Krisen- und Katastrophengebieten, vor allem in Afrika und Asien. Denn zum Fastenmonat Ramadan und zum Kurbanfest werden jährlich Lebensmittelpakete und Kurban-Fleisch an Bedürftige verteilt. Im Fokus stehen hier insbesondere Witwen, Waisen, Geflüchtete oder Ältere. Denn für sie ist der Zugang zu ausreichender und ausgewogener Nahrung schwieriger zu gewährleisten. Vor allem Kinder leiden am stärksten unter der herrschenden Nahrungsmittelknappheit.

6,2 Millionen Euro für ganzheitliche Entwicklungsprojekte und 11.300 Waisenkinder

Das 1:1-Waisenpatenschafts-Programm unterstützte mit 4,9 Millionen Euro im Jahr 2021 insgesamt 11.354 Waisenkinder durch die Gewährleistung von Bildung und Nahrung in 27 Ländern. Mit über 1,3 Millionen Euro wurden zudem 16 Entwicklungsprojekte in den Bereichen Gesundheit, Wasser und Sanitär, Katastrophenvorsorge und psychosoziale Unterstützung sowie Bildung und Einkommenssicherung finanziert.

Im ländlichen Bangladesch haben 1.000 Frauen eine Chance erhalten, sich durch ganzheitliche Maßnahmen beruflich weiterzubilden und sich in 40 Selbsthilfegruppen zu organisieren, die auch nach der Projektlaufzeit weiterhin aktiv sind. Die Frauen, die sich als Familienoberhaupt um ihre Familien sorgen, konnten bereits nach einigen Monaten ihr Einkommen erhöhen und somit ihre Ernährungssicherheit sowie den Zugang zum Markt und zu grundlegenden Dienstleistungen gewährleisten. Ihre ökonomische Situation und ihre Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe haben sich verbessert.

Das Ziel der Entwicklungszusammenarbeit von Islamic Relief ist immer eine Verbesserung der Lebenssituation der betroffenen Menschen in mehreren miteinander zusammenhängenden Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Wasser und Sanitär, Einkommenssicherung und Katastrophenvorsorge. Indem die Hilfe einen integrativen Ansatz verfolgt, können häufig einige oder alle dieser Bereiche zugleich abgedeckt werden. Entsprechend dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ unterstützt dies Menschen darin, ihr Leben langfristig selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu gestalten.

Inlandsaktivitäten: Über 5.000 Beratungsgespräche beim „Muslimische SeelsorgeTelefon“ und der Einsatz für Klimagerechtigkeit

In Deutschland führten die Ehrenamtlichen beim „Muslimische Seelsorge Telefon“ (MuTeS) 2021 knapp 5.556 Beratungsgespräche durch. Zudem nahm Islamic Relief Deutschland auch 2021 wieder an themenbezogenen Konferenzen und wichtigen Aktionen teil: Darunter die Teilnahme am Humanitarian Congress im Oktober mit dem Schwerpunkt „Aspiring towards global justice – a humanitarian imperative?“. Hierbei ging es um die Schnittpunkte zwischen humanitärer Hilfe und globaler Gerechtigkeit.

In Berlin und Köln war die Hilfsorganisation mit ehrenamtlichen Unterstützerinnen und Unterstützern am 24. September 2021 beim Klimastreik dabei. Islamic Relief Deutschland rief zusammen mit der Klima-Allianz Deutschland und vielen anderen Organisationen der Zivilgesellschaft zum Handeln auf, um die Klimakrise einzudämmen. Mit der Forderung „Klimagerechtigkeit jetzt!“ wiesen sie auf die spürbaren Folgen der Klimakrise hin und plädierten für mehr Handeln der Politik.  Auch beteiligt sich die Hilfsorganisation seit 2018 an der Seenotrettung im Mittelmeer von SOS MEDITERRANEE Deutschland (seit 2022 SOS Humanity), die 2021 in die dritte Phase ging.

Besonderer Dank gilt den Helferinnen und Helfern vor Ort

„Wir sind dankbar für die gelungene Umsetzung unserer humanitären Hilfe und Entwicklungsprojekte im letzten Jahr. Wir bedanken uns bei unseren Spenderinnen, Spendern und Gebern für ihr Vertrauen in uns. Besonders unseren Helferinnen und Helfern vor Ort möchten wir großen Dank aussprechen, denn nur durch sie kommt unsere Hilfe an. Nur mit ihnen können wir so viele Menschenleben schützen, trotz aller Herausforderungen und Gefahren, denen sie ausgesetzt sind. Gemeinsam machen wir 2022 weiter“, sagt der Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland.

Das gesamte Islamic Relief-Netzwerk unterstützte 11 Millionen Menschen in 36 Ländern im Jahr 2021 durch vielfältige Nothilfe- und Entwicklungsprogramme. Im Jemen und Nordsyrien, wo bereits Gesundheits- und Ernährungsprojekte durchgeführt wurden, stärkte Islamic Relief die Kapazität von Gesundheitseinrichtungen. Mehr als eine Million Menschen in Syrien wurden hierdurch erreicht und Hunderttausende im Jemen erhielten eine monatliche Lebensmittelversorgung.

Mehr Infos zum Jahresbericht 2021 von Islamic Relief Deutschland: https://www.islamicrelief.de/transparenz/jahresbericht/

,

Pakistan: Islamic Relief plant massive Aufstockung der Hilfe

Die humanitäre Hilfsorganisation verdoppelt ihren ursprünglichen Einsatz von 17,3 Millionen US-Dollar für die Flutkatastrophe auf 34,6 Millionen US-Dollar für die Unterstützung von 500.000 Menschen.

Köln (Islamic Relief). Islamic Relief stockt ihre Hilfe in Pakistan erheblich auf, um die langfristige Unterstützung für eine halbe Million Menschen sicherzustellen, die von den verheerenden Auswirkungen der beispiellosen Überschwemmungen auf die Infrastruktur, die Ernährungssicherheit und die Lebensgrundlagen betroffen sind – eine Situation, die der Geschäftsführer der internationalen Hilfsorganisation als die größte Katastrophe in der Geschichte des Landes bezeichnet.

Islamic Relief hat bisher 7,5 Millionen US-Dollar umgesetzt, um lebensrettende Soforthilfe für die von Überschwemmungen betroffenen Menschen zu leisten, aber das Ausmaß der Krise bedeutet, dass noch viel mehr benötigt wird. Die Hilfsorganisation strebt nun eine Aufstockung ihrer Mittel auf 34,6 Millionen US-Dollar an, um den Wiederaufbau der Gemeinden zu unterstützen und 500.000 Menschen in Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa, Sindh und Punjab weiter zu helfen.

Bislang hat Islamic Relief mehr als 52.000 Menschen mit Soforthilfe wie Nahrungsmitteln, Zelten, Trinkwasser, Hygienekits und Bargeld unterstützt. Von Islamic Relief geschulte Rettungsteams haben außerdem mehr als 1.000 Menschen aus dem steigenden Wasser evakuiert und gerettet.

„Als Industrienation mit hohem C02-Ausstoß kommt uns eine besondere Verantwortung für die menschengemachte Klimakatastrophe in Pakistan zu. Millionen Menschen haben alles verloren – ihr Erspartes, ihr zu Hause, ihre Arbeit und vieles mehr. Sie durchleben ein Trauma. Als Privatperson kann ich jetzt spenden und Leben retten. Als Hilfsorganisation sind wir bereits seit Tag eins vor Ort und unterstützen die Menschen, damit sie überleben. Internationale Hilfe ist nötig, heute wie in den kommenden Monaten und Jahren“, appelliert Tarek Abdelalem, Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland.

In Planung: Nachhaltiger Wiederaufbau der Infrastruktur und der Lebensgrundlagen

Der neue und erweiterte Einsatzplan der Hilfsorganisation für das nächste Jahr sieht vor, dass die Menschen vor weiterem Schaden bewahrt werden und durch den Wiederaufbau der Infrastruktur und der Lebensgrundlagen in Würde leben können. Das Team von Islamic Relief Pakistan wird eng mit der nationalen und lokalen Regierung zusammenarbeiten, um folgende Maßnahmen sicherzustellen:

• Wiederaufbau von beschädigten Häusern und Infrastrukturen. Mehr als 1,6 Millionen Häuser wurden zerstört oder beschädigt, und die jüngsten Bewertungen von Islamic Relief ergaben, dass drei Viertel der Menschen in den betroffenen Gebieten keinen Zugang zu sauberem Wasser haben. Die Teams vor Ort planen den Bau neuer hochwassersicherer Unterkünfte für Familien und die Wiederherstellung von Wasserversorgungssystemen und sanitären Anlagen.

• Wiederherstellung der Lebensgrundlage von Bauern und Viehzüchtern. Mehr als 3,6 Millionen Hektar Ernten und Obstplantagen wurden durch die Überschwemmungen zerstört und mehr als 800.000 Tiere wurden getötet. Islamic Relief wird die Menschen unterstützen, die ihre gesamte Lebensgrundlage verloren haben – durch die Wiederbelebung der Landwirtschaft durch die Verteilung von Saatgut und organischem Dünger im Vorfeld der bevorstehenden Pflanzsaison. Auch die Unterstützung von Viehhirten durch die Wiederaufstockung des Tierbestands und die Sicherstellung, dass das überlebende Vieh durch Impfungen, Entwurmung und die Bereitstellung von Futter gesund bleibt, ist in Planung.

• Versorgung der Menschen mit Bargeld, da viele Menschen ihre einzige Einkommensquelle und ihre gesamten Ersparnisse verloren haben. Islamic Relief wird den Menschen Bargeldzuschüsse bereitstellen, damit sie das Nötigste kaufen und die lokalen Märkte unterstützen können. Außerdem werden Menschen vor Ort im Rahmen von zukünftigen Cash-for-Work-Projekten beschäftigt, um Trümmer zu beseitigen und beschädigte Straßen und Infrastruktur zu reparieren.

• Sicherheit für schutzbedürftige Menschen. Da so viele Menschen obdachlos sind und in einfachen Notunterkünften und Lagern leben, besteht ein erhöhtes Risiko von Gewalt und Missbrauch. Islamic Relief wird ihre Bemühungen zur Verhinderung geschlechtsspezifischer Gewalt verstärken, indem sie sichere Räume für Frauen sowie Kinder einrichtet und Überweisungswege einrichtet, damit gefährdete Menschen in den Lagern Zugang zu Präventions- und -Reaktionsdiensten haben. Es sollen Toiletten und Waschanlagen gebaut werden, die sicher und geschlechtsspezifisch sind.

• Bewältigung der psychologischen Auswirkungen der Überschwemmungen. Millionen von Menschen haben in den letzten Wochen unglaublich traumatische Erlebnisse hinter sich gebracht. Islamic Relief wird gefährdeten Menschen Beratung und psychosoziale Unterstützung bieten.

• Fokus auf besonders schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen, durch die Bereitstellung von Lebensmittelpaketen und Ernährungshilfen für schwangere und stillende Frauen sowie durch die Sicherstellung von Leistungen für Menschen mit Behinderungen.

Waseem Ahmad, Geschäftsführer von Islamic Relief Worldwide, ist gerade aus Pakistan zurückgekehrt, wo er betroffene Gemeinden in Khyber Pakhtunkhwa besucht hat und mit hochrangigen Beamten, darunter Premierminister Shehbaz Sharif, zusammentraf. Er berichtet:

„Dies ist die größte Katastrophe in der Geschichte Pakistans und die Auswirkungen werden noch jahrelang zu spüren sein. Die Lebensgrundlagen ganzer Gemeinden wurden vollständig vernichtet und viele Familien haben alles verloren, was sie besaßen. Islamic Relief ist seit vielen Jahren in Pakistan tätig, und wir werden noch viele weitere Jahre vor Ort sein, um den Gemeinden in ihrer Not beizustehen.

Dies ist eine Klimakatastrophe, bei der schmelzende Gletscher und noch nie dagewesene Monsunregen zusammenkommen, um Gemeinden zu verwüsten wie nie zuvor. Neben der Deckung der unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen ist es von entscheidender Bedeutung, dass Organisationen wie Islamic Relief den langfristigen Wiederaufbau unterstützen und sich für Klimagerechtigkeit einsetzen, bis die Staaten mit den größten Umweltsünden ihre Emissionen reduzieren, die solch zerstörerische Auswirkungen auf gefährdete Nationen wie Pakistan haben, deren CO2-Fußabdruck relativ bescheiden ist.

Dank der besonderen Großzügigkeit unserer Unterstützerinnen und Unterstützer auf der ganzen Welt haben wir bereits dafür gesorgt, dass Zehntausende von Menschen lebensnotwendige Nahrungsmittel, Wasser und Unterkünfte erhalten. Wir sind entschlossen, dafür zu sorgen, dass die Unterstützung, die die Menschen brauchen, nicht mit unserer Nothilfe aufhört, sondern mit dem Wiederaufbau der Infrastruktur und der Lebensgrundlagen fortgesetzt wird, um eine bessere Zukunft zu schaffen.“

Waseem Ahmad, Geschäftsführer Islamic Relief Worldwide
,

Wenn der Klimawandel alles nimmt: Islamic Relief ruft zu Hilfe für Pakistan auf

Mehr internationale Hilfe ist dringend erforderlich, um auf Pakistans schlimmste Überschwemmungen zu reagieren, bei denen ein Drittel des gesamten Landes jetzt unter Wasser steht. Islamic Relief appelliert an die internationale Staatengemeinschaft, ihre Nothilfe-Reaktion zu verstärken, um Menschen zu helfen, die an vorderster Front unter dem globalen Klimawandel leiden.

Köln (IRD). Nach den schlimmsten Überschwemmungen seit Menschengedenken in Pakistan, bei denen ein Drittel des gesamten Landes unter Wasser steht, wird dringend mehr internationale Hilfe benötigt.

Mehr als 33 Millionen Menschen – jede/r siebte/r Pakistaner/in – sind inzwischen von den Überschwemmungen betroffen, und in einigen Gebieten gibt es fast das Achtfache der normalen Niederschläge. Es wird erwartet, dass sich die Situation in den kommenden Tagen verschlimmern wird, mit weiteren Überschwemmungen, Ausbrüchen von durch Wasser übertragenen Krankheiten und Lebensmitteln, die auf den lokalen Märkten zur Neige gehen.

Pakistan produziert weniger als 1 Prozent des weltweiten Kohlenstoff-Fußabdrucks, aber die Menschen im Land leiden am meisten unter den Folgen

Waseem Ahmad, Geschäftsführer von Islamic Relief Worldwide, ist heute vor Ort in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa im Nordwesten Pakistans, um lebensrettende Hilfsgüter wie Lebensmittel und Unterkünfte bereitzustellen. Er berichtet von der Lage:

„Die Menschen hier sind die Hauptleidtragenden des globalen Klimawandels. Pakistan produziert weniger als ein Prozent des weltweiten Kohlenstoff-Fußabdrucks, aber seine Menschen leiden unter den größten Folgen. Dies sind die schlimmsten Überschwemmungen, die Pakistan je erlebt hat, und das Ausmaß der Verwüstung ist unvorstellbar.

Ich habe gesehen, wie ganze Dörfer weggeschwemmt und überflutet wurden. Ich sah kilometerweit nichts als Wasser, wo noch vor wenigen Tagen ganze Gemeinden und Häuser standen. Ich habe so viele Familien getroffen, die nur wenige Minuten vor dem Eintreffen der Fluten um ihr Leben geflohen sind und alles verloren haben, was sie besaßen – ihre Häuser sind zerstört, ihr Vieh ist verendet und ihre Ernten sind vernichtet. Sie wissen nicht, wie sie sich und ihre Kinder ernähren sollen.

Tausende von Familien stehen am Rande der Hauptstraßen, da dies der höchstgelegene Ort ist, den sie finden können, und wo sie hoffen, dass sie Hilfe bekommen können. Es bricht mir das Herz, wenn ich sehe, wie so viele Menschen aus ein paar Bettlaken und Planen-Fetzen Notunterkünfte errichten und ohne Nahrung und Wasser festsitzen.

Trotz der enormen Schäden an der Infrastruktur, wie z. B. an Straßen und Brücken, kommen die ersten Hilfslieferungen an, doch viele Menschen sind weiterhin von der Außenwelt abgeschnitten. Islamic Relief verteilt lebensrettende Hilfsgüter wie Lebensmittel, Zelte, Bargeld und Hygienekits. Aber es wird noch viel mehr Unterstützung benötigt.

Nothilfe ist dringend notwendig, um Leben und Lebensgrundlagen zu retten. Aber wir brauchen auch echte globale Maßnahmen gegen den Klimanotstand. Diese Katastrophen werden immer häufiger und schwerwiegender – Länder wie Bangladesch und Südafrika haben in diesem Jahr die schlimmsten Überschwemmungen seit Jahrzehnten erlebt, während am Horn von Afrika gerade eine noch nie dagewesene Dürre herrscht. Es ist an der Zeit, dass die Welt aufwacht und etwas gegen den Klimawandel unternimmt.”

Durch die Überschwemmungen sind bisher mindestens 1136 Menschen in Pakistan ums Leben gekommen, und es wird erwartet, dass die Zahl der Opfer weiter steigt. Da 2 Millionen Hektar Ernten vernichtet und 800.000 Tiere getötet wurden, gehen auf vielen Märkten die Lebensmittel aus, und viele Familien stehen vor dem Nichts. Es wird erwartet, dass sich die wirtschaftlichen Verluste des Landes auf Milliarden von Dollar belaufen.

Islamic Relief hat einen weltweiten Spendenaufruf für die Nothilfe gestartet und will mehr als 200.000 von den Überschwemmungen betroffene Menschen unterstützen. Die Hilfsorganisation ist in den Provinzen Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (KPK) im Einsatz und hat bisher mehr als 20.000 Menschen mit Zelten, Lebensmitteln, Bargeld, Hygienesets und anderen lebenswichtigen Hilfsgütern erreicht.

Laut Islamic Relief Deutschland wurden 2,6 Millionen Menschen in Not erreicht

Köln (IRD). Islamic Relief Deutschland feiert dieses Jahr 25-jähriges Jubiläum als humanitäre Hilfsorganisation. Im Jahresbericht 2020 stellt der Kölner Verein in einem Rückblick besondere Nothilfe und Entwicklungsprogramme vor und präsentierte den jährlichen Finanzbericht. Die Spenden und Fördermittel erreichten im Pandemiejahr über 23 Millionen Euro, einen neuen Höchstwert seit der Gründung des gemeinnützigen Vereins 1996.

„Der Jahresbericht 2020 bedeutet für uns mehr als ein erfolgreiches Geschäftsjahr als Hilfsorganisation. Es markiert für uns fast 25 Jahre humanitäre Arbeit für und mit Menschen in Not, auf die wir sehr stolz sind. Durch unsere Projekte der Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit, haben wir allein im letzten Jahr über 2,6 Millionen Menschen erreicht. Ob im Einsatz gegen Hunger, für medizinische Versorgung oder gegen die Auswirkungen der Klimakrise: Wir streben stets nach Ganzheitlichkeit und Transparenz unserer Hilfe. Sei es in Afghanistan, im Jemen oder hier in Deutschland, wir stehen solidarisch an der Seite schutzbedürftiger Menschen“, erklärte Tarek Abdelalem, Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland.

29 Nothilfemaßnahmen für Menschen in Not: Jemen, Südsudan, Syrien

Die Lage schutzbedürftiger Menschen, die von Hunger, Krieg und Naturkatastrophen betroffen sind, wurde durch COVID-19 und den damit verhängten Maßnahmen weltweit verschlimmert. Islamic Relief Deutschland gab 2020 knapp 2,3 Millionen Euro für Nothilfeprojekte aus und reagierte auf Krisen wie Hunger, Dürren und Überschwemmungen in der Welt. Der Fokus lag auf Nothilfe für den Gesundheitssektor, insbesondere für Menschen im Jemen und Syrien, die von Krieg und Vertreibung betroffen sind.

Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 und zur Sensibilisierung für das Virus standen zudem in Äthiopien, Gaza und Südsudan im Fokus. Schutzbedürftige Menschen in Bosnien und im Südsudan oder syrische Geflüchtete in Jordanien erhielten Hygieneartikel. In Albanien und im Gaza-Streifen unterstützte Islamic Relief Familien mit Lebensmitteln. Durch gezielte Winterhilfe konnten Menschen in Afghanistan, Jordanien, Myanmar und im Libanon vor der Kälte des Winters geschützt werden.

5,7 Millionen Euro für ganzheitliche Entwicklungsprojekte und Waisenkinder

Das 1:1-Waisenpatenschafts-Programm unterstützte mit 4,3 Millionen Euro im Jahr 2020 insgesamt 9988 Waisenkinder durch Bildung und Nahrung in 28 Ländern. Mit über 1,4 Millionen Euro wurden zudem 21 Entwicklungsprojekte in den Bereichen Gesundheit, Wasser und Sanitär, Katastrophenvorsorge und psychosoziale Unterstützung sowie Bildung und Einkommenssicherung umgesetzt. In Pakistan ging das Projekt zur Förderung von Straßenkindern in die zweite Phase. Und in Mali und Südafrika setzte sich Islamic Relief Deutschland für den Schutz und die soziale und wirtschaftliche Förderung von Frauen ein.

In Koulikoro in Mali arbeitete Islamic Relief mit 40 Glaubens-und Gemeindeführenden zusammen, um sie für Kinder- und Frauenrechte zu sensibilisieren. Hierbei stand besonders das Wissen um die Gefahren weiblicher Genitalverstümmelung/-beschneidung (FGM/C) im Vordergrund. Mehr als 370 Mädchen konnten dadurch vor der grausamen und gesundheitsgefährdenden Praxis bewahrt werden. Und über 600 Kinder wurden vor Kinderarbeit und Zwangsehe geschützt.

Inlandsaktivitäten 2020: Das „Muslimische SeelsorgeTelefon“ und Aktivitäten

In Deutschland führten die Ehrenamtlichen beim „Muslimische Seelsorge Telefon“ (MuTeS) 2020 knapp 5.880 Beratungsgespräche durch. Zudem nahm Islamic Relief Deutschland auch 2020 wieder an themenbezogenen Konferenzen und wichtigen Aktionen teil: Darunter Demonstrationen für Klimagerechtigkeit, dem Regional Strategy Meeting MENA in Istanbul von Islamic Relief Worldwide und einer Fachtagung zur Katastrophenvorsorge 2020, die vom Deutschen Roten Kreuz organisiert und von Auswärtigen Amt gefördert wurde.

Spendenkampagnen zu Ramadan und Kurban: Fast 1 Million Menschen erreicht

Zum islamischen Fastenmonat Ramadan erreichte die Lebensmittelhilfe von Islamic Relief Deutschland mehr als 175.000 Menschen in 31 Ländern. Mehr als 815.000 Menschen in 29 Ländern wurden durch Spenden zu Kurban mit Fleisch versorgt. Mit den umgesetzten Spenden wurden zu beiden Kampagnen also über 990.000 Menschen, knapp 1 Million, mit Lebensmitteln versorgt. Zudem freuten sich insgesamt mehr als 19.000 Kinder und Jugendliche an den Festtagen über ein Festtagsgeschenk.

„Wir sind dankbar für die erfolgreiche Umsetzung unserer humanitären Hilfe und Entwicklungsprojekte trotz der COVID-19 Pandemie. Wir danken unseren Spenderinnen und Spendern und Gebern für ihr Vertrauen in uns. Auch unseren Helferinnen und Helfern vor Ort möchten wir großen Dank aussprechen. Nur durch sie kommt unsere Hilfe an, nur mit ihnen können wir Menschenleben schützen, trotz aller Herausforderungen. Gemeinsam machen wir weiter“, betonte Nuri Köseli, stellvertretender Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland.

Das gesamte Islamic Relief-Netzwerk unterstützte 13 Millionen Menschen in 39 Ländern im Jahr 2020 durch vielfältige Nothilfe- und Entwicklungsprogramme. Als Reaktion auf den Ausbruch der Pandemie und um den Auswirkungen des Virus auf besonders gefährdete Länder zu mildern, beschloss das weltweite Islamic Relief-Netzwerk zudem sofortige Nothilfemaßnahmen in Höhe von 10 Millionen US-Dollar. Im Jemen und Nordsyrien, wo bereits Gesundheits- und Ernährungsprojekte durchgeführt wurden, stärkte Islamic Relief die Kapazität von Gesundheitseinrichtungen. 3,6 Millionen Menschen im Jemen erhielten lebenswichtige Unterstützung und insgesamt 364 lebensverändernde Projekte wurden weltweit gemeinsam umgesetzt.

Mehr Informationen zum Jahresbericht 2020 von Islamic Relief Deutschland unter: https://www.islamicrelief.de/transparenz/jahresbericht/ 

, ,

Islamic Relief feiert ein Vierteljahrhundert Unterstützung für Bedürftige

(iz). Wer die muslimische Landschaft Kölns kennt, der ist schon häufiger an ihrem Verwaltungssitz in Nippes vorbeigefahren. Unzählige weitere Muslim:Innen im gesamten Bundesgebiet kennen ihre Informationsstände auf muslimischen Events vor […]

IZ+

Weiterlesen mit dem IZ+ (Monatsabo)

Mit unserem digitalen Abonnement IZ+ (Monatsabo) können Sie weitere Hintergrundbeiträge, Analysen und Interviews abrufen. Gegen einen Monatsbeitrag von 3,50 € können Sie das erweiterte Angebot der Islamischen Zeitung sowie das ständig wachsende Archiv nutzen.

Abonnenten der IZ-Print sparen beim IZ+ Abo 50%.

Wenn Sie bereits IZ+ Abonnent sind können Sie sich hier einloggen.

* Einfach, schnell und sicher bezahlen per Paypal, Kredit-Karte, Lastschrift oder Banküberweisung. Das IZ+ Abo verlängert sich automatisch um einen Monat, wenn es nicht vorher gekündigt wurde. Sie können ihr bestehendes Abo jederzeit auf der Mein Konto-Seite kündigen.

, ,

Islamic Relief: 25 Jahre humanitäre Hilfe in Bildern

Köln (IRD). Islamic Relief Deutschland wird 25 Jahre alt. Mit der Online-Ausstellung „Faces of IRD“ zeigt die Hilfsorganisation 25 Projekte aus einem Vierteljahrhundert Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit.

Erdbeben in Japan und der Türkei, Kriege in Syrien und Bosnien, Hungersnöte am Horn von Afrika und im Jemen – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der humanitären Hilfsorganisation Islamic Relief Deutschland leisteten bei zahlreichen Katastrophen weltweit Hilfe. Seit 25 Jahren engagiert sich die NGO in der Nothilfe und der Entwicklungszusammenarbeit. Zu ihrem Jubiläum präsentiert sie nun Einblicke aus den zurückliegenden zweieinhalb Jahrzehnten in einer Online-Ausstellung mit dem Titel „FACES OF IRD“. 

Mit der Ausstellung geht Islamic Relief Deutschland bis an ihre Anfänge – noch vor ihrer offiziellen Gründung zurück – als erstmalig Geld für die Opfer des Bosnienkriegs gesammelt wurde. Die Organisation präsentiert passend zum 25-jährigen Jubiläum Bildmaterial aus 25 Projekten, verteilt auf vier Kontinente und 18 Länder. Insgesamt verwirklichte die NGO bereits Projekte in über 40 Ländern weltweit.

„Realistische Einblicke in die Arbeit einer Hilfsorganisation“

Die Motivation hinter der Vernissage erklärt Tarek Abdelalem, Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland: „Unsere Ausstellung gibt einen realistischen Einblick in die Arbeit einer Hilfsorganisation. Dazu gehören extreme Situationen in Kriegen oder nach Umweltkatastrophen genauso wie hoffnungsvolle und fröhliche Momente.“

Wer die Ausstellungsseite besucht, erkennt schnell, wie vielseitig die Aufgaben der Hilfsorganisation sind. „Es war uns wichtig, die gesamte Bandbreite unserer Arbeit abzubilden“, sagt Nuri Köseli, stellvertretender Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland und führt beispielhaft an: „In Nepal erarbeiten wir mit den Gemeinden eine Katastrophenvorsorge. In Mali klären wir Glaubensführer auf, um veraltete Traditionen zu durchbrechen und die Rechte von Frauen und Mädchen zu stärken. In Asien, Europa und Afrika sind wir in Flüchtlingslagern aktiv und versorgen die Menschen mit Medikamenten und Nahrung.“ Bilder aus diesen und vielen weiteren Projekten finden Interessierte ab sofort unter: www.faces.islamicrelief.de.

Neben der Online-Ausstellung führt Islamic Relief Deutschland zu ihrem Jubiläum eine weite Aktion durch. Unter dem Motto „I’m a Reliefer“ stellt die NGO jede Woche eine Unterstützerin oder einen Unterstützer vor. Zu finden sind die Geschichten der „Reliefer“ auf der Website der Organisation sowie auf ihren Social-Media-Kanälen.

Über Islamic Relief Deutschland

Gegründet wurde Islamic Relief Deutschland 1996 in Köln, wo bis heute ihre Zentrale sitzt. Weitere Standorte befinden sich in Berlin und Essen. Als Mitglied des internationalen Islamic Relief-Netzwerkes agiert die Nichtregierungsorganisation weltweit in mehr als 40 Ländern und auf allen Kontinenten. Islamic Relief Deutschland leistet sowohl lebensrettende Nothilfe als auch langfristige Entwicklungszusammenarbeit. Dabei hält sich die NGO strikt an die Nachhaltigkeitsziele der UN (Sustainable Development Goals) und ist den Core Humanitarian Standards on Quality and Accountability (CHS) verpflichtet, einem weltweiten Qualitätsstandard für humanitäre Arbeit. 

Wo man helfen muss“– „Wir sehen uns im Paradies“: Die Geschichte von Mohannad und Hind. Von Tasnim El-Naggar

(IRD). Im November 2013 bin ich für Islamic Relief nach Jordanien geflo­gen. Dort habe ich Mitarbeiter von Islamic Relief Jordanien getroffen und mit palästinensischen und syrischen Waisenkindern gesprochen, um mehr über ihr Leben zu erfahren. Hier möchte ich von den beiden Waisen Hind und Mohannad aus Syrien erzählen. Mit dem Auto fahren wir am Morgen von Amman nach Irbid. Wir – das sind Hadeel und Olivia von Islamic Relief Jordanien. Und ich. Erst einmal besuchen wir das Feldbüro, das für die vielen syrischen Flüchtlinge errichtet ­wurde. Die meisten von ihnen sind glücklicherweise in Wohnungen untergekommen und werden dort von Sozial­arbeitern von Islamic Relief betreut.

Eine von ihnen ist Hala Al-Thalji, die uns auf unserem weiteren Weg ­begleitet. Ich kann mir gut vorstellen, wie sie mit ihrer lustigen und quirligen Art die Waisenkinder zum Lachen bringt.

Erst einmal besuchen wir zwei syrische Familien, die uns die bewegenden und auch traurigen Geschichten ihrer Flucht erzählen. Ein paar kurze Augen­blicke dürfen wir ihr Schicksal mit ­ihnen teilen, Anteil nehmen, unser Mitgefühl ausdrücken, ihre Hände halten, ihre Tränen wegwischen.

Wir begeben uns auf den Weg zu den syrischen Waisenkindern, die wir nun besuchen möchten. Da kommt uns ein kleiner Junge entgegen, ruft uns etwas zu, wirft sich uns stürmisch und unerschrocken in die Arme, freut sich. Wir sind entzückt, drücken ihn feste. Er nimmt eifrig meine Hand und führt uns zu seinem Haus, das sein neues Zuhause ist. Mohannad heißt der Kleine, dreijährige Junge, erfahren wir von seiner Oma. Und da ist Hind, seine große und ebenso herzliche Schwester. Sie ist fünf Jahre alt. Hind wurde nach ihrer Oma benannt, die mit ihren beiden Enkelkindern und ihrem behinderten Sohn nach Jordanien geflohen ist. Die 52-Jährige ist nun für diesen kleinen Rest der Familie, der noch übrig ist, verantwortlich. Schwer schluckt sie, als sie davon erzählt, wie erst ihr Mann unter Folter und dann ihr Sohn, der Vater von Hind und Mohannad, gestorben ist. „Er war einfach nur ein normaler Taxifahrer. Aber sie haben ihn entführt, und als wir das Lösegeld nicht bezahlen konnten, haben sie ihn getötet. Mit 26 Jahren.“ Nur drei Monate später starb die junge Mutter der Kinder. „Ich bin mit Hind und Mohannad zur Impfung gegangen. Als wir zurückkehrten war das Haus zerstört. Meine Schwiegertochter wurde unter den Trümmern begraben.“ Da packten sie ein paar Sachen und flohen so schnell sie konnten von Homs über Daraa nach Irbid. „Mein behinderter Sohn war in unserem Haus, als es zerstört wurde. Er hat ein Trauma ­erlitten und hat nun panische Angst vor ­Donner oder dem Zerplatzen eines Luftballons.“

Während die Kinder gerade noch ausgelassen spielten, sitzen sie im ­nächsten Moment auf dem Schoß ihrer Oma und fragen nach Mama und Papa. Fotos von ihren Eltern liegen vor ihnen, Erinnerungen kommen hoch. „Ihr werdet sie im Paradies treffen“, lächelt sie ihnen hoffnungsvoll zu, während ihr Herz schwer wird. Dann spielen die Kinder weiter, voller Freude stürzen sie sich auf die Geschenke, die wir ihnen mitgebracht haben, begeben sich für eine Zeit ganz und gar in ihre sorgenfreie Welt. Eine beim Anblick von Oma Hind übers ganze Gesicht strahlende Frau betritt den Raum. Es ist Najah, die Vermieterin. Täglich sehen sich die ­beiden Frauen, haben innige Freundschaft geschlossen. Dass Einheimische und syri­sche Flüchtlinge sich mögen ist nicht selbstverständlich; es herrscht viel Neid, viel Missgunst. Umso schöner zu sehen, wie sich die beiden Frauen drücken. „Ich bin so froh, dass sie da ist! Durch sie habe ich eine neue Familie gewonnen, als ich meine alte zurücklassen musste.“

Ich bewundere die Mütter und Großmütter, die wir bei unseren Besuchen getroffen haben, für ihre innere Stärke, ihre Geduld, ihre Ausdauer, mit der sie ihrem harten Los trotzen und versuchen einen Alltag zu leben, der seit ihrer Flucht fast unmöglich ist. Ich bewunde­re sie für jedes Lächeln, das ihr Gesicht erhellt, und den Dank, den sie an ­Allah richten, voller Bescheidenheit und Demut. Und ich bewundere sie für ihre Hoffnung, die sie auch jetzt nicht verloren haben. Ich weiß, dass ich mich noch lange an sie und das, was sie uns erzählt haben, erinnern werde, für sie beten werde. Aber auch, dass unser Besuch nur ein kurzer Einblick in das war, was diese Familien tagtäglich an Prüfungen erleben. Ich bin froh, dass wir von Islamic Relief ihnen durch die Mietbeihilfe, die Lebensmittelmarken und den seelischen Beistand ihre Last zumindest ein wenig erleichtern und ihre Not lindern können. (IRD).

Mehr zur Nothilfe Syrien von Islamic ­Relief unter: islamicrelief.de/notfall/syrien-nothilfe
Mehr zu meiner Reise nach Jordanien ­unter jordanienreise-islamicrelief.blogspot.de