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Gedenken an Brandanschlags-Opfer – „Es waren Solinger Kinder“

Solingen Brandanschlag Feuer

Die Angst nach dem Brandanschlag von Solingen war groß. Am vergangenen Wochenende wurde an die Toten erinnert.

Solingen (KNA/iz). Mit einer bewegenden Gedenkveranstaltung ist an die Opfer des rassistisch motivierten Brandanschlags in Solingen vor 30 Jahren erinnert worden. „Es waren Solinger Kinder“, sagte der Oberbürgermeister der Stadt, Tim Kurzbach (SPD), am Montag mit Blick auf die Todesopfer. Am 29. Mai 1993 habe sich ein „Angriff auf die Menschlichkeit“ ereignet.

Solingen: Bundespräsident prangert Narrativ der „Einzeltäter“ an

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier prangerte an, dass viel zu lange Deutschland der Behauptung aufgesessen sei, „es seien verblendete Einzeltäter, die ihr Unwesen treiben“. Er forderte einen wehrhaften und wachsamen Staat und rief zu Zivilcourage und Mut auf.

Rund 600 Menschen waren in das Theater und Konzerthaus der Stadt eingeladen worden. Die Gäste erhoben sich, als die Namen der fünf Toten verlesen wurden. Anwesend waren Vertreterinnen und Vertreter der Familien. Aus der Politik waren neben Steinmeier unter anderen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gekommen.

Foto: Tschuber, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 4.0

Fünf Opfer starben

Vier Männer hatten 1993 aus Fremdenhass nachts Feuer gelegt. Zwei junge Frauen und drei Mädchen starben in den Flammen oder bei dem Versuch, sich davor zu retten. Zum Gesicht der Familie wurde Mevlüde Genc, die zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte verlor.

Genc, die sich dennoch jahrelang für Verständigung, Versöhnung und gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzte, war im Oktober im Alter von 79 Jahren gestorben. Auf der Veranstaltung wurde immer wieder Respekt zum Ausdruck gebracht, dass Genc nicht mit Hass, sondern mit Liebe reagiert habe.

Steinmeier sagte: „Heute halten wir miteinander inne und trauern um Gürsün Ince, um Hatice Genc, um Gülüstan Öztürk, um Hülya Genc, um Saime Genc.“ Auch werde um Mevlüde Genc getrauert.

Das Staatsoberhaupt erinnerte an die Angst in der Zeit nach dem Anschlag: So seien in Solingen Strickleitern ausverkauft gewesen. „Die Menschen hatten Angst, sich im Notfall sonst nicht mehr aus dem oberen Stockwerk ihres Hauses retten zu können. In den Wohnungen standen damals Wassereimer bereit, um bei einem Feuer schnell löschen zu können. An den Klingelschildern und Briefkästen wurden alle fremd klingenden Namen abmontiert.“

Foto: president.gov.ua, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 4.0

Steinmeier rückt die Tat in einen weiteren Kontext ein

Steinmeier erinnerte wie andere Redner auch an weitere Taten Rechtsextremer, die sich in das kollektive Gedächtnis eingegraben hätten, oder über die nicht viel gesprochen werde. Rechtsextreme und Rassisten verbreiteten Angst und Schrecken unter potenziellen Opfern, so der Bundespräsident.

„Ich nenne das: Terror. Dieser rechte Terror ist verantwortlich für die Toten hier in Solingen. Diesen rechten Terror gab es vor Solingen, und es gibt ihn nach Solingen. Es gibt eine Kontinuität von rechtsextremer und rassistischer Gewalt in unserem Land.“

Es brauche „einen wehrhaften, einen wachsamen, einen aufrichtigen Staat“. Steinmeier rief jede Bürgerin und jeden Bürger dazu auf, Verantwortung zu übernehmen, bei Übergriffen einzugreifen oder Lügen, Hass und Hetze zu widersprechen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte den Anschlag in Solingen auf Twitter einen dunklen Tag. Und: „Mit Respekt für unsere vielfältige Gesellschaft können wir viel erreichen.“

Von einem „kollektiven Trauma“ sprach die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, auf Zeit Online. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, nannte Solingen in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ eine „Zeitenwende“ im negativen Sinne.

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20. Jahrestag des Irak-Kriegs

US-Angriff Irak Krieg USA

Der Irak-Krieg begann vor 20 Jahren mit dem Angriff von US-Truppen, später bekämpften sie im Irak den IS. Eine funktionierende Demokratie gibt es in dem krisengeplagten Land noch immer nicht.

Bagdad/Washington (dpa). Die Hälfte der heutigen irakischen Bevölkerung war noch nicht auf der Welt, als der Irak-Krieg vor 20 Jahren begann. Das Leben unter dem autoritär herrschenden Saddam Hussein, den die US-geführte internationale Koalition damals stürzte, kennen sie nur aus Erzählungen. Die Folgen des US-Einmarsches aber prägen das Land bis heute. Von Cindy Riechau und Bastian Hartig

Die Hälfte der heutigen irakischen Bevölkerung war noch nicht auf der Welt, als der Irak-Krieg vor 20 Jahren begann

Den USA ist es nicht gelungen, im Irak Stabilität oder gar eine funktionierende Demokratie zu etablieren. Wahlen im Land ändern an den realen Machtverhältnissen nur wenig. Das erinnert an die Lage in Afghanistan: Auch dort strebten die Amerikaner eine politische Umgestaltung an – und scheiterten. Nach dem chaotischen Abzug der Nato-geführten Truppen übernahmen dort die Taliban wieder die Macht.

Foto: Combat Camera Iraq

Auch im Irak ist die Lage trotz langjähriger US-Präsenz alles andere als rosig. Die Menschen sind frustriert über die weit verbreitete Korruption und Misswirtschaft. Obwohl der Irak zu den ölreichsten Ländern der Welt gehört, fällt ständig der Strom aus. Immer wieder kommt es zu Massenprotesten gegen die Führung und ihre Klientelpolitik. Wohl auch deshalb stellen Iraker eine große Gruppe unter den Schutzsuchenden, die in Deutschland Asyl beantragen.

US-Militäreinsatz wurden zum Erfolg für den Iran

Der US-Militäreinsatz änderte das Kräftegleichgewicht im Irak – und der gesamten Region. Nutznießer war das schiitische Nachbarland Iran, das mit Hilfe von Milizen großen Einfluss im Irak gewann. Diese Milizen stehen auch im Verdacht, Stellungen der US-geführten Koalition anzugreifen, die sie aus dem Land drängen will.

Foto: english.khamenei.ir, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 4.0

Schiitische Muslime stellen im Irak die Mehrheit. Seit der US-Invasion dominieren sie – gespaltenen in verschiedene Lager – die Politik. Für viele zuvor privilegierte Sunniten waren die Umbrüche frustrierend.

Aus den Trümmern des Iraks erwuchs Daesh

In den Reihen des Terrornetzwerks Islamischer Staat (IS)/Daesh, das 2014 große Teile des Landes unter seine Kontrolle gebracht hatte, fanden sich auch viele Sunniten, die früher in Saddams Armee gedient hatten. Als die USA nach dessen Sturz das Militär auflösten, fühlten sich die Soldaten gedemütigt. Der IS nutzte zudem das Chaos nach der US-Invasion aus, um sich im Land auszubreiten.

Die amerikanischen Truppen waren 2011 zunächst aus dem Irak abgezogen, kehrten aber knapp drei Jahre später wieder zurück, um die örtlichen Sicherheitskräfte im Kampf gegen den IS zu unterstützen.

Foto: Shutterstock

Die Terroristen töteten, verschleppten und versklavten im Irak auch Tausende Angehörige der jesidischen Religionsgemeinschaft. Noch immer leben seitdem etliche vertriebene Jesiden in Flüchtlingslagern.

Das US-Militär habe den IS durch den Einsatz geschwächt, betonte kürzlich der Befehlshaber des für die Region zuständigen Kommandos des US-Militärs (Centcom). Die andauernde Truppenpräsenz sei essenziell, um die Sicherheit in der Region und den Schutz der USA zu erhalten.

Trotz der militärischen Niederlage verüben IS-Zellen weiterhin Anschläge in der Region und auch darüber hinaus. Einige Experten fürchten, der IS könne wieder erstarken, sollten die US-Truppen irgendwann aus dem Irak abziehen – und damit eine noch größere Flüchtlingsbewegung Richtung Europa auslösen.

Es bleiben Ausbilder im Land

Das US-Militär bildet heute vor allem Iraks Armee aus. Rund 2.500 amerikanische Soldaten sind noch im Land stationiert. In der amerikanischen Bevölkerung findet der begrenzte Einsatz kaum noch Unterstützer – ist aber auch kein politischer Zankapfel mehr.

Am 20. März 2003 waren US-Truppen in den Irak einmarschiert. Der damalige US-Außenminister Colin Powell behauptete, Saddam Hussein besitze Massenvernichtungswaffen. Gefunden wurden diese jedoch nie. Hunderttausende Menschen kamen in dem Krieg ums Leben.

Foto: US-Navy | Lizenz: gemeinfrei

„Der US-Militäreinsatz im Irak war in den ersten Jahren von sehr vielen Fehlschlägen gekennzeichnet“, sagt der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger der Deutschen Presse-Agentur. Die USA hätten die gesellschaftliche Situation sowie den Zustand des Staates völlig fehleingeschätzt.

Dennoch seien nicht alle aktuellen Probleme im Irak auf die Fehler der USA zurückzuführen, betont der Wissenschaftler der Universität Wien, der derzeit als Gastprofessor in Erbil ist. Der Irak sei heute ein sichereres Land als noch vor dem US-Einsatz. Schmidinger zufolge ist es auch „gut vorstellbar, dass die US-Truppen hier wesentlich geregelter abziehen werden als aus Afghanistan.“

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Staatsmedien: Chamenei soll 80.000 Gefangene befreit haben

Chamenei

Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei hat laut Staatsmedien mehr als 80. 000 Gefangene begnadigt.

Teheran (dpa). Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei hat laut Staatsmedien mehr als 80. 000 Gefangene begnadigt. Dies berichtete die staatliche Nachrichtenagentur IRNA am Montag unter Berufung auf Justizchef Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi.

Prozedur zum Jahrestag

Die Begnadigungen wurden im Februar kurz vor dem Jahrestag der Islamischen Revolution von 1979 angekündigt. Ähnliche Amnestien gab es immer wieder rund um den Jahrestag. Unter den Begnadigten sollen zahlreiche im Rahmen der jüngsten Protestwelle Inhaftierte sein. Überprüfen lassen sich die Zahlen nicht. Prominente Kulturschaffende, Aktivisten und Menschenrechtler wurden jüngst freigelassen.

Die Begnadigungen waren an strenge Voraussetzungen geknüpft. Unter anderem werde keinen Gefangenen vergeben, denen Spionage zur Last gelegt wird. Auch Mord, Beschädigung oder Brandstiftung von Regierungs- oder Militäreinrichtungen schließen einen Gnadenspruch aus.

Kritiker werfen Chamenei Ablenkung vor

Die Amnestien seien ein Ablenkungsmanöver, nachdem die politische und geistliche Führung unter Druck geraten war, sagten Kritiker. Sie bemängelten auch, dass für eine Begnadigung eine Anklage vorliege müsse. Sei dies nicht der Fall, müssten sich Inhaftierte selbst belasten, kritisierten Menschenrechtler.

Die jüngste Protestwelle im Herbst hatte Irans Führung in die schwerste Krise seit Jahrzehnten gestürzt. Auslöser war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam. Die 22-Jährige war vor rund einem halben Jahr wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden. Mehr als 500 Demonstranten wurden im Rahmen der Proteste getötet, rund 20.000 nach Schätzungen von Menschenrechtlern inhaftiert.

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3 Jahre nach Hanau: Empathie für Betroffene

Opfer Terror Rassismus Hanau Kurtović

Die Bekämpfung des Rechtsextremismus muss aus Sicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) weiterhin besondere Priorität haben. Es gelte, „Empathie für die Betroffenen und Härte gegen Extremisten“ zu zeigen, erklärte Faeser am 17. Februar mit Blick auf den rassistischen Anschlag von Hanau mit neun Toten, der sich an diesem Sonntag (19. Februar) zum dritten Mal jährt.

Berlin/Hanau (dpa/iz). Auch wenn sich der öffentliche Fokus durch Russlands brutalen Krieg gegen die Ukraine verändert habe und sich Deutschland vor neuen Bedrohungslagen schützen müsse, dürfe nicht vergessen werden: „Der Rechtsextremismus ist weiterhin die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie.“ Ein 43-jähriger Deutscher hatte in Hanau am 19. Februar 2020 neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst.

Nach Hanau: Klima der Menschenverachtung

Rechtsextreme Hetze und Gewalt, Anfeindungen und Ausgrenzung – all das erlebten viele Menschen in der Gesellschaft tagtäglich, erklärte Faeser. „In vielen dunklen Ecken des Netzes wird weiter ein Klima der Menschenverachtung geschürt“, so Faeser. Die Morde in Hanau hätten vor drei Jahren das ganze Land zutiefst erschüttert.

„Der 19. Februar 2020 bleibt ein tiefer Einschnitt. Wir werden Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili-Viorel Paun, Fatih Saraçoglu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov nie vergessen.“

Landtagspräsidentin: Rechtsextremismus ist größte Gefahr

Zum dritten Jahrestag des rassistischen Anschlags von Hanau hat Hessens Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (CDU) die Gefahren durch Rechtsextremismus für die freiheitlich-demokratische Gesellschaft hervorgehoben. „Dieser Ideologie entschieden und mit allen Mitteln entgegenzutreten ist Aufgabe und Verpflichtung aller staatlicher Gewalt – aber auch aller Bürgerinnen und Bürger unseres Landes“, sagte Wallmann am 17. Februar in Wiesbaden.

„Auch drei Jahre nach der schrecklichen Tat lautet unsere Botschaft klar und unmissverständlich: Die Opfer von Hanau waren ein Teil von uns, sie waren unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die Opfer sind nicht ‘die anderen’ – ‘die anderen’ sind die Täter“, betonte die Landtagspräsidentin. „Lassen Sie uns das Gedenken an die Opfer zum Anlass nehmen, Fremdenfeindlichkeit noch entschiedener entgegenzutreten. An diese Verantwortung und Verpflichtung erinnert uns der 19. Februar 2020.“

Drei Jahre nach Hanau: ndo fordert Aufklärung und Maßnahmen

Bundesweit wird bei knapp 80 Veranstaltungen am 19. Februar den Opfern gedacht. Während die Hinterbliebenen und die Zivilgesellschaft sich weiterhin beharrlich um eine lückenlose Aufklärung bemühen, hat sich politisch zu wenig bewegt. „Rassistische Strukturen in der Gesellschaft und staatlichen Institutionen sind weiterhin intakt. Das ist eine Gefahr für uns alle“, erklärt das Netzwerk neue deutsche Organisationen in einer Pressemitteilung.

Weiterhin gebe es unzählige offene Fragen. Der seit Dezember 2021 und bis Sommer 2023 laufende parlamentarische Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag lasse diese weitgehend unbeantwortet. Politische Konsequenzen gebe es keine. Das liege auch an einer „Blockade“ der Landesregierung einer „lückenlosen Aufarbeitung“. Es seien nach wie vor die Angehörigen und Überlebenden selbst, die genauen Abläufe in der Tatnacht ermitteln und rekonstruieren würden. „Ermittlungen von offizieller Seite wurden bereits eingestellt.“

Kommentar: Behörden die im Dunklen agieren. NSU Serie bleibt unaufgeklärt

(iz). Vor einem Jahr töteten sich in einem grausigen Fanal zwei Rechtsterroristen in Zwickau. Eine mutmaßliche, weitere Täterin verwischte recht oberflächlich einige Spuren und stellte sich anschließend der Polizei. Nachdem […]

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