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Jemen: Gegen Schüsse bei Hochzeiten

Jemen Hochzeit Schüsse

Sanaa (dpa) Als Malik Sufian vor ein paar Wochen in seinem kleinen Bergdorf Al-Daiaa im Jemen heiratete, gab es für ihn und seine Braut viele der üblichen Traditionen: Trommler, Gesang, Musik für 300 Gäste. Aber eine Form des Feierns fehlte: Schüsse, in die Luft gefeuert mit scharfer Munition, um den Jubel mit Gewehren übers Land zu tragen. Sufian sagt rückblickend: „Ich bin stolz, weil es bei meiner Hochzeit keine Schüsse oder Opfer gab.“ 

Bei Hochzeiten im Jemen greift man gern mal zur Waffe – der Schuss in die Luft gewissermaßen als höchster Ausdruck der Freude. Das Land auf der Arabischen Halbinsel hat Jahrzehnte des Bürgerkriegs hinter sich, und der laufende Konflikt ist Ursache dafür, dass Waffen weit verbreitet sind. In Bergen und Wüsten sind sie oft ständiger Begleiter, vom traditionellen Krummdolch bis zum Sturmgewehr. 

Aber auch feierliche Schüsse können töten. Im Jemen wie in anderen Ländern der Region endeten Hochzeiten und andere Feiern mehrmals mit Verletzten und Toten. 2021 starben in Jemens Hauptstadt Sanaa fünf Menschen, als die Jugend-Fußballmannschaft gegen Saudi-Arabien gewann und Fans in die Luft schossen. Mehr als 120 Menschen wurden dem von Huthi-Rebellen beherrschten Innenministerium zufolge verletzt. 

Amir Dakum will gegensteuern. Wer bei Hochzeiten schieße, sei ein „potenzieller Mörder“, so Dakum. Die Praxis sei „katastrophal und gefährlich“. Mit Gleichgesinnten hat er in der Provinz Tais im Südjemen jetzt eine Initiative gestartet – und droht mit Hochzeits-Boykott: „Wenn nach unserer Ankunft Schüsse abgefeuert werden, muss der Bräutigam entscheiden.“ Entweder müsse der Schütze gehen – oder Dakums Gruppe, die inzwischen Dutzende umfasst, würde die Feier verlassen. Die Resonanz sei sehr positiv. 

Freuden-Feuer gibt es auch am Balkan oder in Südasien. Im Nahen Osten haben sich durch Konflikte vor allem der Jemen, Syrien, der Irak und Libyen in regelrechte Waffendepots verwandelt, schreibt die Denkfabrik Global Initiative. Die Waffen gelangen auch in recht sichere Länder wie Jordanien. Auf Basaren könne jeder frei Waffen kaufen, der sie sich leisten kann. In Jordanien starb 2020 ein Mann am Tag seiner Entlassung aus dem Gefängnis: Die tödliche Kugel kam aus der Pistole seines – eigentlich feiernden – Cousins. 

Es kann bis zu zwei Minuten dauern, bis eine senkrecht in die Luft geschossene Kugel wieder auf der Erde einschlägt. Diese verlangsamt sich durch den Luftwiderstand deutlich, kann aber trotzdem töten, wie militärische Tests etwa in den USA zeigten. Gefährlich seien vor allem Kugeln, die in einem Winkel abgeschossen werden und sich noch beschleunigen können, schreibt das Magazin Forbes. Kleine und dichtere Kugeln seien zudem gefährlicher als leichtere, größere Geschosse.

Im Libanon ist die Praxis so verbreitet – bei Hochzeiten, Geburten, Beerdigungen oder an Silvester –, dass wahlloses Schießen seit 2016 eine Straftat darstellt. Es drohen bis zu zehn Jahre Zwangsarbeit. Dennoch gibt es immer wieder Tote: Allein 2017 kamen so nach Polizeiangaben 41 Menschen ums Leben. 2022 traf eine Kugel sogar ein Flugzeug. Im Irak nahm das Phänomen nach der US-Invasion 2003 zu. Im Chaos des Einmarschs wurden Regierungsgebäude und Läden geplündert, Waffen fielen in Hände von Zivilisten im ganzen Land. 

Amir Dakum hofft, dass er seine Initiative im Jemen ausweiten kann. „Wir haben schon Kontakt mit einflussreichen Leuten in Nachbardörfern“, sagt er. Vielleicht würde die Parole „Unsere Hochzeiten sind sicher“ dann in der ganzen Provinz Tais und darüber hinaus bekannt. „Damit wären unsere Hochzeiten keine Fronten und Gefahrenquellen mehr. Im Gegenteil, sie werden eine reine Freude sein.“

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Vom Krieg zerrissen: Wie den Jemeniten helfen?

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Jemen: Trotz möglicher Lösungen für den Jemenkrieg, leiden Millionen akut unter seinen Folgen. (IPS). Ende Mai veranstalteten die Vereinten Nationen ihre jährliche Woche zum Schutz von Zivilisten. Die Themen der […]

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Jemen geht uns alle an

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Die Lage in Jemen ist katastrophal. Die internationale Gemeinschaft darf nicht länger passiv bleiben. (IPS). Während der Jemenkrieg in sein neuntes Jahr tritt, stehen seine Menschen vor einer humanitären Krise […]

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Mindestens 78 Tote nach Massenpanik in Sanaa

Jemen Sanaa

Millionen Menschen im Jemen fehlt es am Nötigsten. Als in Sanaa nun Geldspenden verteilt werden, kommt es zum tödlichen Gedränge. Schüsse und eine Explosion nach einem Kurzschluss sollen die Panik in der Menge in den entscheidenden Minuten noch verschärft haben. Von Johannes Sadek

Sanaa (dpa). Leblos liegen die Körper im Video aufgereiht, Rufe gehen wild durcheinander: Bei einer Massenpanik im Jemen sind nach Angaben der Huthi-Rebellen mindestens 78 Menschen ums Leben gekommen.

Das teilte das Gesundheitsministerium in der Hauptstadt Sanaa am Donnerstag mit. 77 weitere seien verletzt worden, davon schwebten 13 in Lebensgefahr. Den Huthis zufolge war es bei der Verteilung von Spenden am späten Mittwochabend zu einem tödlichen Gedränge gekommen.

Panik nach Geldspenden in Sanaa?

Ein Sprecher des dortigen Innenministeriums erklärte der von den Huthis betriebenen Nachrichtenagentur Saba zufolge, einige Händler hätten ohne vorherige Koordinierung „willkürlich“ Geldspenden verteilt. Daraufhin sei Panik ausgebrochen.

Augenzeugen beschrieben der Nachrichtenseite „Al-Masdar“, wie zeitweise Schüsse zu hören waren. Diese sowie eine Explosion nach einem Kurzschluss sollen die Panik gesteigert und schließlich zum Gedränge geführt haben. An einer Schule hätten sich vorher Hunderte versammelt, um Geldspenden eines bekannten Händlers zu erhalten. Einige örtliche Medien berichteten, die Huthis hätten die Schüsse abgegeben.

Foto: Jennifer Bose, CARE

Der Jemen liegt im Süden der Arabischen Halbinsel und grenzt an Saudi-Arabien. Die Huthis sind eine Gruppe schiitischer Rebellen, die in ihrem seit 2014 laufenden Aufstand weite Teile des Nordens eingenommen haben und auch die Hauptstadt Sanaa kontrollieren.

Seit 2015 herrscht Stellvertreterkrieg im Jemen

Seit 2015 kämpft Saudi-Arabien im Land mit Verbündeten gegen die Huthis. Die UN sehen wegen laufender Verhandlungen derzeit aber auch Chancen auf eine mögliche Entspannung.

Vor allem bedingt durch die Kriegsfolgen spielt sich in dem ohnehin stark verarmten Land eine der schwersten humanitären Katastrophen weltweit ab. Etwa 21 Millionen Menschen sind auf irgendeine Form von humanitärer Hilfe und Schutz angewiesen. Das Welternährungsprogramm (WFP) versucht, 13 Millionen Menschen im Land zu erreichen. Es ist der größte Nothilfeeinsatz des WFP weltweit.

Foto: Husam Alqoliaa, Shutterstock

Militante Huthis machen Händler verantwortlich

In Videos, die die Szenen nach dem Vorfall zeigen sollen, lagen zahlreiche Leichen aufgereiht am Boden. In einem Video war zu sehen, wie Dutzende Menschen sich unter lauten Schreien auf engstem Raum drängen, einige scheinen in der Masse dabei buchstäblich unterzugehen. Die Tragödie trug sich in den letzten Tagen des muslimischen Fastenmonats Ramadan zu.

Der Vorsitzende des Hohen Politischen Rats, Mahdi al-Maschat, sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus und forderte eine Aufklärung des Vorfalls. Ein dafür bestimmter Ausschuss besuchte die Schule laut einem Saba-Bericht noch am Abend.

Zwei mutmaßlich verantwortliche Händler wurden festgenommen. Das Huthi-Innenministerium beschuldigte sie, das Geld ohne vorherige Koordinierung mit dem Ministerium verteilt zu haben.

Die Huthis – offiziell bekannt als Ansar Allah, die „Unterstützer Gottes“ – gehören der Glaubensgemeinschaft der Zaiditen an, einem Zweig des schiitischen Islams. Im Nordjemen herrschen sie in einer Art Zwergstaat, wo sie ihre religiöse Ideologie auf totalitäre Weise durchsetzen. Sie kontrollieren alle Bereiche des öffentlichen Lebens und erheben unter anderem Zölle und Steuern.

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Jemen: Bürgerkriegsparteien einig über Gefangenenaustausch

Gefangenenaustausch

Der Gefangenenaustausch soll in drei Wochen stattfinden, gefolgt von weiteren Verhandlungen nach Ende des Ramadans.

Sanaa/Genf (dpa). Im Bürgerkriegsland Jemen haben sich Regierung und Huthi-Rebellen auf den Austausch von insgesamt etwa 900 Gefangenen geeinigt. Deiis teilte der Vorsitzende des Huthi-Komitees für den Austausch, Abdul-Kadir al-Murtada, kurz vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan am Montag mit.

Foto: Ibrahem Qasim | Lizenz: CC BY-SA 4.0 international

Huthis bestätigen Gefangenenaustausch

Der Einigung gingen Verhandlungen unter Aufsicht der Vereinten Nationen in Genf voraus. Der Austausch soll in drei Wochen stattfinden, gefolgt von weiteren Verhandlungen nach Ende des Ramadans.

Die Rebellen sollen etwa 180 Gefangene freilassen, auch aus Saudi-Arabien und dem Sudan. Im Gegenzug soll die Regierung, an deren Seite Saudi-Arabien gegen die Huthis kämpft, etwa 700 Gefangene freilassen. 

Foto: Foto: Aida Faillace, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 4.0

Dem Regierungs-Unterhändler Madschid Fadail zufolge sollen auch vier Journalisten freigelassen werden, die von den Huthis zum Tode verurteilt worden seien. Zudem sollen ranghohe Militärvertreter der Regierung freikommen, darunter ein früherer Verteidigungsminister.

Huthis beherrschen den Norden und die Hauptstadt

Der Jemen liegt im Süden der Arabischen Halbinsel. Die schiitischen Huthi-Rebellen führten dort seit den 1990er Jahren mehrere Aufstände. Zuletzt hatten sie das verarmte Land 2014 überrannt. Heute beherrschen sie weite Teile im Norden samt der Hauptstadt Sanaa.

Foto: Jennifer Bose, CARE

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (ICRC) hatte 2020 den bislang größten Austausch von Gefangenen ermöglicht. Seinerzeit wurden mehr als 1000 Gefangene innerhalb von zwei Tagen freigelassen.

Eine von den Vereinten Nationen vermittelte Waffenruhe im Jemen war vor einem Jahr in Kraft getreten. Vergangenen Oktober lief sie nach mehrfacher Verlängerung aus. Trotz Berichten über Kämpfe gab es seitdem keine größeren Bodenoffensiven mehr. Alle Bemühungen, den Konflikt dauerhaft zu lösen, scheiterten jedoch.

Jemen: Waffenstillstand läuft aus. UN drängt weiter auf breiteres Abkommen

(Middle East Monitor). Die Kriegsparteien im Jemen haben es nicht geschafft, eine von den Vereinten Nationen vermittelte Waffenruhe zu verlängern, die am Sonntag auslief. Damit wurden die Hoffnungen einiger Jemeniten auf einen umfassenderen Pakt enttäuscht, der die wirtschaftlichen Probleme lindern und die relative Ruhe nach mehr als sieben Jahren Kämpfen verlängern würde, berichtet Reuters.

Der Sondergesandte der Vereinten Nationen, Hans Grundberg, sagte am späten Sonntag, er werde sich weiterhin für eine verlängerte und erweiterte Vereinbarung zwischen der von Saudi-Arabien geführten Koalition und den Houthis einsetzen, die beide unter starkem internationalen Druck stehen, eine Einigung zu erzielen.

„Es ist ein trauriger Tag für das jemenitische Volk“, sagte Abdullah Ali, ein 58-jähriger Lehrer in der Hauptstadt Sana’a, wo sich die Menschen nach dem Auslaufen der Waffenruhe eilig mit Benzin und Lebensmitteln eindeckten.

„Wir hatten gehofft, unsere Gehälter zu erhalten und uns auf einen Waffenstillstand zuzubewegen. Wir sind schockiert“, sagte Ali am Telefon gegenüber Reuters.

Grundbergs Vorschlag sieht eine Verlängerung des Waffenstillstands um sechs Monate, einen Mechanismus zur Auszahlung der Löhne im öffentlichen Dienst und einen größeren Waren- und Personenverkehr in dem Land vor, in dem 80 Prozent der rund 30 Millionen Einwohner auf Hilfe angewiesen sind.

In einer Erklärung äußerten die Vereinigten Staaten ihre tiefe Besorgnis über das Auslaufen der Waffenruhe und erklärten, der erweiterte UN-Vorschlag werde dazu beitragen, Verhandlungen über einen „umfassenden Waffenstillstand und einen inklusiven, von den Jemeniten geführten politischen Prozess einzuleiten, der den Krieg dauerhaft beenden würde“.

Die ursprüngliche zweimonatige Waffenruhe wurde im April vereinbart und trotz Beschwerden beider Seiten über ihre Umsetzung zweimal verlängert. Sie erlaubte einige Treibstoffschiffe im Hafen von Hodeidah und einige kommerzielle Flüge von Sana’a aus, die beide von den mit dem Iran verbündeten Houthis gehalten werden.

„Ich werde meine unermüdlichen Bemühungen fortsetzen, mit den Parteien in Kontakt zu treten, um schnell eine Einigung über den weiteren Weg zu erzielen“, sagte der Gesandte in einer Erklärung und forderte die Parteien auf, Ruhe zu bewahren.

Der Konflikt, der weithin als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran angesehen wird, hat Zehntausende von Menschen das Leben gekostet, die Wirtschaft ruiniert und Millionen von Menschen hungern lassen.

Riad hat versucht, einen kostspieligen Krieg zu beenden, in dem die Houthis Raketen- und Drohnenangriffe auf Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate gestartet haben.

Die Parteien warfen sich am Sonntag gegenseitig vor, die Friedensbemühungen zu behindern. Die von Saudi-Arabien unterstützte Regierung warf den Houthis, der De-facto-Regierung im Norden, vor, das Abkommen abzulehnen.

Der Oberste Politische Rat der Houthis kritisierte den UN-Vorschlag als unzureichend und drohte mit Angriffen auf „Flughäfen, Häfen und Ölgesellschaften der Aggressorländer“, sollte die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition ihre See- und Luftbeschränkungen nicht aufheben.

Die USA forderten die Houthis auf, die Verhandlungen in „gutem Glauben“ fortzusetzen und mit der UNO an einem erweiterten Waffenstillstandsabkommen zu arbeiten.

„Die Vereinigten Staaten unterstreichen, dass die Rhetorik der Houthis, die die kommerzielle Schifffahrt und die in der Region tätigen Ölgesellschaften bedrohen, nicht hinnehmbar ist“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, in der Erklärung.

Die Koalition intervenierte im März 2015, nachdem die Houthis die international anerkannte Regierung in Sanaa vertrieben hatten. Die Gruppe sagt, sie kämpfe gegen ein korruptes System und ausländische Aggression.

* Veröffentlicht im Rahmen CCL 4.0-Lizenz.

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Deutschland liefert weiter Waffen an Jemen-Kriegsparteien

Siedlergewalt Nahost

Berlin (KNA). Deutschland liefert weiter Waffen an die am Krieg im Jemen beteiligten Länder. Allein für Kuwait erteilte die Bundesregierung zwischen dem 8. Dezember 2021 und dem 13. September 14 Einzelausfuhrgenehmigungen in Höhe von 1,3 Millionen Euro. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen hervor. Das Papier liegt der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vor.

Für Ägypten gab es demnach drei Genehmigungen über rund 377.000 Euro. Auch Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate und der Sudan stehen auf der Liste der Empfänger. Diese Länder beteiligen sich an der von Saudi-Arabien angeführten Koalition am Krieg im Jemen. Für Saudi-Arabien selbst wurden keine Ausfuhren von Rüstungsgütern bewilligt.

Unlängst erst hatte ein Sprecher der Bundeswirtschaftsministeriums auf KNA-Anfrage bekräftigt, dass auch künftig Anträge für Exporte nach Saudi-Arabien abgelehnt würden. Allerdings gebe es einen Sonderfall. „Besondere Verpflichtungen Deutschlands gegenüber Nato-Bündnispartnern werden erfüllt. In diesem engen Rahmen sind Ausfuhrgenehmigungen als Ausnahme möglich“, so der Sprecher.

Wie aus der nun erfolgten Antwort an die Abgeordnete Dagdelen hervorgeht, gehören auch weitere Staaten im Nahen Osten und auf der Arabischen Halbinsel zu den Empfängern deutscher Waffenlieferungen. Neben Jordanien und Oman ist dies vor allem Katar, Gastgeber der diesjährigen Fußball-WM. Hier erteilte die Bundesregierung 46 Einzelausfuhrgenehmigungen für 20,7 Millionen Euro.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) besucht an diesem Wochenende die drei Golfstaaten Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Katar. Dagdelen kritisierte, der Kanzler setze auf „Energiedeals mit blutigen Diktaturen am Golf“ und drohe den Weg für neue Waffenlieferungen freizumachen.

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Eine Bilanz des „Anti-Terror-Kriegs“

20 Jahre nach dem 11. September 2001 ist der Westen mit seinem „Anti-Terror-Krieg“ gescheitert, hat aber Millionen Menschen umgebracht und ganze Länder zerstört. BERLIN/WASHINGTON (GFP.com). Millionen Todesopfer, grassierende Armut, Dutzende […]

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Persischer Golf: Der Kalte Krieg wird immer heißer

(iz). Zwei Aufgaben werden der UNO noch überlassen: Die Trümmer von Kriegen zu beseitigen, die sie nicht verhindern konnten, und das Offensichtliche festzustellen. Diese Aufgabe kam Jamal Benomar zu, dem […]

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Aus gegebenem Anlass „Brennpunkt Jemen“: Strategische Hintergedanken über Staat mit großen Problemen. Jenseits des Al-Qaida-Szenarios. Von F. William Engdahl

Am 25. Dezember [2009] verhafteten US-Behörden einen Nigerianer namens Abdulmuttalab an Bord eines Flug der Northwest Airlines von Amsterdam nach Detroit unter dem Verdacht, er habe das Flugzeug mit Hilfe von eingeschmuggelten Sprengstoffen in die Luft jagen wollen. Seitdem wurde von CNN, der “New York Times” und anderen Nachrichtenquellen berichtet, dass dieser im Verdacht stünde, im Jemen für seine Terrormission ausgebildet worden zu sein. Nach diesem Vorgang wurde der Welt ein neues, auftauchendes Ziel im “Krieg gegen den Terror” der USA aufgezwungen – namentlich einem trostlosen Staat auf der Arabischen Halbinsel, dem Jemen. Ein tieferer Blick auf Hintergründe legt den Schluss nahe, dass Pentagon und US-Geheimdienste im Jemen weiterführende Hintergedanken haben.

Seit einigen Monaten konnte die Welt eine steigende Eskalation des militärischen Engagements der USA im Jemen beobachten. Einem abgrundtief armen Land, dass im Norden an Saudi-Arabien, im Westen an das Rote Meer und im Süden an den Golf von Aden grenzt. Dabei blickt der Jemen auf ein anderes verzweifeltes Land, dass es ebenfalls in die Schlagzeilen schaffte: Somalia. Hinweise legen den Schluss nahe, dass das Pentagon und US-Geheimdienste dabei sind, das strategisches Nadelöhr für den globalen Ölfluss zu militarisieren: das Bab El-Mandab. Dabei instrumentalisieren sie die somalische Piratenepisode zusammen mit Behauptungen einer neuen Drohung durch Al-Qaida, um jene wichtige Transportroute zu militarisieren. Darüber hinaus sollen die noch nicht entwickelten Erdölreserven zwischen Jemen und Saudi-Arabien zu den größten der Welt gehören.

Der 23-jährige Nigerianer, der des gescheiterten Attentats angeklagt ist, hat mittlerweile angeblich gestanden. Abdulmutallab behauptete, er wurde von Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) mit Sitz im Jemen auf seine Mission entsandt. Bequemerweise lenkte dies die Aufmerksamkeit der Welt auf den Jemen als neues Zentrum der angeblichen Terrororganisation Al-Qaida.

Bruce Riedel, ein CIA-Veteran mit 30-jähriger Dienstzeit, der Präsident Obama bei der afghanischen Truppenaufstockung beraten hat, schrieb auf seinem Blog von angeblichen Beziehungen des Detroit-Bombers zum Jemen: “Der Versuch, den Nortwest Airlines Flug 235 über Amsterdam nach Detroit am Weihnachtsfeiertag zu zerstören, unterstreicht die wachsenden Ambitionen der jemenitische Zweigstelle Al-Qaidas, die von einer überwiegend innerjemenitischen Angelegenheit zum Spieler des globalen Dschihad in den letzten Jahren geworden ist … Die schwache jemenitische Regierung von Präsident Ali Abdallah Salih, die das Land niemals wirklich kontrollieren konnte und nun einem Bündel von neuen Problemen gegenübersteht, wird umfangreiche amerikanische Hilfe brauchen, um AQAP zu besiegen.” [1]

Grundlegende jemenitische Geopolitik
Bevor wir mehr über den letzten Vorfall sagen, ist es nützlich, einen näheren Blick auf die Lage Jemens zu werfen. Hier zeichnen sich zwei Besonderheiten ab, wenn sie mit der Behauptung Washingtons verglichen werden, dass es eine aufständische Al-Qaida-Organisation auf der Arabischen Halbinsel gäbe.

Zu Beginn 2009 fingen die Figuren des jemenitischen Schachbretts an, sich zu bewegen. Tariq Al-Fadhli – ehemaliger dschihadistischer Führer mit Ursprüngen im Süden – beendete ein 15-jähriges Bündnis mit der Regierung und kündigte an, er werde sich der breiten Oppositionskoalition anschließen, die als Südliche Bewegung bekannt wurde. Al-Fadhli war ein Mitglied der Mujahidin in Afghanistan in den späten 1980er Jahren. Sein Bruch mit Saleh wurde in nationalen und arabischen Medien im April 2009 veröffentlichtet. Diese Trennung von der Diktatur verlieh der Südlichen Bewegung neuen Schwung. Seitdem ist er zu einer Führungsfigur der südlichen Sammlungsbewegung geworden.

Jemen selbst ist ein synthetisches Amalgan, das 1990 nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gegründet wurde, als die damalige südliche Demokratische Volksrepublik Jemen (PDRY) ihren wichtigsten ausländischen Helfer verlor. Die Vereinigung der Nördlichen Arabischen Republik Jemen mit dem südlichen Staat erzeugte einen kurzlebigen Optimismus, der 1994 nach einem kurzen Bürgerkrieg starb. Damals organisierten Elemente der südlichen Armee eine Revolte gegen das, was sie als einen Staat voll korrupter Vetternwirtschaft unter Herrschaft von Saleh wahrnahmen. Der Präsident ist seit 1978 Alleinherrscher – zuerst als Präsident im Norden des Jemens und seit 1990 als Präsident des vereinigten, neuen Jemen. Der Armeeaufstand im Süden scheiterte, als Salah die Unterstützung von Al-Fadhli und anderer jemenitischer Salafisten auf sich ziehen konnte. Jene Anhänger einer konservativen Islam-Interpretation und Dschihadisten bekämpften die ehemaligen marxistischen Kräfte der Sozialistischen Partei des Südens.

Vor 1990 stärkten Washington und das saudische Königreich Saleh und dessen Politik der Islamisierung in dem Versuch, den kommunistischen Süden zu schwächen.[2] Seitdem vertraute er auf eine starke salafitisch-dschihadistische Bewegung, um seine diktatorische Alleinherrschaft zu erhalten. Der Bruch mit ihm von Seiten Al-Fadhlis und sein Anschluss an die südliche Opposition mit dessen früheren, sozialistischen Feinden markiert einen entscheidenden Rückschritt für den Präsidenten.

Kurz nachdem sich Al-Fadhli am 28. April 2009 der Koalition anschloss, intensivierten sich Proteste in den südlichen Provinzen Lahj, Dalea und Hadramaut. Hier kam es zu Demonstrationen von zehntausenden entlassenen Militärangehörigen und Beamten, die bessere Bezahlung und Gratifikationen verlangten. Demonstrationen, die es in steigendem Maße bereits seit 2006 gegeben hatte. Die April-Demonstrationen beinhalteten zum ersten Mal ein öffentliches Auftreten von Al-Fadhli. Sein Erscheinen veränderte die lange vor sich hin dümpelnde südliche Bewegung in Richtung einer breiteren, nationalistischen Kampagne. Sie veränderte auch Saleh, der sich mit der Bitte um Hilfe an Saudi-Arabien und Staaten des Golfkooperationsrates wandte. Er warnte, dass die gesamte Arabische Halbinsel unter den Konsequenzen zu leiden haben werde.

Jenes Bild vom Jemen vervollkommnend (den manche als “gescheiterten Staat” bezeichnen könnten), sieht sich Saleh im Norden der zaiditisch-schiitischen Rebellion der Al-Houthi ausgesetzt. Am 11. September 2009 beschuldigte der Präsident in einem Interview mit Al Jazeera den schiitisch-irakischen Oppositionsführer Muqtada As-Sadr und auch den Iran, dass beide die nordjemenitischen Houthi-Rebellen unterstützten. Saleh erklärte: “Wir könnten nicht den offiziellen Iran beschuldigen, aber die Iraner haben uns kontaktiert und mitgeteilt, dass sie für eine Vermittlung zur Verfügung stünden. Dies bedeutet, dass die Iraner Kontakt zu ihnen [den Houthi-Rebellen] haben, wenn sie zwischen der jemenitischen Regierung und diesen vermitteln wollen. Auch [der Iraker] Muqtada As-Sadr (…) fragte ebenfalls an, ob er als Vermittler akzeptabel sei. Dies bedeutet, dass Verbindungen bestehen.”[3]

Jemenitische Behörden gaben an, dass sie Lager voller Waffen beschlagnahmten, die im Iran produziert worden seien. Währenddessen behaupteten die Al-Houthi, dass sie jemenitische Ausrüstung mit saudischen Markierungen erobert hätten. Sie beschuldigen Sana'a (die Hauptstadt des Jemen und Sitz der US-Botschaft), es agiere als Stellvertreter Saudi-Arabiens. Iran wies die Behauptungen zurück, wonach die im Norden gefundenen Waffen iranischen Ursprungs seien. Behauptungen einer angeblichen Hilfe von Teherans für die Rebellen seien grundlos.[4]

Was ist mit Al-Qaida?
Das Bild, dass sich hier entfaltet, ist das eines verzweifelten Diktators mit US-Rückendeckung. Nach zwei Jahrzehnten despotischer Herrschaft über den vereinigten Jemen verliert Saleh zusehends die Kontrolle. Nach dem Einbrechen der Ölpreise im Jahre 2008 verschlechterten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen drastisch. Rund 70 Prozent der Staatseinnahmen stammten aus Ölverkäufen. Die Zentralregierung sitzt im nordjemenitischen Sana'a, während sich die Erdöllagerstätten im Süden befinden. Und doch kontrolliert er den Fluss der Erdöleinnahmen. Mangel an Einnahmen aus dem Erdölgeschäft haben die übliche Option Salehs, den guten Willen von Oppositionsgruppen zu erkaufen, beinahe zum Erliegen gebracht.

Zu diesem chaotischen Bild der Innenpolitik kam im Januar 2009 die Ankündigung hinzu (auch umfangreich auf ausgesuchten Webseiten prominent vertreten), wonach Al-Qaida – die angeblich globale Terrororganisation, die durch den von der CIA trainierten Saudi Osama bin Laden geschaffen wurde – eine große neue Zweigstelle im Jemen sowohl für jemenitische als auch für saudische Operationen eröffnet haben soll.

Al-Qaida im Jemen publizierte am 20. Januar 2009 – mit Hilfe einschlägiger dschihadistischer online-Foren – eine Erklärung vom Führer der Gruppe, Nasir Al-Wahayshi, in der die Gründung einer einheitlichen Gruppe von Al-Qaida für die Arabische Halbinsel unter seinem Befehl angekündigt wurde. Laut Al-Wahayshi bestünde die neue Gruppe (Al-Qaida in der Arabischen Halbinsel) aus seiner ehemaligen jemenitischen Al-Qaida, aber auch aus Mitgliedern der eingestellten saudischen -Zelle. Die Presseerklärung verlautbarte, interessant genug, dass ein saudischer Bürger und ehemaliger Guantanamo-Häftling (Nr. 372) namens Abu Sayyaf Al-Shihri als Stellvertreter Al-Wahayshis fungiere.

Tage später erschien ein online-Video von Al-Wahayshi unter dem alarmierenden Titel “Wir beginnen hier und werden uns in Al-Aqsa treffen”. Al-Aqsa ist die Al-Aqsa Moschee in Jerusalem, die bei Juden als Tempelberg bekannt ist; die Stelle des zerstörten Tempels von Salomon, die Muslime Haram Asch-Scharif nennen. Bedroht wurde muslimische Führer, unter anderem Jemens Saleh, die königliche saudi-arabische Familie und Ägyptens Präsident Mubarak. Es wurden Versprechungen gemacht, den Dschihad vom Jemen nach Israel zu tragen, um die heiligen muslimischen Stätten und Gaza zu “befreien”. Etwas, das wahrscheinlich einen Dritten Weltkrieg auslösen würde, wenn jemand wahnsinnig genug wäre, dieses Unterfangen zu begehen.

In diesem Video findet sich neben dem ehemaligen Insassen von Guantanamo Al-Shihri ein Statement des mutmaßlichen Guantanamo-Häftlings Nr. 333, Abu Al-Harith Muhammad al-Awfi, der als Feldkommandeur identifiziert wird. Da es hinlänglich bekannt ist, dass Foltermethoden wertlos sind, echte Geständnisse zu erzielen, haben einige spekuliert, dass das wahre Ziel der Verhörspezialisten von CIA und Pentagon seit September 2001 in Guantanamo darin bestand, mit Hilfe von brutalen Techniken Schläfer-Terroristen zu rekrutieren oder auszubilden, die auf Befehl des US-Geheimdiensts aktiviert werden könnten. Ein Vorwurf, der schwer zu beweisen oder auch zu widerlegen ist. Die Anwesenheit zweier hochrangiger Guantanamo-Absolventen in der jemenitischen Basis von Al-Qaida stellt sicherlich einen Grund für Nachfragen dar.

Al-Qaida im Jemen ist für die erweiterte Südliche Bewegung und ihre Massenbasis offenkundig ein Gräuel. In einem Interview erklärte Al-Fadhli: “Ich habe starke Beziehungen zu allen Dschihadisten im Norden und im Süden, aber nicht zu Al-Qaida.”[5] Dies hat Saleh nicht an der Behauptung gehindert, dass die Südliche Bewegung und Al-Qaida ein und die selbe Sache wären. Ein bequeme Art und Weise, um sich der Rückendeckung Washingtons zu versichern. Laut US-Geheimdienstberichten befinden sich im Süden höchstens 200 Al-Qaida-Mitglieder.[6]

Im Mai 2009 distanzierte sich Al-Fadhli in einem Interview von der Organisation und erklärte: “Wir [im Südjemen] wurden vor über 15 Jahren besetzt und leiden unter einer bösartigen Besatzung. Also bemühen wir uns um unsere Sache und kümmern uns nichts anderes in der Welt. Wir wollen unsere Unabhängigkeit und ein Ende dieser Besatzung.”[7] Passenderweise veröffentlichte Al-Qaida am gleichen Tag eine Erklärung, wonach es die Sache des Südjemens unterstützen würde.

In einer am 14. Mai im Internet zirkulierten Tonaufnahme drückte Al-Wahayshi seine Sympathie mit den Leuten in den südlichen Provinzen und ihrem Versuch aus, sie selbst gegen ihre “Unterdrückung” zu verteidigen. “Was in Lahaj, Dhali, Abyan, Hadramaut und den anderen südlichen Provinzen geschieht, kann nicht gutgeheißen werden. Wir müssen [dem Süden] helfen.” Er versprach Vergeltung: “Die an euch begangene Unterdrückung wird nicht ungestraft weitergehen … die Ermordung von Muslimen in den Straßen ist ein schwerwiegendes und nicht zu rechtfertigendes Verbrechen.”[8]

Dieses merkwürdige Auftauchen einer winzigen, aber öffentlich gut positionierten Al-Qaida inmitten von etwas, das Beobachter als Bewegung des Südens mit breiter Massenbasis bezeichnen, welche die radikale wie globale Agenda von Al-Qaida meidet, scheint dem Pentagon potenziell einen Anlass zu liefern, um US-Operationen in dieser strategisch wichtigen Region eskalieren zu lassen.

Nachdem US-Präsident Obama erklärte, dass die Probleme des Jemen die inneren Angelegenheiten das Landes seien, ordnete er Luftangriffe an. Das Pentagon behauptete, dass die Angriffe vom 17. und von 24. Dezember 2009 drei entscheidende Al-Qaida-Führer getötet hätten, aber es gibt keine Beweise, die dies belegen. Nun belebt das Weihnachtsdrama des Detroit-Bombers Washingtons Kampagne des “Krieges gegen den Terror” im Jemen. Darüber hinaus hatte Obama der Regierung Saleh militärische Hilfe angeboten.

Eine Eskalation, wie auf Bestellung
Wie auf Bestellung füllten neue Terrordrohungen aus dem Jemen die CNN-Schlagzeilen. Die raumgreifenden somalischen Piratenangriffe auf die kommerzielle Schifffahrt im Golf von Aden und dem Arabischen Meer nahmen dramatisch zu, nachdem sie zuvor durch multinationale Schiffspatrouillen drastisch reduziert werden konnten.

Am 29. Dezember 2009 berichtete die Moskauer Nachrichtenagentur RIA Novosti, dass somalische Piraten ein griechischen Frachtschiff im Golf von Aden vor Somalias Küste enterten. Früher am gleichen Tag wurde ebenfalls ein unter britischer Flagge fahrender Chemietanker und seine 26 Mann starke Besatzung im selben Gewässer aufgebracht. In einem Moment des geschickten Umgangs mit westlichen Medien sagte Piratenkapitän Mohamed Shakir der britischen Zeitung “The Times” telefonisch: “Wir haben gestern ein Schiff unter britischer Flagge im Golf von Aden eingenommen.” Der Informationsdienst für Geheimdienstkreise Stratfor merkte an, dass die “Times”, die sich im Besitz des neokonservativen Finanzmagnaten Rupert Murdoch befindet, manchmal vom israelischen Geheimdienst benutzt werde, um nützliche Geschichten zu platzieren.

Die letzten beiden Ereignisse trieben die Angriffe und Entführungen des Jahres 2009 auf ein Rekordniveau. Bis zum 22. Dezember beliefen sich die Angriffe somalischer Piraten im Golf von Aden und vor der Ostküsten Somalias auf 174. 2009 wurden 33 Schiffe gekapert und 587 Seeleute als Geisel genommen. Nach Angaben des Maritime Bureau's Piracy Reporting Centers waren beinahe alle Aktivitäten der Piraten erfolgreich. Die offene Frage ist, wer die somalischen “Piraten” mit Waffen und Logistik so versorgt, sodass diese den internationalen Patrouillen entgehen können?

Erwähnenswert ist, dass Saleh am 3. Januar einen Anruf des somalischen Präsidenten Sheikh Ahmed erhielt, in welchem dieser Saleh über die letzten Entwicklungen in Somalia unterrichtete. Sheikh Ahmed, dessen eigene Machtbasis in Mogadischu schwach ist, und der manchmal auch als “Präsident des Flughafens von Mogadischu” bezeichnet wird. Er teilte mit, dass er mit diesem alle Information über Terroraktivitäten teilen würde, die von somalischem Gebiet ausgingen und welche die Stabilität und Sicherheit von Jemen und dessen Region gefährden könnten.

Ein Nadelöhr für Öl und andere ölige Angelegenheiten
Die strategische Bedeutung der Region zwischen Jemen und Somalia wird zu einem Zielpunkt des geopolitischen Interesses. Dies ist das Bab el-Mandab – eines von sieben, das von der US-Regierung als strategisches Nadelöhr der Ölschifffahrt bezeichnet wird. Die US-Regierungs-Informationsagentur für Energie sagte, dass die “Schließung des Bab el-Mandas Tanker aus dem Persischen Golf davon abhalten kann, den Suez Kanal beziehungsweise den Sumed Pipeline-Komplex zu erreichen. Sie sind gezwungen, den Weg über die Südspitze Afrikas zu nehmen. Die Straße von Bab el-Mandeb ist ein Engpass zwischen dem Horn von Afrika und dem Nahen Osten, und eine strategische Verbindung zwischen dem Mittelmeer und dem Indischen Ozean.”[9]

Die Meerenge zwischen Jemen, Dschibuti und Eritrea verbindet das Rote Meer mit dem Golf von Aden und darüber hinaus mit dem Arabischen Meer. Erdöl und andere Exporte aus dem Persischen Golf müssen hier durch, bevor sie in den Suezkanal fahren können. 2006 berichtete die Washingtoner Energiebehörde, dass schätzungsweise 3,3 Millionen Barrel Erdöl durch diesen engen Wasserweg nach Europa, die Vereinigten Staaten und Asien fließen. Der Großteil des Öls – oder rund 2,1 Millionen Barrel täglich – geht nach Norden durch das Bab el-Mandab; über den Suez-Sumed-Komplex ins Mittelmeer.

Eine Rechtfertigung für die USA- oder NATO-Militarisierung um das Bab el-Mandab herum sit für Washington eine weitere wichtige Verbindung im Bemühen, die sieben wichtigsten Schnittstellen des Erdöltransports in aller Welt zu kontrollieren. Entscheidender Teil der zukünftigen US-Strategie dürfte darin bestehen, Erdölflüsse nach China, der EU oder jeder anderen Region zu unterbinden, die der US-Politik Widerstand leisten könnten. Gehen wir davon aus, dass ein wichtiger Teil des saudischen Erdöls hier fließt, dürfte eine Blockade das Königreich davon abhalten, nicht länger ernsthaft über die Abwicklung zukünftiger Erdölverkäufe mit China und anderen Kunden nachzudenken, die nicht in Dollar ablaufen. Diese Option wurde jüngst vom britischen Journalisten Robert Fisk (The Independent) berichtet.

Die USA wären darüber hinaus auch in der Lage, chinesische Erdöltransporte von Port Sudan in das Rote Meer, nördlich vom Bab el-Mandab gelegen, zu bedrohen. Dies ist eine wichtige Lebenslinie für die Befriedigung des chinesischen Erdölbedarfs.

Über seine geopolitische Lage als wichtiger globaler Schnittpunkt für den Transport von Erdöl hinaus, wurde berichtet, das der Jemen über einige der weltweit größten unerschlossenen Erdölreserven verfügen soll. Jemens Masila- und Shabwa-Becken sollen nach Angaben internationaler Erdölfirmen “Entdeckungen von Weltklasse” sein.[10] Die französische Total und einige kleinere internationale Unternehmen beteiligen sich an der Entwicklung der jemenitischen Erdölproduktion. Vor rund 15 Jahren teilte mir ein gut informierter Insider aus Washington privat mit, dass der Jemen “genug unentdecktes Erdöl besitzt, um den gesamten Erdölbedarf für die nächsten 15 Jahre zu befriedigen”.

Möglicherweise gibt es andere Gründe für Washingtons aktuelles Interesse am Jemen als nur die bunt zusammengewürfelte Truppe Al-Qaida, deren Existenz als globale Terrororganisation von erfahrenden Islamexperten in Frage gestellt wurde.

F. William Engdahl ist Autor von “Full Spectrum Dominance: Totalitarian Democracy in the New World Order”.

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Fußnoten:
[1] Bruce Riedel, The Menace of Yemen, December 31, 2009, http://www.thedailybeast.com/blogs-and-stories/2009-12-31/the-menace-of-yemen/?cid=tag:all1
[2] Stratfor, Yemen: Intensifying Problems for the Government, 7. Mai, 2009
[3] Terrorism Monitor, Yemen President Accuses Iraq’s Sadrists of Backing the Houthi Insurgency, Jamestown Foundation, Band 7, Ausgabe 28, 17. September, 2009
[4] NewsYemen, 8. September 2009 und Yemen Observer, 10. September 2009
[5] Albaidanew.com, 14. May 2009, zitiert in Jamestown Foundation, siehe oben
[6] Abigail Hauslohner, Despite U.S. Aid, Yemen Faces Growing al-Qaeda Threat, Time, 22. December 2009, in www.time.com/time/world/article/0,8599,1949324,00.html#ixzz0be0NL7Cv
[7] Tariq al Fadhli, in Al-Sharq al-Awsat, 14. May 2009, zitiert in Jamestown Foundation, siehe oben
[8] Interview mit al-Wahayshi, Al Jazeera, 14. May 2009
[9] US Regierung, Ministerium für Energie, Informationsverwaltung für Energie, Bab el-Mandab, in http://www.eia.doe.gov/cabs/World_Oil_Transit_Chokepoints/Full.html[10] Adelphi Energy, Yemen Exploration Blocks 7 & 74, in http://www.adelphienergy.com.au/projects/Proj_Yemen.php