„Agitieren mit Tatsachen“? Lancierte Angriffe gegen die Islamische Zeitung sind meist subtil konstruiert, meint Khalil Breuer

(iz). Der liberale Deutschlandfunk greift die Pressefreiheit an? Aber nein, natürlich nicht. Thomas Klatt, der vielbeschäftigte Autor eines verschwörungstheoretischen Features über die kleine „Islamische Zeitung“ würde dergleichen gewiss nie tun.

Sein Beitrag funktioniert subtiler: Er folgt der Logik, die wir in der Redaktion gerne als Assoziationstechnik bezeichnen. Bei der Anwendung dieser Technik geht es darum, die Zeitungsmacher, Autoren und Leser mit möglichst vielen bösen Dingen zu assoziieren. Das ist zwar im Ergebnis auch ein Angriff auf die Pressefreiheit, aber eben subtiler.

Der Autor (vom „Evangelischen Journalistenbüro Berlin“) baut seinen Artikel auf so genannte Assoziationsketten auf. Dabei bemüht er nur zwei „Zeugen der Anklage“, die zudem beide dem evangelikalen Milieu entstammen und die ihre These von einer „politisierten“ Zeitung, welche insgeheim die „Weltherrschaft“ (!) anstrebe, äußern dürfen. Sie tun dies mit Genuss: Da ist in ziemlichen wirren Ketten von Carl Schmitt, den historischen Murabitun, dem Heidegger, der Finanzherrschaft und dem Ausnahmezustand die Rede. Kurzum: verdächtig viel Meinung, aber nur wenige verdächtige und konkrete Zitate.

Islamreferent Johannes Kandel hat IZ-Herausgeber Abu Bakr Rieger zwar noch nie in seinem Leben getroffen, aber sich dennoch massiv auf ihn eingeschossen. Für ihn ist Rieger schwer verdächtig, weil er deutsche Größen wie Heidegger oder Schmitt und viele andere Autoren (Bourdieu, Fallada, Rufin usw.) für die Deutung des Zeitalters der Technik heranzieht. Kandel ist dabei intellektuell schlicht überfordert, wenn er Riegers Denken als politische Ideologie einordnet.

//1//Wobei der Publizist, wenn man den IZ-Herausgeber wirklich liest, gerade Ideologie und politische Machenschaften mit dem späten Heidegger – mit dem er sich ja gerade deswegen beschäftigt – ablehnt. Es gibt überhaupt Dutzende Zitate, Texte und Beiträge von Rieger, welche die fiebrig vorgetragenen Thesen des Ex-Funktionärs der Friedrich-Ebert-Stiftung als böswillige Scharlatanerie entlarven.

Wie auch immer. Nicht nur die „Islamische Zeitung“ amüsiert sich übrigens über das Islam-Bashing des Herrn Kandel. Patrick Bahners, ehemaliger Feuilleton-Chef bei der FAZ, bezeichnete ihn in seinem Buch über die islamkritischen „Panikmacher“ als einen „Gatekeeper, der islamkritische Perspektiven in die politische und mediale Kommunikation einspeist“. Die fundierten Ausführungen von Bahners zu den Machenschaften der „Panikmacher“ sind für jeden interessierten Leser zur objektiven Einordnung dieser Angriffe unverzichtbar.

Für Thomas Klatt sind die einseitigen Vorlagen seiner „Experten“ verständlicherweise ein Fest der Assoziationstechnik. Das Team muss beim Zitieren des angeblich belastenden Materials – um die gewünschte Wirkung zu erlangen – natürlich ganz bewusst auf Quellenangaben verzichten. Seriöser Journalismus ist es nicht, wenn er zum Beispiel die folgende Passage – aus uns unbekanntem Kontext –irgendwie mit der „Islamischen Zeitung“ verknüpfen will:

„Das zeigt sich dann auch in so Thesen, das Papiergeld sei von Juden erfunden worden. Das sei Betrug und eben auch eine jüdische Erfindung. Die Welt-Finanz als Hauptfeind und man müsse den Golddinar wieder einführen.“

Selbstredend finden sich in 20 Jahren „Islamische Zeitung“ kein einziges Zitat, dass dieses so stumpfsinnige wie idiotische Gedankenmonster irgendwie belegt. (Die Redaktion verwahrt sich nebenbei gesagt gegen die in Umlauf gesetzte Verleumdungskampagne, sie sei antisemitisch oder verbreite irgendeine simplizistische Weltsicht)

Dem evangelischem Schreiber ist das alles egal. Die Absicht des Mannes, mit seinem recht überschaubaren Oeuvre, ist offenbar nicht eine fundierte journalistische Auseinandersetzung mit der „Islamischen Zeitung“, sondern vielmehr eine suchmaschinenkompatible Diffamierung der Zeitung an sich.

Hier wären wir dann wieder bei der Pressefreiheit. Natürlich ist eine kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten der Zeitung legitim. Hätten Klatt und seine Kollegen Recht mit ihren schrägen Thesen (die tausende, nach Klatts Logik „doofe“, muslimische und nicht-muslimische Leser über Jahre „übersehen“ haben), wäre eine scharfe Auseinandersetzung auch angebracht. Warum nicht. Wenn es aber überhaupt nur um Assoziationen und Verleumdung geht, dann handelt es sich eben hier um einen feigen Angriff gegen die Pressefreiheit auf der Plattform des Deutschlandfunks. Punkt.

„Ist der Ruf erst mal ruiniert, lebt es sich gänzlich ungeniert“, heißt es im Volksmund. Für muslimische Zeitungsmacher, die eine Minderheit mit einem Nischenprodukt versorgen, muss dieser Satz heute leider besonders gelten. Aber, und das ist die gute Nachricht, als Zustand garantiert er dem Leser auch weiterhin völlige Unabhängigkeit.

Link 1:
Transkript des „Beitrages“ von Thomas Klatt im Deutschlandfunk (DLF).

Link 2:
Patrick Bahners „Die Panikmacher“ ist auf Amazon zu haben.

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Berlin: Ex-Dialogbeauftragter von SPD-Stiftung macht gegen Islamwoche mobil

Berlin (iz). „Islamwochen“ sind in deutschen Städten oder Universitäten längst zum Alltag der regelmäßigen Begegnung zwischen Muslimen und der Mehrheitsgesellschaft geworden. Je nach Organisationsgrad und der Anzahl der Beteiligten entstehen so oft beeindruckende Veranstaltungsreihen. Nicht zufällig beteiligen sich daran seit einiger Zeit auch immer mehr Kommunen, die diese Begegnungsplattform zu schätzen gelernt haben.

Obwohl es diese Institution bei den hauptstädtischen Muslimen bereits seit geraumer Zeit gibt, haben die Veranstalter in den letzten Jahren das Format doch noch weiter entwickelt. In diesem Jahr findet das dreitägige Programm von der Initiative Berliner Muslime (IBMUS) und Islamic Relief vom 19. bis zum 21. März im berühmten Roten Rathaus statt; in Kooperation mit dem Berliner Senat. Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister der Hauptstadt, wird auf der Ankündigung mit einem Grußwort zitiert.

Unverständlicherweise scheint das aber nicht allen Zeitgenossen zu gefallen. So mancher vermutet dahinter einen perfiden Plan deutscher „Islamisten“. In einem online veröffentlichten Schreiben hat sich der pensionierte Verantwortliche für den so genannten „Interreligiösen Dialog“ bei der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), Dr. Johannes Kandel, bei seinem Parteifreund Wowereit über die Kooperation des Senats mit den Berliner Muslimen beschwert.

In Kreisen der „Islamismus“-Experten Deutschlands ist das Vorgehen übrigens keine Seltenheit: Seit dem 2001 wurden Fälle bekannt, in denen der Austausch zwischen Mehrheitsgesellschaft und muslimischen Andersdenkenden Fachleuten übel aufgestoßen ist. Als Folge haben sich die Experten auch schon einmal vorab oder im Nachhinein darüber beschwert, wenn – ihnen unliebsame Muslime – als Redner oder Gäste bei hochklassigen Events geladen wurden.

Mit Verwunderung habe Kandel die „Kooperation der Staatskanzlei für Kulturelle Angelegenheiten mit den Veranstaltern der diesjährigen Islamwoche“ zur Kenntnis genommen. In einer, für die Berufsgruppe nicht untypisch aggressiven Wortwahl moniert der pensionierte Fachmann das Vorgehen der Senatskanzlei und unterstellte den Kooperationspartnern der Islamwoche, sich nicht ausreichend „bei der Abteilung Verfassungsschutz beim Innensenator“ informiert zu haben.

Kandel gelingt in seinem Brief der beeindruckende intellektuelle Spagat, einerseits „Dialog“ (bei dem er sich „seit Jahren“ engagiere) für „unverzichtbar“ zu erklären, und es andererseits anzukreiden, dass sich „islamistische“ beziehungsweise „konservativ-orthodoxe muslimische Gruppierungen“ an selbigem zu beteiligen.

Im Rahmen des klassischen Taqija-Vorwurfes, mit dem Muslime seit mehr als einem Jahrzehnt konfrontiert werden, unterstellt er – nicht zum ersten Mal – eine perfide Strategie. Ironisch ist dabei, dass der bekannte evangelikale Christ Kandel nun gerade Muslimen implizit Missionierung vorwirft.

Nicht nur hier scheint es in Deutschland Usus zu werden, den Andersdenkenden zu dämonisieren, anstatt sich direkt und persönlich mit ihm und seinen Argumenten zu beschäftigen. Die Dämonisierung aus der Halbdistanz ist gerade hier wichtig, um das Feindbild lebendig zu halten.

Link:
Interview mit dem Autoren Patrick Bahners („Die Panikmacher“)