,

Buchmesse 2023 zwischen Besucheransturm und Zukunftsfragen

Buchmesse

Buchmesse: Wann schreibt Künstliche Intelligenz Bücher? Ersetzt Tiktok die Literaturkritik? Die Frankfurter Buchmesse feiert 75. Geburtstag – mit großen Fragen. Von Sandra Trauner

Frankfurt/Main (dpa). Nach dem Ende der Pandemie werden die Menschenmassen auf der Frankfurter Buchmesse zurückerwartet. Zwischen 18. bis 22. Oktober werde es „rappelvoll“, sagt Buchmessen-Direktor Juergen Boos.

Buchmesse-Tickets gefragt wie 2019

Die Ticketverkäufe liegen schon zwei Wochen vor dem Start über denen von 2019. Damals waren mehr als 300.000 Besucher nach Frankfurt gekommen. Inhaltlich hat die Messe dicke Bretter zu bohren – etwa Künstliche Intelligenz und die damit verbundenen Urheberrechtsfragen oder eine lautstarke junge Generation und ihre Kritik an alten weißen Büchermenschen.

Foto: Frankfurter Buchmesse, Domenic Driesen

Außerdem feiert die Buchmesse in diesem Jahr einen runden Geburtstag: Seit 75 Jahren treffen sich im Herbst Autoren, Verleger und Leser in Frankfurt.

Eigentlich ist das Event aber viel älter: Die Geschichte reicht zurück bis ins Mittelalter, das früheste Dokument stammt aus dem 15. Jahrhundert. Das Jubiläum bezieht sich daher nur auf die Nachkriegszeit, ist aber Grund genug zu feiern.

Aussteller steigen um 10 Prozent

Der Veranstaltungskatalog ist so dick wie lange nicht. Die Zahl der Aussteller hat erneut um zehn Prozent zugelegt. Im vergangenen Jahr waren es rund 4.000 aus knapp 100 Ländern gewesen. Besonders gewachsen ist das Agentenzentrum, wo die internationalen Rechte gehandelt werden.

„Die internationalen Gäste sind zurück“, sagt Boos. Indien und China seien so stark vertreten wie noch nie. Rechte Verlage – die in den vergangenen Jahren immer wieder Gegenstand erbitterter Debatten waren – bleiben laut Messe weitgehend fern.

„Die Branche braucht die Buchmesse als Kraftquelle und Inspiration“, sagte Boos bei der Vorschau-Pressekonferenz vor zwei Wochen. Sie braucht den Austausch aber auch, um Zukunftsfragen zu verhandeln.

Foto: Fotolia

Welche Rolle wird KI spielen?

Bei den Themen, die die Branche in diesem Jahr besonders umtreibt, steht KI (Künstliche Intelligenz) ganz oben. Stereotype Liebesromane könne eine Maschine genauso gut schreiben wie ein Mensch, sagt Boos. Schon heute würden dafür Schreibprogramme eingesetzt. „Früher war das Science Fiction, jetzt ist es wirklich da“, so Boss.

Problematischer findet Boos mögliche Folgen für Übersetzer. Bisher werde KI vor allem bei Sachtexten wie Gebrauchsanleitungen eingesetzt. Für Literaturübersetzungen glaubt Boos noch an die Überlegenheit des Menschen. „Die Maschine ist nicht originär. Sie guckt nach hinten, nimmt das, was da ist, stellt es vielleicht in einen neuen Zusammenhang, aber sie kann nichts Neues kreieren.“

Ungeklärt ist die „Grauzone“ im Urheberrecht. Wem gehören die Rechte an einem maschinell entstandenen Text? Und wie steht es um die Rechte an den Texten, auf die die KI zurückgegriffen hat? „Da haben wie ein Riesenthema – und da geht es um richtig viel Geld“, sagt Boos.

„Die alten weißen Männer und Frauen unserer Branche sind verunsichert“, sagt Boos. Sie fühlten sich herausgefordert von einer jungen, lauten Generation, die einen anderen Blick auf gesellschaftliche Themen hätte. In den Fachforen könnte viel gestritten werden, zum Beispiel über die Frage, ob Verlage sogenannte Sensitivity Reader brauchen, um kritische Stellen in Texten zu entschärfen.

Die Buchmesse sei der richtige Ort, um darüber zu verhandeln, sagt Boos. „Wir müssen voneinander lernen. Wir wollen miteinander ins Geschäft kommen.“

Foto: Rawpixel, Freepik.com

TikTok als neues Medium für die Branche

Daher bekommt ein Aussteller, der im vergangenen Jahr zum ersten Mal nach Frankfurt gekommen war, 2023 eine noch größere Bühne: das Videoportal Tiktok und seine „Booktok“-Community.

„Tiktok ist ein wichtiges Absatzinstrument für die gesamte Buchbranche geworden“, sagt Boos. Der Kanal ziele nicht nur auf die Leser, sondern biete sich der Buchbranche auch als Dienstleister an.

Um die erwarteten Massen zu lenken, hat die Buchmesse manches neu organisiert. Statt stundenlangem Anstehen an Ständen überall auf der Messe gibt es erstmals ein „Meet the Author“-Areal, in dem man vorab einen Termin buchen kann für Autogramme oder Selfies. Die Publikumsveranstaltungen in der Stadt („Bookfest“) finden erstmals ausschließlich in Buchhandlungen, Büchereien und Bibliotheken statt.

Neu ist auch ein spezielles Angebot für Familien unter dem Namen „Frankfurt Kids Festival“. Dafür müssen die Besucher auf eines der beliebtesten Formate verzichten: Das „Blaue Sofa“ von Bertelsmann, ZDF Deutschlandfunk und 3sat ist in diesem Jahr nicht auf der Messe.

, ,

Islamic Relief feiert ein Vierteljahrhundert Unterstützung für Bedürftige

(iz). Wer die muslimische Landschaft Kölns kennt, der ist schon häufiger an ihrem Verwaltungssitz in Nippes vorbeigefahren. Unzählige weitere Muslim:Innen im gesamten Bundesgebiet kennen ihre Informationsstände auf muslimischen Events vor […]

IZ+

Weiterlesen mit dem IZ+ (Monatsabo)

Mit unserem digitalen Abonnement IZ+ (Monatsabo) können Sie weitere Hintergrundbeiträge, Analysen und Interviews abrufen. Gegen einen Monatsbeitrag von 3,50 € können Sie das erweiterte Angebot der Islamischen Zeitung sowie das ständig wachsende Archiv nutzen.

Abonnenten der IZ-Print sparen beim IZ+ Abo 50%.

Wenn Sie bereits IZ+ Abonnent sind können Sie sich hier einloggen.

* Einfach, schnell und sicher bezahlen per Paypal, Kredit-Karte, Lastschrift oder Banküberweisung. Das IZ+ Abo verlängert sich automatisch um einen Monat, wenn es nicht vorher gekündigt wurde. Sie können ihr bestehendes Abo jederzeit auf der Mein Konto-Seite kündigen.

,

Der Tag der Offenen Moschee feiert 2021 seinen 25. Geburtstag

(iz). Dieses Jahr wurde in Deutschland verschiedener Gedenk- und Jahrestage gedacht. Dazu gehörten zu Jahresanfang 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland, der 20. Jahrestag der verheerenden Anschläge vom 11. September 2001, 700 Jahre Dante Alighieri, 150 Jahre Deutsche Reichsgründung und viele andere historisch aufgeladene Daten.

Neueren Datums ist eine seit 25 Jahren am Tag der Deutschen Einheit stattfindende Tradition, die längst zu einer Institution der Bundesrepublik geworden ist: der Tag der Offenen Moschee (TOM). Unter Federführung des Koordinationsrates der Muslime (KRM) öffnen auch dieses Jahr wieder bundesweit mehr als 1.000 Moscheegemeinden ihre Türen.

Nach einem wegen der Pandemie mehr oder weniger virtuellen TOM vom letzten bieten sich jetzt wieder direkte Möglichkeiten der Begegnung in und um mehr als 1.000 Moscheegemeinden, die am 3. Oktober unter Organisation des KRM ihre Türen öffnen.

Angesichts eines Vierteljahrhunderts TOM findet das diesjährige Event unter dem Motto „25 Jahre TOM – Moscheen gestern und heute“ statt. Als Auftaktort wurde die Kölner Zentralmoschee im Stadtteil Ehrenfeld bestimmt. Neben Repräsentant:innen der im Koordinationsrat der Muslime in Deutschland befindlichen Organisationen werden auch viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus Politik, Medien und Gesellschaft geladen sein. Wenn Sie unsere aktuelle Ausgabe in Händen halten, dürfte für viele Leser:innen der TOM hinter uns liegen.

Längst findet diese Einladung an die Öffentlichkeit nicht mehr nur in Deutschland statt. Es hat auch über unsere Grenzen hinaus Schule gemacht. Seit 2007 veranstalten muslimische Dachorganisationen in der Schweiz einen vergleichbaren Tag. Seit 2011 findet in Frankreich der „Mosquée porte ouverte“ statt und seit 2015 organisiert der Muslim Council of Britain ein vergleichbares Event unter dem Titel „Visit my Mosque“. In Teilen der USA öffnen seit 2000 jährlich die Moscheen.

Dabei handelt es sich beim TOM nicht nur um einen bloßen Tag der offenen Tür. Viele Moscheegemeinden sind auch an anderen Tagen für Interessierte und Besucher:innengruppen zugänglich. Im Rahmen der KRM-Kampagne finden sie auch jeweils im Rahmen eines thematischen Schwerpunkts statt. Zu den Zielen des einheitlichen Mottos gehöre es erstens nach Angaben des KRM, einen zentralen Aspekt des Islam beziehungsweise des muslimischen Lebens aus dem Selbstverständnis heraus darzustellen. Zweitens gehe es darum, dieses Thema in den öffentlichen Fokus zu setzen. Damit gehöre der TOM zu den öffentlichkeitswirksamsten, aber bei weitem nicht einzigen Angeboten der Muslime in Deutschland für Nichtmuslime.

Link: http://tagderoffenenmoschee.de/

, ,

Islamic Relief: 25 Jahre humanitäre Hilfe in Bildern

Köln (IRD). Islamic Relief Deutschland wird 25 Jahre alt. Mit der Online-Ausstellung „Faces of IRD“ zeigt die Hilfsorganisation 25 Projekte aus einem Vierteljahrhundert Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit.

Erdbeben in Japan und der Türkei, Kriege in Syrien und Bosnien, Hungersnöte am Horn von Afrika und im Jemen – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der humanitären Hilfsorganisation Islamic Relief Deutschland leisteten bei zahlreichen Katastrophen weltweit Hilfe. Seit 25 Jahren engagiert sich die NGO in der Nothilfe und der Entwicklungszusammenarbeit. Zu ihrem Jubiläum präsentiert sie nun Einblicke aus den zurückliegenden zweieinhalb Jahrzehnten in einer Online-Ausstellung mit dem Titel „FACES OF IRD“. 

Mit der Ausstellung geht Islamic Relief Deutschland bis an ihre Anfänge – noch vor ihrer offiziellen Gründung zurück – als erstmalig Geld für die Opfer des Bosnienkriegs gesammelt wurde. Die Organisation präsentiert passend zum 25-jährigen Jubiläum Bildmaterial aus 25 Projekten, verteilt auf vier Kontinente und 18 Länder. Insgesamt verwirklichte die NGO bereits Projekte in über 40 Ländern weltweit.

„Realistische Einblicke in die Arbeit einer Hilfsorganisation“

Die Motivation hinter der Vernissage erklärt Tarek Abdelalem, Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland: „Unsere Ausstellung gibt einen realistischen Einblick in die Arbeit einer Hilfsorganisation. Dazu gehören extreme Situationen in Kriegen oder nach Umweltkatastrophen genauso wie hoffnungsvolle und fröhliche Momente.“

Wer die Ausstellungsseite besucht, erkennt schnell, wie vielseitig die Aufgaben der Hilfsorganisation sind. „Es war uns wichtig, die gesamte Bandbreite unserer Arbeit abzubilden“, sagt Nuri Köseli, stellvertretender Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland und führt beispielhaft an: „In Nepal erarbeiten wir mit den Gemeinden eine Katastrophenvorsorge. In Mali klären wir Glaubensführer auf, um veraltete Traditionen zu durchbrechen und die Rechte von Frauen und Mädchen zu stärken. In Asien, Europa und Afrika sind wir in Flüchtlingslagern aktiv und versorgen die Menschen mit Medikamenten und Nahrung.“ Bilder aus diesen und vielen weiteren Projekten finden Interessierte ab sofort unter: www.faces.islamicrelief.de.

Neben der Online-Ausstellung führt Islamic Relief Deutschland zu ihrem Jubiläum eine weite Aktion durch. Unter dem Motto „I’m a Reliefer“ stellt die NGO jede Woche eine Unterstützerin oder einen Unterstützer vor. Zu finden sind die Geschichten der „Reliefer“ auf der Website der Organisation sowie auf ihren Social-Media-Kanälen.

Über Islamic Relief Deutschland

Gegründet wurde Islamic Relief Deutschland 1996 in Köln, wo bis heute ihre Zentrale sitzt. Weitere Standorte befinden sich in Berlin und Essen. Als Mitglied des internationalen Islamic Relief-Netzwerkes agiert die Nichtregierungsorganisation weltweit in mehr als 40 Ländern und auf allen Kontinenten. Islamic Relief Deutschland leistet sowohl lebensrettende Nothilfe als auch langfristige Entwicklungszusammenarbeit. Dabei hält sich die NGO strikt an die Nachhaltigkeitsziele der UN (Sustainable Development Goals) und ist den Core Humanitarian Standards on Quality and Accountability (CHS) verpflichtet, einem weltweiten Qualitätsstandard für humanitäre Arbeit. 

,

War es das wert?

(IMD) Vor fünf Jahren begann in Tunesien der arabische Aufstand. Heute wird allerorten die bange Frage gestellt, was vom damaligen „Frühling“ geblieben ist. Mit Ausnahme von Tunesien scheinen die Demokratisierungsbewegungen […]

IZ+

Weiterlesen mit dem IZ+ (Monatsabo)

Mit unserem digitalen Abonnement IZ+ (Monatsabo) können Sie weitere Hintergrundbeiträge, Analysen und Interviews abrufen. Gegen einen Monatsbeitrag von 3,50 € können Sie das erweiterte Angebot der Islamischen Zeitung sowie das ständig wachsende Archiv nutzen.

Abonnenten der IZ-Print sparen beim IZ+ Abo 50%.

Wenn Sie bereits IZ+ Abonnent sind können Sie sich hier einloggen.

* Einfach, schnell und sicher bezahlen per Paypal, Kredit-Karte, Lastschrift oder Banküberweisung. Das IZ+ Abo verlängert sich automatisch um einen Monat, wenn es nicht vorher gekündigt wurde. Sie können ihr bestehendes Abo jederzeit auf der Mein Konto-Seite kündigen.

Berliner Muslime erinnerten an das Ende des Eisernen Vorhangs

(iz). Direkt am Schnittpunkt zwischen Ost und West im Berliner Stadtteil Gesundbrunnen lud der Deutschsprachige Muslimkreis zu einer Veranstaltung zum 25. Jahrestags des Mauerfalls ein. Eingeleitet durch die inspirierende und wunderbare Musik des Trios Vuslat berichteten Djamila Alkonavi und Muhammad Abdulrazzaque von ihren Erlebnissen mit der Berliner Mauer und ihrem Fall.

Djamila Alkonavi erzählte von ihrer Kindheit und Jugend in der damaligen DDR, wo sie – ein Jahr vor Beginn des Mauerbaus – zum Islam fand. Wenige Tage, nachdem das Ostberliner Regime die Barriere zu errichten begann, halfen ihr muslimische Studenten, in den Berliner Westteil zu gelangen. Alkonavi reflektierte auch über Folgen und Bedeutungen des Mauerfalls.

Er war damals ein junger indischer Student, berichtete Muhammad Abdulrazzaque, der seit Langem in der Berliner Community aktiv ist. Er war an dem Abend dabei, als die Trennung beider Teile Berlins ihr Ende fand. Abdulrazzaques Ausflug in dieser schicksalshaften Nacht, so seine lebendige und unterhaltsame Beschreibung, führte ihn durch DDR-Hauptstadt. „Niemand hätte gedacht, die Mauer fällt“, beschrieb er die damalige Stimmung. Gleichzeitig machte Muhammad Abdulrazzaque deutlich, dass der Wunsch nach Freiheit ein allgemeinmenschliches Verlangen sei.

Den informativen wie unterhaltsamen Abend des DMK im Ost-West-Café moderierte IZ-Chefredakteur Sulaiman Wilms. Im Folgenden dokumentieren wir seine Einführung in das Event:

//2//

„Ich denke, es erübrigt sich heute Abend, die historischen Ereignisse des Mauerfalls nachzuerzählen. Viel interessanter erscheinen mir die möglichen Bedeutungen dieses Events.

Es gibt eine Anekdote des bekannten chinesischen Kommunisten Deng Xiao Ping. Er soll gefragt worden sein, was sich denn über die Französische Revolution sagen ließen. Seine Antwort war lapidar: «Zu früh.»

Mit dem Zitat im Hinterkopf enthalte ich mich hier einer definitiven Meinung über historischen Aspekte. Interessant aber ist doch, zu überlegen, welche überzeitlichen Lektionen sich aus dem Mauerfall von einer muslimischen Perspektive ableiten lassen.

Das Problem bei Titeln wie «Der Islam und …» oder «die Muslime und …» ist immer, dass trotz der Verbindung «und» immer aber auch eine Distanz vorausgesetzt wird. Gerade für Berlin lässt sich das gewiss nicht sagen; waren doch auch die Berliner Muslime vor Ort dabei und in Folge auch vom Mauerfall wie alle anderen betroffen.

Alles Erschaffene ist im Wandel begriffen und pendelt zwischen den verschiedenen Gegensatzpaaren. Nur Allah ist ewig, bleibend und mit sich selbst identisch. Alles andere bewegt sich in Zeit und Raum, die nach islamischer Lehre vergänglich sind.

Die Erinnerung an diesen Fakt ist ein wichtiger Eckstein des muslimischen Bewusstseins. In dieser Hinsicht ist das Bittgebet Aischas, der Gattin des Propheten (saws) für mich von Bedeutung: «Oh Allah, halte mich im Wandel.»

Uns Bundesbürgern galt die Berliner Mauer und die Deutsche Teilung in der Mehrheit als eine längst akzeptierte Gegebenheit. Im politischen und öffentlichen Mainstream gab es nur wenige, die überzeugt von einem Ende dieses Zustands ausgingen. Man hatte ihn akzeptiert, oder sich damit abgefunden. Für nicht wenige unter uns waren Teilung und Mauer gar ein notwendiges Element der Nachkriegsordnung.

Und sehr plötzlich öffnete sich die Mauer. Für uns Muslime muss das eine Erinnerung par excellence an das Schicksal sein. Es ist Allah, der die Dinge nach seinem Willen ordnet. Wir, die Generation junger Erwachsener, wachte am Morgen nach der Maueröffnung auf und die Welt war eine andere.

Es mag Ursachen geben, warum Mauer und Teilung nicht mehr haltbar waren. Trotzdem hätte kein Plan irgendeines Akteurs ein solches Ereignis hervorbringen können. Für Muslime ist das natürlich kein fatalistischer Gedanke, sondern vielmehr Ermutigung.

Und ein Anlass, das 25. Jubiläum des Falls der Berliner Mauer zu nutzen, uns an das Schicksal zu erinnern. Denn auch wir unterliegen in einer technisierten Welt oft dem Wahn permanenter Kontrolle.

Ich will aber nicht bei einer rückwärts blickenden Aussage enden.

Wir erliegen gelegentlich der Versuchung, uns in unzähligen Integrationsdebatten zu verzetteln. Schicksalshafte Ereignisse wie der Fall der Mauer deuten aber an, dass der oft bemühte «Verfassungspatriotismus» (Habermas) vielleicht nicht ausreichend Tiefe hat, um Muslime in diesen Ort zu verwurzeln.

Dieses Ereignis ist in meinen Augen daher eine passende Gelegenheit, über unsere Schicksal zu reflektieren. Mehr noch: zu fragen, was uns mit diesem Ort verbindet und welchen Beitrag unser Schöpfer, der Herr der Welten, von uns wünscht. Damit wir unserem Schicksal, der Zeit und dem Ort, an dem wir leben, gerecht werden können.“