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Fast ein halbes Jahr beschwerdefreier Muezzinruf in Köln

Muezzin

Auch im Ramadan gälten die vereinbarten Bedingungen zum Muezzinruf. Eine Anfrage zur Ausweitung des Rufes über das Freitagsgebet liege der Stadt nicht vor.

Köln (KNA/iz). Der vor fast einem halben Jahr eingeführte öffentliche Muezzinruf in Köln hat sich ohne Probleme etabliert. „Im Moment liegen der Stadt Köln keine Beschwerden seitens Anwohnenden oder Bürger*innen vor“, sagte ein Sprecher der Stadt auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Muezzin: Gebetsruf problemfrei

Die DITIB-Zentralmoschee im Stadtteil Ehrenfeld erfülle alle Auflagen zum Lärmschutz. Auch im Ramadan gälten die vereinbarten Bedingungen zum Muezzinruf. Eine Anfrage zur Ausweitung des Rufes über das Freitagsgebet liege der Stadt nicht vor.

Foto: Raimond Spekking | Lizenz: CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Im vergangenen Jahr hatte Köln ein auf zwei Jahre angelegtes Pilotprojekt gestartet, wonach der Muezzinruf in islamischen Gemeinden unter Auflagen ertönen darf. Die Stadt begründete den Schritt mit der Religionsfreiheit. An der Zentralmoschee erklang der Ruf erstmals am 14. Oktober über zwei Lautsprecher im Innenhof.

Die maximal fünfminütige Gebetsaufforderung ist seitdem immer freitags von 12.00 bis 15.00 Uhr zu hören – je nach Jahreszeit und Sonnenstand. Außerhalb des Moscheegeländes darf der Ruf 60 Dezibel und damit Gesprächslautstärke nicht überschreiten. Für mögliche Beschwerden muss eine Ansprechperson benannt sein.

Begrenztes Interesse bei anderen Gemeinschaften

Bislang hätten keine weiteren Gemeinden die Erlaubnis für den Ruf beantragt, sagte ein Stadtsprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag). Im vergangenen Jahr hatten rund zehn weitere Moscheen Interesse an dem Projekt bekundet. Deutschlandweit gibt es der DITIB zufolge etwa 250 Moscheen, an denen der Muezzin offiziell ruft. Die Kölner Zentralmoschee habe aber einen höheren Symbolwert.

Foto: Creative Images, Shutterstock

Nach der Vorstellung des Projekts war eine bundesweite Debatte entflammt. Kritiker warnten vor einer unzulässigen Bevorzugung einer Minderheit. Zudem könnten konservative oder frauenfeindliche Strömungen in den Gemeinden gestärkt werden. Auch sei die DITIB der verlängerte Arm des türkischen Staats.

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) wertete das Projekt als Zeichen gegenseitiger Akzeptanz: „Wenn wir in unserer Stadt neben dem Kirchengeläut auch den Ruf des Muezzins hören, zeigt das, dass in Köln Vielfalt geschätzt und gelebt wird.“

Deutsche Debatten um den Ruf des Muezzins

Seit der Ankündigung von Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker, muslimischen Gemeinden den öffentlichen Gebetsruf (arab. adhan) zu erlauben, kannte die Debatte kein Halten mehr: In unzähligen Gastbeiträgen und Interviews haben echte und vermeintliche „Experten“ in den vergangenen Tagen kundgegeben, warum ihrer Meinung nach der Adhan erlaubt oder verboten werden sollte.

Die einen argumentieren mit persönlichen Erfahrungen, die zweiten machen den Muezzinruf abhängig von der Erfüllung integrationspolitischer Forderungen, die dritten reihen einfach plumpe Klischees aneinander. Das mag alles sehr interessant sein, für die Frage aber, ob Muslime zum Gebet rufen dürfen, ist es letztlich unerheblich. Denn die Antwort darauf ist eindeutig: Natürlich dürfen sie.

Der Grund hierfür steht in Art. 4 des Grundgesetzes. In Absatz 1 heißt es: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich“. Absatz 2 fügt hinzu: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ Dass diese grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit auch öffentliche Gebetsrufe abdeckt, haben Gerichte immer wieder bestätigt.

Foto: Deutscher Bundestag, Thomas Köhler, photothek.net

Maßgeblich ist hierfür ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1968, wonach die Religionsfreiheit „extensiv“ zu interpretieren sei:  „Zur Religionsausübung gehören danach nicht nur kultische Handlungen und Ausübung sowie Beachtung religiöser Gebräuche wie Gottesdienst, Sammlung kirchlicher Kollekten, Gebete, Empfang der Sakramente, Prozession, Zeigen von Kirchenfahnen, Glockengeläute, sondern auch religiöse Erziehung, freireligiöse und atheistische Feiern sowie andere Äußerungen des religiösen und weltanschaulichen Lebens.“

Auch die Bundesregierung kennt das Recht auf Muezzinruf. In einer Antwort auf eine Große Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Thema „Islam in Deutschland“ aus dem Jahr 2000 schreibt sie: „Der islamische Gebetsruf als Betätigung einer Glaubensüberzeugung im Sinne der Bekenntnisfreiheit und der freien Religionsausübung wird durch Artikel 4 Abs. 1 und 2 GG geschützt.“

Gegner von Muezzinruf und/oder Glockenläuten argumentieren häufig, dass Religionsfreiheit der Gläubigen dann ein Ende finden müsse, wenn die Religionsfreiheit von Dritten, also zum Beispiel von Anwohnern, gefährdet sei. Doch das ist sie nicht.

Entgegen dem landläufigen Verständnis begründet die „negative Religionsfreiheit“ kein Recht darauf, von religiösen Bekundungen unbehelligt zu bleiben. Sie bedeutet lediglich, dass niemand zu religiösen Bekenntnissen oder Praktiken gezwungen werden darf.

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Den Meister ehren. In der Kölner Zentralmoschee gedachte man Rumis Todestag

(iz). Jeder kennt ihn oder hat zumindest mal seinen Namen gehört: Maulana Dschelaleddin Rumi. Am 17. Dezember jährte sich sein Todestag zum 749. Mal. In der Türkei ist es anlässlich […]

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Gebetsruf in Köln: Viel Freude, leise Töne

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Rund 3.000 Menschen sind am 14. Oktober zum ersten öffentlichen Gebetsruf an der DİTİB-Zentralmoschee in Köln gekommen. Die Stimmung war andächtig und freudig. Doch es gab auch Kritik von Dritten. […]

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Kommentar: Der Gebetsruf sollte so selbstverständlich sein wie Kirchenglocken

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(iz). Seit dem 14. Oktober ist an der Zentralmoschee in Köln, der islamische Gebetsruf öffentlich zu hören. Er darf einmal pro Woche in einer festgelegten Uhrzeit an Deutschlands größter Moschee […]

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Viel Freude, leise Töne: Erster öffentlicher Muezzinnruf in Köln

Muezzin

Rund 3.000 Menschen sind am Freitag zum ersten öffentlichen Muezzinruf an der DİTİB-Zentralmoschee in Köln gekommen. Die Stimmung war andächtig und freudig. Doch es gab auch Kritik.

Köln (KNA). Dicht gedrängt steht eine Traube von Menschen um Muezzin Mustafa Kader. Es ist 13.25 Uhr, als der Imam auf dem Innenhof der DİTİB-Zentralmoschee in Köln seinen Gebetsruf anstimmt, der auch über zwei Lautsprecher auf der Freifläche ertönt. Kader wird genau 2 Minuten und 36 Sekunden rufen – und damit die von der Stadt vorgeschriebene Höchstdauer von 5 Minuten deutlich unterschreiten. Zahlreiche Smartphones filmen den Religionsbeauftragten, einige Anwesende haben Tränen in den Augen.

Schätzungsweise 3.000 Menschen sind zu der Premiere am Freitag gekommen – dem ersten öffentlichen Muezzinruf in Köln. Dass die Gebetsaufforderung nun auch außerhalb der Moschee ertönen darf, empfänden sie als Ehre, sagen zwei junge Frauen der Katholischen Nachrichten-Agentur. „Ich finde das fair, weil in vielen muslimischen Ländern ja auch die Kirchenglocken klingen“, ergänzt ein junger Mann.

„Heute sehe ich das Lächeln auf den Gesichtern der Gemeindemitglieder“, so der Direktor des Moscheeforums Murat Şahinarslan. Die Mühe, sich bei einem Pilotprojekt der Stadt Köln zu bewerben, habe sich gelohnt. „Man ist euphorisch und sehr, sehr glücklich darüber.“

Vor rund einem Jahr hatte die Stadt das Projekt gestartet, wonach der Muezzinruf unter Auflagen einmal pro Woche für maximal fünf Minuten ertönen darf. Interessierte Gemeinden müssen vorab ein Schallgutachten vorlegen, die Nachbarschaft informieren und eine Person für Beschwerden ernennen. Bislang hat nur die Zentralmoschee die nötigen Schritte ergriffen; etwa zehn weitere Gemeinden haben Interesse bekundet.

Die Stadt begründete ihr Projekt vor allem mit der Religionsfreiheit. Dennoch hagelte es Kritik. Dass ausgerechnet an einer Einrichtung der DİTİB der erste öffentliche Muezzinruf ertönen durfte, sorgte weit über Stadtgrenzen hinaus für Unmut. Der deutsch-türkische Moscheeverband verfolge die Agenda des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, warnte zum Beispiel Islamexperte Ahmad Mansour im Deutschlandfunk. Solche Argumente weist DİTİB-Vertreter Zekeriya Altuğ zurück. Der Verband leide unter einem „falschen Image“, sagte er bei einer Infoveranstaltung am Donnerstagabend. Seiner Schätzung nach gibt es deutschlandweit bereits etwa 250 Moscheen, an denen der Muezzin offiziell ruft. Köln sei also kein Pionier, die Zentralmoschee habe jedoch einen hohen Symbolwert.

Proteste, wie sie die Zentralmoschee zum Besuch des türkischen Präsidenten erlebt hatte, bleiben während des Muezzinrufs aus. In der Nähe des Gebetshauses erinnert lediglich ein gutes Dutzend Demonstranten an die religiös begründete Unterdrückung von Frauen im Iran. Ihre Rufe – und der Verkehrslärm der viel befahrenen Venloer Straße – übertönen den Muezzin fast vollständig. Außerhalb des Moscheegeländes darf sein Ruf den Auflagen der Stadt gemäß 60 Dezibel nicht überschreiten. Das ist etwa so laut wie ein Gespräch.

Anwohnerinnen und Anwohner finden sich kaum unter den Schaulustigen. Auch zu der Infoveranstaltung am Donnerstagabend waren nur wenige Menschen aus der Nachbarschaft gekommen. Eine Frau beschwerte sich, Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) habe das Modellprojekt „aus der Hinterhand“ umgesetzt. „Warum ist man da nicht im Vorfeld im Dialog gewesen?“, fragte sie. An der DİTİB oder dem Ruf an sich gab es zumindest an diesem Abend jedoch keine Kritik.

An der Zentralmoschee darf der Ruf des Muezzin nun zunächst für zwei Jahre über die Lautsprecher erklingen. Die beiden 55 Meter hohen Minarette sind ohnehin nicht begehbar. Nach Auslaufen des Vertrags wollen Kommune und DİTİB die Lage bewerten. „Eine Vorreiterrolle zu spielen und zu sehen, dass der Dialog mit der Stadt klappt, ist eigentlich nur toll“, meint Murat Şahinarslan. „Der Muezzinruf gibt den Menschen das Gefühl, dass sie in Köln und in Deutschland angekommen sind.“

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Für den Zentralrat der Muslime sind Muezzinrufe eine „Selbstverständlichkeit“

Hannover (KNA/iz). Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, begrüßt es, dass am Freitag erstmals aus der Kölner Zentralmoschee Muezzinrufe über Lautsprecher nach draußen getragen werden sollen. „Der Gebetsruf, fester Bestandteil des muslimischen Gebets und in einigen Städten Deutschlands längst Alltag, ist im Rahmen unserer Religionsfreiheit und durch das Grundgesetz gedeckt und sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein“, sagte Mazyek dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Donnerstag.

Dem Vorwurf, dass die Muezzinrufe politisch instrumentalisiert werden könnten, widerspricht Mazyek. Die Kölner Zentralmoschee wird vom deutsch-türkische Moscheeverband DİTİB getragen.

Der Muezzinruf, der ab heute an der Zentralmoschee erklingen kann, darf laut Auflagen der Stadt 60 Dezibel nicht überschreiten. Das ist etwa so laut wie ein Gespräch. Der Ruf wird auch nicht über die beiden nicht begehbaren, je 55 Meter hohen Minarette ertönen, sondern über zwei Lautsprecher, die auf den Hof zwischen Moschee und Verwaltungsbau gerichtet sind. Das Gebäude liegt an zwei größeren Straßen.

„Ich rechne damit, dass der Gebetsruf nicht weit außerhalb des Innenhofs zu hören sein wird“, sagte die Leiterin des Kölner Integrationsamts, Bettina Baum, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Schätzungsweise 11 Prozent der gut eine Million Kölnerinnen und Kölner sind islamischen Glaubens.

Die Schallauflagen bewertet Mazyek kritisch: Durch die Dezibelvorgaben leisteten „schrägen“ Diskussionen Vorschub. „Durch manch Politisierung des Gebetsrufes mit unterschiedlichen Vorzeichen – sei es, indem man suggeriert, ein bestimmter Moscheeträger stünde angeblich zur Disposition oder durch fadenscheinige politische Umdeutung des Ruftextes, nimmt am Ende der Religionsfrieden und damit die Freiheit Religion zu leben oder auch nicht, Schaden“, erklärte der Zentralratsvorsitzende.

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Köln will Muezzinruf ab Mitte Oktober erlauben

Düsseldorf/Köln (KNA) An der Kölner Zentralmoschee könnte die Türkisch Islamische Union DİTİB womöglich ab 14. Oktober den Muezzin per Lautsprecher zum Gebet rufen lassen. Eine Sprecherin der Stadt Köln bestätigte auf Anfrage der „Rheinischen Post“ (Sonntag, den 02. Oktober), dass es nur noch kleinere Nachfragen gebe, dass die Stadt aber im Prinzip grünes Licht geben werde.

Formale Voraussetzung für den Muezzinruf ist nun noch ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen Stadt und DİTİB. Sollte er in den nächsten Tagen unterschrieben werden, könnten ab dem 14. Oktober die ersten Muezzinrufe in Köln erschallen. Erlaubt wäre das dann immer freitags in der Zeit zwischen 12.00 und 15.00 Uhr für fünf Minuten.

Die Stadt Köln hatte Anfang Oktober 2021 erklärt, dass Moscheegemeinden auf Antrag und unter Auflagen künftig ihre Gläubigen zum mittäglichen Freitagsgebet rufen dürften. Zu den Auflagen gehört etwa, dass der Gebetsruf nicht länger als fünf Minuten dauert. Für die Lautstärke gibt es eine Höchstgrenze, die je nach Lage der Moschee festgelegt wird. Außerdem muss die jeweilige Moscheegemeinde die Nachbarschaft frühzeitig mit Flyern informieren und eine Ansprechperson benennen, die Fragen beantworten oder Beschwerden entgegennehmen kann. Das Modellprojekt ist zunächst auf zwei Jahre befristet.

Die Erlaubnis ist umstritten. Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) steht dahinter. Auch der Kölner katholische Stadtdechant Robert Kleine befürwortet das Muezzin-Projekt. Das Grundrecht auf freie Religionsausübung stehe auch „den islamischen Gemeinden in Form des Muezzinrufes“ zu, sagte er im Mai. „Es geht dabei ja um ein verfassungsmäßiges Recht, das auch nicht mit dem Hinweis auf religiöse Intoleranz oder die politische Instrumentalisierung der Religion in anderen Teilen der Welt relativiert werden darf. Wir nehmen uns eben kein Maß an autoritären Staaten.“

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) äußerte dagegen Kritik. Er fürchtet um den gesellschaftlichen Frieden, wenn viele Moscheegemeinden entsprechende Anträge stellten.

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Vom Willen zur Verbundenheit. Der Gebetsruf provoziert Reaktionen

(iz). Zweifellos wird die Pandemie als ein Ereignis in die Geschichte eingehen, das die Digitalisierung der Gesellschaft vorangetrieben hat. Das soziale Leben findet heute in den Sphären des Netzes statt. […]

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Natürlich dürfen Muslime zum Gebet rufen

(iz). Seit Wochen diskutieren Politik und Medien über die Frage, ob man Muslimen den Gebetsruf erlauben sollte. Dabei stellt sich die Frage gar nicht. Denn juristisch ist das Recht auf Muezzin-Ruf eindeutig.

Seit der Ankündigung von Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker, muslimischen Gemeinden den öffentlichen Gebetsruf (arab. adhan) zu erlauben, kennt die Debatte kein Halten mehr: In unzähligen Gastbeiträgen und Interviews haben echte und vermeintliche „Experten“ in den vergangenen Tagen kundgegeben, warum ihrer Meinung nach der Adhan erlaubt oder verboten werden sollte. Die einen argumentieren mit persönlichen Erfahrungen, die zweiten machen den Muezzinruf abhängig von der Erfüllung integrationspolitischer Forderungen, die dritten reihen einfach plumpe Klischees aneinander. Das mag alles sehr interessant sein, für die Frage aber, ob Muslime zum Gebet rufen dürfen, ist es letztlich unerheblich. Denn die Antwort darauf ist eindeutig: Natürlich dürfen sie.

Der Grund hierfür steht in Art. 4 des Grundgesetzes. In Absatz 1 heißt es: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich“. Absatz 2 fügt hinzu: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ Dass diese grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit auch öffentliche Gebetsrufe abdeckt, haben Gerichte immer wieder bestätigt.

Maßgeblich ist hierfür ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1968, wonach die Religionsfreiheit „extensiv“ zu interpretieren sei:  „Zur Religionsausübung gehören danach nicht nur kultische Handlungen und Ausübung sowie Beachtung religiöser Gebräuche wie Gottesdienst, Sammlung kirchlicher Kollekten, Gebete, Empfang der Sakramente, Prozession, Zeigen von Kirchenfahnen, Glockengeläute, sondern auch religiöse Erziehung, freireligiöse und atheistische Feiern sowie andere Äußerungen des religiösen und weltanschaulichen Lebens.“

Auch die Bundesregierung kennt das Recht auf Muezzinruf. In einer Antwort auf eine Große Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Thema „Islam in Deutschland“ aus dem Jahr 2000 schreibt sie: „Der islamische Gebetsruf als Betätigung einer Glaubensüberzeugung im Sinne der Bekenntnisfreiheit und der freien Religionsausübung wird durch Artikel 4 Abs. 1 und 2 GG geschützt.“

Gegner von Muezzinruf und/oder Glockenläuten argumentieren häufig, dass Religionsfreiheit der Gläubigen dann ein Ende finden müsse, wenn die Religionsfreiheit von Dritten, also zum Beispiel von Anwohnern, gefährdet sei. Doch das ist sie nicht. Entgegen dem landläufigen Verständnis begründet die „negative Religionsfreiheit“ kein Recht darauf, von religiösen Bekundungen unbehelligt zu bleiben. Sie bedeutet lediglich, dass niemand zu religiösen Bekenntnissen oder Praktiken gezwungen werden darf.

Im Kruzifix-Urteil von 1995 urteilte das Bundesverfassungsgericht beispielsweise, der Einzelne habe „in einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gibt, kein Recht darauf, von fremden Glaubensbekundungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen verschont zu bleiben.“

In diesem Sinne wies auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Jahr 2020 eine Klage gegen einen Muezzinruf ab. Die Richterin urteilte damals: „Jede Gesellschaft muss akzeptieren, dass man mitbekommt, das andere ihren Glauben ausleben.“

Politiker, die den Adhan verbieten wollen, ohne auf Kirchenglocken verzichten zu müssen, greifen ohnehin lieber zu einem anderen Argument. Ihnen zufolge passe der muslimische Gebetsruf schlicht nicht zur christlichen Kultur des Landes. Lässt sich diese These juristisch untermauern? Ja. Zumindest wenn man im Jahr 1955 hängengeblieben ist.

In einer aus heutiger Sicht abenteuerlich anmuteten Argumentation urteilte das Bundesverfassungsgericht damals: „Das Grundgesetz hat nicht irgendeine, wie auch immer geartete freie Betätigung des Glaubens schützen wollen, sondern nur diejenige, die sich bei den heutigen Kulturvölkern auf dem Boden gewisser übereinstimmender sittlicher Grundanschauungen im Laufe der geschichtlichen Entwicklung herausgebildet hat.“

Wer nun hofft, das passende Urteil gefunden zu haben, um allen Nicht-Christen ihre Religionsfreiheit abzusprechen, muss leider enttäuscht werden: Die sogenannte Kulturadäquanzklausel wurde von späteren Verfassungsrichtern nie wieder aufgegriffen und spielt heute keine Rolle mehr. Die heutige Rechtsprechung ist eindeutig: Das Grundrecht auf freie Ausübung der Religion gilt für alle Gläubigen gleich welcher Religion.

Trotzdem könne man Glockengeläut und Adhan doch nicht gleichsetzen. Schließlich handelt es sich bei dem einen nur um harmloses Gebimmel, während die anderen ihre Nachbarschaft mit einem religiösen Bekenntnis beschallen. Dieses Argument hat tatsächlich juristische Relevanz. Allerdings zugunsten der Muslime.

Denn gerade der eindeutig religiöse Charakter des Adhan lässt keinen Zweifel daran, dass er unter die Religionsfreiheit fällt. Im Falle von Kirchenglockenläuten unterscheiden Juristinnen hingegen manchmal zwischen liturgischem (wie Gottesdienst, Taufe) und profanem Glockenläuten (Zeitangabe, Sturmwarnung). Nur erstes fällt dieser Argumentation zufolge unter den Schutz der Religionsfreiheit. Andere sehen hingegen jegliches Glockengeläut von der Religionsfreiheit gedeckt. Sie argumentieren: Eine staatliche Unterscheidung zwischen liturgischem und profanem Geläut sei ein unzulässiger Eingriff in die Autonomie der Religionsgemeinschaften.

Grenzenlos ist das Recht auf öffentliche Gebetsrufe in der Bundesrepublik dennoch nicht. Das in der Rechtsprechung häufigste und wirksamste Argument gegen öffentliche Gebetsrufe lautet: Lärmschutz. Zwar stehen Glockengeläut und Muezzin-Rufe unter dem Schutz der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit, unantastbar macht sie das dennoch nicht. Vor allem dann nicht, wenn sie mit anderen Grundrechten kollidieren.

Ein von Kirchenglocken oder „Allahu Akbar“-Rufen täglich aus dem Schlaf gerissener und in Schlafstörungen, Migräne und Depressionen gestürzter Anwohner kann mit gutem Grund auf die Verletzung von Art. 2, Abs. 2 des Grundgesetzes verweisen: das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Der Großteil der Gerichtsverhandlungen zu Kirchenglockenläuten befasst sich tatsächlich mit diesem Konflikt.

Aber auch in diesen Fällen führt die Rechtsprechung nicht zum Verbot von Gebetsrufen. „Praktische Konkordanz“ nennen Juristen das Prinzip, wonach bei kollidierenden Grundrechten stets der Kompromiss gesucht werden sollte. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel: der Muezzin ruft etwas leiser, die Kirchenglocken läuten etwas später. Häufig urteilen Richterinnen aber auch völlig pro Religionsfreiheit und muten Anwohnern Gebetsrufe weit jenseits der örtlich geltenden Lärmschutzbestimmungen zu. Urteile hingegen, in denen ein öffentlicher Gebetsruf zugunsten lärmgeplagter Anwohnerinnen generell untersagt wurde, gibt es nicht.

Was es dennoch leider reichlich gibt, sind Politiker, Journalistinnen und „Experten“, die fordern Muslime die Ausübung ihrer Religionsfreiheit zu verweigern. Auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen sie sich – anders als zum Gebet rufende Muslime – nicht.

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Köln und die ­Konsequenzen

(iz). Nach der Silvesternacht in Köln ist das Vertrauen in Sicherheitsbehörden und Politik erschüttert. Die Verantwortlichen stehen nun unter Zugzwang, das verlorengegangene Vertrauen zurückzugewinnen. Das Jahr 2016 begann gleich mit […]

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