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Erfahrungen von Konvertiten im Ramadan

Erschöpfung Gendern Pronomen qur'an Lebenspraxis Tagesablauf konvertiten

Während des Fastenmonats und allem, was mit ihm verbunden ist, erleben Konvertiten nicht selten Brüche mit dem Rest der Muslime. (MuslimMatters.org). Als neue Muslimin hatte ich zu Beginn einige eher […]

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Frühe Musliminnen in England

Wenig ist bekannt über die Frauen, die in Großbritanniens frühesten muslimischen Gemeinschaften leben. Es gibt aber schon Erkenntnisse zum Leben einiger der ersten Musliminnen des Landes. Von Isla Isser-Owen (iz). […]

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Was macht Salafiten attraktiv?

„Viele Jugendliche sind heutzutage nicht mehr fähig, in einer Gemeinschaft zu agieren. Sie möchten keine lästigen Vorsitzenden, Imame oder irgendwelche Autoritäten ertragen.“ Von Murat Demiryürek (iz). Das Original übt auf […]

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Die Probleme der Konvertiten

„Egal was die Motivation am Ende ist, eine negative Darstellung von ‘Konvertiten’ hat auch den – gewollten oder unbeabsichtigten – Zweck, viele Europäer daran zu hindern, den Din für sich entdecken zu können.“
(iz). Der Begriff „Konvertit“ ist ein Unwort. Und das aus mehreren Gründen. Zunächst einmal ist er sachlich, also von der islamischen Lehre her, falsch. Wie Allah und die muslimische Tradition uns wissen lassen, wird jeder Mensch schon als Muslim geboren. „Nimmt“ er also den Islam an, dann ist das keine neue Sache, sondern Erinnerung und Bezeugung der Tatsache, dass wir alle als Muslime geboren werden. In der Öffentlichkeit schwingt darin, trotz de facto Entchristianisierung, ­etwas vom anti-kirchlichen Verräter mit. In der säkularen Variante wird auch schon mal gerne ein autoritärer Charakter oder ein psychologischer Defekt unterstellt.
Neu ist seit einigen Jahren, dass das Phänomen der salafistischen und dschihadistischen Sekten gerne als vorrangiges Problem von Konvertiten dargestellt wird. Kein Frage, es gibt die Vogels und Laus dieser Republik. Aber es gibt auch die Youssefs, die Abou Nagies und die vielen „Abus“ mit Migrationshintergrund, sodass es falsch wäre, das Problem auf ein bestimmtes Herkunftssegment zu verengen. Und vergessen wird, dass diese Leute ihre ideologische Schulung in der arabischen Welt erhielten beziehungsweise von dort beeinflusst wurden.
Eine muslimische Gemeinschaft, egal auf welcher Ebene, kann nur so gesund sein, wie es ihr gelingt, neue Elemente zu integrieren. Das war Jahrhunderte lang die Norm der muslimischen Geschichte. Alte Kulturen zerfielen, während neue Völker den Din für sich entdeckten. Ein Fakt, der insbesondere von Ibn Khaldun beschrieben wurde. Zieht eine lokale Gemeinde neue Muslime an beziehungsweise Menschen, die solche werden ­wollen, ist das ein gutes Zeichen.
Nun haben wir aber durchaus – was viele Gespräche der Redaktion zeigen – eine Lage, in der dieses Phänomen oft weder angestrebt noch überhaupt verstanden wird. Keine ­Frage, der ­sicherheitspolitische Diskurs und das Schreckensszenario radikalisierter „Konvertiten“ sind ein gefundenes Fressen für eine Effekt erheischende Berichterstattung. Aber nicht nur dort treffen neue Muslime auf ­Barrieren.
Innermuslimisch sind es gerade ethnisch geschlossene Formationen, die trotz sporadischer Übertritte in Mitgliedsmoscheen bisher kein sonderliches Interesse daran zeigten, dass die Menschen durch sie ihren Weg zur Tür des Islam finden. Viel offener sind hier vor allem übernationale Einrichtungen, Projekte, in denen Muslime der dritten Generation tonangebend sind, sowie einige sufische Tariqas, die eine sehr wichtige Rolle bei der Einladung zum Islam im Westen spielen. Anders als beispielsweise in den USA gibt es auch kaum Ansätze, neue Muslime zu sammeln und ihnen eine substanzielle islamische Bildung anzubieten, sodass sie nicht an Rattenfänger geraten. Und dieses Desinteresse verwundert durchaus, weil auf lokaler Ebene „Konvertiten“, insbesondere Frauen, bei unabhängigen Projekten und Einrichtungen eine sehr wichtige Rolle spielen. Die entsprechenden muslimischen Strukturen schneiden sich also ins eigene Fleisch, ihnen entgeht hier wichtiges Potenzial.
Und schließlich gibt es da noch eine kleine Personengruppe, die aus einem kruden Gemisch soziologischer Schlagworte, Ghetto­dünkel und abgefärbtem Ressentiment ein Problem mit „Konvertiten“ haben. Nicht, weil diese Muslime sind, sondern weil sie angeblich als „Weiße“ (einige auch noch als „Männer“) den „Migranten“ ihre kulturelle Identität wegnähmen. Das ist eine der negativen Folgen der multikulturellen Perspektive auf den Din, der so zum Bestandteil einer Nationalkultur gemacht wird.
Egal was die Motivation am Ende ist, eine negative Darstellung von „Konvertiten“ hat auch den – gewollten oder unbeabsichtigten – Zweck, viele Europäer daran zu hindern, den Din für sich entdecken zu können.

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Was braucht es für lebendige Moscheen?

„Und diese eure Gemeinschaft ist eine einheitliche Gemeinschaft, und Ich bin euer Herr. So fürchtet Mich.“ (Al-Muminun, 52) „Du wirst die Gläubigen sehen, wie sie barmherzig miteinander und einander in […]

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Die Latinos werden immer wichtiger, auch unter den Muslimen

Die spanischsprachige Community in den USA nimmt an Umfang und Einfluss immer mehr zu. Obwohl sie als traditionsbewusst und tiefchristlich gilt, sollen bis zu 200.000 ihrer Mitglieder den Weg zum […]

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Was ist mit Da’wa?

(iz). Zu den Nebenwirkungen der heutigen Entwicklung gehört es, dass lautstarke Randgruppen wesentliche Kernkonzepte des Islam in Misskredit bringen und ihre Benutzung unmöglich machen. Dazu zählten der Miss­brauch des „Khalifats“ durch Politsekten, des Tasawwuf durch Pseudo-Sufis sowie der „Scharia“, wenn gewalttätige Männer ihren Bestrafungswunsch auf Wehrlose – vorzugs­weise Frauen und Mädchen – loslassen.
Andere, die durch eine so genannte „Koranvertei­lung“ auf sich aufmerksam machten, ­berufen sich bereits in ihrem Namen auf die ersten, rechtgeleiteten Generationen, die Salaf. Aber eigentlich kann jeder Muslim für sich die Salaf beanspruchen, nicht nur ein kleine Gruppe vermeintlich „Reiner“.
Neben der – sicherlich unbeabsichtigten – Problematisierung des Qur’ans rückte die Da’wa (Einladung zum Islam) ins ­Blickfeld der Aufmerksamkeit. Gerade weil die Mitte, die Mehrheit der praktizierenden Muslime, bisher kein übermäßiges Interesse an der Einladung anderer zum Islam hatte, ­konnten sich hier Randgruppen profilieren. Was aber ist Da’wa? Manche betonen im inter-religiösen Dialog immer wieder, dass der Islam keine Mission kenne.
Aber er kennt durchaus die Einladung zum Islam. Nach Ansicht vieler ist sie eine indi­vi­duelle Verpflichtung (Fard ‘Ain) – entsprechend der Fähigkeit des Einzelnen. Im Qur’an und in der prophetischen Lebens­wei­se finden sich dafür viele Aussagen und Vorbilder.
Allah sagt im Qur’an: „Sprich: Das ist mein Weg: Ich rufe zu Allah aufgrund eines sichtbaren Hinweises, ich und diejenigen, die mir folgen. Preis sei Allah! Und ich gehöre nicht zu den Götzendienern.“ (Jusuf, 108) und „Rufe zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung, und streite mit ihnen in bester Weise.“ (An-Nahl, 125) „Weisheit“ in der Da’wa bedeutet, dass man weiß, wer vor einem steht und dasjenige sagt, was der Person und der Situation an­gemessen ist.
Erinnert sei an den Hinweis des Propheten, „die Sprache der Leute zu ­lernen“ und sich „zu kleiden wie sie“. Angemessen gekleidet zu sein bedeutet übrigens nicht zwingend, sich in ausländische Ge­wänder hüllen zu müssen.
Der Gesandte Allahs, möge Allah ihn ­segnen und ihm Frieden geben, entsandte Mu’adh ibn Dschabal mit den folgenden Worten nach Jemen: „Lade die Menschen zur Bezeugung ein, dass niemand das Recht auf Anbetung hat, außer Allah und dass ich Allahs Gesandter bin. Wenn sie dir in dem folgen, lehre sie, dass Allah ihnen fünf Gebete an jedem Tag und in jeder Nacht [das heißt, binnen 24 Stunden] vorgeschrieben hat. Wenn sie dir darin folgen, lehre sie, dass Allah ihnen die Zahlung der Zakat von ihrem Vermögen zur Pflicht gemacht hat. Sie wird von ihren Wohlhabenden genommen und den Armen gegeben.“
Es gibt nichts nützlicheres für eine Person als dies. Durch ihn wird jede seiner Handlungen, die zuvor zurückgewiesen wurde, angenommen. Und vor ihm liegt eine Ewigkeit bei Allah und keine Ewigkeit im Feuer. Unser Din ist ein Geschenk, dass weitergegeben werden muss. Er ist kein ­Privatbesitz und gehört nicht nur Arabern, Pakistanern oder anderen. Allah sandte Seine Propheten mit dem Islam als Barmherzigkeit für alle Welten. Wären die Vorfahren gebürtiger Muslime nicht zum Islam eingeladen worden, dann würden diese heute weder beten, noch fasten.
Es gibt nichts Besseres als diese Beschäftigung. Der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte: „Dass Allah eine Person durch euch zum Islam führt, ist besser als alles, über was die Sonne aufgegan­gen ist.“ Ibn Kathir interpretierte die Bedeutung: „Besser als all dies zu besitzen und es auf dem Wege Allahs auszugeben.“ Denn nichts in dieser Welt kommt dem gleich, was einer Person die Nächste Welt garantiert.
Als ob dies nicht genug wäre, sagte der Gesandte Allahs: „Wer eine Person zur Rechtleitung aufruft, erhält die Belohnung von jedem, der ihr folgt – ohne dass deren Belohnung in irgendeiner Weise weniger würde.“ Jedes Mal, wenn sie beten, fasten, von ihrem Besitz geben und sich an Allah erinnern, erhält man die gleiche Belohnung wie sie. Wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Aufgabe nur die Vermittlung ist. Die Rechtleitung liegt in den Händen Allahs. Selbst der Prophet konnte trotz allem seinen Onkel Abu Talib nicht zum Islam führen.
Jeder kann Muslim werden!
Muslime glauben an Allah und an Seine Engel, Seine Bücher, Seine Gesandten, an den Jüngsten Tag, die Vorherbestimmung, sei es im guten oder schlechten, und an die Wiederauferstehung nach dem Tode.
Der Prophet, Friede und Segen Allahs seien mit ihm, sagte: „Sagt mir, wenn einer von euch einen Fluss vor seiner Tür hätte und darin fünf mal jeden Tag badete, würde irgendwelcher Schmutz an ihm bleiben? Ihm wurde geantwortet: ‘Nein, kein Schmutz würde bleiben.’ Er fuhr fort: ‘Genauso ist es mit den fünf Gebeten. Durch sie löscht Allah alle falschen Taten aus.’“
Immer häufiger finden Europäer zum Islam – auch heute. Es ist immer wieder bewegend, anwesend zu sein, wenn ein Mensch den Islam annimmt und die Glaubensbezeugung, die Schahada, ausspricht. Auch wenn man dies schon häufiger erlebt hat, ist es immer wieder ein besonders erhebendes Gefühl.
Manchmal wird die Schahada im kleinen Kreis – vielleicht in der Wohnung be­freundeter Muslime – gesprochen, manchmal in einer Moschee. Als neuer Muslim ist man in einer solchen Situation und angesichts einer Entscheidung von einer solchen Tragweite in der Regel überwältigt. Dies setzt sich dann fort, wenn die anwesenden Muslime der Reihe nach dem neuen Mitglied gratulieren, es umarmen und herzlich willkommen heißen.
Im Grunde nimmt man ja keinen neuen Glauben an, zu dem man „konvertiert“, sondern erkennt lediglich die Wirklichkeit an, die man zuvor bedeckt oder verleugnet hat. Im Qur’an heißt es, dass Allah am Beginn der Schöpfung alle Seelen gefragt hat: „Bin Ich nicht euer Herr?“ Und sie antworteten: „Ja, wir bezeugen es.“ Damit wurde gewissermaßen ein Urvertrag geschlossen, der bis zum Ende der Zeit Bestand hat. Man kehrt also zu seinem Ursprung zurück, zum „Din Al-Fitra“.
Die Bestätigung ist einfach und beinhaltet die Akzeptanz der fünf Säulen des Islam, über die man zuvor aufgeklärt wird:
Schahada, zu bezeugen, dass es keine Gottheit außer Allah gibt und dass Muhammad der Gesandte Allahs ist.
Salat, die fünf verordneten täglichen Gebete im notwendigen Zustand der rituellen Reinheit zu verrichten.
Zakat, jährlich ein Vierzigstel des überschüssigen Reichtums zu bezahlen.
Saum, das Fasten, das heißt, sich während des Ramadans allen Essens, Trinkens und des Geschlechtsverkehrs von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang zu enthalten.
Hadsch, die Pilgerreise nach Mekka. Wenn es einem möglich ist, nach Mekka zum Hause Allahs zu reisen, um die überlieferten Riten der Hadsch auszuführen. (Samira Mair & Eigenquellen)

Nur die halbe Wahrheit. Und was folgt daraus? Kommentar von Morad Bouras

(iz). Volker Kauder betont seine Ansichten und tritt in die Fußstapfen des CSU-Manns Friedrich. Jener Innenminister, der wie Kristina Köhler so einige Parolen geschwungen hat und Studien instrumentalisierte, zeigte mit seiner ersten Amtshandlung seine Position und revidierte Wulffs Aussage der Islam gehöre zu Deutschland. Was bedeutet diese Aussage eigentlich und welche Konsequenzen ziehen Schröder, Friedrich und Co. daraus?

Über 4.000.000 Muslime sind in Deutschland zugegen. Davon ist ein großer Teil vor mehreren Generationen zugewandert. Von diesen vier Millionen Muslimen sind etliche in Deutschland geboren und besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft. Mittlerweile zählen auch zahlreiche Deutsche dazu, die ihren alten Glauben ablegten, und den Islam für sich persönlich aussuchten, um so ihr Heil zu finden. Verwerflich?

Kaut Kauder auf einer längst ad acta gelegten Debatte herum, oder versucht er bereits jetzt, Wahlkampf zu machen? In konservativen Kreisen findet diese Parole oft Anklang. Es scheint, als gäbe es nichts Wichtigeres, als eine Meinung zu betonen, die zu begründen auf Wege führt, die allenfalls ins Verderben münden. Wie argumentiert eine Person diese Position? Mit äußeren Merkmalen der Muslime? Mit ihrem Verhalten? Ihrer Bildung? Ihren sprachlichen Fähigkeiten? Ihrer Gewalt, sei sie wenig oder etwas stärker ausgeprägt? Und wenn nun diese Position vertreten wird, welche Schlussfolgerung zieht sie nach sich?

Die Anwesenheit der Muslime in Deutschland begann weit vor 100 Jahren. In Europa seit über 1.000 Jahren. Das sind Fakten, keine Hirngespinste. Im Zuge der Gastarbeiterrekrutierung, in Zeiten in denen man vom Wirtschaftswunder sprach, wurden gezielt ungebildete, aber kräftige Männer aus der Türkei, Griechenland und anderen Ländern angeworben. Natürlich sorgte man sich um sie und bot ihnen eine nette Rückkehrprämie an und fügte Anfang der 1980er hinzu, dass mit der Annahme der Prämie alle Rentenansprüche aufgehoben werden würden. Dass die meisten aus der Türkei stammten und Muslime waren, ist dem Kapitalismus egal. Er funktioniert einfach.

…und was folgt daraus?
Keine Gotteshäuser für Muslime? Keine freie Schul- und Berufswahl? Extra Steuern? Keinen Islamunterricht an Schulen? Wie soll es denn mittel- und langfristig aussehen? Sollen die Parolen, die Instrumentalisierungen der Studien, die Uminterpretation der islamologischen Erkenntnisse so lange vollzogen werden, bis die Muslime selbst verwirrt sind und ihres Selbstbewusstseins beraubt werden? Ist mit Integration tatsächlich Assimilation gemeint? Was will man von den Muslimen und dem Islam? Wieso wird andauernd um den heißen Brei geredet?

Das Herumreiten von Kauder auf dieser Frage kommt zur richtige Zeit. Die Koranverteilung einiger Muslime, denen das Staatsfeindtrikot übergezogen wurde, erregt die Gemüter dieses Landes. Das der „Wachturm“ der Zeugen Jehovas an jeder Straßenecke zu finden ist und einem in die Hand gedrückt wird, wird dabei außer Acht gelassen und gar nicht thematisiert. Traut man den bundesdeutschen Bürgern so wenig zu, als das sie sich selbstbewusst und vernünftig mit einer Weltreligion auseinandersetzen?

Ist Deutschland nicht das Land der Dichter und Denker, das Land der Ingenieurskunst und nicht zuletzt eine Kulturnation? Es scheint als sei das Selbstvertrauen in die geistigen Fähigkeiten der Deutschen verloren gegangen. Die Aussage, „Der Islam gehört zu Deutschland“, ist richtig. Die Aussage, dass die Muslime zu Deutschland gehören ist auch richtig. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Muslime aus Deutschland auswandern, ist gering. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie sanktioniert werden für das was sie sind, scheint zu steigen. Zu Recht?

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Mit seinem Buch „Neo-Moslems“ beschreibt Eren Güvercin das Bild einer neuen Generation. Von Sulaiman Wilms

(iz). Selten schalten sich Deutschlands Muslime hörbar in die Debatte um den Islam ein. Zu sehr sind unsere Repräsentanten durch reaktive, manchmal schwachbrüstige Rhetorik gekennzeichnet. Den wenigen relevanten Stimmen, die es gibt, wird – im Gegensatz zu Randfiguren – nur selten Gehör im Mehrheitsdiskurs geschenkt. Umso höher muss das in den ­nächsten Wochen erscheinende erste Buch des Journalisten Eren Güvercin, „Neo-Moslems: Porträt einer deutschen Generation“, bewertet werden. Es ist mit Sicherheit, zumindest von muslimischer Warte, der wichtigste Titel dieser Saison. In drei Kapiteln widmet sich junge Autor der Generation der „Neo-Moslem“, denkt darüber nach, wer bisher was über den Islam in Deutschland zu sagen hatte (und was das zu bedeuten hat) und führt in die Welt der „Neo-Moslems“ ein. Es ist gut, dass der ­Autor den renommierten Herder-Verlag und einen mutigen ­Lektor fand, der sich dieses wichtigen Textes über die Zukunfts­generation der deutschen Muslime angenommen hat.
Um aufgeregte Reflexe und Kurzschlüsse zu vermeiden, sei erklärt, dass der Autor – wie er im Gespräch mit der IZ mitteilte – mit seinen „Neo-Moslems“ keine neue religiöse Kategorie in die Debatte einführen will. Es geht ihm mit Sicherheit auch nicht um die Wiederbe­lebung des verstorbenen „Euro-Islams“. Seine „Neo-Moslems“ haben mit dem Rest der muslimischen Gemeinschaft die gleichen religiösen Grundlagen gemein. Man könnte auch meinen, dass sie ­näher an der Quelle sind als so mancher, der meint, im Namen des Islam sprechen zu müssen.
Auf 190, recht flotten Seiten beschreibt Güvercin eine Welt jenseits einer multimedialen Arena des professionellen Gewäschs oder der dumpfen Hinterhofwelt. Er begegnet muslimischen und nichtmuslimischen Köpfen, die etwas zu sagen haben. Dabei handelt es sich weder um ethnische Ghetto-Größen, die unver­dient „Respekt“ einfordern, noch um die berühmt-berüchtigten Prediger; die beide nichts zu den anstehenden Problemen unserer Zeit beizutragen haben. Die „Neo-Moslems“ sind – anders als der Titel manchen „Liberalen“ hoffen lässt – in einer nachvollziehbaren, aber spirituell vitalen Glaubenswelt verwurzelt.
Wer sind diese „Neo-Moslems“? Sie sind „die junge Generation der Muslime, die (…) sich eben nicht in die Ethnoecke drängen lassen“, beschreibt der Autor das Objekt seiner Reflexion. „Sie sehen sich in erster Linie als Deutsche, machen aber keinen Hehl daraus, Muslime zu sein.“ Vor allem aber seien sie keine „VIP-Migranten und Berufsmuslime“, die in der Islamdebatte mit einer rechtfertigenden Haltung aufträten.
Eren Güvercin beschreibt die neuen, deutschen Muslime – geborene Muslime und solche Menschen, die sich für den Islam entschieden haben – als Gegenent­wurf zur reaktiven Repräsentanz. Diese Muslime der neuen Generation „reagieren nicht, sondern agieren. (…) Sie sind einfach ein Bestandteil der deutschen ­Gesellschaft. (…) Sie provozieren in beide Richtungen“. Kurz gesagt, eine „Herausforderung“, wie der junge Autor sie beschreibt. Was unterscheidet sie von den üblichen Verdächtigen und trennt ihr Denken vom, immer wiedergekäuten Diskurs? „Sie diskutieren nicht über die Integration und den Islam in Deutschland, sondern machen sich Gedanken über die wirklich relevanten Fragen unserer Zeit, sei es die immer weiter fortschreitende Sozialerosion oder auch ganz aktuell die Auswirkungen der Finanzkrise auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie wenden sich gegen die politisch-korrekten Weichzeichner in den Mainstream-Medien. Die willkürliche Verwendung politischer Labels wie ‘liberal’ oder ‘konservativ’ wird nach ihnen der gesellschaftlichen Realität nicht gerecht.“
Man kann diese „Neo-Moslems“ aber nicht verstehen – zumindest in der Sicht ihres Biografen -, wenn man das Schicksal der „goldenen Generation“ außer Acht lässt. „Man kann sich gar nicht vorstellen, was es für ein Abenteuer für meinen Vater gewesen sein muss, als er in den 60er-Jahren aus seinem Dorf bei Gümüshane aus dem Nordosten der Türkei mit dem überfüllten Zug nach einer anstrengenden Reise in Deutschland ankam“, beschreibt Eren Güvercin diesen Schritt seines Vaters.
Diese „Aufbruchstimmung der ersten Generation“ spüre man immer noch, „wenn sie von dieser Zeit erzählen, von ihren ersten Erfahrungen in Deutschland“. Diese jungen Frauen und Männer ­waren sich nicht zu schade, auch die schwerste Arbeit zu verrichten. „Mein Vater erzählt mit glänzenden Augen von seinen ersten Jahren in Deutschland. Mit einigen Verwandten aus seinem Heimatdorf hat er oft 15 Stunden am Tag hart gearbeitet und in Containern oder Arbeiter­wohnheimen gelebt. Trotzdem erzählen alle mit Nostalgie über die harte, aber glückliche Zeit.“ Besonders die Mütter, „die immer noch oft als unmündige, uniforme Masse von Frauen dargestellt werden“, hätten eine immense Rolle mit ihrem großen Sprachschatz und ihrem hellwachen Geist gespielt.
Der Autor der Generation der „Neo-Moslems“ verweist im ersten Teil des Buches zurecht auf die Bedeutung der deutschen Muslime. Damit meint er aber ausdrücklich nicht „skurrile Konvertiten wie Pierre Vogel“, die durch ihre öffentlichen Aufritte das Bild vom muslimischen Deutschen prägen würden und der seine deutsche Identität abgelegt habe „und eine so genannte ‘islamische Identität’“ angenommen habe.
Für Güvercin spielen sie eine wichtige Rolle für die „Neo-Moslems“, deren Eltern aus der Türkei oder arabischen Welt als Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Sie würden von den Erfahrungen der deutschen Muslimen (denen der Autor das Kapitel „Deutsch-Deutsche Muslime widmet) profitieren, die sich im Laufe ihres Lebens für den Islam entschieden hätten. Oftmals seien sie eher in der Lage, kritisch über bestimmte unheilvolle Entwicklungen in der islamischen Welt zu reflektieren. Es ist für die muslimische Gemeinschaft in Deutschland sicherlich von Nutzen, würden diese – wie Eren Güvercin beschreibt – als Inspiration und Bereicherung wahrgenommen. Bisher sind sie – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht nennenswert in den Rängen des organisierten Islam vertreten.
„Deutsche Muslime revoltieren nicht etwa gegen unser deutsches Erbe, im Guten wie im Schlechten, sie ziehen einfach nur eine andere Quintessenz daraus“, zitiert der Auto den IZ-Herausgeber Abu Bakr Rieger. „Für deutsche Groß-Intellektuelle, die sich gerne gegen ‘Kopftuchmädchen’ und ‘Extremfälle aus dem Milieu’ positionieren, sind wir deutschen Muslime ernst zu nehmende Sparringspartner.“ Vielleicht sei das eben auch der Grund, spekuliert Eren Güvercin, „wieso Freidenker wie Rieger aus der öffentlichen Islamdebatte ausgeschlossen“ ­werden.
Neben dieser Gruppe bezieht sich der junge Autor auf eine „neue kulturelle Avantgarde“ als wichtige Inspira­tionsquelle für die „Neo-Moslems“. Obwohl Migranten lange Zeit ausschließlich als „Gastarbeiter“ angese­hen worden, „gibt es bereits seit drei Generationen Kulturschaffende unter ihnen“. Für den Autor ist dies – neben Künstlern wie Fatih Akin, Neco Celik oder Renan Demirkan – der ­Schriftsteller Feridun Zaimoglu. Zaimoglu, der sich seit Jahren mit relevanten (und deutlichen) Beiträgen an der Islamdebatte beteiligt, gebe vielen „durch seine Texte und Auftritte Selbstbewusstsein“.
Die „Neo-Moslems“ lassen den Leser bis zum Schluss nicht los. Am Ende entwickelt Güvercin die positiven Begriffe der „Gemeinschaft“ und der „Tugend“, die er (in Gesprächen und durch seine Reflexion) im Gegensatz zur (oft virtuellen) „Community“ beziehungsweise zu den „Werten“ sieht. „Die wirkliche, die lebendige Communio [die Gemeinschaft der Gläubigen] – in der Moschee etwas – werden von den diversen Communities unter Druck gesetzt, die ein sehr partielles Heil versprechen und jedem garantiert nicht böse sind, sobald er auf dem Markt der Möglichkeiten sich anders orientiert.“
Die Tugend ihrerseits werde „von den westlichen Wertegemeinschaftlern“ verdächtigt, weil sie immer mit der ­Religion zusammenhänge. „Und vor der haben die ratlosen Europäer eine Angst – deswegen ihre Flucht in die Werte (…).“
Eren Güvercin, Neo-Moslems: Porträt einer deutschen Generation, Herder Verlag, erscheint am 24. April, 200 Seiten, Taschenbuch, ISBN: 978-3451304712, Preis: 14,00 Euro

"IZ-Begegnung" mit dem jungen Autor und Journalisten Eren Güvercin über sein neues Buch und die Lage der Muslime in Deutschland

(iz). Wie ist die Lage der deutschen Muslime? Bisher waren es vor allem Beobachter von Außen, die dazu – mehr oder weniger qualifizierte – Aussagen treffen. Im April erscheint im Herder Verlag „Neo-Moslems. Porträt einer deutschen Generation“. Darin versucht der junge Autor Eren Güver­cin, neue und nach ­vorne weisende Antworten auf offene Fragen zu geben. Ihm geht es insbesondere um selbstbewusste Ansätze, mit denen sich die junge Generation der Muslime konstruktiv und überraschend zu Wort meldet.

Eren Güvercin, geboren 1980 als Sohn türkischer Eltern in Köln, studierte Rechtswissenschaften in Bonn und arbeitet als freier Journalist für verschiedene Hörfunksender und Zeitungen. Er ist Mitinitiator der „Alternativen Islamkonferenz“ und betreibt das Blog erenguevercin.wordpress.com.

Islamische Zeitung: Im April erscheint dein erstes Buch bei Herder („Neo-Moslems. Porträt einer deutschen Generation“). Wer sind diese Neo-Moslems? Musste man für sie extra ein neues Wort erfinden?

Eren Güvercin: Ich bin kein Freund davon, dass man für die Muslime in Deutschland neue Worte erfindet. Im Laufe der Entwicklung des Buches sind wir in der Kooperation mit meinem Lektor auf die „Neo-Muslime“ gestoßen. Er fand den Titel griffig und beim zweiten Nachdenken dachte ich, dass es für den Leser auf jeden Fall spannend sein ­würde.

Bei „Neo-Muslimen“ mag man im ersten Augenblick an Neonazis oder Neoli­beralismus denken. Also Begriffe, die negativ besetzt sind. Es vermittelt aber auch etwas, das neu und frisch ist und sich daher für den Titel eignet. Man muss auch die Seite der Vermarktung im Auge behal­ten, damit potenzielle Käufer angezogen werden. Daher fand ich diesen Titel gut.

Wer die Neo-Muslime sind… (überlegt)… Das sind junge Muslime wie ich, die einen türkischen oder arabischen Hintergrund haben, aber hier geboren und aufgewachsen sind. Sie sind ein ganz natürlicher Bestandteil der deutschen Gesellschaft wie alle anderen auch. Als Neo-Muslime kann man ebenso die größer werdende Anzahl deutscher Muslime sehen, die – aus welchen Gründen auch immer – zum Islam gefunden haben.

Islamische Zeitung: Du hast dich, auch in der IZ, Mitte letzten Jahres an der Liberalismus-Debatte beteiligt. Dabei wendest du dich auch gegen die Etikettierung von Muslimen. Ist das nicht ein Widerspruch zu der Vorstel­lung von „Neo-Muslimen“?

Eren Güvercin: Meine Kritik ­richtete sich an alle Seiten, da mit dem Label „konservativ“ oder „liberal“ Muslime etikettiert werden. Den Vorgang habe ich generell kritisiert; unabhängig davon, wie ich zu „konservativen“ oder „liberalen“ Inhalten stehe. Interessanterweise ­wurde meine Kritik nur von den Repräsentanten eines so genannten „liberalen Islams“ zurückgewiesen. Es gab natürlich auch Gegenstimmen, und diese werden sich jetzt sicherlich auf das Wort „Neo-Muslime“ stürzen und sagen: „Herr ­Güvercin, sie betreiben ja gleichfalls dieses Labeling!“ Da muss man sich aber erst einmal das Buch anschauen und dann bin ich auch für diese Kritik offen. Wenn man das Buch liest, wird klar, dass das keine Etikettierung ist, sondern nur ein Buchtitel. Schließlich urteilen wir über ein Buch ja nicht über den Titel, sondern über den Inhalt.

Islamische Zeitung: In Zeiten des Niedergangs denken Menschen oft mehr darüber nach, was sie sind, als was sie tun – Stichwort „Identitäts-Debatte“. Sind die Neo-Muslime da anders, oder leiden sie an ihrer ­Identität? Haben sie multiple Identitäten?

Eren Güvercin: Multiple Identitäten? Keine Ahnung. Ehrlich gesagt, sind dies Begriffe, die mir nicht viel sagen. Um es einfach zu machen: Ich als junger Muslim, der in Deutschland geboren und aufge­wachsen ist, finde diese ganzen Identitätsdebatten, wonach wir zwischen zwei Kulturen stünden etc., relativ nutzlos und öde. Sie haben mich nie interes­siert. Ich pfeife drauf.

Sie stehen auch nicht im Zentrum meines Buches. Ich versuche, in separaten Themenbereichen Debattenbeiträge zu leisten, bei denen man zu Anfang nicht gedacht hätte, dass hier Muslime etwas zu sagen hätten. Diese ganze Identitätsdebatte läuft schon seit 10 bis 20 Jahren. Wenn es so weitergeht, wird auch in den kommenden 20 Jahren um Identität, Integration und Kulturkampf und was auch immer gestritten. Ich finde die Vorstellung, dass wir armen deutsch-türkischen Muslime zwischen Stühlen sitzen würden, offen gestanden recht langweilig. Das ist auch nicht mein Thema.

Ich denke, wir sollten als Muslime einmal selbstkritisch fragen, ob wir zu ­allen Themen, die in Medien debattiert werden, etwas sagen müssen. Wir sollten vielleicht auch souverän genug sein und entgegnen, dass Identitätskonflikte nicht unser Thema sind. Ich persönlich will dazu keinen Beitrag leisten. Selbst in meiner Jugend war dies nie ein Thema für mich. „Bin ich ein Türke? Bin ich ein Deutscher?“ Das hat mich nie wirklich interessiert.

Islamische Zeitung: Es gibt viele neue Projekte – innerhalb wie außerhalb der bestehenden Strukturen – dieser neuen Generation. Ist sie für dich der Motor von Veränderung?

Eren Güvercin: (überlegt)… Es gibt natürlich gerade unter den jungen Muslimen viele verschiedene Initiativen. ­Seien es die Zahnräder, Internet-Communities, Cube-Mag etc. Ich finde es grundsätzlich positiv, dass Jugendliche aus verschiedenen Hintergründen, Vereinen und Verbänden zusammenkommen und etwas gemeinsam machen. Aber diese Projekte haben mich offen gestanden nie so angesprochen, dass ich 100-prozentig dahinter stehen würde.

Die meisten beschäftigen sich immer mit den selben Dingen. Oft handelt es sich dabei um eine Reaktion auf Debatten, die uns von der Gesellschaft vorgesetzt werden. Es ist selten der Fall, dass junge Muslime eigene Themen setzen und auch einmal das Bild der Muslime in Deutschland brechen. Die ­Generation unserer Eltern konnte das nicht, weil sie aus einem ganz anderen Milieu kam und einen anderen Erfahrungshorizont hatte. Meine Eltern sind damals Ende der 1960er Jahre aus einem anatolischen Dorf direkt nach Deutschland gekommen. Sie hatten keinerlei Sprachkenntnisse, haben aber das Beste aus ihrer Situ­ation gemacht. Sie haben alles für uns getan. Selbst wenn meine Mutter eine Analphabetin ist, hat sie darum gekämpft, dass ihre Kinder die beste Bildung ­bekommen.

Es liegt jetzt an uns, gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen und voranzukommen und auch von uns aus der Gesellschaft etwas anzubieten. Ich ­finde, dass viele junge Muslime auf ihre Situation nur reagieren, als dass sie agieren würden und aus einer Position der ­Stärke vielleicht auch zu anderen als den medi­al inszenierten Themen Stellung ­beziehen würden.

Islamische Zeitung: Aus welchen Gründen auch immer haben wir einen Dschungel multipler Identitäten und Lebensentwürfe – auch unter den Muslimen. Sie sind – anders als die so genannten liberalen Kritiker – keine homogene Masse. Wie lassen sich für die Muslime im Dschungel dieser Meinungen verbindliche Positionen formulieren? Können wir verhindern, dass das ganze in Bedeutungslosigkeit abgleitet?

Eren Güvercin: Egal, welcher Strömung man angehört, gibt es immer viele gemeinsame Nenner. Entscheidend ist, dass man nicht nur zwischen Gleichgesinnten in seinem eigenen Ghetto lebt. Wir müssen aus unserem eigenen Milieu heraustreten und uns mit anderen Muslimen treffen. Ungeachtet der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verband oder zu einer spezifischen Initiative lassen sich immer verbindliche Elemente finden.

Betrachten wir die Debatte der letzten Monate zwischen so genannten „konser­vativen“ und „liberalen“ Muslimen. Würden sich die Vertreter beider Positionen wirklich begegnen, ließen sich Punkte formulieren, die sich als gemeinsame Ansichten herauskristallisieren.

Ich halte nichts von diesen künstlichen Gräben – seien es die zwischen verbands­gebundenen und ungebundenen Muslimen. Obwohl ich selbst nie Mitglied gewesen bin und die Verbände mich persönlich auch nicht ansprechen, sehe ich bei der Begegnung mit Mitgliedern von Milli Görüs oder anderen großen Verbänden schon, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben. Selbst die Mitglieder eines bestimmten Verbandes sind in sich überhaupt keine homogene Masse. Es wäre beispielsweise bei der Milli Görüs unfair zu behaupten, alle ihre Mitglieder seien konservativ oder sonst was. Selbst innerhalb der „liberalen“ Muslime wird man solche finden, die teilweise konserva­tive Ansichten haben. Die Welt ist nicht so schwarz-weiß, wie wir sie uns gerne zeichnen würden. Daher ist die inflatio­näre Verwendung der Labels „konserva­tiv“ und „liberal“, um sich von den ­jewei­lig anderen abzugrenzen, eine reine Kampfrhetorik. Inhaltlich steckt da kaum was dahinter.

Islamische Zeitung: Braucht es dafür nicht Pole der Autorität, die in dieser Vielfalt Prioritäten setzen? Oft werden die unwichtigsten Fragen – wie das Binden des Kopftuchs – auf die gleiche Stufe mit den wichtigsten – wie der Zakat – gestellt. Man gewinnt den Eindruck, dass das vertikale Wissens des Islam durch die neuen Organisations­formen nivelliert wird.

Eren Güvercin: In der islamischen Geschichte übernahmen diese Funktionen immer die Gelehrten. Viele jungen Muslime beschäftigen sich mit ihrem Din. Kommt es dann zu Fragen, ist das Inter­net die erste Instanz, der sie sich zuwen­den. Zuerst wird einmal „Schaikh Google“ konsultiert, anstatt zuerst zu einem Imam des Vertrauens zu gehen. Daher ist es umso wichtiger in unserer Zeit, dass die dafür ausgebildeten Personen mit solchen Fragen konfrontiert werden.

Niemand kann behaupten, dass alle Imame in Deutschland des Deutschen nicht mächtig wären oder in einer Paral­lelgesellschaft lebten. Es gibt genau so viele Imame, die wissen, wie das Leben in Deutschland ist und die die ­Probleme der Jugendlichen kennen. Man sollte sie aber auch ansprechen.

Islamische Zeitung: Nach mehr als einem Jahrzehnt Internet, soziale Netzwerke und digitaler Endgeräte; haben sich die traditionellen Formen und Denkregeln irreversibel geändert – Stichwort „Schaikh Google“ – oder finden die jungen Muslime einfach nicht die passenden Imame, denen sie sich zuwenden können?

Eren Güvercin: Natürlich gibt es ­dieses Problem, aber es gibt gleichermaßen immer mehr junge Muslime, die sich von den traditionellen Gemeinden dis­tanzie­ren. Sie bauen eigene, quasi gemein­schaftliche Strukturen auf. Natürlich kann man auf das Wochenendtreffen ­einer Jugendorganisation gehen und dort ein schönes Wochenende haben. Aber eine Moschee vor Ort, wo man zumindest zum Freitagsgebet hingeht und eine gemeinschaftliche Realität hat, ist eine andere Sache. Das ist ein Punkt, der defi­nitiv unter jungen Muslimen thematisiert werden sollte.

Das ist halt Fluch und Segen der Technik. Ich will nicht alles verteufeln, aber Muslimen sollte bewusst sein, dass – egal, welche Technik das ist – es auch einen Einfluss auf ihren Alltag hat. Es braucht hier eine kritische Distanz, oder besser gesagt einen gelasseneren Umgang mit der Technik.

Islamische Zeitung: Glaubst Du, dass einer deiner archetypischen Neo-Muslime, deren muslimische Identität nicht unerheblich durch Twitter, Facebook und das Internet geprägt wird, überhaupt noch in der Lage ist, so etwas wie die traditionelle Wissens­aneignung zu verstehen?

Eren Güvercin: Das Problem ist, dass sie es nicht kennen. Würden sie es kennenlernen, würden sie es definitiv schätzen. Ich glaube, sie versuchen sich aus dieser Unkenntnis heraus im Internet eine alternative Sicht zu suchen. Ich habe einen Zugang dazu, aber viele andere im meinem Umfeld haben es nicht. Könnten sie den qualitativen Unterschied erkennen, würden sie verstehen, dass das Internet kein authentisches Wissen ­bietet, sondern bloße Information. Die ­direkte Wissensvermittlung ist etwas ganz ande­res als die bloße Vermittlung von Information über das Internet etwa.

Die großen muslimischen Organisatio­nen, welche die Ressourcen dazu haben, sind in der Verantwortung, die muslimischen Jugendlichen auch mit diesem Wissen in Verbindung zu bringen. Wenn sie nicht dazu in der Lage sind, haben sie versagt.

Islamische Zeitung: Gelegentlich hat man das Gefühl, dass allen neuen Ansätze – von den „liberalen Muslimen“ bis zu den „Neo-Salafiten“ – die Herzenswärme und der Stallgeruch der alten Hadschis fehlt, die noch eine innere Verbindung zum Propheten und zu Medina haben. Das ganze wirkt manchmal etwas steril. Teilst du ­diese Erfahrung und brauchen wir dazu nicht ironischerweise „alte“ ­Elemente wie die Futuwwa?

Eren Güvercin: Im ersten Kapitel meines Buches würdige ich die erste Generation meiner Eltern, die hier alles aufgebaut hat. Ich habe sie als die „goldene Generation“ bezeichnet – ganz besonders die Frauen. Sie haben ganz viel ­geleistet. Gerade durch die einfache Spiritualität der anatolischen Bauern haben sie uns ganz viel vermittelt. Das können nur die wissen, die das auch erfahren haben. Was uns meine Eltern an Spiritualität ­gegeben haben, findet man an keiner Universität, auf keinem Wochenendtreffen, in kei­nem Iman-Seminar oder sonst irgend­wo. Ich glaube, dass wir als junge Muslime, die in Deutschland geboren wurden, glauben: „Wir sind fortschrittlich und haben in Europa eine gute Bildung genossen.“ Ich denke, dass wir langsam merken, was wir an unseren alten ­Leuten haben. Es ist genau diese ­Herzenswärme, die sie uns in den Hinterhofmoscheen vermittelt haben. Heute haben wir neue, repräsentative Moscheebauten, aber wenn die Spiritualität fehlt, dann nutzt auch das schönste Gebäude nichts. Es waren Menschen, die nicht viel zu reden brauchten, um echtes Wissen zu vermitteln. Auch in der gesellschaftlichen Debatte kommt die Wertschätzung der ganzen Gastarbeiter-Generation viel zu kurz.

Islamische Zeitung: Nehmen wir dein Buch als Ausgangsbasis; was wäre die Quintessenz, aus der man neue Sachen entwickeln könnte?

Eren Güvercin: Gegen Ende gehe ich auf meine Idee einer alternativen Islamkonferenz ein. Für manche mag das eine Provokation sein, weil man glauben könnte, dass es sich dabei um ein Konkurrenzprodukt zur DIK handelt. Die ihr zugrunde liegende Idee ist, dass bei einer wirklichen innermuslimischen Begegnung auf Augenhöhe womöglich vorher da gewesene Differenzen sich erfahrungsgemäß von selbst auflösen werden. Ich versuche mit Unterstützung von Feri­dun Zaimoglu, alle relevanten Muslime zusammenzubringen – konservativ oder liberal, organisiert oder unorganisiert. Wir sollten miteinander, statt übereinan­der reden. Es geht nicht um die Gründung einer Über-Organisation, sondern das einzige Ziel ist, dass sich die verschie­denen Muslime begegnen, sich austauschen und meinetwegen auch sich streiten. Das ist bisher niemals der Fall gewesen. Bisher kamen die Muslime nur auf Einladung seitens Dritter zusammen, wo es aber niemals ein Gespräch auf Augenhöhe gab.

Islamische Zeitung: Das scheint ja einer der Punkte zu sein, an dem du dich mit Lamya Kaddor triffst, die im letzten Monat einen „Muslimtag“ ­vorschlug…

Eren Güvercin: Die Idee stammt ja von Abdul-Ahmad Rashid, dem ZDF-Redakteur vom „Forum am Freitag“, den ich sehr schätze. Ich finde den Vorschlag auch gut, nur handelt es sich dabei um etwas anderes. Seine Idee ist die Organisation eines öffentlichen Events nach dem Vorbild des Kirchentags.

Ich finde solch ein Vorhaben wichtig und würde so etwas auch sofort unterstützen. Es geht mir bei der Alternativen Islamkonferenz aber um eine Debatte unter den Muslimen, bei der über alles gesprochen werden kann – meiner Meinung auch gerne hitzig. Um diese Offen­heit zu gewährleisten, braucht es einen geschützten Raum. Es muss auch Zonen geben, in denen die Muslime untereinan­der sein können. Dialogveranstaltungen haben wir meiner Meinung nach genug gehabt in den letzten Jahren. Warum soll es nicht auch einmal einen wirklichen Dialog unter Muslimen geben?

Islamische Zeitung: Lieber Eren, vielen Dank für das Gespräch.