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Iran holt „Sittenwächter“ zurück

sittenwächter

Sittenwächter: Irans Metropolen haben sich seit den massiven Protesten im vergangenen Herbst verändert. Viele Frauen widersetzen sich inzwischen der Pflicht zum Tragen eines Kopftuchs. Der Staat reaktiviert nun die berüchtigte Einheit.

Teheran (dpa). Im Iran kehren zur Kontrolle der Kopftuchpflicht die berüchtigten Sittenwächter auf die Straßen zurück. Im ganzen Land sollen Einheiten der Moralpolizei nun mit Patrouillen zu Fuß und in Fahrzeugen wieder gegen Verstöße vorgehen, berichtete die Nachrichtenagentur Isna am Sonntag unter Berufung auf einen Sprecher der Polizei.

Sittenwächter: Monatelang waren sie irrelevant

In den vergangenen Monaten ignorierten in dem Land mit fast 90 Millionen Einwohnern viele Frauen die islamischen Kleidungsregeln – auch als Zeichen des stillen Protests.

Nach den Demonstrationen gegen die politische und religiöse Führung im vergangenen Herbst waren die berüchtigten Einheiten von den Straßen der Metropolen verschwunden. Zwischenzeitlich deutete die Justiz sogar die Auflösung der Moralpolizei an.

Iran

Foto: sharafmaksumov, Adobe Stock

Auslöser der Proteste war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022. Die junge Frau starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen Verstoßes gegen die Kleidungsvorschriften festgenommen worden war.

Der Sicherheitsapparat ließ die dann aufkommenden Proteste brutal niederschlagen und sieben Demonstranten hinrichten. Tausende wurden festgenommen. Die Führung ließ zudem einen Gesetzentwurf ausarbeiten, über den das Parlament in Kürze abstimmen soll.

Das Gesetz sieht neue und harte Strafen bei Verstößen gegen die Kopftuchpflicht vor – zunächst mehrfache Verwarnungen, etwa per SMS. Dann drohen Geldbußen, Berufsverbote und in Extremfällen sogar Gefängnis.

Zur Kontrolle soll vor allem Überwachungstechnik zum Einsatz kommen. Auch online veröffentlichte Fotos, auf denen Frauen ohne Kopftuch zu sehen sind, sollen Konsequenzen haben. Restaurants, Museen oder Einkaufspassagen müssen mit Schließung rechnen, wenn dort gegen die Pflicht zum Verhüllen der Haare verstoßen wird.

Foto: Hamed Malekpour, Tasnim News Agency, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 4.0

Die Konservativen schlagen zurück

Das Gesetz wird seit Monaten kontrovers diskutiert und von vielen Seiten kritisiert. Einflussreiche Konservative fordern noch härtere Strafen.

„Islamische Kleidungsregeln“ seien eine religiöse Pflicht und Verstöße dagegen keine Ordnungswidrigkeit. Politiker aus dem Reformlager hingegen forderten Lockerungen als Antwort auf die gesellschaftlichen Umbrüche.

Unterdessen wurde ein Schauspieler nach Kritik an der gewaltsamen Durchsetzung der Kopftuchpflicht festgenommen. Der Schauspieler Mohammed Sadeghi hatte ein Video veröffentlicht, in dem er das gewaltsame Vorgehen gegen Frauen kritisierte, die sich nicht an die Kleidervorschriften halten.

Seit mehr als 40 Jahren gilt im Iran die Kopftuchpflicht infolge der Islamischen Revolution. Schon vor Jahrzehnten demonstrierten zahlreiche Frauen dagegen. Die Kopftuchpflicht gilt als eine der ideologischen Grundsäulen der Islamischen Republik. Auch deshalb gilt eine Lockerung oder Abschaffung als unwahrscheinlich.

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Berlin und das Kopftuch – alles andere als neutral

Kopftuch Berlin Schule

Welchen Ausgang der Streit um Kopftuch und Neutralitätsgesetz in Berlin nimmt, hängt von einer künftigen Koalition ab. (iz). Am 12. Februar wurde in Berlin – dieses Mal mit weniger Fehlern […]

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Berlin: Welche Themen beschäftigten die Muslime 2022?

Berlin Rassismus Plakate Neukölln

Berliner MuslimInnen haben als Bürger mit den gleichen Aufgaben wie der Rest zu kämpfen. Die Stadt an der Spree stöhnt unter Rekordmieten, knappem Wohnraum, Parkplatzmangel, einer scheinbar überforderten Verwaltung und […]

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Berliner Parteien uneins über Neutralitätsgesetz

Neutralitätsgesetz Berlin Kopftuch

Nach der erfolglosen Verfassungsbeschwerde des Landes Berlin werden die Forderungen nach einer Novellierung seines Neutralitätsgesetzes lauter.

Berlin (KNA). Uneins sind die Positionen in der Landespolitik darüber, wie sehr eine Neuregelung etwa muslimische Lehrerinnen beim Tragen eines Kopftuchs einschränken darf. Die kirchenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Cornelia Seibeld, wertete die Entschluss des Bundesverfassungsgerichts am Donnerstag „als klaren Auftrag, dieses Gesetz so fortzuentwickeln, dass es rechtssicher wird“. Der religionspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Orkan Özdemir, verwies auf die Vereinbarung im Koalitionsvertrag mit Grünen und Linkspartei, das Gesetz in Abhängigkeit von der Rechtsprechung in Karlsruhe anzupassen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen. Damit bleibt es bei einem Urteil des höchsten deutschen Verfassungsgerichts von 2015, dass solche Verbote religiöser Symbole im Bildungsbereich nur dann zulässig sind, wenn der Schulfrieden konkret gefährdet ist.

Seibeld betonte zugleich, dass die CDU weiter zum Ziel des bestehenden Neutralitätsgesetzes stehe. „Es kann nicht geduldet werden, wenn religiöse Symbole wie das islamische Kopftuch in staatlichen Einrichtungen demonstrativ zur Schau gestellt werden. Das würde den Frieden und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gefährden“, so die CDU-Sprecherin. Auch die AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker forderte eine rechtlich einwandfreie Möglichkeit, „das Neutralitätsgesetz zu erhalten und Schüler vor religiöser Indoktrination zu bewahren“.

Die Sprecherin für Antidiskriminierung der Grünen-Fraktion, Tuba Bozkurt, erklärte, nach dem Entschluss des Bundesverfassungsgerichts gebe es „eine große Erleichterung in religiösen Communitys“. Sie rief dazu auf, die rechtlichen Konsequenzen so schnell wie möglich zu ziehen.

Auch die Sprecherin für Antidiskriminierung der Linksfraktion, Elif Eralp, verlangte, die Vorschriften des Neutralitätsgesetzes für das Lehrpersonal sofort abzuschaffen. Die Schulen müssten ihre weltanschaulich-religiöse Neutralität durch „pädagogische Maßnahmen jenseits von Bekleidungsvorschriften sicherstellen“.

Auch der Zentralrat der Muslime kritisierte das bestehende Neutralitätsgesetz scharf. „Es infiltriert verfassungswidrige und gegenüber den muslimischen Frauen diskriminierende Elemente mit ein, die neben der Religionsfreiheit auch das Selbstbestimmungsrecht der Frau untergraben“, so der Zentralrats-Vorsitzende Aiman Mazyek.

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Neutralitätsgesetz: Berlin erfolglos mit Verfassungsbeschwerde zum Kopftuch

Karlsruhe/Berlin (KNA). Muslimischen Lehrerinnen in Berlin darf nicht pauschal das Tragen von Kopftüchern verboten werden. Das Bundesverfassungsgericht nahm eine Verfassungsbeschwerde des Landes gegen ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Kopftuchverbot „ohne Begründung nicht zur Entscheidung an“. Dies teilte das Gericht am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Entsprechend muss nun das Berliner Neutralitätsgesetz geändert werden.

Das höchste deutsche Arbeitsgericht in Erfurt hatte am 27. August 2020 das Berliner Gesetz mit Verweis auf die Religionsfreiheit für grundgesetzwidrig erklärt. Das Land reichte dagegen im Februar 2021 eine Verfassungsbeschwerde ein.

Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags im November 2021 kündigte die Grünen-Politikerin Bettina Jarasch, derzeit Berliner Bürgermeisterin und Umweltsenatorin, eine Änderung des Neutralitätsgesetzes an, falls das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung von 2015 bleibe. Karlsruhe hatte damals entschieden, dass solche Verbote im Bildungsbereich nur zulässig sind, wenn der Schulfrieden konkret gefährdet ist.

Das seit 2005 geltende Neutralitätsgesetz ist die in Deutschland weitestgehende Regelung. Unter Verweis auf die Neutralität des Staates untersagt sie bestimmten staatlichen Beschäftigten im Dienst auffällige religiöse und weltanschauliche Symbole und Kleidung. Unter welchen politischen Verhältnissen das Gesetz nun geändert werden kann, ergibt sich erst nach der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhauses am 12. Februar.

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Erdoǧan will per Verfassungsänderung das Kopftuchtragen schützen

Istanbul (dpa). Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoǧan will das Recht auf Kopftuchtragen mit Hilfe der Opposition in der Verfassung verankern. „Lasst uns eine Lösung auf der Verfassungsebene finden, nicht auf der gesetzlichen“, sagte Erdoǧan am Mittwoch in Ankara bei einer Versammlung seiner islamisch-konservativen AK-Partei.

Zuvor hatte der türkische Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu einen Gesetzesentwurf dem Parlament vorgelegt, der das Recht auf Kopftuchtragen in öffentlichen Behörden und Einrichtungen garantieren soll. Es sollen demnach Frauen bei ihrer Kleiderwahl nicht in ihren Grundrechten eingeschränkt werden.

Der Text, der dem Parlament vorgelegt wurde, sei weit davon entfernt, das Problem in all seinen Dimensionen zu erfassen, kritisierte Erdogan. Das Staatsoberhaupt warf der Opposition „Heuchelei“ vor, weil es in der Vergangenheit das Verdienst seiner Regierungspartei gewesen sei, solche Rechte zu sichern. Die AKP, die seit 2002 an der Macht ist, hatte ein Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen schrittweise aufgehoben.

Kılıçdaroğlu überraschte mit seiner Initiative, weil seine Partei, die sozialdemokratische CHP, traditionell die Trennung zwischen Staat und religiösen Institutionen (Säkularismus) als eine der Grundfesten der türkischen Republik hochhält. Beobachter gehen davon aus, dass der Oppositionsführer Wähler aus dem traditionellen Milieu Erdogans für seine Partei gewinnen möchte. Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sind für den kommenden Juni angesetzt. Der Wahlkampf nimmt zunehmend Fahrt auf.

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Berlin: Expertenkommission gegen antimuslimischen Rassismus fordert Abschaffung des Neutralitätsgesetzes

Berlin (KNA). Eine Expertenkommission gegen antimuslimischen Rassismus fordert laut einem Medienbericht die Abschaffung des Neutralitätsgesetzes in Berlin. Das Gesetz sei eine „systematische und institutionalisierte Diskriminierung gegenüber Frauen mit Kopftuch“ und damit ein Beispiel für die „institutionelle und strukturelle Praxis des antimuslimischen Rassismus“, schreibt die Kommission in ihrem Abschlussbericht, wie der rbb am Donnerstag berichtete.

Das Berliner Neutralitätsgesetz gilt seit 2005 und verbietet weitgehend das Tragen religiöser Symbole in Teilen des Öffentlichen Dienstes, vor allem in der Justiz und im Bildungswesen. Es ist die in Deutschland weitestgehende Regelung auf diesem Gebiet. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte das pauschale Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen 2020 für verfassungswidrig erklärt. Dagegen reichte das Land Berlin eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein, über die Karlsruhe noch nicht entschieden hat.

Die „Expertenkommission antimuslimischer Rassismus“ wurde 2021 als Reaktion auf den Terroranschlag in Hanau eingesetzt. Sie übergibt an diesem Donnerstag die Handlungsempfehlungen an den Senat als Auftraggeber. Sie sollen demnach auf der Website der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung veröffentlicht werden. „Der Berliner Senat wird sich mit den Empfehlungen befassen und sie in die Weiterentwicklung seiner Präventions-Maßnahmen einbeziehen“, erklärte die Senatorin für Antidiskriminierung, Lena Kreck (Linke).

An der Expertenkommission beteiligt waren Vertreter der Evangelischen Hochschule Berlin, der Alice Salomon Hochschule, der Schule ohne Rassismus-Schule mit Courage, des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung sowie Delegierte des „Islamforum Berlin“.

Weiter beklagen die Kommissionsmitglieder in dem Bericht laut rbb, dass bei der Aufnahme von Straftaten durch die Polizei antimuslimische Motive zu oft übersehen, nicht verstanden oder ignoriert würden. Zudem betrachtet die Kommission die Arbeit des Verfassungsschutzes kritisch. Die Beobachtung von muslimischen Personen und Organisationen durch die Behörde komme dabei häufig einer Vorverurteilung gleich, heißt es. Entsprechend solle ein „Sonderbeauftragter für Rassismuskritik“ im Verfassungsschutz installiert werden.

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Berliner Koalition will Neutralitätsgesetz von Urteil abhängig machen

Berlin (KNA). Die Berliner rot-grün-rote Koalition will den Bestand des geltenden Neutralitätsgesetzes von einem noch ausstehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts abhängig machen. Man wolle abwarten, „was dabei rauskommt und diese Rechtsprechung dann entsprechend umsetzen“, sagte Grünen-Politikerin Bettina Jarasch am Montag bei der Vorstellung des neuen Koalitionsvertrags in Berlin. Darin heißt es: „Die Koalition passt das Berliner Neutralitätsgesetz in Abhängigkeit von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an.“

Falls das Verfassunggerichtsurteil die Entscheidung von 2015 zum Thema Kopftuch bei Lehrerinnen fortschreibe, solle das Berliner Neutralitätsgesetz geändert werden, so Jarasch. „Dann kann es kein pauschales Kopftuchverbot von Lehrkräften im Schuldienst geben.“ Wenn das Verfassungsgericht zu einer anderen Entscheidung komme, bleibe das Neutralitätsgesetz bestehen.

Das höchste deutsche Arbeitsgericht in Erfurt hatte das pauschale Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen, wie es nach dem Neutralitätsgesetz in Berlin gefordert ist, vergangenes Jahr für verfassungswidrig erklärt. Dagegen reichte das Land Berlin im Februar eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein, über die Karlsruhe noch nicht entschieden hat.

Das seit 2005 geltende Gesetz ist die in Deutschland weitestgehende Regelung auf diesem Gebiet. Sie untersagt bestimmten staatlichen Beschäftigten im Dienst auffällige religiöse und weltanschauliche Symbole und Kleidung. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2015 entschieden, dass solche Verbote im Bildungsbereich nur dann zulässig sind, wenn der Schulfrieden konkret gefährdet ist.

Bei der SPD und den Grünen müssen im Dezember noch Parteitage über den Entwurf des Koalitionsvertrages abstimmen. Die Linke startet einen Mitgliederentscheid, der bis zum 17. Dezember dauern soll.

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Anti-Kopftuch-Front ist breit aufgestellt

Neutralitätsgesetz Berlin Kopftuch

(ndo). Die Vorbehalte gegenüber Muslim*innen sind erschreckend hoch. Rund die Hälfte der Menschen stimmt der Aussage zu: „Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im […]

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Verbote nur unter Auflagen. EuGH-Urteil stärkt Arbeitgeber

Der Europäische Gerichtshof erlaubt erneut ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz. Allerdings setzt er Arbeitgebern hohe Hürden – und legt Wert auf die Gleichberechtigung des Islam mit anderen Religionen.

(KNA). Einmal mehr hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) über das islamische Kopftuch geurteilt und wieder lässt die Entscheidung Spielraum auf nationaler Ebene. Wie die Luxemburger Richter verkündeten, dürfen Unternehmen das Tragen jeglicher politischer, weltanschaulicher oder religiöser Zeichen untersagen, um vor den Kunden Neutralität zu wahren oder soziale Konflikte zu vermeiden. Allerdings dürften dann überhaupt keine sichtbaren religiösen Zeichen erlaubt sein, weder kleine wie ein Kreuzanhänger noch größere wie die jüdische Kippa. Ein Verbot muss dadurch begründet sein, dass dem Unternehmen ansonsten Nachteile entstehen.

Das Gericht stärkt also einerseits das Recht von Arbeitgebern, bindet es aber an Voraussetzungen, die neues Streitpotenzial bergen können. So müssen Unternehmen nachweisen, welche Schäden ihnen durch kopftuchtragende Mitarbeiterinnen drohen. Zentral stufen die Juristen die Rechte und Erwartungen der Kunden ein. Dazu zähle etwa der Wunsch von Eltern, dass ihr Nachwuchs von Personen beaufsichtigt wird, „die im Kontakt mit den Kindern nicht ihre Religion oder Weltanschauung zum Ausdruck bringen“.

Insgesamt setzt das Urteil auf strikte Gleichberechtigung. Während der Generalanwalt am EuGH in seinen Schlussanträgen im Februar noch empfahl, kleine religiöse Zeichen am Arbeitsplatz zu erlauben, die „nicht auf den ersten Blick bemerkt werden“, also etwa das Kreuz an der Halskette, bestehen die EU-Richter auf einem „alles oder nichts“. Denn wer nur die deutlich sichtbaren Symbole wie das Kopftuch verbiete, diskriminiere Menschen, die sich aus religiösen Gründen zum Tragen verpflichtet fühlen. Damit bestätigte das Gericht weitgehend sein erstes arbeitsrechtliches Kopftuchurteil aus dem Jahr 2017.

Im jetzigen Fall hatten sich das Bundesarbeitsgericht in Erfurt und das Arbeitsgericht Hamburg an den EuGH gewandt. Anlass waren die Klagen zweier muslimischer Frauen, die mit Kopftuch in einer weltanschaulich neutralen Kita beziehungsweise in einem Drogeriemarkt arbeiten wollten. Die Arbeitgeber untersagten das. Die Kita verbietet mit einer Dienstanweisung sichtbare Zeichen politischer, weltanschaulicher und religiöser Überzeugung. Der Drogeriemarkt beruft sich auf ein solches Verbot in der Kleiderordnung.

Gerichtsverfahren um das islamische Kopftuch sind inzwischen Routine vor höchsten Instanzen. Meist ging es jedoch um die Frage, ob der Schleier im staatlich-öffentlichen Raum sichtbar sein darf. Das betrifft vor allem Lehrerinnen an staatlichen Schulen. Das Recht auf Religionsfreiheit kollidiert hier mit dem Neutralitätsgebot des Staates. 2015 entschied das Bundesverfassungsgericht zugunsten der religiösen Selbstbestimmung und lehnte ein pauschales Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen ab. Seither trafen die Bundesländer sehr unterschiedliche Regelungen.

Im gleichen Jahr urteilte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof, dass französische Staatsbedienstete während der Arbeit kein Kopftuch tragen dürfen. Allerdings ist die Trennung von Staat und Religion im laizistischen Frankreich noch strenger geregelt als in Deutschland.

Für Kontroversen sorgt das Kopftuch in vielen europäischen Ländern, als sichtbarstes Zeichen für die wachsende Präsenz von Muslimen auf dem Kontinent. Während die einen in der Debatte auf die Religionsfreiheit pochen, sehen nicht nur rechtspopulistische Kritiker den Schleier als Symbol der Frauendiskriminierung, wenn nicht als „Flagge des politischen Islam“. Der EuGH lässt gemäß seiner Neutralitätspflicht jede gesellschaftspolitische Bewertung des Kopftuchs außen vor, indem er den Schleier schlicht als religiöses Symbol wie jedes andere auffasst. Außerdem betont das Urteil, dass nationale Gerichte schärfere Vorschriften der Mitgliedsstaaten zum Schutz der Religionsfreiheit berücksichtigen können.