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Deutschland und Malaysia wollen enger kooperieren

Malaysia Steinmeier Staatsbesuch

Bundespräsident Steinmeier wird in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur mit großem Zeremoniell empfangen. Beide Seiten betonen die Gemeinsamkeiten – die sie noch vertiefen wollen.

Kuala Lumpur (dpa). Deutschland und das südostasiatische Malaysia wollen ihre Beziehungen wirtschaftlich und politisch weiter ausbauen. Das haben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Premierminister Anwar Ibrahim am Freitag nach einem Gespräch in der Hauptstadt Kuala Lumpur bekräftigt. Steinmeier machte deutlich, dass Malaysia der deutschen Wirtschaft dabei helfen könne, einseitige Abhängigkeiten etwa von China zu verringern.

Malaysia als Alternative zu China?

„Ich bin sicher, dass Malaysia einer der Standorte sein wird, von denen aus deutsche Unternehmen ihre Diversifizierungsstrategie weiter voranbringen“, sagte Steinmeier. Ibrahim nannte den Besuch ein wichtiges Signal für den Ausbau der bilateralen Beziehungen.

Steinmeier hält sich seit Donnerstag zusammen mit seiner Frau Elke Büdenbender zu einem Staatsbesuch in dem überwiegend muslimisch geprägten Land mit knapp 34 Millionen Einwohnern auf. 

Am Vormittag wurde er von König Al-Sultan Abdullah mit militärischen Ehren begrüßt. Am Abend gab der Monarch ein Staatsbankett. In seiner Tischrede betonte Steinmeier dabei, er wisse, wie wichtig der Handel mit China für Malaysia sei. Heute müssten sich die Staaten aber vor einseitigen Abhängigkeiten schützen. „Vernetzung ausbauen, Verwundbarkeit abbauen, das ist das Gebot der Stunde – besonders für unsere Länder, die beide Handelsnationen sind“, sagte Steinmeier.

Ein wichtiger Partner unter den ASEAN-Staaten

Malaysia ist bereits jetzt der wichtigste Handelspartner Deutschlands in der Gruppe der Asean-Staaten. Laut Außenwirtschaftsagentur der Bundesrepublik (GTAI) wuchs der bilaterale Handel 2022 kräftig und lag mit einem Volumen von 19,6 Milliarden US-Dollar (ca. 18,3 Milliarden Euro) deutlich über dem Niveau vor der Corona-Pandemie.

Steinmeier wies darauf hin, dass mehr als 700 deutsche Unternehmen in Malaysia tätig seien und zusammen rund 65.000 Arbeitsplätze geschaffen hätten. Das Land habe sich zu einem wirtschaftlichen „Schlüsselpartner“ Deutschlands entwickelt, sagte er.

Gefestigte Demokratien

Der Bundespräsident betonte die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Ländern. Beide seien gefestigte Demokratien, stünden Seite an Seite beim Klimaschutz, bestünden auf der Einhaltung des Völkerrechts und legten Wert auf freien und fairen Welthandel sowie nachhaltiges Wachstum. „Ich finde, darauf lässt sich aufbauen“, sagte er.

Steinmeier und Büdenbender beenden den Staatsbesuch an diesem Samstag mit einem Abstecher auf den malaysischen Teil der Insel Borneo. Dort wollen sie sich über den Schutz des Regenwaldes informieren und eine Aufzuchtstation für Orang-Utans besuchen.

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Malaysia verliert Geduld mit Junta in Myanmar

New York/Kuala Lumpur (KNA). Angesichts der Krise in Myanmar fordert Malaysia von anderen Ländern die Aufnahme von mehr Rohingya-Flüchtlingen. „Die politische Krise in Myanmar hat auch die Lage von Millionen Flüchtlingen von dort verschlechtert, einschließlich der Rohingya-Flüchtlinge“, sagte Malaysias Ministerpräsident Ismail Sabri Yaakob vor der UNO-Vollversammlung in New York, wie der regierungsamtliche malaysische Pressedienst Bernama (Samstag) berichtet.

Obwohl Malaysia die UN-Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet habe, so Ismail Sabri Yaakob, habe das Land aus humanitären Gründen fast 200.000 Rohingya-Flüchtlinge aufgenommen. Die Grundursache der Rohingya-Krise müsse genau analysiert werden; aber eine Lösung sei nicht möglich, solange die Krise in Myanmar anhalte.

Unterdessen äußerte sich auch Papst Franziskus zur Lage der Rohingya in Myanmar. Sie irrten von Ort zu Ort, und niemand gestehe ihnen ihr eigenes Land zu, sagte er am Samstag bei einem Besuch in Assisi.

Malaysias Regierungschef zeigte sich enttäuscht, dass es „keinen nennenswerten Fortschritt“ bei der Umsetzung des Fünf-Punkte-Plans der ASEAN-Staaten durch die Junta von Myanmar gebe. Der im April 2021 beschlossene Plan für eine friedliche Lösung des durch den Militärputsch ausgelösten Konflikts in Myanmar wird von der Junta des ASEAN-Mitglieds boykottiert.

Malaysias Außenminister Saifuddin Abdullah setzt sich inzwischen für eine Einbeziehung der Untergrundregierung „National Unity Government“ von Myanmar in die Gespräche zur Lösung der Krise ein. Das derzeitige Engagement von ASEAN nur mit der Junta sei „einseitig“, sagte er im August.

Das mehrheitlich muslimische Malaysia hat Erfahrung als Vermittler bei Konflikten in Südostasien. So vermittelte es erfolgreich im Friedensprozess zwischen der Regierung der Philippinen und der muslimischen Rebellengruppe Moro Islamic Liberation Front (MILF) auf Mindanao. Die MILF gab im Laufe der Friedensverhandlungen ihre Maximalforderung nach einem eigenen Staat auf Mindanao auf. 2012 unterzeichneten die Philippinen und die MILF ein Rahmenabkommen als Grundlage der Gründung der „Bangsamoro Autonomous Region in Muslim Mindanao“ (BARMM) 2019.

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Muslimische Reisende werden weltweit immer wichtiger

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„IZ-Begegnung“ mit der Journalistin Charlotte Wiedemann über die heutige Auslands- und Islamberichterstattung und die Realität moderner Medien

(iz). Was sind Massenmedien heute? Handelt es sich dabei um Instrumente der Informationsvermitt­lung, um ideologische Machtvehikel oder am Ende nur um Mittel zur Gewinnmaximierung der Besitzer? Die Antwort dürfte wohl nicht eindeutig ausfallen. Natürlich beschäftigt dies Medienwissenschaftler, aber insbesondere bei neuralgischen Themen wie Islam oder dem Nahen Osten hat sie ganz konkrete Auswirkungen auf das Bild von der kollektiven Wirklichkeit.

In ihrem neuen Buch „Vom Versuch, nicht weiß zu schreiben. Oder: Wie Journalismus unser Weltbild prägt“ beschäftigt sich die erfahrene Aus­landsjournalistin und Autorin Charlotte Wiedemann anhand ihrer professionellen Erfahrungen mit dieser Frage.

Charlotte Wiedemann, Jahrgang 1954, ist seit 30 Jahren ­politische Journalistin. Sie lebte einige Jahre als freie Autorin in Südostasien (Malaysia) und bereiste danach zahlreiche islamische Länder Asiens und Afrikas. Von diesen Recherchen berichtet ihr Buch „Ihr wisst nichts über uns! Meine Reisen durch einen unbekannten Islam“ (Herder Verlag 2008 und 2012). Die Journalistin ­publiziert gegenwärtig unter anderem in „DIE ZEIT“, „Le Monde Diplomatie“ und auf qantara.de.

Sie unterrichtet journalistischen Nachwuchs, hatte Lehraufträge an zwei Uni­versitäten und gründete eine kleine ­interkulturelle Agentur (sawasya.de). ­Zuletzt schrieb sie über Muslime in New York und in Bosnien. Webseite: www.charlottewiedemann.de

Islamische Zeitung: Liebe Frau Wiedemann, Sie haben als Journalistin mit umfangreicher Auslandserfahrung ein Buch zum Thema Journalismus und Medien geschrieben. Der Schriftsteller Wiglaf Droste formulierte 1998 in der taz: „Der Journalist ist der natürliche Feind der Sprache.“ Ist das Ihrer Meinung nach überzogen oder können Sie etwas mit diesem Zitat anfangen?

Charlotte Wiedemann: Ich möchte Sie an diesem Punkt korrigieren: Ich habe kein Buch über Medien geschrieben, sondern über meine Arbeit. Das ist ein Unterschied in der Herangehensweise.

Aber mir liegt sehr viel an Sprache und ich denke, dass ich mich in meiner Arbeit um eine gute und klare Sprache bemühe. Ich würde dieses Zitat gerne anders wenden: Oft ist die typische Journalistensprache ein Feind des Denkens. Sie ist häufig voller Pseudo-­Plausibilitäten und auch ideologischer Begriffe, obwohl sie als bloßes Transportmittel von Sachverhalten daherkommt. Das macht es gerade für die Konsumenten solcher Beiträge schwer, Dinge zu durchschauen.

Islamische Zeitung: Sie führen als Beispiel den Begriff der „internationalen Gemeinschaft“ an, der heute inflationär gebraucht wird…

Charlotte Wiedemann: Das ist ein Begriff, der von vielen Journalisten ­verblüffend unkritisch und unhinterfragt benutzt wird. Wenn man einmal darauf achtet, wer oder was mit dieser „internationalen Gemeinschaft“ überhaupt ­gemeint ist, dann sieht man zwar je nach Fall eine wechselnde Zusammensetzung, aber in der Regel sind es die wirtschaftlich und politisch dominierenden ­Mächte des Westens. Der globale Süden kommt in diesem Begriff nicht vor. Wenn er doch erscheint, dann als Gegenstand, über den sich die „internationale Gemeinschaft“ Sorgen macht. Diese Länder gehören per se nicht zur „internationalen Gemeinschaft“, obwohl sie UNO-Mitglieder sind. Ich wundere mich immer wieder, wie ansonsten kritische Journalisten diesen Begriff bedenkenlos übernehmen.

Islamische Zeitung: Ihr neues Buch heißt, „Vom Versuch, nicht weiß zu schreiben“. Was macht dieses „weiß“ aus?

Charlotte Wiedemann: „Weiß“ ist europäisch, oft eurozentrisch. Es ist in der Regel auch sehr säkular und mit ­wenig Verständnis für andere Kulturen und oft auch für religiöse Zusammenhänge. Mein Buch ist das Buch einer Praktikerin. Ich habe in 26 außereuropäischen Ländern recherchiert und erzähle entlang meiner Erfahrungen, wie leicht Journalisten Fehlurteilen erliegen, wenn sie über andere Kulturen berichten und urteilen.

Islamische Zeitung: Es gab vor Längerem eine kleine Studie über die ­Beziehung von Ressortchefs beziehungsweise Chefredakteuren zur Religion insgesamt und Islam im Besonderen. Die Autoren kamen zum Schluss, dass ihre Mehrheit ein distanziertes Verhältnis zur Religion allgemein hat, aber noch stärker zum Thema „Islam“. Können Sie das im Rahmen ihrer eigenen beruflichen Erfahrung nachvollziehen?

Charlotte Wiedemann: Das kann ich aus meiner Erfahrung sehr gut nachvollziehen. Es ist klar, dass solche Aussagen niemals zu 100 Prozent zutreffen, aber ich vermute, sie stimmen für die Mehrheit. Eine gewisse Verachtung für fremde Religiosität – und speziell für den Islam – ist heute die modischste und schickste Weise, die eigene Weltsicht ­absolut zu setzen. Das ist nicht nur im Milieu der Journalisten verbreitet, sondern weit darüber hinaus.

Islamische Zeitung: Findet das ­Ihrer Meinung nach bewusst statt? Die BBC hat vor einigen Jahren angefangen, über unbewusste Vorurteile nachzudenken. So stellten die Personalchefs bevorzugt Mitarbeiter aus ihrer eigenen sozialen oder ökonomischen Schicht ein. Handelt es sich hier um bewusst wahrgenommene Vorurteile oder um Bequemlichkeit?

Charlotte Wiedemann: Ich denke, dass es sich oft um beides handelt. Sie haben Recht: Es gibt einen gewissen Klassen­journalismus, weil sich Jour­nalisten bei uns überwiegend aus dem ­oberen Mittelstand oder der Oberschicht ­rekrutieren und wir nur sehr wenige ­Leute aus der Arbeiterschicht haben, die es in eine journalistische Ausbildung schaffen.

Ich habe viel darüber nachgedacht, ­woher Islamfeindlichkeit in den Medien kommt. Mittlerweile glaube ich, dass es vor allem um ein bestimmtes Menschenbild geht, das in den Köpfen in Bezug auf Muslime fest verankert ist: Ein sehr flaches, simplifizierendes Menschenbild, das schon keinen Platz lässt für Humor und erst recht nicht für all die Brüche und Widersprüchlichkeiten, die wir im Allgemeinen bei unseren ­Zeitgenossen voraussetzen. Dies betrifft sowohl deutsche Muslime als auch das Ausland.

All dies scheint mir eine Mischung aus Bewusstem und Unbewusstem zu sein. Ich stelle allerdings häufig fest, dass man gerade unter Gebildeten in Deutschland fast schon stolz darauf ist, vieles vom ­Islam einfach nicht zu verstehen. Als ob es der Gipfel westlicher Freiheit wäre, auf diesem Nicht-Verstehen zu beharren – und es nicht ändern zu wollen.

Islamische Zeitung: Geht es bei der Islamberichterstattung um ideologische Positionen oder um das Wissen, mit einer bestimmten redaktionellen Linie mehr Auflage zu machen und so mehr Gewinne einzufahren?

Charlotte Wiedemann: Bei sensiblen Themen, wie es der Islam bei uns derzeit ist, haben Medien einen Doppelcha­rakter. Sie sind Resonanzboden für Stimmungen, die in einem größeren Teil der Gesellschaft vorhanden sind und spiegeln diese wider, um Auflage zu machen. Sie sind aber zugleich auch ein Verstärker und sorgen gewissermaßen dafür, dass nichts anderes entsteht, zumindest nicht im Bewusstsein der breiten Masse.

Es gibt ja in Deutschland durchaus differenzierte Veröffentlichungen zu islami­schen Themen: von sachkundigen Journalisten, von publizierenden Islamwissenschaftlern und von jungen Muslimen, die hier und da ein Podium finden. Aber die Stimmung wird immer von den anderen erzeugt.

Ein Beispiel: Die Leser-Kommentare bei „ZEIT“-online zu bestimmten Artikeln verlangen oft mehr Islam-­Bashing. Und die Redakteure, sei es bei der „ZEIT“ oder anderswo, sind von diesem Denken nicht durch eine chinesische Mauer getrennt. Wer differenziert schreibt, der weiß, dass nur eine Minderheit der Leser dies goutiert. Das sind also schwer voneinander zu trennende Aspekte: der wirtschaftliche Zwang zur Auflage und das ideologische Teilen – oder sogar Vorantreiben – von ­Vorurteilen und negativen Wahrnehmungen.

Islamische Zeitung: Sie haben ­lange Zeit als Auslandsjournalistin gearbeitet und – wie ein niederländischer ­Kollege [Joris Luyendijk] vor einigen ­Jahren ebenfalls – lassen in ihrem Buch anklingen, dass die Heimatredaktion oft einen vermeintlich größeren Überblick zu haben glaubt als ihre Korrespondenten vor Ort…

Charlotte Wiedemann: Nehmen wir beispielsweise den aktuellen Konflikt in Mali. Dort gibt es keinen deutschen Korrespondenten. Der nächste sitzt in Nairobi, Kenia. Das ist nicht nur sehr weit entfernt, sondern auch ein anderer Sprachraum. Mali liegt im französischsprachigen Teil Afrikas, Kenia im anglophonen. Der Korrespondent bedient sich also vorrangig erst mal aus ­denselben Nachrichten-Quellen, aus denen seine Zentral schöpft. Im Zweifelsfalle hat er aber weniger Zeit: wegen anderer Aufgaben, seine Internetverbindung ist viel langsamer usw. Das führt dazu, dass ­seine Zentrale ihn vor einem Live-Gespräch im Fernsehen oft erst einmal auf den neuesten Stand bringt. Und dann reichert er die vorhandene Nachrichtenlage nur mit einem gewissen Lokalkolorit an, ohne in der Substanz etwas zur Aufklärung beitragen zu können.

Ich selbst habe vergleichsweise privilegiert gearbeitet, weil ich als freie Journalistin lange Reportagen geschrieben habe und nicht festangestellt für ­aktuelle Medien im Ausland gearbeitet habe. Ich kenne aus der Beobachtung anderer ­Kollegen diese Mechanismen, und sie treffen für die Mehrheit der Auslands-Korrespondenten zu. So wie ich lange Reisen zu unternehmen, deren Kosten vom Auftraggeber erstattet werden, das scheint bald der Vergangenheit anzugehören. Es wird immer weniger Journalisten ­ermöglicht.

Islamische Zeitung: Sie haben an einer anderen Stelle von der Dominanz der Presseagenturen in der Auslandsberichterstattung gesprochen. Was bedeutet sie für unsere Sicht auf entlegene Vorgänge? Haben wir heute weniger Einblick als in Zeiten, in denen es noch richtige ­Korrespondenten­netze gab?

Charlotte Wiedemann: Man kann sich heute auf fantastische Weise mit Hilfe des Internets informieren. Aber das ist nur einer Minderheit möglich: spezialisierte, polyglotte Leute, die an ihrem ­Arbeitsplatz oder als Bürgerjournalisten durch die Welt surfen. Die große Mehrheit der Medienkonsumenten bekommt hingegen zunehmend ein informationelles Fastfood serviert. Dieses Fastfood wird über den ganzen Globus von einigen, wenigen großen Nachrichtenagenturen vertrieben und für unterschiedliche Kundenkreise immer nur neu verpackt. Wenn man abends die globalen Nachrichten überfliegt, in Deutsch, Englisch, Französisch, dann sieht fast überall die gleichen zehn großen ­Geschichten, und sie werden überall auf ähnliche Weise erzählt.

Daneben gibt es eine riesige Fülle von Blogs, Webseiten und Newslettern, die man nutzen kann, um sich – wie etwa im Fall Mali – aus anderen Quellen zu informieren. Man darf sich aber keine ­Illusionen machen: Die meisten Leute – nicht nur in Deutschland – benutzen das Internet, um sich über das Nächstliegende zu informieren, von Öffnungszeiten über lokale bis zu nationalen Nachrichten. Die wenigsten nutzen es, um ihren Horizont zu erweitern.

Islamische Zeitung: Sie schrieben an anderer Stelle vom so genannten „Framing“. Was meinen Sie damit?

Charlotte Wiedemann: Stellen wir uns vor, wir hätten ein großes Bild und legten dann einen kleinen Rahmen auf eine Stelle des Bilds. Auf diesen kleinen Ausschnitt konzentriert sich dann unsere ganze Aufmerksamkeit; wir sollen ihn verstehen, ohne den gesamten Rest zu kennen. So ähnlich funktioniert ein Großteil der Auslandsberichterstattung. Wir bekommen einen ganz kleinen Ausschnitt gezeigt; Kontext, Erklärung, Hintergründe und Atmosphäre fehlen. Sehr oft hat das, was wir in diesem kleinen Ausschnitt vorgelegt bekommen, mit ­Gewalt zu tun. Denn die auf allen Kanälen ähnlichen Nachrichten handeln ihrerseits mehrheitlich von gewaltsamen Zusammenstößen.

Und obwohl ich selbst daran gewöhnt bin, Nachrichten auf professionelle Weise zu durchforsten, empfinde ich das Ausmaß an Gewalt, mit dem wir ständig bombardiert werden, zunehmend als krankmachend.

Islamische Zeitung: Um es positiv zu wenden, wie würde für Sie eine wünschenswerte Berichterstattung aussehen? Wie sieht Ihr Gegenmodell aus?

Charlotte Wiedemann: Ich will einen Vergleich wählen. Wenn es um’s Essen geht, dann wissen viele Menschen mittlerweile, dass die am schnellsten und am billigsten hergestellten Fließband-Lebensmittel nicht unbedingt gut für sie sind. Genauso müsste sich im Konsum von Informationen ein neues Bewusstsein verbreiten: Auch hier brauchen wir eher Slow Food – also weniger, aber bessere Informationen. Das wäre eine Art von medialem Verbraucherbewusstsein. Für die deutschen Medien wünsche ich mir, dass wir mehr Journalisten mit gemischt-kulturellem Hintergrund einsetzen, wie es in Großbritannien oder den USA schon länger der Fall ist. Ein Deutsch-Inder als Korrespondent in Indien: Das wäre ein Beitrag zu einer Berichterstattung, die weniger eurozentrisch ist und zugleich nicht zu abgehoben vom deutschen Durchschnittsbewusstsein.

Islamische Zeitung: Sie waren in vielen Ländern der muslimischen Welt. Viele Abschnitte aus Ihrem Buch handeln von diesen Erfahrungen. Gab es Begegnungen und Aspekte, die für Sie von bleibender Bedeutung sind?

Charlotte Wiedemann: Nachdem ich aus Malaysia zurückkam, wo ich einige Jahre gelebt habe, kam mir vieles in Deutschland sehr islamophob vor. Das war Ende des Jahres 2003, und dieses Schockiert-Sein war für mich der Ausgangspunkt, wissen zu wollen, was Islam wirklich bedeutet, in allen seinen Facetten. Später faszinierte mich, dass ich in jedem islamisch geprägten Land einerseits etwas Vertrautes fand, aber auf der anderen Seite auch jede Menge Unvertrautes. Es gibt für mich immer Anknüpfungspunkte, gleichzeitig aber handelt es sich jedes Mal um etwas vollkommen Neues. Als Journalistin ist die islamische Welt für mich wie eine ­riesige Schachtel Pralinen: beim Auswickeln immer wieder Überraschungen. Außerdem bin ich als Alleinreisende in muslimischen Ländern immer recht gut gereist. Das widerspricht der landläufigen Meinung, wonach es gefährlich sei oder eine Frau ständig belästigt werde. Ich fühle mich fast immer sicher, die Einschränkung vorausgesetzt, dass ich nicht in Kriegsgebiete reise. Die stärkere soziale Kontrolle des öffentlichen Raumes kommt mir als Ausländerin zu Gute: Leute, die mich überhaupt nicht kennen, fühlen sich für meine Sicherheit und meinen Schutz verantwortlich. Zum Beispiel habe ich schon vergnügt in unzähligen Geschäften und Werkstätten gesessen, weil einer Frau, die nicht auf der Straße stehen will, nie der Stuhl verweigert wird. Wenn man solche Grundregeln kennt, kann man sie als allein reisende Frau sehr gut zum eigenen Vorteil nutzen, auch mit einem Augenzwinkern. Dies sind einige der Gründe, weshalb ich gerne in muslimische Länder fahre.

Islamische Zeitung: Vielen Dank für das Gespräch.

Charlotte Wiedemanns Buch „Vom Versuch, nicht weiß zu schreiben. Oder: Wie Journalismus unser Weltbild prägt“ ist jüngst beim Papyrossa Verlag (ISBN 978-3-89438-494-4) erschienen und für 12,90 Euro im Handel erhältlich. In der nächsten IZ-Ausgabe (Nr. 210) folgt eine Besprechung des Titels.

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