,

Rechtsquellen von Imam Malik (20)

Malik und die anderen Imame der vier Schulen erkannten die Aussagen der Gefährten an. Manchmal erklärten sie, ihre Meinungen beruhten auf deren Fatwas. Ich möchte aber Folgendes zur Disposition stellen: […]

IZ+

Weiterlesen mit dem IZ+ (Monatsabo)

Mit unserem digitalen Abonnement IZ+ (Monatsabo) können Sie weitere Hintergrundbeiträge, Analysen und Interviews abrufen. Gegen einen Monatsbeitrag von 3,50 € können Sie das erweiterte Angebot der Islamischen Zeitung sowie das ständig wachsende Archiv nutzen.

Abonnenten der IZ-Print sparen beim IZ+ Abo 50%.

Wenn Sie bereits IZ+ Abonnent sind können Sie sich hier einloggen.

* Einfach, schnell und sicher bezahlen per Paypal, Kredit-Karte, Lastschrift oder Banküberweisung. Das IZ+ Abo verlängert sich automatisch um einen Monat, wenn es nicht vorher gekündigt wurde. Sie können ihr bestehendes Abo jederzeit auf der Mein Konto-Seite kündigen.

, ,

Mufti Abu Layth: „Das klassische Erbe lebendig halten“

(iz). Was ein muslimischer Gelehrter, insbesondere ein Faqih oder Mufti, zu tun scheint, hat oft mehr mit der Vorstellung vieler Muslime als mit der Wirklichkeit zu tun. Gerade in muslimischen Gemeinschaften, insbesondere denen im Westen, nehmen sie bisher noch nicht ausreichend an wichtigen Debatten teil und werden auch oft genug der politischen Kontrolle unterworfen.

Dabei gäbe es genug The­men, die eine Fusion aus der klassischen Lehrtradition mit einem Verständnis von Zeit und Ort nötig machten.

Dabei gibt es gerade im Westen eine wachsende Zahl von ‘Ulama, die sich um frische Zugänge zur islamischen Tradition und um eine authentische Rückbindung an die frühe Gemeinschaft bemühen, ohne dabei in das Stereotyp zu geraten, das heute damit in Verbindung gebracht wird.

Eines dieser Beispiele ist der junge britische Mufti Abu Layth al-Maliki, der in Birmingham unterrichtet. Seine grundlegenden Studien schloss er in Großbritannien ab, bevor er nach Damaskus ging, wo er die malikitische Rechtsschule annahm und das essenzielle Wissen des Islam studierte. Am Jamia’ah Muhammadiyyah Institut im pakistanischen Islamabad lernte er den Qur’an und dessen Kommentar auswendig. Nach weiteren Studienaufenthalten in Syrien und Pakistan erhielt er unter Mufti Abdullah Shoukat (hanafitisches Recht) und unter Mufti Salim Al-Tunisi (malikitisches Recht) eine Ausbildung, um Fatwas zu geben.

Seit seiner Rückkehr nach Großbritannien machte Mufti Abu Layth einen Abschluss als Schullehrer und schließt gerade ein Studium der Psychologie ab. Derzeit bildet er Schüler im Recht nach Imam Malik aus. Insbesondere sein Unterricht im Internet ist sehr nachgefragt.

Islamische Zeitung: Es gibt, gerade in Westeuropa, recht vielfältige, aber auch komplexe muslimische Gemeinschaften. Sind Sie, lieber Mufti Abu Layth, zufrieden mit der Rolle, die die muslimischen Gelehrten in ihnen spielen?

Mufti Abu Layth: Zufrieden? Nicht in dem Sinne, dass wir noch sehr viel Arbeit vor uns haben. Um fair zu sein, die Muslime Europas, inklusive ihrer Gelehrten, stehen derzeit vor schwierigen Aufgaben, wenn es um Herausforderungen für die Muslime geht. Ganz abgesehen davon, dass sie die gleichen Probleme wie alle anderen Muslime haben, gibt es einige spezifische europäische Probleme.

Viele unserer ‘Ulama sind keine hier, organisch aufgewachsenen Gelehrte. Üblicherweise kommen sie aus einem anderen Teil der Welt. Weil sie oft nicht aus der gleichen Kultur kommen beziehungsweise in ihr aufgewachsen sind, sind sie sich manchmal unsicher, wie sie reagieren sollen. Sie tun natürlich ihr Bestes und wir bemühen uns, sie zu unterstützen.

Islamische Zeitung: Es lässt sich feststellen, dass es für die europäischen Muslime einige drängende Herausforderungen gibt. Es fällt schwer, mehr als eine Handvoll Leute auszumachen, die diese auf einem hohen Niveau ansprechen können…

Mufti Abu Layth: Mir sind die Verhältnisse in Deutschland nicht so gegenwärtig, obwohl ich kürzlich mehr über die sozialen Netzwerke von positiven Aktivitäten höre. Ich erfahre viele positive Rückmeldungen von deutschen Muslimen. Das zeigt mir, dass es dort ein hohes Maß an Aktivitäten gibt.

Wir haben in Großbritannien viele Madrassen. Sie bringen insgesamt 100 ‘Ulama pro Jahr hervor – vielleicht sogar viele mehr. In Wirklichkeit brauchen wir aber nicht nur Quantität, sondern auch Qualität. Es muss Gelehrte geben, die diese Rolle annehmen, und nicht nur das System von sechs Studienjahren absolvieren. Es ist großartig, dass so viele Menschen die Zeit aufwenden, um den Din zu studieren. Wir brauchen aber Leute, die nach ihrem Abschluss in Kontakt mit der Realität stehen und die Probleme vor Ort verstehen. Wir haben in Großbritannien einen ebenso großen – wenn nicht gar größeren – Mangel wie im Rest Europas.

Ich würde Ihnen zustimmen, da es auch bei uns schwierig sein dürfte, mehr als zehn solcher Gelehrte in Großbritannien zu finden, die zeitgenössische Mitglieder unserer Gesellschaften sind. Ohne eine solche Qualifikation fiele es leicht, zehn zu benennen. Vielleicht könnte man sogar den Namen hunderter ‘Ulama erwähnen. Aber das war ja nicht unser Thema. Wir reden über Leute, die als Einheimische aktiv sind.

So wie bei Ihnen auch, haben wir viele Gelehrte – was nicht deren Fehler ist –, die an eine andere Kultur, an eine andere Gesellschaft gebunden sind. Sollten sie diejenige Kultur fördern, mit der sie mehrheitlich in Kontakt stehen, oder vielmehr die britische beziehungsweise europäische? Manchmal passiert das sogar mit Gelehrten, die hier geboren wurden.

Viele von ihnen bewegen sich ausschließlich in der indopakistanischen Kultur und sind nur in einer Madrassa gewesen, die eine Miniversion von Indien oder Pakistan darstellt. Wenn sie diese Bildungseinrichtungen verlassen, mögen sie ausgestattet sein, um mit Themen aus dem pakistanischen oder indischen Kulturraum fertig zu werden, aber haben mit Themen in Großbritannien oder gar in Europa zu kämpfen. Dafür wurden sie gar nicht ausgebildet.

Islamische Zeitung: Heute haben wir Gelehrte, die bezahlte Angestellte muslimischer Organisationen sind. Glauben Sie, dass es eine Frage der intellektuellen Unabhängigkeit ist, wenn Gelehrte im Sold bestimmter Organisationen stehen?

Mufti Abu Layth: Mit ziemlicher Sicherheit. Hier liegen enorm wichtige Faktoren für wahre Gelehrsamkeit vor. Das eine ist wahre Leidenschaft für das Wissen; vielleicht die erste Sache, die wir oft nicht antreffen. Wir haben vielleicht hunderte von ‘Ulama, die von ihren Eltern an die Madrassen geschickt wurden. Sie sind nur selten dort, weil sie tieferes Interesse am Din haben. Sie bleiben natürlich im Din und sind vorbildlich praktizierende Muslime. Aber diese ‘Ulama hatten niemals eine wirkliche Leidenschaft für ihre Wissenschaft. Das ist die erste wichtige Zutat beziehungsweise ihre Abwesenheit, von der wir hier sprechen müssen.

Der andere Punkt ist Unabhängigkeit. Selbst wenn sie diese Leidenschaft haben, wie können Sie diese dann nicht entwickeln? Die Leute haben bestimmte grundlegende Bedürfnisse. Ich weiß natürlich, dass Versorgung von Allah kommt, aber wir leben im Dar Al-Asbab und die Leute brauchen Arbeit. Wer zehn Jahre in einer Madrassa verbringt, hat keine anderen Qualifikationen mehr. Also schließt man sich einer anderen Schule an, um dort zu unterrichten. Das gilt für Institutionen hier in Großbritannien und in Europa. Ich weiß, dass es in den USA ein bisschen anders ist.

In Großbritannien sind Gelehrte enorm unterbezahlt. Sie erhalten nur Minimalbeträge für eine Arbeit, die eigentlich ein ehrwürdiges Amt sein sollte. Wird jemand Imam, dann ist das heute nichts Würdevolles mehr. Neben einer mickrigen Bezahlung muss man sich ständig darüber sorgen, ob man gefeuert wird, wenn einmal den Anweisungen des Vorstands widersprochen wird. Das Komitee besteht zumeist aus lokalen Geschäftsleuten, üblicherweise aus der ersten Generation, die nicht in Großbritannien geboren wurden. Im Normalfall sind es kleine und mittlere Geschäftsleute, die genug Geld haben, um ein Gebäude zu kaufen und es in eine Moschee umzuwandeln.

Ich möchte einen weiteren Faktor hinzufügen. Jene Gelehrte werden recht isoliert ausgebildet. Sie gehen in eine bestimmte Madrassa und bleiben dort. Die Schule gehört einer bestimmten Denkrichtung an. Das Problem hierbei ist, dass sie nur dem Unterricht dieser Meinung ausgesetzt sind. Selbst, wenn sie danach rausgehen und einen Job finden sollten, werden die Absolventen nur in dieser spezifischen Richtung Wurzeln schlagen können. Wollen wir intellektuelle Freiheit fördern, dann steht diese Art von ‘Ulama vor erheblichen Schwierigkeiten. Wollen sie einmal widersprechen, dann können sie das nur schlecht, weil dieses Umfeld die einzige Welt ist, in der sie sich bewegen. Stellen sie sich in diesem Feld gegen ihr bisheriges Umfeld, wären sie extrem isoliert. Wohin sollte ein solcher ‘Alim gehen, wenn er sich davon verabschiedet? Das ist ein weiterer einschneidender Faktor, der ganz besonders in Großbritannien vorhanden ist. Wahrscheinlich trifft er bis zu einem gewissen Grad auch auf den Rest Europas zu.

Islamische Zeitung: Oft bringen Organisationen ihre Gelehrten nur dann in die Öffentlichkeit, wenn es um die Distanzierung von negativen Dingen wie Terror oder Zwangsheirat geht. Bei anderen Anliegen oder konkreten Forderungen ist hingegen eher selten von ihnen zu hören…

Mufti Abu Layth: Ich würde es vielleicht etwas anders formulieren. Meiner Erfahrung nach ist es häufig so, dass die Gelehrten nur zu solchen Themen befragt werden. Bleiben wir beim Beispiel Großbritannien. Die Mehrheit der hiesigen Muslime hat einen indopakistanischen Hintergrund. In ihrer Kultur haben sie etwas, das dem Kastenwesen ähnelt, und beinahe hinduistisch zu sein scheint. Die Muslime haben die Unterschiede früher an Berufen festgemacht. Bei vielen ist das heute noch so und daher gibt es auch noch Diskriminierung. So könnten wir alle pakistanischen Ursprungs sein, aber trotzdem würde es heißen: „Oh nein, er ist von einer niedrigen Kaste. Du kannst nicht in diese Familie heiraten.“

Einige Gelehrte sprechen darüber und verurteilen das, aber tun es nicht im Allgemeinen. Es sollte eigentlich eine Welle der Distanzierung geben. Gelehrte selbst fürchten, dass, wenn sie mit solchen Themen anfangen, die Leute nicht mehr auf sie hören werden. Ich habe generell den Eindruck, dass die Leute sich nicht im Allgemeinen an ‘Ulama wenden, sondern das nur bei bestimmten Fragen tun. Sie gehen zu ihnen, um Terrorismus zu verurteilen, was die Gelehrten natürlich tun werden, aber fragen nicht bei anderen Themen um Rat.

Wir haben hier noch ganz andere Probleme und ich glaube, dass das auch anderswo der Fall ist. Die Gelehrten und die britischen Muslime insgesamt können sich nicht gut ausdrücken, wenn es um die Landessprache geht. Oft haben sogar geborene Briten kein gutes Englisch. Und die ‘Ulama beherrschen es unglücklicherweise nur sehr schlecht. Wahrscheinlich haben sie rund ein Drittel ihres Lebens in einer Madrassa verbracht, in der nur Urdu gesprochen wurde. Und selbst in ihren eigenen Gemeinschaften dürfte das Englisch nicht so gut sein. Daher haben sie erhebliche Schwierigkeiten, sich auszudrücken.

Was ist die Folge? Zum einen fällt es schwer, sich verständlich zu machen. Zum anderen wollen normale Muslime auch nicht, dass sie als ihre Repräsentanten auftreten, weil sie beinahe peinlich sind. Gelegentlich sind die Gelehrten zu entschuldigen, weil sie aus dem Ausland stammen oder nur seit wenigen Jahren hier leben. Aber wenn selbst gebürtige Briten, die hier auch aufgewachsen sind, noch schlechtes Englisch sprechen, wie können sie dann in einer Krise in den Medien sinnvolle Stellungnahmen abgeben? Wenn Gelehrte sich nicht klar artikulieren können, wird es für die normalen Muslime recht peinlich.

Islamische Zeitung: Und sie können auch nicht zum Islam einladen…

Mufti Abu Layth: Natürlich können sie so keine Da’wa machen. Nicht nur haben sie Schwierigkeiten damit, andere zum Islam einzuladen, auch wollen viele Muslime nicht mit ihnen in Verbindung gebracht werden. Ironisch ist, dass die Gelehrten des Islam – in der arabisch sprachigen Welt, in der indopakistanischen Welt oder auch im türkischen Raum – normalerweise die eloquentesten Leute überhaupt sind. ‘Ulama in der arabischen Welt sprechen oft das beste Arabisch. Das gleiche gilt für Gelehrte in Pakistan und das Urdu. Sie können durch Dichtung und viele andere Sprachformen argumentieren. Das ist sehr wichtig, denn Sprache ist etwas sehr mächtiges. Wir rufen zum Weg unseres Herren mit unseren Worten.

Islamische Zeitung: Sie unterrichten das Recht der Leute von Medina. Was fasziniert Sie daran?

Mufti Abu Layth: Das ist eine sehr wichtige und interessante Frage. Viele Leute haben nicht nur gefragt, warum ich das Fiqh der Leute von Medina gewählt habe, sondern wollen auch wissen, warum ich es leidenschaftlich in Großbritannien und in Europa unterrichte. Mein Ziel wäre erreicht, wenn ich zur Verbreitung der Schule von Medina auf europäischem Boden beigetragen hätte.

Islam ist wie eine Substanz oder eine Essenz. Und jeder blickt durch eine Linse hinein – oder hinaus. Sie wird immer zu einer Art Färbung oder Brechung des betrachteten Objektes führen. Rechtsschulen sind auch so. Manche, wenn sie den Islam betrachten, haben bereits eine strikt festgelegte Blickweise; ein vorgefasstes Verständnis, bevor sie sich einem Text nähern. Fast könnte man sagen, sie haben eine Persönlichkeit entwickelt.

Wir respektieren alle Rechtsschulen, die auf die ihre je eigene Weise unglaublich sind. Ihre Interpretation aber, die sie alle haben, sind nicht immer notwendigerweise „Islam“. Der Din lässt sich nicht auf eine bestimmte Lesart beschränken. Manche Deutungen passen besser auf einige Kulturen als auf andere. Einige Schulen unterliegen einem starken Kontrollzwang. Sie ermutigen die Leute nicht zur freien Debatte und sind selbst in gewissem Sinne ein Kontrollmechanismus. Manche sind bei bestimmten Interpretationen sehr strikt. Vor die Wahl gestellt würden sie sich immer für Strenge und Vorsicht entscheiden. Es scheint, als seien die „Einstellungen“ ihres „Programms“ immer schon auf sehr streng gesetzt.

Ich sage nicht, dass das eine schlechte Sache per se ist; glaube aber nicht, dass es die förderlichste Einstellung für das heutige Europa ist. Viele hiesige Muslime haben mit einigen Interpretation wegen ihrer Lebensumstände hart zu kämpfen. Ihnen wird gesagt, sie müssten einen Bart mit einer bestimmten Länge haben. Wenn nicht, heißt es, verbrächten sie jeden einzelnen Tag ihres Lebens in „Sünde“. Oder Frauen müssten einen Niqab tragen. Viele Leute können damit nicht fertig werden.

Islamische Zeitung: Das Leben wird den Leuten erschwert…

Mufti Abu Layth: Die Vertreter dieser Interpretationen glauben, sie dienten damit dem Islam, verkennen aber dabei, dass Islam viel größer als das ist. Ihre Perspektive stellt nur eines von mehreren möglichen Fenstern dar, durch die wir auf den Din schauen. Islam ist viel größer und andere Blickweisen ermöglichten in unseren Umständen eine klarere Sicht, was den Menschen mehr Freiheit erlaubt. Ich habe nichts gegen traditionelle Kleidung und trage sie gelegentlich selbst. Der normale Muslim, der in Europa aufwächst, will diese Sachen aber nicht immer tragen. Manche Gelehrte zwingen ihnen das als Teil ihrer Interpretation vom Fiqh auf. Auch wenn dergleichen einige anzieht, stößt es viele andere ab.

Die Schule von Medina legt sehr viel Wert auf Natürlichkeit und auf ein harmonisches Dasein mit den jeweiligen Lebensumständen. Es gibt in der Schule selbst so viele verschiedene Interpretationen, die von ihr zugelassen werden. Sie heißt die Leute willkommen, anstatt sie abzuschrecken.

Für manche ist das zu tiefenentspannt. In Wirklichkeit aber wollen und brauchen die Leute in Europa genau das. Und durch dieses Fenster erhalten sie Zugang zu einer Botschaft, die sehr zugänglich ist. Und wenn die Botschaft das ermöglicht, dann frage ich: warum nicht? In einem Hadith riet uns der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, mit den Leuten entsprechend ihrer geistigen Fähigkeiten zu sprechen. Oft kommt es vor, dass Leute große Schwierigkeiten mit einigen Fatawa haben, die ‘Ulama im Fiqh aber es den Leuten nicht erleichtern werden.

Die Gefahr besteht, dass sich die Leute in dem Fall als Folge vom gesamten Din abgrenzen. Bei nüchterner Betrachtung war das nur eine simple Fatwa, kein Qur’anvers oder ein aussagekräftiges Hadith. Es war eine Fatwa auf Grundlage eines Idschtihads und es gibt viele andere Fatawa in der Scharia, mit denen man den Leuten entgegenkommen könnte, wenn man das denn wollte.

Islamische Zeitung: Derzeit lässt sich hier bei uns eine Auflösung unter Muslimen erkennen, bei der viele nur noch die eigenen Meinungen gelten lassen. Gleichzeitig schwindet der Konsens über essenzielle Fragen und über Prioritäten im Din.

Mufti Abu Layth: Wichtiger Punkt. Wir brauchen eine Verbindung zu unserem ‘Ilmi-Erbe, zu unserem Wissen. Das muss von den ‘Ulama am Leben erhalten werden. Wir müssen uns wieder mit den Wissenschaften der Scharia vertraut machen und immer das klassische Denken und Verständnis an vorderster Stelle im Blick behalten. Das heißt nicht, dass wir nicht wissen, wie wir mit neuen Situationen umzugehen haben, weil wir sie nicht in klassischen Quellen finden. Es geht darum, dass wir ihre Denkprozesse und ihr Verständnis der Sunna im Auge behalten.

Das Thema ist interessant. Manchmal wurde mir vorgeworfen, Modernist zu sein. Ich habe ernsthaft gefragt, was mit „modernistisch“ gemeint sei, wenn es nicht nur um die bloße äußere Erscheinung geht. Philosophisch beschreibt es aber die Sache nicht. „Modernismus“ ist die Zurückweisung des traditionellen Denkens, der Anspruch, ganz von vorne anzufangen und die Zurückweisung der Ansichten von Gelehrten wie Imam Malik. Oder auch, die Relevanz der Sunna in Frage zu stellen.

Wir als Muslime sollten das klassische Erbe lebendig halten. Der Qur’an, die Sunna und die Scharia müssen uns als Wissenschaft sehr am Herzen liegen. Unsere Kenntnisse sollten es uns auch ermöglichen, hier und heute mit neuen Fragen umzugehen. Das erlaubte es Leuten wie Imam Malik, Qadi ‘Ijad, Ibn Ruschd oder Sidi Khalil in ihren Zeiten, auf unbekannte Situationen zu reagieren.

Wir brauchen nicht nur eine Verbindung zu unseren Gelehrten, sondern auch zum Wissen. Ich garantiere, dass jeder Schüler der islamischen Wissenschaften bei seinem Studium der Geschichte der frühen Generationen sowie der Rechtsprinzipien (den Usul) feststellen wird, dass ein Geist des Fragens und der Debatte herrschte. In gewisser Weise waren Imam Malik, Imam Abu Hanifa und auch Imam Asch-Schafi’i bei bestimmten Aspekten sehr „revolutionär“. Das gilt auch für die Salaf, die ihnen vorangingen.

Ich würde jenen deutlich widersprechen, die unser Erbe zurückweisen. Es ist für mich eine Lebensader. Sie zu durchtrennen, bedeutet ein sicherer Niedergang dieser Umma. Wir müssen diese Persönlichkeiten verstehen und ihr Vorbild zum Leben erwecken. Wie bei einem Staffelrennen gibt es eine ununterbrochene Kette, über die der Din an uns weitergegeben wurde. So werden wir ermächtigt, uns mit den Anforderungen dieser Zeit und dieses Ortes auseinanderzusetzen. Wir haben das klassische Erbe der Imame, aber nutzen es, um mit dem Hier und Heute umzugehen.

Betrachten wir die andalusischen Gelehrten, eröffnet sich uns ein massives Erbe. Das ist ein weiter Grund, warum ich die Schule von Medina studiere. Sie bestand beinahe acht Jahrhunderte auf europäischem Boden. Die Gelehrten setzten sich mit ihren Gesellschaften auseinander und dienten ihnen, was uns das nötige Selbstbewusstsein geben sollte, das gleiche zu tun.

Islamische Zeitung: Imam Malik sprach vom Wissen als Licht, das Allah in die Herzen legt…

Mufti Abu Layth: Das ein sehr wichtiger Aspekt. Imam Malik sagte tatsächlich, dass Wissen „nicht nur das Auswendiglernen von Überliefererketten“ oder Quantitäten an Wissen sei, sondern vielmehr „ein Licht, das Allah in die Herzen“ legt. Diese Aussage lässt sich auf zwei Arten verstehen. Zum einen auf die offenkundige, wonach Wissen ein Licht ist, dass Allah in ein Herz legt und das zu einem erleuchteten Herzen führt. Die Deutung, die sich mir mehr zueignet, meint eher eine Art Aufklärung, Erhellung. Wissen ist nicht nur die Fähigkeit, Information wiederzugeben, sondern eine intellektuelle Aufklärung.

In der Psychologie sprechen Leute wie Piagetti über die vier Stadien der Entwicklung unserer geistigen Fähigkeiten. Sie werden auch sagen, dass ein Erwachsener nicht einfach ein Kind mit mehr Informationen ist. Ein 18-jähriger ist nicht einfach ein 10-jähriger mit mehr Wissen, sondern hat vielmehr eine qualitative Entwicklung seiner kognitiven Fähigkeiten durchlaufen.

Meinem Verständnis nach bezog sich Imam Malik darauf. Dieses Wissen ist nicht etwas, das sich einfach nur wiedergeben lässt. Es ist ein erleuchteter intellektueller Ausblick, den Allah den Menschen gibt. Es ist ein Geschenk von Allah. Und jeder, der die Wissenschaften der Scharia studiert, wird erkennen müssen, dass diese Form der Aufklärung gegenwärtig ist, aber manchmal lernen wir dieses Wissen nur, ohne danach zu streben, es zu verkörpern. Wissen ist praktisch.

Es besteht einerseits in seiner praktischen Umsetzung, aber auch darin, dass wir uns mit seiner Hilfe praktisch mit den Herausforderungen unserer Zeit auseinandersetzen. Es muss zu einer Wirklichkeit werden.

Islamische Zeitung: Lieber Mufti Abu Layth, wir bedanken uns sehr herzlich für das Gespräch.

Die Lage ist schwierig und entzieht sich dem Schwarz-Weiß-Denken. Von Abu Bakr Rieger

(iz). Es ist der Beginn einer literarischen Karriere. Schiller schreibt die „Räuber“ und kehrt dabei geläufige moralische Bilder um. Die Guten sind auch böse, die Bösen auch gut. Die Lehre aus dem Meisterwerk, das in seiner Zeit einen Skandal auslöst, fällt mit dem Beginn einer neuen Epoche zusammen. Sie entzieht sich dem alten Schwarzweiß-Denken und öffnet neue, größere Entscheidungsräume. Es wird schwerer, sich eindeutig auf der Weltbühne zu positionieren. In jedem Moment offenbart sich eine neue Wirklichkeit, die man immer neu und mit höheren Maßstäben beurteilen muss; fixe Ideologie und feste Parteiungen trüben dagegen eher den Blick. Schiller schult auf seiner Bühne den Blick auf das Geschehen, ohne schnelle und eindeutige Lösungen der absoluten Wahrheitsfindung anbieten zu können.

Der Konflikt in Mali, der heute unsere Aufmerksamkeit beansprucht, entzieht sich ebenfalls einer einfachen Einordnung. Die Schwierigkeiten der Sichtung beginnen schon bei den aktiven Konfliktparteien: sind es Staaten oder Unternehmen, Muslime, Terroristen oder Nationalisten? Wer wird von wem benutzt? Die Räuber sind eine bunte Truppe geworden, deren Uniformen, soweit sie welche tragen, im Wüstenstaub Malis nur schwer zu erkennen sind. Auf Seiten der Rebellen kämpfen Tuareg-Nationalisten, einige salafitisch angehauchte Gruppen, Kriminelle und vermutlich auch der eine oder andere „Agent provocateur“. Natürlich darf man auch spekulieren, wer den Rebellen die üppige Ausrüstung zur Verfügung gestellt hat.

Was wissen wir wirklich? Seit 1961 hat Frankreich dutzende Male in Afrika interveniert. Dabei ging es zweifellos um den Schutz dubioser Diktatoren, um Rohstoffe und um imperiale Ziele. In diesen Staaten bildeten sich diverse, teilweise bewaffnete Gegenbewegungen, die mit nationalistischen, islamischen oder kommerziellen Motiven gegen die Herrschaft mobil machte. Mangels entsprechender Ausbildung und Bildung überhaupt, vermischten sich auch die genannten Motivationen der Gegner der offiziellen Staaten, zu einem undurchsichtigen und zugleich explosiven Gemisch.

Es ist beinahe eine Binsenweisheit: In Afrika sind nicht nur Staaten am Ball. Es geht hier weniger um die klassische Verteidigung von Grenzen als um die Sicherung von „Claims“. Viele Konzerne aus der Rohstoffbranche unterhalten Söldner und eigene private Sicherheitsstrukturen. Bis zum heutigen Tag sind „marodierende“ Unternehmen, wie sie Arundhati Roy nennt, an zahlreichen Konflikten in Afrika beteiligt. Es ist kein Geheimnis, dass große Teile der französischen Uranversorgung aus dem Niger, dem Nachbarland Malis, kommen. Wer die Bedeutung der Atomenergie für Frankreich kennt, dem ist klar, dass ein europafeindliches Regime in Mali und die Destabilisierung einer ganzen Region kaum im Interesse der „Grande Nation“ sein dürfte.

Kriege werden also längst nicht mehr nur im geopolitischen Interesse von Staaten geführt, sondern sie werden auch zum Vorteil von börsennotierten Unternehmungen organisiert. Das sind die alten Sensationen aus Afrika, die, ob es gefällt oder nicht, aus der Realität des Kontinents nicht wegzudenken sind. Längst gefährden die ökonomischen Interessen der USA, Europas und Chinas den Frieden und den bescheidenen Fortschritt des ganzen Kontinents.

Der Kampf in Mali mag nun der Einfachheit halber ebenfalls in die Kategorie der Rohstoffkriege abgelegt werden, wäre da nicht das Phänomen, das eine souveräne Position hin und wieder auszeichnet: das Erkennen von Ausnahmen.

Die Horden – so genannter – „Islamisten“ in der Region sind tatsächlich nicht nur ein lokales Ärgernis, das eventuell die französische Energieversorgung gefährden könnte, sondern sie stellen auch aus anderen Gründen eine schwerwiegende Gefahr dar. Die Frage ist nur: eine Gefahr für was oder wen?

Markus Kaim von der Berliner Stiftung und Wissenschaft hält in einer Analyse des westlichen  „Konfliktmanagements“ (was für ein Begriff!) den Ball zunächst eher flach: eine Bedrohung Europas und Deutschlands durch Terroristen aus Mali sei eher unwahrscheinlich. Das mögliche Engagement der Bundeswehr, so der anerkannte Berliner Think Tank, sei in dem Konflikt militärisch kaum von großer Bedeutung. Aber, so die Analyse weiter, Europa müsse auf Dauer mehr Engagement im weiteren Mittelmeerraum zeigen, da sich die USA nicht weiter in militärische Auseinandersetzungen am Boden beteiligen wolle. Der deutsche Verteidigungsminister de Maiziere bereitet schon länger die deutsche Öffentlichkeit auf neue Auslandseinsätze vor. Der Minister ist der Überzeugung, dass es für Deutschland schwieriger werden wird, sich aus dieser Art Konflikte, zumal in der Nähe der Außengrenzen der Europäischen Union, auf Dauer herauszuhalten.

Aber, die Eroberung, oder wohl eher nur die Destabilisierung einer Region in Afrika durch eine radikale Extremistengruppe ist natürlich auch für Berlin ein Problem, ein Ärgernis eben, dass aber nicht nur die Sicherheitsinteressen Europas, sondern durchaus auch die Interessen der Muslime in aller Welt betrifft. Wieder einmal könnte die absolute Mehrheit der Muslime, hilflos dem Treiben einer Kleingruppe, die im Namen des Islam handelt, ausgesetzt sein. Der traditionelle Islam befindet sich schon in großen Teilen Afrikas in Bedrängnis. In Mali schaffen zudem zahlreiche sektiererische Gruppen eine schwer überschaubare Lage. Sie sind auch in Drogenhandel und Menschenhandel verstrickt und könnten das Land auf Dauer unregierbar machen. Auf qantara.de spricht der Führer von Ansar Dine (nicht zu verwechseln mit einer ähnlich benannten Terrorgruppe), Ousmane Haidara, einer sufischen Gruppierung mit immerhin 2 Millionen Mitgliedern in Mali, Klartext: „In Mali geht es nicht um die Scharia, sondern um Banditentum“.

Neben der realen Möglichkeit der Entstehung eines Rückzugsgebietes für Terroristen, bringt die (angebliche) Anwendung des islamischen Rechts, durch ungebildete Horden in der Region, vor den Augen der Weltöffentlichkeit, wunderbare Assoziationsmöglichkeiten für all diejenigen, denen es in Wirklichkeit darum geht, den Islam zu schädigen. Begriffe und Schlagworte wie „Scharia“ oder „islamischer Terrorismus“ stehen bei bestimmten Medien wieder hoch im Kurs. Natürlich sind einige tausend Rebellen und ihre dubiosen Gruppierungen mitsamt ihrer zynischen Glaubensausübung im Weltmaßstab von über einer Milliarde Muslime völlig isoliert.

Die ignoranten Zerstörungen in Timbuktu, einem Welterbe islamischer Kultur, sprachen bereits Bände über den verwirrten ideologischen Kern der Bewegung. Die Rebellen sollen unter Anderem die Bibliothek der berühmten Stadt beschädigt und zahlreiche Bücher, statt sie zu studieren, verbrannt haben. Die Generalsekretärin der UNESCO hatte sich bereits letzten Jahres zu Recht über diese Taten öffentlich empört.

Für muslimische Beobachter ist aber völlig klar: Wer die isoliert agierenden Rebellen und Gruppen in den Rang einer „offiziellen“ muslimischen Bewegung befördern will, dem geht es in Wirklichkeit um eine Kampagne gegen den Islam.  Durchsichtig sind zum Beispiel die Versuche der rechtsextremen Front National in Frankreich, zu behaupten, die Rebellen würden von den Golfemiraten finanziell unterstützt. Hier bastelt die europäische Rechte am Mythos reicher Araber, die den Untergang französischer Soldaten befördern wollen. Für die französischen Rassisten passt das perfekt in ihre Agitation gegen die in Frankreich lebenden Afrikaner aus der Sahelzone.

Wer ein wenig nachdenkt und über ein bisschen Geschichtsverständnis verfügt, wird diese Kampagnen schnell durchschauen. Über Jahrhunderte waren islamische Gelehrte in Afrika nicht nur durch eine umfassende Bildung, sondern auch durch Nachsicht, Vorsicht und Rücksicht gekennzeichnet. In Afrika stammte kein  unerheblicher Teil ihres Wissens aus der berühmten Bibliothek in Timbuktu. Sie verkörperten – charakterlich ausgezeichnet – als ehrwürdige Persönlichkeiten das Recht. Die radikale Umsetzung einer lebensfernen, ideologischen Systematik war ihnen so fern, wie die tägliche Reflexion über das tiefere Wesen der Gerechtigkeit ihnen nah war. Besonders widerlich sind insofern die Fälle der Anwendung von „Hudud-Strafen“ durch Schnellgerichte der Rebellen in dem Land.  Die verzweifelten Armen Afrikas sind in dieser Zeit weder das Problem, noch können sie – ohne in den Zynismus zu verfallen – ernsthaft Gegenstand von irgendeiner strafrechtlichen Maßnahme sein.

Was tun also in Mali? Natürlich könnte man die ganze Region einfach ihrem Schicksal überlassen, nur, wäre dies die Lösung? Wer kann, außer den Franzosen, dem schauerlichen Treiben dieser Gruppen Einhalt gebieten? Soll man sie einfach gewähren lassen, mit welchen Folgen? Man muss – auch als Muslim – also vorsichtig sein mit einer vorschnellen Verurteilung der Franzosen; wenn auch mit einem wachsamen Auge, das beurteilt, ob die Militärführung im Umgang mit der muslimischen Zivilbevölkerung die nötige Vernunft walten lässt. Durch die Einbeziehung der Tuareg in Friedensgespräche könnte Frankreich zudem klarstellen, dass es der Militärführung nicht nur um die Sicherung von Rohstoffen und die Etablierung einer „Marionettenregierung“ geht. Es ist sicher auch kein Nachteil, wenn verantwortliche Kommandeure der Bundeswehr die Lage beobachten und insbesondere ein Auge auf die brutalen, offiziellen malischen Regierungstruppen werfen. Ein Überlassen der Angelegenheit an die afrikanischen Truppen der Nachbarländer wäre – wie die neuerlichen Übergriffe der offiziellen Truppen Malis wieder einmal zeigen – wahrscheinlich zum größeren Nachteil der Zivilbevölkerung und nur eine weitere Einladung zur Barbarei.

Kommentar: In den Konflikten Afrikas sind längst nicht nur Staaten beteiligt

(iz). Es ist der Beginn einer literarischen Karriere. Schiller schreibt die „Räuber“ und kehrt dabei geläufige moralische Bilder um. Die Guten sind auch böse, die Bösen auch gut. Die Lehre aus dem Meisterwerk, das in seiner Zeit einen Skandal auslöst, fällt mit dem Beginn einer neuen Epoche zusammen. Sie entzieht sich dem alten Schwarz-Weiß. In jedem Moment offenbart sich eine neue Wirklichkeit, die man immer neu und mit höheren Maßstäben beurteilen muss; fixe Ideologie und feste Parteiungen trüben dagegen den Blick.

Seit 1961 hat Frankreich Dutzende Male in Afrika interveniert. Dabei ging es um den Schutz dubioser Diktatoren, um Rohstoffe und um imperiale Ziele. Bis zum heutigen Tag sind marodierende Unternehmen ebenfalls an den Konflikten beteiligt. Der Krieg ist längst nicht mehr nur die Sache von Staaten, sondern wird auch zum Vorteil von börsennotierten Unternehmungen organisiert.

Der Kampf in Mali mag man nun der Einfachheit halber ebenfalls in diese Kategorie der widerwärtigen Rohstoffkriege einordnen, wäre da nicht das Phänomen, dass eine souveräne Position auszeichnet: das Erkennen der Ausnahme.

Die Horden so genannter „Islamisten“ in der Region sind tatsächlich nicht nur ein Ärgernis, sondern eine schwerwiegende Gefahr. Die ignoranten Zerstörungen in Timbuktu sprachen bereits Bände über den ideologischen Kern der Bewegung. Die kalte Umsetzung von Normen durch eine Heerschar relativ ungebildeter Raufbolde beschädigt nicht nur das Bild des Islam in der Welt, sondern birgt tatsächlich die Gefahr, dass in der Region ein bedrohliches Rückzugsgebiet für Terroristen entstehen könnte. Ein weiterer Alptraum wäre natürlich der anschließende Export des Terrors nach Europa. Es muss gleichzeitig nüchtern untersucht werden, welche Staaten, Firmen oder Parteien die Rebellen logistisch unterstützen.

Klar ist auch: Wer die isoliert agierten Rebellen und Gruppen in den Rand einer offiziellen muslimischen Bewegung befördern will, dem geht es in Wirklichkeit um eine Kampagne gegen den Islam. Die Fakten dagegen sprechen für sich. Über Jahrhunderte waren islamische Gelehrte nicht nur durch eine umfassende Bildung, sondern auch durch Nachsicht, Vorsicht und Rücksicht gekennzeichnet. Sie verkörperten – charakterlich ausgezeichnet – als ehrwürdige Persönlichkeiten das Recht. Die radikale Umsetzung einer ideologischen Systematik war ihnen so fern, wie die tägliche Reflexion über das tiefere Wesen der Gerechtigkeit ihnen nah war. Die verzweifelten Armen Afrikas sind in dieser Zeit weder das Problem, noch können sie – ohne in den Zynismus zu verfallen – ernsthaft Gegenstand von strafrechtlichen Maßnahmen sein.

Man muss – auch als Muslim – also vorsichtig sein mit einer vorschnellen Verurteilung der Franzosen; wenn auch mit einem wachsamen Auge, dass beurteilt, ob die Militärführung im Umgang mit der muslimischen Zivilbevölkerung die nötige Vernunft walten lässt. Durch die Einbeziehung der Tuareg könnte Frankreich klarstellen, dass es der Militärführung nicht nur um die Sicherung von Rohstoffen geht. Es ist auch kein Nachteil, wenn verantwortliche Kommandeure der Bundeswehr die Lage beobachten.

Ein Überlassen der Angelegenheit allein den afrikanischen Truppen wäre – wie viele Beispiele der afrikanischen Wirklichkeit zeigen – nicht unwahrscheinlich nur zum Nachteil der Zivilbevölkerung eine Einladung zur Barbarei.

Dieses Mal: ‘Abdulwahid ibn ‘Aschir Al-Maliki, Autor des „Al-Murschid Al-Mu’in“

(iz). Abu Muhammad ‘Abdulwahid Ibn ‘Aschir, von 990 bis 1040 nachchristlicher Zeitrechnung, war einer der großen Gelehrten auf dem Gebiet des heutigen Marokko. Seine Abstammung reichte bis in die Zeit […]

IZ+

Weiterlesen mit dem IZ+ (Monatsabo)

Mit unserem digitalen Abonnement IZ+ (Monatsabo) können Sie weitere Hintergrundbeiträge, Analysen und Interviews abrufen. Gegen einen Monatsbeitrag von 3,50 € können Sie das erweiterte Angebot der Islamischen Zeitung sowie das ständig wachsende Archiv nutzen.

Abonnenten der IZ-Print sparen beim IZ+ Abo 50%.

Wenn Sie bereits IZ+ Abonnent sind können Sie sich hier einloggen.

* Einfach, schnell und sicher bezahlen per Paypal, Kredit-Karte, Lastschrift oder Banküberweisung. Das IZ+ Abo verlängert sich automatisch um einen Monat, wenn es nicht vorher gekündigt wurde. Sie können ihr bestehendes Abo jederzeit auf der Mein Konto-Seite kündigen.