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Muslimfeindlichkeit: Wie der UEM-Bericht zum Opfer wurde

Muslimfeindlichkeit Islamkonferenz debatte

Anstatt Muslimfeindlichkeit aktiver zu bekämpfen, nahm das BMI einen substanziellen Bericht zum Thema zeitweise vom Netz. (iz). Der Bericht „Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz 2023“ hätte den Weg zur Gleichberechtigung […]

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Hausaufgaben für Redaktionen bei Muslimfeindlichkeit

Muslimfeindlichkeit

Die neuen deutschen Medienmacher*innen analysieren die UEM-Studie über Muslimfeindlichkeit in medialer Hinsicht. (iz). Der erst im vergangenen Jahr vorgelegte Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM) geriet kürzlich unfreiwillig in die […]

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Gegen Hass, aber ohne die Semantik des Rechtsextremismus

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Der Protest gegen die Deportationspläne der AfD ist notwendig, aber seine Semantik muss sich ändern. (iz). Zehntausende Menschen gehen auf die Straßen und protestieren gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Diskriminierung, Islamfeindlichkeit und […]

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Berlin-Monitor dokumentiert Vorurteile in der Hauptstadt

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Eine Erkenntnis aus dem Berlin-Monitor: Viele Moscheegemeinden, die ihre Türen öffnen, sind in Berlin engagiert und erfolgreich. (iz). Berlin ist eine weltoffene, moderne Stadt. Denkt man. Nach der Studie des […]

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Sieg von Wilders-Partei stärkt die antimuslimische Internationale

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Der Wahlsieg von Geert Wilders ist kein Ausreißer, sondern Folge einer europaweiten Strategie. Der Erfolg des rechtsextremen und antimuslimischen Politikers Geert Wilders bei den Wahlen in den Niederlanden wurde weithin […]

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Unser Debattenklima: Vorwärts zurück ins Gestern?

Debattenklima gesellschaft Deportationsszenarien

Das derzeitige Debattenklima erinnert viele Menschen schmerzhaft an die Monate und Jahre nach 9/11. Ein Kommentar

(IZ/KNA). Der Hamas-Terror vom 7. Oktober gegen Zivilisten in Israel und der anschließende Krieg der israelischen Armee gegen sie im dicht besiedelten Gazastreifen haben hier zu Veränderungen geführt. Manche fühlen sich an die Zeit nach dem 11. September erinnert.

Debattenklima: Terror und Krieg ziehen das Gespräch in Mitleidenschaft

Öffentliche Sympathiebekundungen für den Terror, die Hamas und andere militante Gruppen sowie Demonstrationen aus dem Umfeld der Hizb ut-Tahrir führen zu öffentlicher Empörung in der Bundesrepublik.

Staatliche Stellen und NGOs berichten von einem massiven Anstieg antisemitischer Straftaten. Am 17. November meldete das BKA, es habe seit dem Angriff rund 3.300 Straftaten mit Nahostbezug erfasst. Dabei handelte es sich vor allem um Fälle von Sachbeschädigung, Volksverhetzung und Widerstandsdelikten.

Polizeischutz vor einer Synagoge in Berlin. (Foto: Tobias Arhelger, Shutterstock)

Innenministerin Faeser zog erste Konsequenzen. Sie sprach am 2. November ein Betätigungsverbot der zuvor in Deutschland und der EU untersagten Hamas aus. Darüber hinaus sprach das BMI ein Verbot des Netzwerkes „Samidoun“ aus.

Seine Sympathisanten hatten am 7. Oktober für Aufsehen gesorgt, als sie Süßigkeiten an Passanten als Reaktion auf den Terror gegen israelische Zivilisten verteilten.

Unterscheidungsloser, öffentlicher Druck auf AraberInnen und MuslimInnen

Parallel dazu häufen sich immer neue Distanzierungsforderungen an MuslimInnen und AraberInnen – von Habeck bis Steinmeier. Derzeit lässt sich eine politisch und wirtschaftlich angeschlagene Ampel durch die verbale Radikalisierung von Union und AfD-Erfolgen treiben. Unabhängige Stimmen – von deutsch-jüdischen Intellektuellen bis zu Juristen – halten dagegen und mahnen zu Differenzierung.

In einem Interview wandte sich die bekannte jüdische Kinderbuchautorin Eva Lezzi gegen die momentane Rhetorik aus der Politik. Zweifelsohne müsse ein von Muslimen ausgehender Antisemitismus strafrechtlich verfolgt werden. Aber es gebe „auch einen politischen Diskurs, der etwas daraus schlägt, wogegen ich mich heftig wehre – nämlich ein gegeneinander Ausspielen von jüdischen und muslimischen Minderheiten und Positionen“, sagte die Autorin weiter.

Dass es unter deutschen MuslimInnen Stimmen gibt, die Antijudaismus in eigenen Reihen zurückweisen, geht im jetzigen Klima unter. Am 9. November, dieses Jahr der 85. Jahrestag der „Reichspogromnacht“, solidarisierte sich Mazyek mit JüdInnen. „Heute zum 9. November gedenken auch wir deutschen Muslime der getöteten Juden. Der barbarische Völkermord und Holocaust erwuchs aus Antisemitismus und Judenhass heraus.“ Er mahnte hiesige Muslime dazu, nicht die Augen vor Ressentiments zu verschließen.

Screenshot: ZMD, Facebook

Muslime sehen Spaltung

Zwei Tage zuvor meldete sich der KRM mit einer Stellungnahme zum bundesdeutschen Debattenklima zu Wort. Der derzeit „herrschende Diskurs in Deutschland“ spalte die Gesellschaft. Medien würden den Eindruck erzeugen, es gäbe jetzt nur ein pro-israelisches und pro-palästinensisches Lager. „Wer genau hinschaut, sieht: Die allermeisten Menschen fordern das Ende der Gewalt und Frieden – auf beiden Seiten.“

Aus diesem Grund fordert er eine „Versachlichung der Debatte“ und erklärt die Notwendigkeit für ein differenzierteres Denken. Momentan würden Vorurteile und verbale Angriffe auf JüdInnen und MuslimInnen in Deutschland geschürt. „Jüdinnen, Juden und jüdische Einrichtungen sind antisemitischen verbalen und tätlichen Angriffen ausgesetzt.

Seit der Gewalteskalation in Nahost leben sie in großer Sorge vor Übergriffen.“ Von dieser Gewalt seien hiesige MuslimInnen und Moscheen ebenfalls betroffen. So habe man seit dem 7. Oktober „Dutzende Angriffe auf Muslime und Moscheen“ verzeichnet.

Widerspruch gegen Generalverdacht

Insbesondere unter arabischstämmigen Deutschen kommt Widerspruch gegen undifferenzierte Distanzierungsforderungen auf. Während die Politik extreme Zirkel nicht erreiche, so die Kritik, würde ein personalisierter Generalverdacht andere Segmente treffen: erfolgreiche Unternehmer, IT-Spezialisten, Designer, Publizisten, Künstler oder Entertainer. Sie fragen sich in den sozialen Netzen, warum sie sich angesprochen fühlen sollten.

Die Religionsexpertin der Bertelsmann Stiftung, Yasemin El-Menouar, sieht eine Rückkehr von Diskursen, wie man sie nach 9/11 erlebt habe. „Auch damals hat man Druck aufgebaut und von Musliminnen und Muslimen in Deutschland gefordert, sich zu positionieren“, zitierte sie ein Hintergrundtext der dpa. Gesamtgesellschaftlich würden Muslime erneut mitverantwortlich gemacht. Sie erlebe da „eine große Frustration“. 

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Gibt es einen Generalverdacht gegen Muslime?

Generalverdacht

Generalverdacht: Seit der Terrorattacke der Hamas auf Israel und Angriffen auf Gaza sehen sich viele Muslime in Deutschland einem allgemeinen Verdacht ausgesetzt.

Köln/Berlin (dpa, iz). Amira ist auf dem Weg zur Kita, um ihre Tochter abzuholen, als ein Mann sie als „Terroristenschlampe“ beschimpft, den Kinderwagen umwirft. „Mehrere Personen haben das aus nächster Nähe mitbekommen, sind aber nicht eingeschritten“, schildert die 30-Jährige aus Köln. Von Yuriko Wahl-Immel

„Die Attacke war beängstigend, ebenso die Tatsache, dass es keine Zivilcourage gab.“ Amira ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, ist Rassismusforscherin, selbstbewusst, trägt Kopftuch.

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober sei das Klima rau und feindselig für viele „muslimisch markierte“ Menschen geworden, die wegen ihres Äußeren als muslimisch gedeutet und deshalb angefeindet würden. Eine in Berlin aufgewachsene Juristin (29) sagt ähnlich, sie werde beleidigt, angepöbelt, fühle sich nicht mehr sicher.

Foto: , via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-2.0

Vom Generalverdacht zu Angriffen?

Der Zentralrat der Muslime (ZMD) oder die DITIB sprechen von einem Generalverdacht, beklagen Angriffe auf Muslime und Moscheen. Amira und viele ihrer Bekannten spüren das im Alltag deutlich. „Es ist eine rassistisch aufgeladene Veränderung in der Gesellschaft spürbar“, beschreibt sie.

Sieist eloquent, schreibt ihre Doktorarbeit – und hört in den vergangenen Wochen immer wieder von Wildfremden, sie solle „erst mal Deutsch lernen“ oder sich an „deutsche Regeln“ halten. Sie weiß von mehreren „muslimisch markierten“ Menschen, die in den letzten Wochen ihre Jobs verloren haben, „weil sie sich irgendwie mitfühlend propalästinensisch geäußert haben“.

Kommunikationsprobleme

Foto: Palestinian News & Information Agency (Wafa) in contract with APAimages, via flickr | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Was hat sich nach dem 7. Oktober für Muslime verändert?

Viele Muslime haben das Gefühl, dass sich die Situation nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA nun für sie wiederhole, sagt Yasemin El-Menouar, Religionsexpertin der Bertelsmann Stiftung. „Auch damals hat man Druck aufgebaut und von Musliminnen und Muslimen in Deutschland gefordert, sich zu positionieren.“

In der Gesamtbevölkerung gehe der Blick auf die Muslime erneut reflexartig auf ihre vermeintlichen Herkunftsländer, als seien sie deren Stellvertreter und quasi mitverantwortlich für dortige Ereignisse und Taten. „Ich erlebe da eine große Frustration.“ Im aktuellen Nahost-Konflikt sehe sie unter den Muslimen hierzulande viel Mitgefühl und tiefe Verbundenheit mit der Bevölkerung auf beiden Seiten.

ZMD-Chef Aiman Mazyek berichtet, Kinder und Jugendliche aus den muslimischen Communities fühlten sich in den Schulen mitunter stigmatisiert. In Einzelfällen habe es „Gesinnungstests“ in Schulen gegeben. Darin sei die Haltung von Schülern mit muslimischem Hintergrund zum Nahostkonflikt und zur Hamas abgefragt worden.

Es werde versucht, auch die Einstellung der Eltern auszuhorchen – das sei inakzeptabel. Und er stellt klar: „Antisemitismus ist eine Sünde im Islam.“ In Deutschland leben 5,5 Millionen Muslime, unter den Bundesländern besonders viele in Nordrhein-Westfalen.

Woher kommen solche pauschale Unterstellungen?

El-Menouar zufolge besteht schon seit langem eine große Skepsis gegenüber Muslimen und ihrer Religion. „Der Islam wird weniger als Religion gesehen, sondern in der Nähe von Islamismus und Terror verortet. Muslimen wird unterstellt, dass sie religiös begründeten Extremismus und Terror akzeptieren.“

Muslimische Dachverbände hätten den Hamas-Terror mehrfach verurteilt, seien vehement für ein sicheres jüdisches Leben eingetreten und würden doch immer wieder an den Pranger gestellt, kritisiert Islamwissenschaftler Jörn Thielmann. „Viele Muslime sind deutsche Staatsbürger, sind hier aufgewachsen, zur Schule gegangen und sollen sich jetzt rechtfertigen für etwas, wofür sie genauso wenig können wie der katholische Herr Müller oder die evangelische Frau Meyer.“

Muslime KRM

Foto: Koordinationsrat der Muslime

Welche Folgen hat das für die Gesellschaft?

Vor allem bei jüngeren Muslimen sei zu befürchten, dass es längerfristige Folgen haben werde, wenn sie sich stigmatisiert und gekränkt fühlten, sie zu Unrecht als „Terroristen-Versteher oder Terroristen-Sympathisanten gelabelt“ würden, glaubt Thielmann.

Von einer gesellschaftlichen Spaltung spricht Dirk Halm vom Zentrum für Türkeistudien. Diese komme „in einem immer unverhohlener grassierendem Antisemitismus, aber auch in Muslimfeindlichkeit zum Ausdruck“. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte jüngst für ein friedliches Zusammenleben ohne Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit zu einem Runden Tisch geladen.

Mazyek warnt, gerade bei den Jüngeren könne der Generalverdacht zu einer besorgniserregenden Entfremdung führen. Einige könnten in die Fänge von Extremisten geraten. Amira schildert, es komme gegen sie und viele ihrer Bekannten zu „Mikro-Aggressionen“ – ausgrenzende, abwertende Äußerungen oder Rempeleien.

„Wir arbeiten hier, ziehen unsere Kinder groß, gestalten die Gesellschaft mit – und doch wird jetzt vermehrt unsere Zugehörigkeit in Frage gestellt.“ Und die Berlinerin sagt: „Ich habe das Gefühl, einen großen Teil dessen, was meine Identität ausmacht, nämlich palästinensisch zu sein, verbergen zu müssen, aus Angst vor negativen Reaktionen und Konsequenzen.“

Foto: Montecruz Foto, via flickr | Lizenz: CC BY 2.0

Ein differenzierter Blick wird gefordert

Auch unter Muslimen gibt es radikale Einstellungen und Israel-bezogenen Antisemitismus, weiß El-Menouar. Aber: „Wir haben Antisemitismus in Deutschland, der sich quer durch die Gesellschaft zieht, und auch ein Problem in der muslimischen Community ist. Nur diese Gruppe herauszugreifen, wäre falsch und führt zu weiterer Spaltung.“

Einige Kundgebungen würden von Islamisten geschickt für ihre Zwecke instrumentalisiert. Auch von Muslimen habe man islamistische Parolen gehört, seien Hamas-Angriffe lautstark begrüßt worden, ergänzt Thielmann. „Die Islamverbände in Deutschland treten dagegen strikt auf.“

Verbale Attacken, Aggressivität, Abgestempeltwerden – das mache mürbe, sagt die palästinensisch-stämmige Berliner Juristin. Deutschland sei ihre Heimat, aber: „Tatsächlich denke ich erstmals ernsthaft darüber nach, das Land zu verlassen und auszuwandern. Und so geht es nicht nur mir.“

Hasstiraden per Brief gegen Moscheen in Berlin und anderen Städten

Mehrere Moscheen in Berlin und anderen Teilen Deutschlands sind hasserfüllt beschimpft und beleidigt worden. Sie erhielten in den vergangenen Tagen Briefe mit Hasstiraden, die zudem Fäkalien, verbrannte Koranseiten und Schweinefleisch enthielten.

Die Berliner Polizei ermittelt in vier Fällen, bei denen drei Moscheen und ein islamischer Verband betroffen sind, wie ein Sprecher am Freitag sagte. Weitere vergleichbare Fälle seien aus anderen Bundesländern bekannt. Man stehe in Kontakt mit den Landeskriminalämtern.

Die Berliner Moscheen zeigten Fotos von den größeren Briefsendungen, die Plastikbeutel samt Inhalt enthielten. Zu sehen waren unter anderem angebrannte Textseiten, Wurstscheiben und Erde oder Dreck.

In einem ausgedruckten Text wurden in deutscher und türkischer Sprache der Koran, Allah und Mohammed höchst aggressiv beschimpft, die Rede war auch von Hundekot und weiteren ähnlichen Objekten.

Ermittelt werde wegen des Verdachts der Beschimpfung von Bekenntnisgemeinschaften und Religionsgesellschaften, so die Polizei. Man stehe in Kontakt mit den Moscheen und prüfe die Gefährdungslage. „Wir nehmen die Fälle ebenso ernst wie vergleichbare gegen jüdische Einrichtungen“, sagte ein Sprecher.

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Islamkonferenz 2023 will Zusammenhalt stärken. Einigung auf Imamausbildung

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Islamkonferenz: Die derzeitige Runde der Islamkonferenz legt ihre Schwerpunkte  auf Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit.

Berlin (dpa, KNA, iz). Großer Presse-Andrang und Sicherheitskontrollen wie auf dem Flughafen: Im Bundesinnenministerium (BMI) startete die Fachtagung der Deutschen Islamkonferenz (DIK). Ursprünglich wollte Gastgeberin Nancy Faeser (SPD) das Treffen allein dem Thema Muslimfeindlichkeit widmen.

Allerdings haben die innen- und außenpolitischen Ereignisse am 7. Oktober und danach eine kurzfristige Planungsänderung bewirkt. Das Treffen, das seit gestern läuft und heute endet, stand nun unter dem Titel: „Sozialer Frieden und demokratischer Zusammenhalt: Bekämpfung von Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit in Zeiten gesellschaftlicher Spaltung.“

„Gerade in solchen schwierigen Zeiten zeigt sich, wie wichtig die DIK ist. Denn sie ist ein Forum, in dem wir aktuelle Herausforderungen offen und auf Augenhöhe miteinander diskutieren können. Hier können wir ansprechen, was uns auf der Seele liegt – in aller Offenheit und in gegenseitigem Respekt“, so die Ministerin.

Foto: Islamrat, X

Islamkonferenz gegen Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit

Die Ministerin räumte in ihrer Rede dem Problem Antisemitismus unter Muslimen viel Raum ein. Besonders die muslimischen Dachverbände nahm sie dabei in die Pflicht: Es reiche nicht, Synagogen zu besuchen und sich gegen Judenhass zu erklären, wenn dies nicht auch in den islamischen Gemeinden und in Freitagspredigten kommuniziert werde, appelliert sie.

Die Verbände, die den Großteil der rund 2.800 Moscheen in Deutschland tragen, sind wegen der Art ihrer Verurteilung des Hamas-Terrors nach dem 7. Oktober unter Druck geraten. Anders als in früheren Jahren warem ihre Vertreter auf dem diesjährigen DIK-Treffen kaum sichtbar.

„Für mich persönlich hat das muslimische Leben in Deutschland eine große Bedeutung.“

Nancy Faeser, 21.11.2023

Faeser stellt klar: „Die furchtbaren Terrorattacken der Hamas kennen kein ‘Aber’. Denn dieser Terror verachtet alles, was wir an Werten haben.“ Wegen der Schoah sei Israels Sicherheit deutsche Staatsraison, bekräftigt sie. „Wer Bürger dieses Landes werden will, muss das wissen.“

Altbundespräsident Christian Wulff rief Muslime ebenfalls zur Selbstkritik auf. Aus Überzeugung wiederhole er aber seinen bekannten Satz „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“

Foto: ditibakademie

Namentlich Kritik an der DITIB – aber Einigung zur Imamausbildung

Den größten Moscheeverband, die von der türkischen Religionsbehörde Diyanet gesteuerte DITIB, erwähnte Faeser namentlich: Es sei bestürzend, dass jüngst in Räumlichkeiten einer ihrer Kölner Gemeinden ein ranghoher Taliban-Vertreter auftreten konnte. „Wie garantieren Sie uns allen, dass so etwas nicht mehr vorkommt?“

Nahezu zeitgleich mit dem Kölner Vorfall gab es laut Faeser aber just mit Diyanet/DITIB eine Übereinkunft zur Imamausbildung. Sie soll dazu führen, dass irgendwann keine Imame mehr aus der Türkei in die Gemeinden entsandt werden. Derzeit sind es noch fast 1.000, die als türkische Staatsbeamte für einige Jahre in Deutschland arbeiten und wenig zur Integration beitragen.

Wie BMI-Staatssekretärin Juliane Seifert der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärt, hat sich die türkische Seite bereiterklärt, ihre Gemeinden nach und nach nur noch mit Imamen aufzufüllen, die in Deutschland ausgebildet wurden. 

Die Einrichtungen dafür seien das verbandseigene Seminar bei Köln und das vom Land Niedersachsen finanzierte Islamkolleg Deutschland in Osnabrück. Das ist zweifellos ein Durchbruch, auf den die DIK lange hingearbeitet hat. Allerdings dürfte das Endergebnis Jahre dauern, räumt Seifert ein.

Die DITIB-Einrichtung in Dahlem bei Köln zur Ausbildung islamischer Religionsbeauftragter wurde 2020 gegründet. Laut dem Dachverband sollten bis Ende 2023 die ersten rund 30 AbsolventInnen, davon gut zwei Drittel Frauen, ihre Prüfungen abschließen und damit ihre Arbeit in Gemeinden des Verbands beginnen können. 

Als Imame, die etwa das Freitagsgebet leiten und als Geistliche bei Hochzeiten und Beerdigungen wirken sowie in der Krankenhaus- und Gefängnisseelsorge tätig sind, können bei Ditib nur Männer fungieren.

Als kleinen Schritt nach vorn hat die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Lamya Kaddor, die Vereinbarung zur Imam-Ausbildung bezeichnet. Dennoch seien die großen Fragen im Verhältnis des Staates zu den Verbänden weiter ungelöst, sagte sie am Mittwoch im Deutschlandfunk.

Saba-Nur Cheema Muslimfeindlichkeit CLAIM

Foto: Prostock-studio, Shutterstock

Anlaufstellen für Muslimfeindlichkeit

Zur Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit kündigt Faeser für 2024 neue Initiativen an, etwa eine genauere Dokumentation und Anlaufstellen für Betroffene. Die Antwort auf Antisemitismus darf nach ihren Worten kein Islamhass sein. Die meisten der mehr als 5,5 Millionen Muslime in Deutschland seien in der demokratischen Gesellschaft verwurzelt. „Wir dürfen uns nicht spalten lassen.“

Anlass für den Schwerpunkt war im Juni der Bericht eines „Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit“ im Auftrag des BMI. Antimuslimischer Rassismus und Diskriminierung sind demnach in der Gesellschaft weit verbreitet und alltägliche Realität, etwa gegen Kopftuchträgerinnen, auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt.

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USA: Der Hass im Netz eskaliert

USA

In den USA schwappt seit dem Angriff der Hamas eine Welle von Hass durch das Internet. In Netzwerken erreichen Antisemitismus und Muslimfeindschaft Rekordhöhen. Bürgerrechtler sind alarmiert.

Washington (KNA) Sacha Baron Cohen hält mit seiner Empörung nicht hinter dem Berg. „Schämt Euch“, rief er in einer Video-Konferenz vergangene Woche führenden TikTok-Mitarbeitern zu. Der bekannte Komiker und Schauspieler meinte das in diesem Fall sehr ernst. Von Bernd Tenhage

Zusammen mit mehreren jüdischen US-Prominenten hatte er in dem virtuellen Gruppengespräch TikTok aufgefordert, mehr gegen den inflationären Antisemitismus im Netz zu tun. „Was bei TikTok passiert, ist die größte antisemitische Bewegung seit den Nazis.“

Der Hass in den USA ist online auf dem Vormarsch

Und nicht nur dort. Seit Wochen sind Hassparolen auf Social-Media-Plattformen wie X, dem früheren Twitter, Facebook und Instagram auf dem Vormarsch. Das gilt auch für antimuslimische Attacken.

Den Hashtag #HitlerWasRight übernahmen innerhalb eines Monats X-User in mehr als 46.000 Beiträgen, oft in Verbindung mit Aufrufen, gewaltsam gegen Juden vorzugehen. Im gleichen Zeitraum teilten zehntausende Islamfeinde den Hashtag #DeathtoMuslims bei X.

Das Ausmaß des gegenüber Juden und Muslimen im Netz zum Ausdruck gebrachten Hasses nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober hat selbst Kenner der Szene, wie die Experten der gemeinnützigen Organisation „Global Project Against Hate and Extremism“, überrascht. 

Millionen gewalttätige Posts markieren einen noch nie da gewesenen Anstieg von Hetze. Auf Plattformen wie „4chan“, „Gab“ und „BitChute“ schnellten in den ersten 48 Stunden nach den Anschlägen antisemitische und islamfeindliche Beiträge um fast 500 Prozent in die Höhe.

Foto: Voyagerix, Adobe Stock

Vervielfachung hasserfüllter Postings

Laut der jüdischen Bürgerrechtsorganisation „Anti-Defamation League“ verzehnfachten sich seit dem 7. Oktober allein auf Elon Musks Kurznachrichtendienst X die antijüdischen Beiträge. Bei Facebook stieg die Quote um fast 30 Prozent. Parallel wuchs die antimuslimische Hetze nach Angaben des Londoner „Institute for Strategic Dialogue“ bei X um mehr als das Vierfache.

Der Dachverband der Muslime in den USA, CAIR, schlägt Alarm. „Sowohl die Islamophobie als auch der gegen Araber gerichtete Rassismus sind in einer Weise außer Kontrolle geraten, wie wir es seit fast zehn Jahren nicht mehr erlebt haben“, so CAIR-Forschungsdirektor, Corey Saylor.

Besorgniserregend ist das plötzliche Interesse junger Amerikaner an dem Auftraggeber des Terrors vom 11. September 2001, Osama bin Laden. Dessen von Influencern ausgegrabener „Brief an Amerika“ verbreitet sich wie ein Lauffeuer, obwohl das Hasspamphlet aus dem Jahr 2002 stammt. 

Darin rechtfertigt Bin Laden den Terror von Al-Kaida unter anderem mit der Situation der Palästinenser. Der britische „Guardian“ hatte den fast 4.000 Wörter umfassenden Brief seinerzeit zur Dokumentation ins Englische übersetzt und publiziert. Die Zeitung löschte ihn aus dem Archiv, während TikTok den Hashtag #lettertoamerica in der Suchfunktion sperrte.

Dass er im Extremfall von jungen Amerikanern zum Freiheitskämpfer stilisiert wird, korrespondiert mit den erkennbaren Trends in einer aktuellen YouGov-Umfrage. Demnach hält nur jeder zweite US-Amerikaner zwischen 18 und 29 Jahren die Hamas für eine Terrororganisation. Obwohl sie am 7. Oktober rund 1.200 Zivilisten ermordete, mehr als 200 Geiseln nahm und ihre eigene Bevölkerung schutzlos ließ.

Foto: James Duncan Davidson | Urheber: James Duncan Davidson | Lizenz: CC BY-NC 3.0

Scharfe Kritik an Techno-Oligarchen

Scharf in die Kritik geriet der Besitzer des Netzwerks X selbst. Dem Beitrag eines Nutzers, der in einem Post den Juden selbst die Schuld an dem Hass gegen sie gab, spendierte Elon Musk ein „Like“ mit der Bemerkung, „Sie haben gesagt, wie es ist.“

Der Technologiekonzern IBM, Apple und andere Unternehmen kündigten daraufhin ihre Werbebudgets auf der Plattform. Andere prüfen, dem Beispiel zu folgen.

Der Judenhass im Netz hat seit dem 7. Oktober ein neues Gesicht, beobachtet Adi Cohen, Geschäftsführer der Forschungsgruppe Memetica, die digitale Trends verfolgt. Einige antisemitische Nutzer sähen darin „eine Gelegenheit, die Ermordung von Juden online zu feiern“. Sie versuchten, ein Publikum für ihre Hetze zu erreichen, die früher tabu war. „Dies ist ein großer Wachstumsmoment für sie.“

Was im Netz derzeit eskaliert, könnte schon bald im realen Leben gefährlich werden, warnt das US-Heimatschutzministerium. „Gezielte Gewalttaten könnten mit dem Fortschreiten des Konflikts zunehmen.“

TikTok zeigt sich nach dem Treffen mit den jüdischen Prominenten nachdenklich. Es sei ihm peinlich, das sagen zu müssen, aber er habe die Botschaft der Kritiker verstanden, so Adam Presser, operativer Leiter von TikTok und selbst Jude. Es sei „niederschmetternd“ zu sehen, wie viele Nutzer sich angewidert von der Plattform verabschiedeten.

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Muslimfeindlichkeit ist ein europäisches Problem

Muslimfeindlichkeit

Muslimfeindlichkeit ist nach wie vor ein drängendes Problem in allen europäischen Staaten. Es stellt die Regierungen vor die Herausforderung. Der 21. September wurde zum Europäischen Aktionstag gegen Islamophobie erklärt. Wir […]

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