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Die Posse um den Verteidiger

Posse Verteidiger Nationalmannschaft Antonio Rüdiger

Es ist eigentlich nur eine Posse, allerdings mit einem ernsten Hintergrund. Was ist geschehen? Der deutsche Nationalspieler Antonio Rüdiger begeistert mit seinen Kollegen in Lyon das Publikum. Bei dem Auswärtssieg in Frankreich wird die Mannschaft seit längerer Zeit wieder gefeiert.

Kurz vor der Europameisterschaft scheint so etwas wie ein harmonisches Gefüge zu entstehen, brillante Techniker, Arbeiter und Kämpfer harmonieren auf dem Spielfeld. Dann der sogenannte Skandal: Auf Instagram wird ein Bild des Abwehrspielers ausgegraben. Der Fußballer posiert auf dem Gebetsteppich, mit erhobenem Tauhid-Zeigefinger und symbolisiert so den ersten Teil des muslimischen Glaubensbekenntnisses. Nebenbei wünscht er allen Muslimen einen gesegneten Ramadan.

Das Ganze ist offensichtlich harmlos. Die Folgen sind extrem: Rechtspopulisten hetzen gegen den Nationalspieler. Markierer aus der rechtspopulistischen Ecke versuchen, die Deutungshoheit zu übernehmen und rücken die Geste, und damit Rüdiger selbst, mit Hilfe abenteuerlicher Assoziationsketten in das Milieu von Islamisten, genauer Terroristen, ganz genau Mörder. Die offensichtliche Rufschädigung wird unter der Rubrik Meinungsfreiheit versteckt. Es gibt weder ein Indiz noch eine einzige inhaltliche Aussage des Spielers, die man bemängeln könnte.

Die irre Logik dahinter folgt dem Argument, dass die im Islam bekannte Geste islamistisch sei, weil Extremisten sie missbrauchen. Genauso sinnvoll wäre es zu behaupten, dass die Deutschlandfahne, die in den Stadien gewedelt wird rechtsextrem sei, weil Rechtsextreme sie zu oft missbrauchen. Wie gesagt, es ist eine Posse. Das Schema ist allbekannt, der Islam wird von interessierter Seite aus den Extremen heraus definiert. Die Wirkung auf das einfache Publikum in den Stadien ist fatal, von Fair Play keine Spur.

Posse hin oder her – Anzeige ist raus

Machen wir uns nicht vor: Dass ein bekennender Muslim in der Nationalmannschaft spielt, ist für rechte Hools die eigentliche Provokation. Rüdiger bleibt keine Wahl. Er reagiert mit einer Strafanzeige gegen den NIUS-Redakteur Reichelt bei der Berliner Staatsanwaltschaft. „Wegen Beleidigung bzw. Verleumdung, verhetzender Beleidigung sowie Volksverhetzung“, wie es in der Anzeige heißt. Der DFB erstattete ebenfalls Anzeige, meldete den Reichelt-Tweet gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft als „Hate Speech“. Schön wäre es auch, wenn die Mitspieler sich solidarisch zeigen würden, Fußballer, die Rüdiger seit Jahren kennen.

Grund für Bewunderung gibt es genug. Nicht nur auf dem Spielfeld. Der gute Mann ist ein Weltenbummler in Sachen Fußball, spielte in Stuttgart, Rom, London und seit einiger Zeit in Madrid. Sein Beispiel zeigt Millionen junger Muslime, dass man es in Deutschland schaffen kann. Jetzt zeigt ihnen der Fall, dass ein einfaches Bekenntnis zur eigenen Religion gefährlich ist. Sie werden genau beobachten, ob nach dem Foul wenigstens die Ehrenrettung gelingt.

Nicht nur Verteidiger – auch Modellathlet

Der Sportler ist nicht nur ein Modellathlet, sondern auch ein harter Arbeiter, der sich aus einfachen Verhältnissen ins Rampenlicht gearbeitet hat. Antonio Rüdigers Mutter stammt aus Sierra Leone und war aufgrund des dort herrschenden Bürgerkriegs nach Deutschland geflohen.

Rüdiger wuchs mit vier Schwestern und seinem acht Jahre älteren Halbbruder Sahr Senesie in seiner Geburtsstadt Berlin im Bezirk Neukölln bei seiner alleinerziehenden Mutter auf. Eine Karriere in Deutschland für die man sich nicht schämen muss. Ganz im Gegenteil. Antonio Rüdiger sorgt nicht nur für Stabilität in der Abwehr des Teams, er ist Teil der Mannschaft, unserer Mannschaft. Er braucht nun Millionen Verteidiger, sonst wird aus der Posse endgültig ein Skandal.

Kommentar: Frankreich fliegt und diskutiert. Deutschland gewinnt und vergleicht. Von Morad Bouras, Bielefeld

(iz). Vor zwölf Jahren gewann Frankreich die Fußball-Weltmeisterschaft, zwei Jahre später die Europameisterschaft. Das Team bestand überwiegend aus Spielern, die aus ehemaligen Kolonien stammen. Das Land war stolz. Eine gelungene […]

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