, ,

Die Probleme der Konvertiten

„Egal was die Motivation am Ende ist, eine negative Darstellung von ‘Konvertiten’ hat auch den – gewollten oder unbeabsichtigten – Zweck, viele Europäer daran zu hindern, den Din für sich entdecken zu können.“
(iz). Der Begriff „Konvertit“ ist ein Unwort. Und das aus mehreren Gründen. Zunächst einmal ist er sachlich, also von der islamischen Lehre her, falsch. Wie Allah und die muslimische Tradition uns wissen lassen, wird jeder Mensch schon als Muslim geboren. „Nimmt“ er also den Islam an, dann ist das keine neue Sache, sondern Erinnerung und Bezeugung der Tatsache, dass wir alle als Muslime geboren werden. In der Öffentlichkeit schwingt darin, trotz de facto Entchristianisierung, ­etwas vom anti-kirchlichen Verräter mit. In der säkularen Variante wird auch schon mal gerne ein autoritärer Charakter oder ein psychologischer Defekt unterstellt.
Neu ist seit einigen Jahren, dass das Phänomen der salafistischen und dschihadistischen Sekten gerne als vorrangiges Problem von Konvertiten dargestellt wird. Kein Frage, es gibt die Vogels und Laus dieser Republik. Aber es gibt auch die Youssefs, die Abou Nagies und die vielen „Abus“ mit Migrationshintergrund, sodass es falsch wäre, das Problem auf ein bestimmtes Herkunftssegment zu verengen. Und vergessen wird, dass diese Leute ihre ideologische Schulung in der arabischen Welt erhielten beziehungsweise von dort beeinflusst wurden.
Eine muslimische Gemeinschaft, egal auf welcher Ebene, kann nur so gesund sein, wie es ihr gelingt, neue Elemente zu integrieren. Das war Jahrhunderte lang die Norm der muslimischen Geschichte. Alte Kulturen zerfielen, während neue Völker den Din für sich entdeckten. Ein Fakt, der insbesondere von Ibn Khaldun beschrieben wurde. Zieht eine lokale Gemeinde neue Muslime an beziehungsweise Menschen, die solche werden ­wollen, ist das ein gutes Zeichen.
Nun haben wir aber durchaus – was viele Gespräche der Redaktion zeigen – eine Lage, in der dieses Phänomen oft weder angestrebt noch überhaupt verstanden wird. Keine ­Frage, der ­sicherheitspolitische Diskurs und das Schreckensszenario radikalisierter „Konvertiten“ sind ein gefundenes Fressen für eine Effekt erheischende Berichterstattung. Aber nicht nur dort treffen neue Muslime auf ­Barrieren.
Innermuslimisch sind es gerade ethnisch geschlossene Formationen, die trotz sporadischer Übertritte in Mitgliedsmoscheen bisher kein sonderliches Interesse daran zeigten, dass die Menschen durch sie ihren Weg zur Tür des Islam finden. Viel offener sind hier vor allem übernationale Einrichtungen, Projekte, in denen Muslime der dritten Generation tonangebend sind, sowie einige sufische Tariqas, die eine sehr wichtige Rolle bei der Einladung zum Islam im Westen spielen. Anders als beispielsweise in den USA gibt es auch kaum Ansätze, neue Muslime zu sammeln und ihnen eine substanzielle islamische Bildung anzubieten, sodass sie nicht an Rattenfänger geraten. Und dieses Desinteresse verwundert durchaus, weil auf lokaler Ebene „Konvertiten“, insbesondere Frauen, bei unabhängigen Projekten und Einrichtungen eine sehr wichtige Rolle spielen. Die entsprechenden muslimischen Strukturen schneiden sich also ins eigene Fleisch, ihnen entgeht hier wichtiges Potenzial.
Und schließlich gibt es da noch eine kleine Personengruppe, die aus einem kruden Gemisch soziologischer Schlagworte, Ghetto­dünkel und abgefärbtem Ressentiment ein Problem mit „Konvertiten“ haben. Nicht, weil diese Muslime sind, sondern weil sie angeblich als „Weiße“ (einige auch noch als „Männer“) den „Migranten“ ihre kulturelle Identität wegnähmen. Das ist eine der negativen Folgen der multikulturellen Perspektive auf den Din, der so zum Bestandteil einer Nationalkultur gemacht wird.
Egal was die Motivation am Ende ist, eine negative Darstellung von „Konvertiten“ hat auch den – gewollten oder unbeabsichtigten – Zweck, viele Europäer daran zu hindern, den Din für sich entdecken zu können.

,

Hintergrund: Über deutsche Muslime. Von Abu Bakr Rieger

(iz). Mein Sohn ist 14 Jahre alt, als Sohn muslimischer Eltern in Weimar geboren, geht auf das örtliche Gymnasium und spielt in seiner Fußballmanschaft im Mittelfeld. Angesichts der aktuellen Debatte […]

IZ+

Weiterlesen mit dem IZ+ (Monatsabo)

Mit unserem digitalen Abonnement IZ+ (Monatsabo) können Sie weitere Hintergrundbeiträge, Analysen und Interviews abrufen. Gegen einen Monatsbeitrag von 3,50 € können Sie das erweiterte Angebot der Islamischen Zeitung sowie das ständig wachsende Archiv nutzen.

Abonnenten der IZ-Print sparen beim IZ+ Abo 50%.

Wenn Sie bereits IZ+ Abonnent sind können Sie sich hier einloggen.

* Einfach, schnell und sicher bezahlen per Paypal, Kredit-Karte, Lastschrift oder Banküberweisung. Das IZ+ Abo verlängert sich automatisch um einen Monat, wenn es nicht vorher gekündigt wurde. Sie können ihr bestehendes Abo jederzeit auf der Mein Konto-Seite kündigen.

,

Eine Reportage über junge Briten aus der gebildeten Oberschicht, die den Islam für sich entdecken. Von Ahmad J. Lane Poole, England

Berichte legen nahe, dass es seit dem 11. September eine Welle des Übertritts zum Islam, besonders unter einflußreichen weißen Briten, gegeben hat. Vor sechs Monaten erstieg Elisabeth L. – diplomierte […]

IZ+

Weiterlesen mit dem IZ+ (Monatsabo)

Mit unserem digitalen Abonnement IZ+ (Monatsabo) können Sie weitere Hintergrundbeiträge, Analysen und Interviews abrufen. Gegen einen Monatsbeitrag von 3,50 € können Sie das erweiterte Angebot der Islamischen Zeitung sowie das ständig wachsende Archiv nutzen.

Abonnenten der IZ-Print sparen beim IZ+ Abo 50%.

Wenn Sie bereits IZ+ Abonnent sind können Sie sich hier einloggen.

* Einfach, schnell und sicher bezahlen per Paypal, Kredit-Karte, Lastschrift oder Banküberweisung. Das IZ+ Abo verlängert sich automatisch um einen Monat, wenn es nicht vorher gekündigt wurde. Sie können ihr bestehendes Abo jederzeit auf der Mein Konto-Seite kündigen.