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„Handle!“: neues Buch zu sozialem Engagement von Juden und Muslimen

Wenn sich Menschen für soziale Zwecke einsetzen, kommt der Impuls mitunter aus der Religion. Wie das aussehen kann, zeigt jetzt ein neues Buch – vor allem anhand eines bestimmten Beispiels. […]

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Islamic Relief Deutschland Jahresbericht 2021: Perspektiven schaffen für Menschen in Not

Köln (IRD). Das Jahr 2021 markierte für die Hilfsorganisation aus Köln 25 Jahre humanitäre Arbeit für und mit Menschen in Not. Islamic Relief Deutschland stellt im Rückblick besondere Nothilfe- und Entwicklungsprogramme vor und präsentiert den jährlichen Finanzbericht 2021. Die Spenden und Fördermittel erreichten im zweiten Pandemiejahr über 25 Millionen Euro, einen Höchstwert seit der Gründung des gemeinnützigen Vereins 1996.

„Die Zahlen aus unserem Jahresbericht 2021 bedeuten für uns nicht nur den Abschluss eines erfolgreichen Geschäftsjahres als Hilfsorganisation. Es bedeutet vielmehr, dass wir trotz der verheerenden Folgen globaler Ereignisse Menschen weltweit lebensrettende Unterstützung gewährleisten konnten. Durch unsere Projekte der Humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit haben wir allein im letzten Jahr hunderttausende Menschen erreicht. Ob im Einsatz gegen Hunger, für medizinische Versorgung oder gegen die Auswirkungen der Klimakrise: Wir streben stets nach Ganzheitlichkeit und Transparenz unserer Hilfe. Sei es in Afghanistan, in Deutschland oder im Jemen, wir stehen solidarisch mit den Menschen in ihrer Not“, sagt Tarek Abdelalem, Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland.

31 Nothilfemaßnahmen weltweit: Afghanistan, Deutschland, Jemen, Sudan und Syrien

Die Hilfsorganisation reagierte mit zahlreichen Projekten der Humanitären Hilfe auf Krisen wie Hunger, Dürren, militärische Konflikte und Überschwemmungen in der Welt. Der Fokus lag dabei auf Nothilfe für Ernährungssicherheit und den Gesundheitssektor, insbesondere für Menschen im Afghanistan, Bangladesch, Jemen, Sudan und Syrien, die von Hunger, Krieg und Vertreibung betroffen sind. Insgesamt 31 Projekte der Humanitären Hilfe wurden 2021 in 28 Ländern finanziert.

Ob in Afghanistan aufgrund von Nahrungsmangel durch Dürre und Konflikt, im Sudan, wo die Überschwemmungen große Teile des Landes verwüsteten oder in Syrien und im Jemen, wo bewaffnete Auseinandersetzungen und ihre Folgen Millionen von Menschen das Leben erschwerten, in vielen Regionen hat Islamic Relief Menschen in Form von Bedarfspaketen und Wiederaufbaumaßnahmen unterstützt.

Zusätzlich wurden diejenigen, die unter gewaltsamen politischen Konflikten und den Folgen leiden, wie äthiopische Geflüchtete im Sudan oder Menschen im Jemen, mit notwendigen und lebenserhaltenden Hilfs- und Sensibilisierungsmaßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 unterstützt.

Auch hierzulande wurde umgehend auf die Flutkatastrophe im Sommer 2021 in Nordrhein-Westfalen reagiert. Unmittelbar nach der Flutkatastrophe halfen Ehrenamtliche und Mitarbeitende von Islamic Relief Deutschland im Juli und August in Erftstadt und Stolberg bei den Aufräumarbeiten. Zeitgleich wurden Nothilfeprojekte für eine längerfristige Unterstützung initiiert.

„Wir dürfen eines nicht vergessen: Die Anzahl schutzbedürftiger Menschen, die von Hunger, militärischen Konflikten und Naturkatastrophen betroffen sind, hat sich nicht nur erhöht, ihre Lage hat sich weiterhin durch die Folgen der Pandemie verschlimmert. Die Folgen halten noch immer an“, erklärt Abdelalem zum weiterhin wachsenden Bedarf an humanitärer Hilfe weltweit.

Gegen den Hunger: Nahrungsmittelhilfe zu Ramadan und Kurban für eine Million Menschen

Angaben der „Deutschen Welthungerhilfe“ zufolge litten im Jahre 2021 bis zu 811 Millionen Menschen weltweit unter chronischem Hunger. Hierfür sind verschiedene Ursachen, wie anhaltende Dürre, Naturkatastrophen und nicht zuletzt vorherrschende bewaffnete Konflikte, verantwortlich. Im letzten Jahr erreichte Islamic Relief Deutschland dank großzügigen Spenden der deutschen Spenderinnen und Spender mehr als eine Million Menschen mit Lebensmitteln zu Ramadan und Kurban.

Mit den jährlichen Ramadan- und Kurban-Projekten leistet die Hilfsorganisation ihren Beitrag zur Linderung der Hungersnot in Krisen- und Katastrophengebieten, vor allem in Afrika und Asien. Denn zum Fastenmonat Ramadan und zum Kurbanfest werden jährlich Lebensmittelpakete und Kurban-Fleisch an Bedürftige verteilt. Im Fokus stehen hier insbesondere Witwen, Waisen, Geflüchtete oder Ältere. Denn für sie ist der Zugang zu ausreichender und ausgewogener Nahrung schwieriger zu gewährleisten. Vor allem Kinder leiden am stärksten unter der herrschenden Nahrungsmittelknappheit.

6,2 Millionen Euro für ganzheitliche Entwicklungsprojekte und 11.300 Waisenkinder

Das 1:1-Waisenpatenschafts-Programm unterstützte mit 4,9 Millionen Euro im Jahr 2021 insgesamt 11.354 Waisenkinder durch die Gewährleistung von Bildung und Nahrung in 27 Ländern. Mit über 1,3 Millionen Euro wurden zudem 16 Entwicklungsprojekte in den Bereichen Gesundheit, Wasser und Sanitär, Katastrophenvorsorge und psychosoziale Unterstützung sowie Bildung und Einkommenssicherung finanziert.

Im ländlichen Bangladesch haben 1.000 Frauen eine Chance erhalten, sich durch ganzheitliche Maßnahmen beruflich weiterzubilden und sich in 40 Selbsthilfegruppen zu organisieren, die auch nach der Projektlaufzeit weiterhin aktiv sind. Die Frauen, die sich als Familienoberhaupt um ihre Familien sorgen, konnten bereits nach einigen Monaten ihr Einkommen erhöhen und somit ihre Ernährungssicherheit sowie den Zugang zum Markt und zu grundlegenden Dienstleistungen gewährleisten. Ihre ökonomische Situation und ihre Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe haben sich verbessert.

Das Ziel der Entwicklungszusammenarbeit von Islamic Relief ist immer eine Verbesserung der Lebenssituation der betroffenen Menschen in mehreren miteinander zusammenhängenden Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Wasser und Sanitär, Einkommenssicherung und Katastrophenvorsorge. Indem die Hilfe einen integrativen Ansatz verfolgt, können häufig einige oder alle dieser Bereiche zugleich abgedeckt werden. Entsprechend dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ unterstützt dies Menschen darin, ihr Leben langfristig selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu gestalten.

Inlandsaktivitäten: Über 5.000 Beratungsgespräche beim „Muslimische SeelsorgeTelefon“ und der Einsatz für Klimagerechtigkeit

In Deutschland führten die Ehrenamtlichen beim „Muslimische Seelsorge Telefon“ (MuTeS) 2021 knapp 5.556 Beratungsgespräche durch. Zudem nahm Islamic Relief Deutschland auch 2021 wieder an themenbezogenen Konferenzen und wichtigen Aktionen teil: Darunter die Teilnahme am Humanitarian Congress im Oktober mit dem Schwerpunkt „Aspiring towards global justice – a humanitarian imperative?“. Hierbei ging es um die Schnittpunkte zwischen humanitärer Hilfe und globaler Gerechtigkeit.

In Berlin und Köln war die Hilfsorganisation mit ehrenamtlichen Unterstützerinnen und Unterstützern am 24. September 2021 beim Klimastreik dabei. Islamic Relief Deutschland rief zusammen mit der Klima-Allianz Deutschland und vielen anderen Organisationen der Zivilgesellschaft zum Handeln auf, um die Klimakrise einzudämmen. Mit der Forderung „Klimagerechtigkeit jetzt!“ wiesen sie auf die spürbaren Folgen der Klimakrise hin und plädierten für mehr Handeln der Politik.  Auch beteiligt sich die Hilfsorganisation seit 2018 an der Seenotrettung im Mittelmeer von SOS MEDITERRANEE Deutschland (seit 2022 SOS Humanity), die 2021 in die dritte Phase ging.

Besonderer Dank gilt den Helferinnen und Helfern vor Ort

„Wir sind dankbar für die gelungene Umsetzung unserer humanitären Hilfe und Entwicklungsprojekte im letzten Jahr. Wir bedanken uns bei unseren Spenderinnen, Spendern und Gebern für ihr Vertrauen in uns. Besonders unseren Helferinnen und Helfern vor Ort möchten wir großen Dank aussprechen, denn nur durch sie kommt unsere Hilfe an. Nur mit ihnen können wir so viele Menschenleben schützen, trotz aller Herausforderungen und Gefahren, denen sie ausgesetzt sind. Gemeinsam machen wir 2022 weiter“, sagt der Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland.

Das gesamte Islamic Relief-Netzwerk unterstützte 11 Millionen Menschen in 36 Ländern im Jahr 2021 durch vielfältige Nothilfe- und Entwicklungsprogramme. Im Jemen und Nordsyrien, wo bereits Gesundheits- und Ernährungsprojekte durchgeführt wurden, stärkte Islamic Relief die Kapazität von Gesundheitseinrichtungen. Mehr als eine Million Menschen in Syrien wurden hierdurch erreicht und Hunderttausende im Jemen erhielten eine monatliche Lebensmittelversorgung.

Mehr Infos zum Jahresbericht 2021 von Islamic Relief Deutschland: https://www.islamicrelief.de/transparenz/jahresbericht/

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Wenn der Klimawandel alles nimmt: Islamic Relief ruft zu Hilfe für Pakistan auf

Mehr internationale Hilfe ist dringend erforderlich, um auf Pakistans schlimmste Überschwemmungen zu reagieren, bei denen ein Drittel des gesamten Landes jetzt unter Wasser steht. Islamic Relief appelliert an die internationale Staatengemeinschaft, ihre Nothilfe-Reaktion zu verstärken, um Menschen zu helfen, die an vorderster Front unter dem globalen Klimawandel leiden.

Köln (IRD). Nach den schlimmsten Überschwemmungen seit Menschengedenken in Pakistan, bei denen ein Drittel des gesamten Landes unter Wasser steht, wird dringend mehr internationale Hilfe benötigt.

Mehr als 33 Millionen Menschen – jede/r siebte/r Pakistaner/in – sind inzwischen von den Überschwemmungen betroffen, und in einigen Gebieten gibt es fast das Achtfache der normalen Niederschläge. Es wird erwartet, dass sich die Situation in den kommenden Tagen verschlimmern wird, mit weiteren Überschwemmungen, Ausbrüchen von durch Wasser übertragenen Krankheiten und Lebensmitteln, die auf den lokalen Märkten zur Neige gehen.

Pakistan produziert weniger als 1 Prozent des weltweiten Kohlenstoff-Fußabdrucks, aber die Menschen im Land leiden am meisten unter den Folgen

Waseem Ahmad, Geschäftsführer von Islamic Relief Worldwide, ist heute vor Ort in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa im Nordwesten Pakistans, um lebensrettende Hilfsgüter wie Lebensmittel und Unterkünfte bereitzustellen. Er berichtet von der Lage:

„Die Menschen hier sind die Hauptleidtragenden des globalen Klimawandels. Pakistan produziert weniger als ein Prozent des weltweiten Kohlenstoff-Fußabdrucks, aber seine Menschen leiden unter den größten Folgen. Dies sind die schlimmsten Überschwemmungen, die Pakistan je erlebt hat, und das Ausmaß der Verwüstung ist unvorstellbar.

Ich habe gesehen, wie ganze Dörfer weggeschwemmt und überflutet wurden. Ich sah kilometerweit nichts als Wasser, wo noch vor wenigen Tagen ganze Gemeinden und Häuser standen. Ich habe so viele Familien getroffen, die nur wenige Minuten vor dem Eintreffen der Fluten um ihr Leben geflohen sind und alles verloren haben, was sie besaßen – ihre Häuser sind zerstört, ihr Vieh ist verendet und ihre Ernten sind vernichtet. Sie wissen nicht, wie sie sich und ihre Kinder ernähren sollen.

Tausende von Familien stehen am Rande der Hauptstraßen, da dies der höchstgelegene Ort ist, den sie finden können, und wo sie hoffen, dass sie Hilfe bekommen können. Es bricht mir das Herz, wenn ich sehe, wie so viele Menschen aus ein paar Bettlaken und Planen-Fetzen Notunterkünfte errichten und ohne Nahrung und Wasser festsitzen.

Trotz der enormen Schäden an der Infrastruktur, wie z. B. an Straßen und Brücken, kommen die ersten Hilfslieferungen an, doch viele Menschen sind weiterhin von der Außenwelt abgeschnitten. Islamic Relief verteilt lebensrettende Hilfsgüter wie Lebensmittel, Zelte, Bargeld und Hygienekits. Aber es wird noch viel mehr Unterstützung benötigt.

Nothilfe ist dringend notwendig, um Leben und Lebensgrundlagen zu retten. Aber wir brauchen auch echte globale Maßnahmen gegen den Klimanotstand. Diese Katastrophen werden immer häufiger und schwerwiegender – Länder wie Bangladesch und Südafrika haben in diesem Jahr die schlimmsten Überschwemmungen seit Jahrzehnten erlebt, während am Horn von Afrika gerade eine noch nie dagewesene Dürre herrscht. Es ist an der Zeit, dass die Welt aufwacht und etwas gegen den Klimawandel unternimmt.”

Durch die Überschwemmungen sind bisher mindestens 1136 Menschen in Pakistan ums Leben gekommen, und es wird erwartet, dass die Zahl der Opfer weiter steigt. Da 2 Millionen Hektar Ernten vernichtet und 800.000 Tiere getötet wurden, gehen auf vielen Märkten die Lebensmittel aus, und viele Familien stehen vor dem Nichts. Es wird erwartet, dass sich die wirtschaftlichen Verluste des Landes auf Milliarden von Dollar belaufen.

Islamic Relief hat einen weltweiten Spendenaufruf für die Nothilfe gestartet und will mehr als 200.000 von den Überschwemmungen betroffene Menschen unterstützen. Die Hilfsorganisation ist in den Provinzen Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (KPK) im Einsatz und hat bisher mehr als 20.000 Menschen mit Zelten, Lebensmitteln, Bargeld, Hygienesets und anderen lebenswichtigen Hilfsgütern erreicht.

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Millionen Pakistaner von Hochwasserkatastrophe betroffen

Pakistan

Islamabad (KNA). Katholiken in Pakistan beten um Hilfe für die Millionen von der schwersten Hochwasserkatastrophe der vergangenen Jahrzehnte betroffenen Menschen. „Familien trauern um den Verlust ihrer Lieben und die Menschen sind obdachlos und hungrig“, sagte Bischof Samson Shukardin von Hyderabad dem asiatischen Pressedienst Ucanews (Montag). 90 Prozent seines Bistums in der Provinz Sindh seien überflutet und viele Kirchen, Pfarrhäuser und Schulen durch das Hochwasser beschädigt worden. Die notleidenden Menschen brauchten dringend haltbare Lebensmittel, Kleidung, Schuhe, Bettzeug, Moskitonetze, Zelte und Toilettenartikel.

„Ich mache mir auch Sorgen um die armen Bauernfamilien, die die Ernte verloren haben und neben all diesen Schäden durch weitere Kredite belastet werden, obwohl sie bereits bei ihren Landbesitzern verschuldet sind“, so der Bischof weiter. Am Sonntag gab es laut Ucanews für die Betroffenen Gebete und Spendensammlungen. Papst Franziskus rief während seines Besuches im italienischen L’Aquila zur Hilfe für die Hochwasseropfer in Pakistan auf.

Unter der Überschrift „Apokalypse Now“ schrieb die pakistanische Zeitung „The Dawn“ am Montag: „Machen wir uns nichts vor, wir erleben aktuell die größte Naturkatastrophe, die es je bei uns gab.“ Allein in Sindh sei auf den Weizen- und Reisfeldern sowie den Obstplantagen nahezu die gesamte Ernte vernichtet worden.

An den ersten Hilfseinsätzen beteiligen sich unterdessen auch Organisationen aus Deutschland. So ist das Bündnis „Aktion Deutschland Hilft“ in den Notstandsgebieten aktiv. „Viele Menschen suchen notdürftig Schutz im Freien oder müssen aus eingestürzten Häusern evakuiert werden“, sagte Manuela Roßbach, Vorständin des Bündnisses. Es handele sich um eine „sehr ernste Situation“.

Im mehrheitlich islamischen Pakistan wurden in den vergangenen Wochen 375,4 Milliliter Niederschläge gemessen. Das war nach Medienberichten nahezu dreimal mehr als der nationale 30-Jahres-Durchschnitt von 130,8 Millilitern. Besonders betroffen von den Wolkenbrüchen, die die Flüsse anschwellen ließen, sind die Provinzen Sindh und Belutschistan sowie Teile des Punjab.

Die pakistanische Regierung hat den Notstand ausgerufen. Nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde sind 116 der 160 Distrikte von dem Hochwasser betroffen, von denen 66 zu Katastrophengebieten erklärt wurden. Mehr als 1.000 Menschen sind bisher in den Fluten ertrunken. 452.000 Gebäude wurden beschädigt, 810.000 Hektar landwirtschaftlich genutzte Flächen zerstört, 793.000 Nutztiere kamen ums Leben und mindestens 17.566 Schulen wurden aufgrund der starken Regenfälle und Überschwemmungen beschädigt oder zerstört.

Laut Islamic Relief Deutschland wurden 2,6 Millionen Menschen in Not erreicht

Köln (IRD). Islamic Relief Deutschland feiert dieses Jahr 25-jähriges Jubiläum als humanitäre Hilfsorganisation. Im Jahresbericht 2020 stellt der Kölner Verein in einem Rückblick besondere Nothilfe und Entwicklungsprogramme vor und präsentierte den jährlichen Finanzbericht. Die Spenden und Fördermittel erreichten im Pandemiejahr über 23 Millionen Euro, einen neuen Höchstwert seit der Gründung des gemeinnützigen Vereins 1996.

„Der Jahresbericht 2020 bedeutet für uns mehr als ein erfolgreiches Geschäftsjahr als Hilfsorganisation. Es markiert für uns fast 25 Jahre humanitäre Arbeit für und mit Menschen in Not, auf die wir sehr stolz sind. Durch unsere Projekte der Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit, haben wir allein im letzten Jahr über 2,6 Millionen Menschen erreicht. Ob im Einsatz gegen Hunger, für medizinische Versorgung oder gegen die Auswirkungen der Klimakrise: Wir streben stets nach Ganzheitlichkeit und Transparenz unserer Hilfe. Sei es in Afghanistan, im Jemen oder hier in Deutschland, wir stehen solidarisch an der Seite schutzbedürftiger Menschen“, erklärte Tarek Abdelalem, Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland.

29 Nothilfemaßnahmen für Menschen in Not: Jemen, Südsudan, Syrien

Die Lage schutzbedürftiger Menschen, die von Hunger, Krieg und Naturkatastrophen betroffen sind, wurde durch COVID-19 und den damit verhängten Maßnahmen weltweit verschlimmert. Islamic Relief Deutschland gab 2020 knapp 2,3 Millionen Euro für Nothilfeprojekte aus und reagierte auf Krisen wie Hunger, Dürren und Überschwemmungen in der Welt. Der Fokus lag auf Nothilfe für den Gesundheitssektor, insbesondere für Menschen im Jemen und Syrien, die von Krieg und Vertreibung betroffen sind.

Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 und zur Sensibilisierung für das Virus standen zudem in Äthiopien, Gaza und Südsudan im Fokus. Schutzbedürftige Menschen in Bosnien und im Südsudan oder syrische Geflüchtete in Jordanien erhielten Hygieneartikel. In Albanien und im Gaza-Streifen unterstützte Islamic Relief Familien mit Lebensmitteln. Durch gezielte Winterhilfe konnten Menschen in Afghanistan, Jordanien, Myanmar und im Libanon vor der Kälte des Winters geschützt werden.

5,7 Millionen Euro für ganzheitliche Entwicklungsprojekte und Waisenkinder

Das 1:1-Waisenpatenschafts-Programm unterstützte mit 4,3 Millionen Euro im Jahr 2020 insgesamt 9988 Waisenkinder durch Bildung und Nahrung in 28 Ländern. Mit über 1,4 Millionen Euro wurden zudem 21 Entwicklungsprojekte in den Bereichen Gesundheit, Wasser und Sanitär, Katastrophenvorsorge und psychosoziale Unterstützung sowie Bildung und Einkommenssicherung umgesetzt. In Pakistan ging das Projekt zur Förderung von Straßenkindern in die zweite Phase. Und in Mali und Südafrika setzte sich Islamic Relief Deutschland für den Schutz und die soziale und wirtschaftliche Förderung von Frauen ein.

In Koulikoro in Mali arbeitete Islamic Relief mit 40 Glaubens-und Gemeindeführenden zusammen, um sie für Kinder- und Frauenrechte zu sensibilisieren. Hierbei stand besonders das Wissen um die Gefahren weiblicher Genitalverstümmelung/-beschneidung (FGM/C) im Vordergrund. Mehr als 370 Mädchen konnten dadurch vor der grausamen und gesundheitsgefährdenden Praxis bewahrt werden. Und über 600 Kinder wurden vor Kinderarbeit und Zwangsehe geschützt.

Inlandsaktivitäten 2020: Das „Muslimische SeelsorgeTelefon“ und Aktivitäten

In Deutschland führten die Ehrenamtlichen beim „Muslimische Seelsorge Telefon“ (MuTeS) 2020 knapp 5.880 Beratungsgespräche durch. Zudem nahm Islamic Relief Deutschland auch 2020 wieder an themenbezogenen Konferenzen und wichtigen Aktionen teil: Darunter Demonstrationen für Klimagerechtigkeit, dem Regional Strategy Meeting MENA in Istanbul von Islamic Relief Worldwide und einer Fachtagung zur Katastrophenvorsorge 2020, die vom Deutschen Roten Kreuz organisiert und von Auswärtigen Amt gefördert wurde.

Spendenkampagnen zu Ramadan und Kurban: Fast 1 Million Menschen erreicht

Zum islamischen Fastenmonat Ramadan erreichte die Lebensmittelhilfe von Islamic Relief Deutschland mehr als 175.000 Menschen in 31 Ländern. Mehr als 815.000 Menschen in 29 Ländern wurden durch Spenden zu Kurban mit Fleisch versorgt. Mit den umgesetzten Spenden wurden zu beiden Kampagnen also über 990.000 Menschen, knapp 1 Million, mit Lebensmitteln versorgt. Zudem freuten sich insgesamt mehr als 19.000 Kinder und Jugendliche an den Festtagen über ein Festtagsgeschenk.

„Wir sind dankbar für die erfolgreiche Umsetzung unserer humanitären Hilfe und Entwicklungsprojekte trotz der COVID-19 Pandemie. Wir danken unseren Spenderinnen und Spendern und Gebern für ihr Vertrauen in uns. Auch unseren Helferinnen und Helfern vor Ort möchten wir großen Dank aussprechen. Nur durch sie kommt unsere Hilfe an, nur mit ihnen können wir Menschenleben schützen, trotz aller Herausforderungen. Gemeinsam machen wir weiter“, betonte Nuri Köseli, stellvertretender Geschäftsführer von Islamic Relief Deutschland.

Das gesamte Islamic Relief-Netzwerk unterstützte 13 Millionen Menschen in 39 Ländern im Jahr 2020 durch vielfältige Nothilfe- und Entwicklungsprogramme. Als Reaktion auf den Ausbruch der Pandemie und um den Auswirkungen des Virus auf besonders gefährdete Länder zu mildern, beschloss das weltweite Islamic Relief-Netzwerk zudem sofortige Nothilfemaßnahmen in Höhe von 10 Millionen US-Dollar. Im Jemen und Nordsyrien, wo bereits Gesundheits- und Ernährungsprojekte durchgeführt wurden, stärkte Islamic Relief die Kapazität von Gesundheitseinrichtungen. 3,6 Millionen Menschen im Jemen erhielten lebenswichtige Unterstützung und insgesamt 364 lebensverändernde Projekte wurden weltweit gemeinsam umgesetzt.

Mehr Informationen zum Jahresbericht 2020 von Islamic Relief Deutschland unter: https://www.islamicrelief.de/transparenz/jahresbericht/ 

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Führt die Machtübernahme der Taliban zu einer Wirtschaftskrise?

Afghanistan übernahmen die Taliban in Windeseile. Nun beginnen die Mühen der Ebene: das Regieren eines armen Landes. Wichtige Geber haben Hilfen erstmal eingefroren. Den Taliban könnte bald das Geld ausgehen – sie haben aber auch Trümpfe in der Hand. Von Jürgen Bätz

Washington/Kabul (dpa/iz). Nach der Machtübernahme ist vor der nächsten Krise: Afghanistans Wirtschaft steht ein schwerer Einbruch bevor, im Land sind Armut und Hunger verbreitet, der Regierung geht das Geld aus. Die Taliban haben in Kabul das Zepter übernommen, aber nun müssen die selbst ernannten Gotteskrieger erstmals seit einer Generation wieder ein Land regieren. Sie müssen versuchen, für Stabilität zu sorgen und für geschätzt 37 Millionen Menschen eine Grundversorgung sicherzustellen. Die gestürzte Regierung konnte dafür auf massive Hilfe aus dem Ausland bauen. Die Taliban hingegen könnten eher auf das brutale Eintreiben von Steuern und auf den Handel mit Opium setzen.

Ausländische Geber, allen voran die USA, Deutschland und andere Europäer, finanzierten in dem armen Land nach US-Angaben zuletzt rund 80 Prozent der Ausgaben der Regierung. Nun liegen milliardenschwere Hilfszusagen auf Eis. Auch auf eine andere mögliche Geldquelle, die im Ausland gehaltenen afghanischen Währungsreserven von rund neun Milliarden US-Dollar, haben die Taliban vorerst keinen Zugriff.

Für die Zukunft der Menschen in Afghanistan ist es nun entscheidend, welchen Weg die Taliban einschlagen werden: Wird es ein brutales Regime geben, das Afghanistan international zu einem Paria-Staat macht? Oder wird es eine zwar islamistische, aber dennoch etwas gemäßigtere Regierung geben, die auf eine Anerkennung durch die internationale Gemeinschaft setzt, um für die arme Bevölkerung Hilfen zu bekommen?

Seit dem Sturz der Taliban vor 20 Jahren ist die Wirtschaft sehr stark gewachsen. Die internationale Unterstützung für Afghanistan machte 2020 nach Angaben der Weltbank aber mehr als 40 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes von rund 20 Milliarden US-Dollar aus. Trotz der Hilfen gehört Afghanistan einem Entwicklungsindex der Vereinten Nationen (UN) zufolge weiter zu den ärmsten Ländern der Welt (Platz 169 von 189 Staaten). Aktuell ist die humanitäre Lage wegen einer schlimmen Dürre, der Corona-Pandemie und den Folgen des jahrzehntelangen Konflikts besonders kritisch. Etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt UN-Angaben zufolge in Armut und ist auf Unterstützung angewiesen, darunter etwa zehn Millionen Kinder. Das Welternährungsprogramm (WFP) schätzt, dass rund 14 Millionen Menschen nicht genug zu Essen haben.

Von 1996 bis 2001 regierten die Taliban in Afghanistan mit einer extrem strikten Auslegung des islamischen Rechts, der Scharia. Frauen und Mädchen hatten damals kaum Rechte, Verbrechen wurden drakonisch bestraft – mit teils barbarischen Mitteln bis hin zu Steinigungen. Sollte es wieder so kommen, dürften die meisten ausländischen Geber fern bleiben. Im Fall einer humanitäre Katastrophe dürften mehr Afghanen die Flucht ins Ausland anstreben, auch nach Europa.

Eine isolierte Regierung der Taliban wäre jedoch keineswegs mittellos. In Gebieten, die sie schon bisher kontrollierten, standen sie im Ruf, Steuern und Zwangsabgaben konsequent – und teils auch brutal – einzutreiben. Außerdem haben sie im großen Stil Schutzgeld erpresst. Unter anderem mit diesen Einnahmen finanzierten die Islamisten auch den Kampf gegen die Regierung. Zudem haben die Taliban nun zwei Trümpfe in der Hand: den Handel und das Opium.

Die Einnahmen durch Zollgebühren, also aus dem Handel mit dem Iran, Pakistan und anderen Nachbarn, dürften wieder kräftig sprudeln, sobald im Land eine gewisse Stabilität eingekehrt sein wird. Hinzu kommt der illegale, aber lukrative Anbau von Schlafmohn, aus dem Opium hergestellt wird. Dabei geht es um viel Geld: Afghanistan produziert UN-Angaben zufolge rund 85 Prozent des weltweit hergestellten Opiums – Grundstoff von Heroin. Die Taliban können bei Anbau, Herstellung und Handel die Hand aufhalten und Gebühren einfordern. Gleiches gilt für die Herstellung der Droge Methamphetamin.

Während ihrer früheren Regierungszeit hatten die Taliban den Anbau von Opium zeitweise offiziell verboten. Berichten zufolge blieb der Handel mit dem Stoff aber stets eine extrem wichtige Einnahmequelle für sie. Bei der ersten öffentlichen Pressekonferenz des Taliban-Sprechers in Kabul vor wenigen Tagen versicherte Sabiullah Mudschahid, dass man vom Drogenanbau künftig Abstand nehmen werde. „Wir versichern unserer Nation und der Welt, dass Afghanistan nicht das Zentrum der Opiumproduktion sein wird“, sagte Mudschahid. Und fügte eine persönliche Note hinzu, um sein Anliegen zu unterstreichen: Es habe ihn sehr traurig gemacht, als er nach seiner Ankunft in Kabul Jugendliche sah, die Drogen nahmen.

Eine weitere Geldquelle ist der Bergbau und der Export von Mineralien und Edelsteinen. Auch müssen die Taliban künftig weniger für Waffen ausgeben, denn sie haben direkten Zugriff auf die Ausrüstung der zuletzt rund 300.000 Mann starken afghanischen Sicherheitskräfte – die über Jahre hinweg maßgeblich vom US-Militär hochgerüstet worden waren.

Doch Waffen und Nachtsichtgeräte kann man nicht essen. Das UN-Nothilfebüro (OCHA) warnte jüngst: „Die humanitäre Krise in Afghanistan verschärft sich rapide.“ Der Vormarsch der Taliban habe zu neuen Fluchtbewegungen geführt. „Die Menschen in Afghanistan brauchen unsere Hilfe jetzt mehr denn je“, hieß es in einem gemeinsam Appell der Helfer.

Die internationale Gemeinschaft setzt nun auf Abwarten und scheint zu hoffen, die Hilfsgelder als Druckmittel nutzen zu können, um zumindest eine Mäßigung der Taliban zu erreichen. Ohne internationale Anerkennung sei es schwer, das Land zu regieren und die Wirtschaft in Schwung zu bringen, sagte am Freitag der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price. Die Anerkennung sei für jede künftige Regierung wichtig, denn „Afghanistan wird mehr als fast jedes andere Land der Welt auf internationale Unterstützung angewiesen sein“.

Möglich wäre auch eine Anerkennung nur durch Nachbarländer, darunter zum Beispiel Pakistan und die Großmacht China, denen vor allem an Stabilität in der Region gelegen ist. Das würde den Handel vereinfachen, große Hilfszahlungen wären aber wohl kaum zu erwarten.

Den größeren Teil der Hilfen für Afghanistan – die Entwicklungshilfe in Höhe von 250 Millionen Euro – hat Deutschland nach der Machtübernahme der Taliban eingefroren. Die humanitäre Hilfe für Notleidende läuft aber weiter. Die USA, der größte bilaterale Geber, hatten allein für nächstes Jahr mehr als drei Milliarden Dollar an Hilfen eingeplant. Und vom Internationalen Währungsfonds (IWF) sollte Afghanistan in Kürze eine Erhöhung der Reserven bekommen, die dem Land rund 450 Millionen US-Dollar Liquidität verschaffen sollte.

Weil in Afghanistan bislang deutlich mehr US-Dollar ausgegeben als eingenommen wurden, war die Zentralbank zudem auf regelmäßige Lieferungen von US-Bargeld angewiesen. Angesichts des Vormarsches der Taliban hat Washington den Nachschub aber gestoppt. Der Mangel an Devisen könnte zu Kapitalkontrollen, einer Begrenzung von Abhebungen und zu einem Verfall des Kurses der örtlichen Währung führen, des Afghani. Weil das Land viele Waren importiert, könnte dies auch die Inflation in die Höhe schnellen lassen – was vor allem ärmere Afghanen hart treffen würden. Zudem sind die Taliban bislang noch mit Sanktionen belegt, was jegliche Transaktionen erschweren dürfte.

US-Präsident Joe Biden machte am Freitag klar, dass humanitäre Hilfen für Afghanistan nun vom Verhalten der Taliban abhängen. Sie hofften, „eine gewisse Legitimität zu gewinnen“, sagte Biden. „Sie werden einen Weg finden müssen, wie sie das Land zusammenhalten.“ Mögliche Hilfen sollen davon abhängen, wie gut die Taliban die Afghanen behandeln, insbesondere Frauen und Mädchen, wie Biden betonte. Es werde „scharfe Bedingungen, starke Bedingungen“ geben.

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Helfer in Afghanistan stehen vor großen Herausforderungen

Eine Luftbrücke zur Evakuierung von Menschen aus Afghanistan steht; das diplomatische Tauziehen mit den Taliban hat begonnen, die Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen auch. Was aber ist mit den Helfern im Land?

Bonn (KNA) Anna Dirksmeier hat momentan alle Hände voll zu tun. Die Afghanistan-Expertin von Misereor versucht, auch nach der Machtübernahme der Taliban den Kontakt zu den afghanischen Partnern zu halten, mit denen das katholische Hilfswerk zusammenarbeitet. Landesweit geht es um zwölf Projekte, für die rund 250 Mitarbeiter tätig sind. Die derzeitige Lage schildert Dirksmeier als unübersichtlich. „‘Die’ Taliban gibt es nicht, sondern man muss die Lage von Region zu Region betrachten.“

Die bisherigen Signale aus den Reihen der Islamisten deuteten bislang auf eine Art „wohlwollendes Dulden“ hin. „Viele Partner sagen uns, dass die Taliban durchaus ein Interesse daran haben, dass die Unterstützung durch die Nichtregierungsorganisationen weiter geht.“ So hätten in einem von Misereor geförderten Kinderkrankenhaus in der Hauptstadt Kabul weiterhin Operationen stattfinden können.

Ähnliches ist auch von anderen Organisationen wie Caritas international zu hören. Der Büroleiter in Kabul, Stefan Recker, kündigte an, Hilfsprojekte weiterzuführen, auch wenn einige davon auf Eis lägen. Das will auch die Welthungerhilfe tun, die seit 1992 in Afghanistan aktiv ist und schon das erste Regime der Taliban erlebte. Wie es nun weitergeht? Generalsekretär Mathias Mogge hält sich mit Prognosen zurück. „Es wird nicht die gleiche Art von Hilfe sein, insbesondere was die Unterstützung von Frauen angeht, aber wir hoffen trotzdem, das viele Leid, dass es in dem Land gibt, lindern zu können.“

Denn schon vor dem überstürzten Abzug der internationalen Truppen stand Afghanistan am Abgrund. Rund 18,4 Millionen Menschen haben nicht genügend zu essen, viele sind ohne Job. Corona grassiert, die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor einer Ausbreitung von Seuchen. Der Vormarsch der Taliban trieb viele Menschen in die Flucht. „Es gibt kaum einen Park in einer größeren Stadt, der nicht besiedelt ist von Menschen, die dort in zeltähnlichen Behausungen dahinvegetieren“, beschreibt Misereor-Expertin Dirksmeier die dramatische Lage. „Viele Männer sind umgebracht worden, sodass Witwen mit ihren Kindern unversorgt sind. Sie haben nicht einmal Nahrung für sich selbst und betteln um Milch für ihre Kinder.“

Der dringliche Appell aller Organisationen lautet daher: Über internationale Luftbrücken und die ewig gleichen Debatten zur Flüchtlingspolitik die Not der in Afghanistan verbleibenden Menschen nicht zu vergessen. Es sei dringend notwendig, dass die Unterstützung für die Bevölkerung nicht nachlasse, mahnt die Welthungerhilfe. Dass Deutschland die Entwicklungszusammenarbeit mit Afghanistan aussetzen und die EU die Hilfe an Bedingungen knüpfen will, treibt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Misereor-Partner Sorgenfalten auf die Stirn, sagt Dirksmeier.

„Ohne Zweifel müssen die Wahrung beziehungsweise die Wiederherstellung der Menschenrechte das leitende Ziel einer jeden Politik sein“, betont sie. „Allerdings steht derzeit die Befürchtung im Raum, dass die Entwicklungshilfe gekürzt wird. Das würde die Zivilbevölkerung in Afghanistan hart treffen.“ Skeptisch sehen viele Organisationen auch eine pauschale Evakuierung aller Mitarbeiter. Dann, so heißt es, fehle am Ende qualifiziertes Personal, um den Menschen vor Ort beizustehen.

Ein weiteres Problem: Das Bankensystem in Afghanistan ist praktisch zusammengebrochen, die afghanische Zentralbank sitzt auf dem Trockenen, der Bestand an US-Dollar geht gegen Null. „Wenn man nicht an Geld kommt, kann man keine Hilfe organisieren“, sagt Welthungerhilfe-Generalsekretär Mogge.

Hilfe für Afghanistan bleibt eine Gratwanderung – mit hohem persönlichen Risiko für alle Helfer. „Jahrelang galt Syrien als das gefährlichste Land für Nothelferinnen und Nothelfer“, teilte Care Anfang der Woche mit. Eine Analyse auf Basis von Daten der Aid Worker Security Database zeige nun, dass Afghanistan und der Südsudan die Liste anführten. Seit Jahresbeginn kamen in beiden Ländern je 17 Helfer ums Leben. In Afghanistan waren es in den vergangenen 25 Jahren 550 – ein bedrückender Spitzenwert.

Nach 5 Jahren gezeichnet

Bonn (KNA) Vor der Geberkonferenz am Donnerstag in London fordern rund 100 deutsche und internationale Hilfsorganisationen verbindliche Vereinbarungen, um das Leid der Menschen in Syrien und den Nachbarländern beenden oder zumindest lindern zu können. Zu den am Montag vom Bündnis „Aktion Deutschland Hilft“ vorgestellten Forderungen gehören unter anderem die Einhaltung des internationalen Völkerrechts, der sichere Zugang zu Hilfsmaßnahmen für alle Betroffenen und sicherere Arbeitsbedingungen für lokale und internationale Helfer.
Eine politische Lösung für Syrien scheine nicht in Sicht zu sein, betonte Manuela Roßbach, Geschäftsführerin von „Aktion Deutschland Hilft“: „Männer, Frauen und Kinder sind nach fünf Jahren Krieg, Gräueltaten, Vertreibung und Flucht gezeichnet. Die Besinnung auf und Einhaltung von verbindlichen humanitären Vereinbarungen und deren Umsetzung ist jetzt das wichtigste und vielleicht das einzige Mittel, um den Menschen grundlegend und perspektivisch helfen zu können.“
Im Hinblick auf die Geberkonferenz in Syrien fordern die Hilfsorganisationen daher, gemäß internationalem Völkerrecht alle Angriffe auf Zivilisten und zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser und Schulen zu beenden. Außerdem dürften nicht länger Essensvorräte bei der Einfuhr kontrolliert oder gar zerstört oder Preise künstlich in die Höhe getrieben werden. Allen Helfern müsse es darüber hinaus ermöglicht werden, die Menschen in Not zu erreichen, ohne ihr eigenes Leben zu gefährden, in Gefangenschaft oder zwischen die Fronten zu geraten.
Auf Einladung Deutschlands, Großbritanniens, Norwegens, Kuwaits und der Vereinten Nationen kommen am Donnerstag in London mehr als 70 Regierungsvertreter zusammen, darunter Kanzlerin Angela Merkel. Ziel sind vor allem weitere Hilfen für die Syrer. Neben finanziellen Hilfszusagen will man auch auf politischer Ebene Zukunftsperspektiven für Flüchtlinge in der Region schaffen, etwa durch Bildung und einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt.
Die „Aktion Deutschland hilft“ ist ein Zusammenschluss von insgesamt 24 Hilfsorganisationen. Dazu gehören etwa der Malteser Hilfsdienst, die Johanniter, CARE, Help – Hilfe zur Selbsthilfe, Islamic Relief, World Vision, Handicap International und arche noVa.
Photo by EU Humanitarian Aid and Civil Protection
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Libyen: Mahmut Güngör von Islamic Relief berichtet über die Lage der Flüchtlinge

(iz). Mahmut Güngör ist Projektkoordinator bei Islamic Relief Deutschland. Derzeit befindet er sich in Tunesien, um die Libyen-Hilfe der Hilfsorganisation zu koordinieren. Er berichtet für die IZ über seine Arbeit […]

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Libyen: Die Hilfsorganisation Islamic Relief ist vor Ort aktiv

(IR). Mahmut Güngör, Nothilfe-Koordniator von Islamic Relief Deutschland, meldet vom Flüchtlingslager Shousha in der Nähe vom tunesisch-libyschen Grenzübergang Ras Jdir, dass die Flüchtlinge dringende Unterstützung bei der Evakuierung in ihre […]

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