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Traum von Würde: Seit 75 Jahren hat es die UN-Menschenrechtserklärung schwer

menschenrechte Menschenrechtserklärung

Menschenrechtserklärung: Nach den Gräueln der Weltkriege sollte sie der Gewalt eine Grenze setzen. Obwohl von moralischem Gewicht, blieb ihr Erfolg begrenzt. (KNA/IZ). Bewaffnete Konflikte wie nie zuvor seit dem Zweiten […]

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Sarglose Bestattungen sind trotz Gesetzeslockerungen noch ein Nische

Tod

Fast alle Bundesländer erlauben Bestattungen ohne Sarg. Aber wie sieht es in der Praxis aus? Dem Zentralrat der Muslime zufolge ist die sarglose Bestattung in Deutschland auch eine Generationenfrage.

Nürnberg (dpa). In fast allen Bundesländern können Tote inzwischen aus religiösen Gründen ohne Sarg bestattet werden. Doch bisher wird diese Möglichkeit nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Bestatter nur wenig genutzt. „Aktuell ist die sarglose Bestattung eine Nische“, sagt Generalsekretär Stephan Neuser. Die Lockerung der Sargpflicht richtet sich vor allem an Muslime, die ihre Verstorbenen in ein Leichentuch gehüllt beerdigen.

Bisher seien Bestattungen ohne Sarg deshalb eher in Großstädten mit größeren muslimischen Gemeinschaften gefragt, erläutert Neuser. Diese seien aber nicht flächendeckend auf jedem Friedhof möglich. Am Ende liege die Entscheidung bei den Kommunen, da es auch auf die Bodenverhältnisse ankomme.

Während Städte wie Berlin oder Köln bereits jahrelange Erfahrungen mit Bestattungen im Leichentuch haben, wird das in Nürnberg zurzeit noch erprobt. Bayern war im vergangenen Frühjahr eins der letzten Bundesländer, die die Sargpflicht aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen abgeschafft oder gelockert hatten. Nur in Sachsen und Sachsen-Anhalt gilt diese aktuell noch. Beide Bundesländer planen aber, ihr Bestattungsrecht zu ändern.

Mit einem Dummy, also einer lebensgroßen Figur, hat die Nürnberger Friedhofsverwaltung verschiedene Szenarien durchgespielt. Vor allem müsse eine Möglichkeit gefunden werden, die Toten auf eine würdige Weise im Tuch in das Grab herabzulassen und diese korrekt Richtung Mekka auszurichten, sagt Leiter Armin Hoffmann. Am Dienstag wollen er und sein Team den muslimischen Verbänden und dem Stadtrat ihre Lösung vorführen.

Dem Zentralrat der Muslime zufolge ist die sarglose Bestattung in Deutschland auch eine Generationenfrage. Man könne davon ausgehen, dass ältere Muslime mit Migrationshintergrund immer noch mehrheitlich in ihrem Geburtsland beigesetzt werden wollen, erläutert ein Sprecher. Deren Kinder hätten diesen Wunsch dagegen kaum noch.

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Was ist eine Fatwa?

(iz). Wir leben in einem historischen Augenblick, in dem viele Begriffe, die uns vertraut erscheinen, schleichend aber stetig an Substanz verlieren. Das wirkt sich im Denken wie in der zwischenmenschlichen Kommunikation aus, gilt aber besonders, wenn es um kritische Themen wie „Islam“ geht. Was für Muslime – oder für sachlich gebil­dete Menschen – jahrhundertelang Alltäglichkeit war, ist längst Streitpunkt beziehungsweise zum Augenblick des Schreckens geworden.

Dafür lassen sich viele Beispiele finden, aber eine Sache – prägnant, weil die stetige „Um­wertung aller Werte“ Nichtmuslime und Muslime betrifft – ist die berühmt-berüchtigte „Fatwa (plural Fatawa)“. Angefangen mit der längst ikonisch gewordenen „Fatwa“ des persischen Revolutionsführer Ayatollah Khomenei in der Causa Rushdie, über die virtuell verbreiteten Urteile von Terrorführern in den Bergen Afghanistans oder Jemens bis zu Hobby-Predigern in westlichen Gesellschaften: Sie alle haben den Muslimen mit ihren „Meinungen“ einen Bärendienst erwiesen.

„Traurige Beispiele sind politische oder militärische Bewegungen, die an die Macht kommen, und Muftis ernennen, die Fatawa erlassen, um ihre Handlungen zu rechtfertigen. Dazu gehören auch Muftis, die nicht die nötigen Voraussetzungen erfüllen oder Meinungen veröffentlichen, die Muslime zum Gespött von Nichtmuslimen machen“, meint Malik del Pozo, Lehrer für Qur’an, islamisches Recht und Arabisch. Die Liste zeitgenössischer Meinungen, die in den Augen von Nichtmuslimen sehr skurril erscheinen müssen, ist sehr lang und reicht von erhängten VHS-Kassetten, geht über absurde Rechtsmeinungen, die gelegentlich aus Kairo in unseren Breiten ankommen und endet nicht mit dem Verbot von Mickey Mouse oder dem Fahrverbot für saudische ­Frauen.

Vor Jahren bemerkte ein taz-Autor klug und richtig, dass wir in einer „Diktatur der Meinung“ leben. Wie zutreffend das bei den Fatawa ist (nur selten spricht jemand über die Muftis), kann am inflationären Gebrauch der Fatwa erkannt werden. Jede Selbstentäußerung einer öffentlichen Stimme – ob qualifiziert oder nicht – erhält so einen Status, der ihr im Normalfall nicht zukommen sollte.

Ob es sich um vermeintliche „Lehrzentren“ in der „muslimischen Welt“ handelt (die, laut informierten Stimmen hinter vorgehaltener Hand, auch schon einmal genehme Meinungen äußern) oder um interessierte Politikerinnen, die Privatfatawa zum Fasten in Sommermo­naten von sich geben: Es sind vor allem Meinungen. Gleichzeitig werden diese, wenn unbequem, auch schon einmal dadurch relativiert, dass es sich bei ihnen „nur um eine private Meinung“ handle.

Die Fatwa

Eine Fatwa bezieht sich im Allgemeinen auf ein neues Urteil, das von einer geeigneten Person durch eine Entscheidung gefunden wird – oder auch nicht. Es sollte, so der Gelehrte Dr. Asadullah Yate, „von einem anerkannten Mufti innerhalb einer existierenden Gemeinschaft kommen“ und durch eine akzeptierte Autorität bestätigt werden. ­Unabhängig davon, ob sich ein Richter (arab. Qadi) danach richtet oder nicht, könne es von Leuten als Richtlinie für ihr Verhalten genutzt werden.

Das grundlegende Verständnis einer Fatwa erläutert Malik del Pozo: „Die Notwendigkeit für eine Fatwa ergibt sich aus der Existenz einer Frage, die beantwortet werden muss.“ Der Fakt, dass sich diese Antwort nicht im Qur’an, in den Hadithen oder in den anderen Rechtsquellen finde, impliziere einen Mufti oder mehrere. Diese träfen in Folge eine Entscheidung, „die falsch oder richtig sein kann“.

Es handle sich hier um eine Frage ­großer Verantwortung. Es sei nicht ­selten gewesen, Imam Malik „ich weiß es nicht“ sagen zu hören. Selbst, wenn eine Entscheidung durch einen Mufti notwendig werde, müsse sie immer auf „Qur’an, Hadith und den Rechtsschulen basieren“. Daher brauche ein Mufti ein vertieftes Wissen auf diesen Gebieten. „Eine Fatwa kann sich niemals gegen die Scharia selbst richten.“ Im Falle von Muslimen, die in einem nichtmuslimischen Land leben, könne eine solche Rechtsmeinung auch nicht den dortigen Geset­zen zuwiderlaufen. „In der Scharia gibt es zwei große Oberkategorien für Fatawa: Die erste betrifft die gesamte Umma und ihre Antwort beruht auf Qur’an und Hadith. Die zweite richtet sich nach den Regeln einer bestimmten Rechtsschule (Madh­hab), die dieser eigen sind. Auch wenn dies früher nicht der Fall war, sollten ­allgemeine Fatawa heute von mehreren Muftis oder Gelehrten geschrieben ­werden.“


Foto: Der Mufti von Belarus (2019) in der Moschee von Minsk. (Foto: Santos1992, Shutterstock)

Der Mufti

„Was heute gerne in der Internet-Realität unter dem rechtlichen Begriff des ‘Muftis’ verstanden wird, unterscheidet sich von der historischen Realität des Dar Al-Islam“, meint Dr. Yate. Mit anderen Worten, in jeder funktionierenden, realen muslimischen Gesellschaft, die selbstständig war und sich an Richtlinien des Mittleren Weges orientierte, habe der Mufti bestimmten Bedingungen unterlegen: „Der Mufti ist ein Mudschtahid. Das heißt, er hat den Rang eines Rechtsgelehrten (arab. Faqih) inne, der in der Lage ist, in einer Sache zu einem Urteil zu kommen, die bisher noch nicht entschieden wurde.“ Seine absolute Mindestanforderung bestehe darin, dass er sein Wissen von Angesicht zu Angesicht von anerkannten ‘Ulama genommen habe und, dass er „die ‘Bidaya’ von Ibn Ruschd Al-Hadidh gemeistert hat“.

Ein Mufti gehöre zu einer spezifischen Gemeinschaft und stehe im Verbund mit ihrer Führung; „mit dem Ergebnis, dass seine Entscheidung einen gemeinschaftlichen und sozialen Kontext hat. Auch wenn er unabhängig in seiner Entscheidungsfindung ist, sollte er natürlich zu einem Urteil kommen, dass zum ­Nutzen der Gemeinschaft ist“.
Malik del Pozo beschreibt die Eigenschaften, die jemand haben muss, der eine Fatwa gibt: „Er oder sie braucht tiefes Wissen vom Qur’an, der Hadithwissenschaft, der arabischen Sprache und den Rechtsschulen. Charakterlich muss er gerecht sein, verantwortungsbewusst handeln, vertrauenswürdig sein, intelligent und sich um eine Antwort bemühen. Der entsprechende Mufti muss die Lebensbedingungen des oder der Fragen­den kennen, die in der Suche nach Antwort zu ihm kommen. Das beinhaltet ihre Zeit, ihren Ort und die Frage, ob sie in der Lage sein wird, die Fatwa auch umzusetzen.“ Vielleicht etwas überraschend für Nichtkenner der Materie ist, dass laut Del Pozo auch Frauen Fatwas erstellen können.

Im Gegensatz zu anderen, westlichen Rechtssystemen bereitet eine Fatwa nicht den Boden für ähnliche zukünftige oder verwandte Fragen. Fragen zur gleichen Sache von unterschiedlichen Leuten können zu vollkommenen anderen Fatawa führen. Das heißt, diese Kategorie der Urteile betrifft nicht alle Muslime, sondern ist „persönlich oder optional“.

Das Urteil des Qadis

Im Gegensatz zur „Fatwa“, die in ­aller Munde ist, kommt dem Qadi, der fester Bestandteil der deutschen Sprache ist, und seinem Urteil (Qada oder Hukm) ein klar verbindlicher Rang zu. Der Qadi sei, so Dr. Asadullah Yate, in seiner Entscheidung nicht an die Meinung eines Muftis gebunden.

Die Entscheidung eines Qadi, Hukm, bezieht sich im Allgemeinen auf die klaren rechtlichen Vorschriften, die im Qur’an enthalten sind, oder die durch den Gesandten Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, ausgedrückt wurden.

„Es gibt weitere Rechtsquellen für das Urteil eines Qadi“, so der Gelehrte: Vorschriften, die nicht unmit­telbar klar werden, solche, die durch erweiterte Bedeutungen unterstützt ­werden und die durch das Mittel des Analogieschlusses (arab. Qijas) aus Passagen im Qur’an oder vom Propheten abgeleitet werden können, der Gesamtkörper aller Regelungen, die von den ersten vier Khalifen und den frühen Generationen des Islam stammen, Vorschriften aus der Zeit nach den ersten drei Generationen, über die Einigkeit besteht, anerkannte Bräuche sowie neue Fatawa, die im Laufe der Zeit zu einem festen und anerkann­ten Bestandteil des islamischen Rechts wurden.

Laut Malik del Pozo stellt das Urteil eines Qadis – ebenso wie eine Fatwa – eine gemeinschaftliche Verpflichtung (Fard kifaja) für die gesamte muslimische Gemeinschaft dar. Kommt ihr ein Teil der Muslime nach, dann ist das nicht länger die Verantwortung des Restes. Wird diese Pflicht von niemandem erfüllt, dann hat die gesamte Gemeinschaft einen schwerwiegenden Fehler begangen.

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Eine neue Form der Identität (2)

Zur ersten Krise kam es nach dem Tod des Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben. In diesem Moment standen die Ansar kurz davor, in ihre bisherige Stammesordnung […]

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Rechtsquellen von Imam Malik (20)

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Paul Schreyer über den CIA-Folterbricht: „Es zerstört zugleich die Grundlagen der eigenen Kultur“

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Wie der NSU-Skandal immer wieder Vertrauen zerstört

Die Pannen und Schlampereien bei der Aufarbeitung der Mordserie, welche dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zugerechnet werden, sorgen in Deutschland weiterhin für Furore. Obwohl der Nachrichtenwert im Gegensatz zu Beginn der […]

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Die IZ-Blogger: Tarek Bärliner über die ständig wiederkehrenden Talk-Shows

(iz). In immer kürzer auftretenden Abständen versorgen öffentlich-rechtliche Talkshowformate unser Spießbürgertum mit Schreckensszenarien rund um den Islam und die Muslime. „Planen menschenfressende Außerirdische von der Kanalisation Mekkas aus die Versklavung von Babykatzen?“ Eingeladen sind die Berufsexperten für alles, aber natürlich auch Muslime. Aber welche Muslime lädt man ein, wenn man über den Islam spricht? Richtig, diejenigen, die nicht repräsentativ für die Masse der Muslime sind.

Es ist das altbewährte Spiel. Angst ist ein lukratives Mittel und der Markt liebt die Bedrohung durch das Undefinierte. Deswegen müssen wir auch ständig aufs Neue über alles sprechen beziehungsweise sprechen lassen. Es ist keine Überraschung, dass noch nie ein Gelehrter in den Runden saß, das könnte ja konstruktiv werden. Wer anwesend ist, fügt sich. Oder rebelliert und verliert. Das Schema zu durchbrechen, ist unmöglich, weil spätestens eine Woche später die Anne wieder Will. Irgendetwas mit Islam geht halt immer. Man stelle sich vor, man tausche „Islam“ mit „Christentum“ oder „Judentum“, da wäre eine Diskussion im Gange. Oder zumindest Aktion hinter den Kulissen.

Es hilft aber nicht ansatzweise, deshalb etwas selbstmitleidig zu werden und sich in die Opferrolle zu begeben. Längst hätten wir uns um juristische Vertretungen und eine funktionierende Lobby kümmern können. Derartige Hetze kann und muss angeklagt werden.

Durch die Unterteilung in „guter Muslim“ und „böser Muslim“ werden die „Millionen Muslime“ gezwungen, sich Randlagern anzuschließen. Denn so gut wie immer werden Extremisten als Vertreter präsentiert. Sowohl extrem Liberale, als auch extrem Radikale. Dass diese aber für nur einen minimalen Bruchteil der Muslime in Deutschland sprechen können, wird nicht erwähnt. Genauso wenig, wie viel die Muslime sich um positive Signale bemühen. Geht es um die Terrorgruppe IS, muss ein Freizeitprediger herhalten. Keiner kommt auf die Idee zur Debatte beizutragen, dass die muslimischen Gelehrten ununterbrochen im großen Stil den IS verurteilen. Es wird lieber politisch mit Laien ausdiskutiert.

Der Muslim muss nicken oder grimmig werden, das sind die ihm zugeschriebenen Rollen. Das Konstrukt der Sendung lässt ihm auch keine andere Möglichkeit. Mehr Schaden, als Nutzen? Der Prophet, Allahs Frieden und Segen auf ihm, sagte sinngemäß, dass von den Rechtgeleiteten keiner irregehen wird, außer demjenigen, der viel debattiert. Eine ständige Weisheit der Gelehrten war es, dass die Diskussion mit einem Jahil, übersetzt so viel wie Sturen, nie gewonnen werden kann.

Ebenso wichtig war es schon immer, sich vom Schädlichen und Verstörenden fernzuhalten. In der Vergangenheit gelang es mir nie, eine derartige Sendung ohne enorme Emotionalität zu verfolgen. Ein Blick auf die Facebook-Timeline während und nach dem Programm offenbart, dass es beinahe allen so geht. Warum also einschalten, wenn es vorhersehbar ist? Nein, dieses Mal ist es vielleicht anders. So wie es die 15 Male davor hätten anders sein können, aber nicht gewesen sind? 

Islam ist im Alltag. Solange der Muslim in seiner Nachbarschaft als ehrlicher Händler, vertrauenswürdiger Gesprächspartner, hilfsbereiter Freund und liebevoller Mitmensch bekannt ist, kann ihm keine Berichterstattung der Welt schaden. Zugleich sollte man sich hinterfragen, wenn man Hoffnungen in Massenmedien setzt. Es gibt unlängst muslimische Alternativen, die mit der nötigen Unterstützung ein erstzunehmendes Gegenbild bieten können. Veränderung entsteht aus der Mitte der Gesellschaft, hier sind unserer Aufgaben und hier sind unsere Augen und Ohren.

Am Freitag setzten hunderte Moscheen ein deutliches Zeichen

„Natürlich wird es von muslimischer Seite nicht genügen, sich medial als ‘die Guten’ zu inszenieren. Auch innermuslimisch gilt es, die Debatte über die unheimliche Hochzeit von Muslimen mit den Abgründen moderner Ideologie weiter fortzuführen.

Berlin (iz). Die Arbeit der muslimischen Verbände in Deutschland wird immer wieder kritisiert. „Sie seien zu phlegmatisch, je nach Sicht zu konservativ oder zu liberal und noch immer an ethnischen Trennlinien orientiert“, heißt es dann. Am Freitag erleben wir nun auch eine andere Seite.

Unter Regie des Koordinationsrates der Muslime (KRM) und nicht zuletzt Dank des Einsatzes des sehr präsenten Zentralratsvorsitzenden, Aiman Mazyek, wollen hunderte Moscheen in Deutschland ein deutliches Zeichen gegen den IS-Terror setzen. Ohne einen bestimmten Grat von Organisation geht so etwas nicht. Auch die Teilnahme prominenter Politiker zeigt, dass auch das politische Leben der Bundesrepublik den Impuls aufnimmt und parteiübergreifend keine Ausgrenzung von Muslimen oder gar eine feindliche Stimmung gegen sie will.

Natürlich hat das Projekt auch eine heikle Seite. Ob die De-Assoziierung tatsächlich gelingt oder im schlimmsten Fall die Assoziierung der Muslime mit Gewalt und Terror gerade zementiert wird, kann noch niemand genau vorhersagen. Wer mit jungen, hier in Deutschland geborenen Muslimen spricht, erfährt schnell, dass der Druck der Bilder auf sie täglich zunimmt. Erwartet werden von Ihnen Aussagen der Distanzierung von einem Phänomen, mit dem 99,9 Prozent der hier gebürtigen Muslime de facto wenig zu tun haben. Die Macht der Bilder verbindet die Gewalt mit Symbolen des Islam. Viele junge Leute fühlen sich ohnmächtig, manchmal auch überfordert, sich für Taten rechtfertigen zu müssen, die jenseits ihres Horizonts liegen.

//2//Gewiss ist diese Lage auch ein Fest der Assoziationstechniker. Mit Gegnern wie den „IS-Kämpfern“ oder „Scharia-Polizisten“ hat das Feuilleton einen idealen Feind gefunden. Die Tendenz der Argumentation läuft oft genug nach dem beliebten Motto „wir sind so gut, weil sie so böse sind“. Diese Logik, auch in der Form der Überheblichkeit, erleben wir Muslime übrigens auch im alltäglichen Gespräch.

Wir müssen beinahe selbstverständlich kollektive Verantwortung übernehmen, während das Individuum, dass uns stellt, diese genauso selbstverständlich nur für sich selbst übernimmt. Die Machenschaften von Banken, Rüstungs- und Ölfirmen sind von echter Verantwortungsübernahme ojnehin längst ausgeschlossen. Hinzu kommt eine verbreitete Geschichtslosigkeit. Wer erinnert sich beispielsweise noch – in der Atmosphäre von „Breaking News“ – an den Tod zehntausender Kinder zu Zeiten des UN-Embargos, das über den Irak verhängt wurde?

Natürlich wird es von muslimischer Seite nicht genügen, sich medial als „die Guten“ zu inszenieren. Auch innermuslimisch gilt es, die Debatte über die unheimliche Hochzeit von Muslimen mit den Abgründen moderner Ideologie weiter fortzuführen. Im Fall der Abgrenzung zur maskierten Grausamkeit der IS ist dies eher eine leichte Übung, schwieriger wird es schon, den Muslimen die Distanzierung von der Ideologie der Hamas – von ihrem Vernichtungswillen bis zu ihrer totalen Opferbereitschaft – gerade in Krisenzeiten abzuverlangen. Die völlige Ächtung von Selbstmordattentaten und selbstmörderischer Kriegsführung an jedem Ort gehört auf jeden Fall ebenso hierher. Diese Frage ist besonders akut, weil die Sorge der Sicherheitsbehörden vor heimkehrenden, verrohten Radikalen vollkommen berechtigt ist.

Wenn der „perfekte Muslim“ kein isoliertes, rechtloses Individuum ist, sondern ein sozialer und solidarischer Mensch, dann werden die Muslime immer den gemeinsamen Weg bevorzugen und auch gemeinsam den Extremen die Stirn bieten. Nötig für diesen Zusammenhalt ist eine so aktive wie auch überzeugende Lehre, die auch intellektuell die spezifischen Anforderungen unserer Zeit erfüllt. Einerseits heißt dies, die Geschichte der politische Begriffe, die wir heute anwenden, zu verstehen und andererseits die Substanz unsere Rechtslehre, zum Beispiel die Definition, wann legitimer Widerstand zum zynischen Terror wird, zu verbreiten. Hier fehlt es bei dem aktuellen KRM-Programm noch an eindeutigen Positionierungen.

Klar ist: Die Gesellschaft wird auf Dauer nicht nur wissen wollen, gegen wen wir sind, oder was der Islam nicht ist; sondern auch wissen wollen, für was wir stehen. Ohne diese Ergänzung bleibt unsere Realität von Extremisten bestimmt. Eine Lehre, die sich substantiell vom Terror abwendet, wird sich auch genauso engagiert und glaubwürdig für ihre positive Substanz einsetzen müssen. Gerade hier, wenn wir die Ganzheitlichkeit des Islam betonen und damit gerade seine völlige Politisierung der letzten Jahrzehnte ablehnen (man denke nur an das Islamische Wirtschafts- oder Stiftungsrecht), ergibt sich auch eine andere Aktualität. Nur dann bleibt für uns Muslime auf Dauer nicht nur die reaktive Rolle.