,

Wasser in 2023: „Europa ist keine Insel der Seligen“

wasser

Wasser: 2,2 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auch Dürren und Überschwemmungen zeigen, wie sehr Wasser zum wichtigen Faktor der Weltpolitik geworden ist. (KNA). Wasser ist in diesem […]

IZ+

Weiterlesen mit dem IZ+ (Monatsabo)

Mit unserem digitalen Abonnement IZ+ (Monatsabo) können Sie weitere Hintergrundbeiträge, Analysen und Interviews abrufen. Gegen einen Monatsbeitrag von 3,50 € können Sie das erweiterte Angebot der Islamischen Zeitung sowie das ständig wachsende Archiv nutzen.

Abonnenten der IZ-Print sparen beim IZ+ Abo 50%.

Wenn Sie bereits IZ+ Abonnent sind können Sie sich hier einloggen.

* Einfach, schnell und sicher bezahlen per Paypal, Kredit-Karte, Lastschrift oder Banküberweisung. Das IZ+ Abo verlängert sich automatisch um einen Monat, wenn es nicht vorher gekündigt wurde. Sie können ihr bestehendes Abo jederzeit auf der Mein Konto-Seite kündigen.

, ,

Peking ist vorsichtig: Taliban setzen voll auf Hilfe aus China

China

Die Taliban sprechen von ihren „Freunden“ in China, die Afghanistan wiederaufbauen wollten. Zwar tritt Peking in das Machtvakuum, das die USA hinterlassen haben. Aber Investitionen erfordern Sicherheit. So ist China vorsichtig. Kann es den Taliban überhaupt trauen? Von Andreas Landwehr

Peking (dpa/iz). Die Hoffnungen der Taliban auf baldige wirtschaftliche Hilfe aus China zum Wiederaufbau Afghanistans könnten enttäuscht werden. Nach ihrer Machtübernahme in Kabul setzen die Militanten auf den großen Nachbarn, der die „Gotteskrieger“ schon früh als die neuen Herrscher des Landes diplomatisch aufgewertet hatte. „China ist unser wichtigster Partner und bedeutet für uns eine grundlegende und außergewöhnliche Chance, denn es ist bereit, zu investieren und unser Land neu aufzubauen“, sagte ihr Sprecher Sabiullah Mudschahid der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“.

Mit Chinas Hilfe planen die Taliban ein Comeback des schwer angeschlagenen Afghanistans. In dem Land gebe es „reiche Kupferminen, die dank der Chinesen wieder in Betrieb genommen und modernisiert werden können“, sagte der Sprecher. Der Wert der Bodenschätze in Afghanistan wird tatsächlich auf eine Billion US-Dollar geschätzt. Nur fehlt es an Investitionen und Infrastruktur, um den Reichtum auch zu bergen – vor allem aber mangelt es an der nötigen Sicherheit.

Erstmal verspricht Peking nur humanitäre Nothilfe und Impfstoffe gegen die Pandemie in einem Wert von 200 Millionen Yuan, umgerechnet 26 Millionen Euro. China ist diplomatisch aktiv, das von den USA nach ihrem Rückzug hinterlassene Machtvakuum auszufüllen. Außenminister Wang Yi spricht mit den Nachbarländern. Afghanistan ist am Donnerstag auch wichtiges Thema des Brics-Gipfels mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, Russlands Wladimir Putin und den anderen Staats- und Regierungschefs aus Indien, Brasilien und Südafrika.

Die Erwartungen der Taliban, China könnte den Wiederaufbau maßgeblich mitfinanzieren, wirken aber unrealistisch. So hat Peking die Milliardeninvestitionen in seine Infrastrukturinitiative der „Neuen Seidenstraße“ (Belt and Road Initiative) zum Aufbau neuer Handelswege schon heruntergefahren. Auch verweisen Experten in China auf die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan und beäugen die Taliban misstrauisch.

Selbst früher, vor dem Ausbruch der Pandemie, als die Lage vergleichsweise stabil war, gab es keine größeren Investitionen Chinas. Zwei große chinesische Projekte in Afghanistan sind schon damals nicht ans Laufen gekommen. So erhielt 2008 ein Unternehmen aus China einen auf drei Milliarden US-Dollar geschätzten Zuschlag für die Entwicklung einer der größten Kupferlagerstätten weltweit in Mes Aynak. Und 2011 wollte ein chinesischer Konzern die Ölfelder am nördlichen Grenzfluss Amudarja erschließen. Nichts ist passiert.

„Deswegen denke ich, dass China gerade jetzt, wo es nicht nur potenziell, sondern tatsächlich Instabilität in fast allen Bereichen in Afghanistan gibt, nicht viel investieren wird“, sagt Professor Shi Yinhong von der Pekinger Volksuniversität. „Afghanistan hat jetzt drastische Veränderungen durchgemacht“, sagt der Experte. „Es gibt weder angemessene Sicherheit, noch lässt sich über nachweisliche und vergleichsweise langfristige, vernünftige Stabilität sprechen.“

Schon im befreundeten Pakistan, wo China im Rahmen der „Seidenstraße“ rund 60 Milliarden US-Dollar in Infrastruktur für den China-Pakistan Wirtschaftskorridor investiert hat, gebe es „feindliche Kräfte“, die chinesische Unternehmen und Personal attackiert haben, hebt der Professor hervor. Auch die Taliban an sich seien „komplex“, sagt Shi Yinhong auf eine Frage nach rivalisierenden Gruppen.

Ob China den Taliban überhaupt trauen kann? „Die chinesische Regierung hofft darauf, aber sie ist nicht naiv“, sagt der Professor. So haben die neuen Herrscher in Kabul versprochen, niemandem zu erlauben, vom Boden Afghanistans aus chinesische Interessen zu gefährden. Gemeint sind Extremisten und Unabhängigkeitskräfte, die China in seiner angrenzenden Region Xinjiang fürchtet – dem ehemaligen Ostturkestan. Dort gehen die Chinesen gegen muslimische Uiguren vor, haben Hunderttausende von ihnen in Umerziehungslager gesteckt.

Es hat schon eine gewisse Ironie: Während China in Xinjiang mutmaßliche Extremisten bekämpft, stellt es sich in Afghanistan an die Seite militanter Islamisten, die die Chinesen als ihre „Freunde“ preisen. Aber von echtem Vertrauen ist in Peking wenig zu spüren. „Ohne Beweise oder Prüfung über eine beträchtliche Zeit kann niemand glauben, dass die Taliban, die in der Vergangenheit untrennbar mit der ostturkestanischen Bewegung verbunden waren, so schnell und definitiv ihr Versprechen halten werden, das sie Chinas Regierung gegeben haben“, sagt Shi Yinhong.

Aber Peking ist pragmatisch. Denn es geht nicht nur um Xinjiang, sondern auch darum, dass Afghanistan ein Nährboden für Terrorismus und eine Quelle der Unsicherheit für Chinas Interessen in ganz Zentralasien und in Pakistan werden könnte. Selbst wenn China echte Sorgen über die Bereitschaft der Taliban habe, ihre Versprechen einzuhalten, seien die Beziehungen und der potenzielle Gewinn für Peking „einfach zu wichtig, um ignoriert zu werden“, glaubt der Sicherheitsexperte Derek Grossmann von der Rand Corporation. „Ähnlich wichtig ist das Risiko, die Taliban damit zu verärgern, ihnen verspätet die Anerkennung und Legitimation zu geben, die sie ersehnen, was Chinas Sicherheitsinteressen gefährden könnte.“

, ,

Die Kampagne GreenIftar setze 2022 auf nachhaltiges Fasten

Nachhaltig

Nachhaltiger Konsum ist ein wichtiger Aspekt von Spiritualität. Das gilt umso mehr im Ramadan, wo Achtsamkeit zur religiösen Praxis gehört.

(iz). Esra Doganay, gebürtige Hamburgerin hat Bau- und Umweltingenieurwesen studiert und arbeitet seit knapp fünf Jahren als Verkehrsplanerin im Bereich nachhaltige Mobilität. Außerdem arbeitet sie seit 2014 ehrenamtlich bei NourEnergy e.V. – seit 2 Jahren verantwortet sie die Leitung der Kampagne „GreenIftar“. Auch für 2023 ist eine Neuauflage des erfolgreichen Projektes in Vorbereitung.

Mit ihr sprachen wir über die Notwendigkeit, im Ramadan auch auf übermäßigen Ressourcenverbrauch zu verzichten, über Alternativen zu Plastik sowie Tipps für einen sinnvollen Einkauf.

Islamische Zeitung: Liebe Esra Doğanay, Sie engagieren sich beim Projekt GreenIftar. Könnten Sie sich und das Projekt kurz unseren Leser*innen vorstellen?

Esra Doğanay: Mein Name ist Esra Doğanay. Ich bin gelernte Bau- und Umweltingenieurin und arbeite seit knapp fünf Jahren als Verkehrsplanerin im Bereich nachhaltiger Mobilität. Seit 2014 bin ich ehrenamtlich bei NourEnergy aktiv und habe da unterschiedliche Aufgaben und Stationen durchlaufen. Dazu gehörte unter anderem der  Bereich Regenwassernutzung, sowie Personalleitung. Und seit zwei Jahren leite ich die Kampagne „Green Iftar“. Vorher hieß sie #RamadanPlastikFasten.

Nachhaltiges Leben gehört dazu

Islamische Zeitung: Jetzt stehen wir am Anfang des Ramadans, der wieder unter Sonderbedingungen stattfindet. Das heißt, große Events mit viel Plastikmüll fallen weg. Nichtsdestotrotz, was ist GreenIftar und warum ist es ein wichtiges Projekt?

Esra Doğanay: Wir gehen mit der Kampagne jetzt ins fünfte Jahr und haben 2017 unter dem Namen #RamadanPlastikFasten angefangen. Das war mehr eine Aktion beziehungsweise eine Reaktion auf die öffentlichen Iftare – so wie sie immer mit viel Einweg Geschirr und leider auch viel Lebensmittelverschwendung stattgefunden haben.

Das war der Ausgangspunkt. Mittlerweile ist es eine globale Kampagne: von Muslimen für Muslime, die den Ramadan zum Anlass nimmt, um gewisse Punkte erneut anzusprechen und zu überdenken.

Fotos: NourEnery

Dabei geht es um wichtige Themen wie Nachhaltigkeit, Spiritualität, Community, Bildung und auch Frieden. Das heißt, wir motivieren und inspirieren die muslimische Community – einschließlich uns selbst – an erster Stelle, den Ramadan nachhaltiger zu gestalten, unsere eigenen Konsumentscheidungen zu hinterfragen. Und den Ramadan als Anlass für Selbstreflexion zu nehmen

Das führt uns natürlich zum Punkt Spiritualität, weil er der Monat der Spiritualität ist, an dem wir unser eigenes Verhalten des vergangenen Jahres Revue passieren lassen. Dazu gehört unserer Meinung nach auch unser Konsumverhalten. Das können und sollten wir hinterfragen. So entsteht eine sehr schöne Community von unterschiedlichen Menschen, die alle hohe Werte vertreten, zu denen unter anderem Umweltschutz gehört.

Islamische Zeitung: Kurze Nachfrage – es gibt seit langer Zeit im englischsprachigen Raum Vorläufer wie das Buch „Green Deen“ oder das Konzept von „Green Ramadan“. Haben Sie sich davon inspirieren lassen oder ist es selbstständig entstanden?

Esra Doğanay: Es ist tatsächlich komplett unabhängig davon entstanden. Wir haben uns von der Umweltorganisation BUND inspirieren lassen. Hier gibt es eine ähnliche Aktion für Ostern, wo Christen sich unterschiedliche Dinge vornehmen und dann beispielweise auf ihr Auto verzichten. Dazu gehört auch Plastik-Fasten. Und 2017 war das die Inspiration, anhand der wir uns gesagt haben: Ähnliche Probleme haben wir im Ramadan bei uns auch. Wir Muslime verbrauchen durch diese öffentlichen Iftare viel mehr Plastik, als über das gesamte Jahr verteilt.

Erschreckende Müllmengen nach einem konventionellen Iftar

Islamische Zeitung: Gibt es zum Thema Ressourcenverbrauch eine ungefähre Zahl, was bei solchen Events in Moscheen oder Vereinen an Plastikmüll anfiel?

Esra Doğanay: Größenordnungen von den Moscheen haben wir nicht. Wir haben eine Rückmeldung von einer Moschee bekommen, die 2018 an der Kampagne teilgenommen hat. Sie haben zuvor zum Tarawwih-Gebet immer Plastikbecher angeboten und haben 2018 im gesamten Monat dann komplett auf Plastikbecher verzichtet; und dafür Mehrwegbecher hingestellt.

Von ihnen kam die Rückmeldung, sie hätten in einem Monat 10.000 Becher eingespart. Das ist tatsächlich nur, was im Tarawwih angeboten wurde. 

Ansonsten haben wir 2019, von den Organisatoren, die an der GreenIftar-Kampagne teilnahmen, Werte bekommen. Die haben wir hochgerechnet. Es waren 11 Moscheen und 17 Hochschulgemeinden. Gemeinsam wurden von ihnen über 102.000 Plastikteile eingespart.

Daraus können wir errechnen, was ungefähr bei einem Iftar anfällt, der nicht unter nachhaltigen, „grünen“ Kriterien stattfindet. Das sind die Größenordnungen für 28 Organisatoren und man muss dann hochrechnen – wir haben über 2.000 Moscheen in Deutschland – was da an Plastikmüll oder Einweggeschirr zusammenkommen kann, ist erschreckend. Und das ausgerechnet im Ramadan!

Gibt es Alternativen

Islamische Zeitung: Zu was würde GreenIftar den Vereinen und Moscheeorganisationen raten? Mit Mehrweggeschirr, Mietoptionen sowie kompostierbaren Verpackungen gibt es unterschiedliche Optionen…

Esra Doğanay: Es gibt viele unterschiedliche Lösungen. Sie hängen davon ab, wie die Moschee selbst aufgestellt ist und welche Infrastruktur sie hat. Wenn sie selbst keine Küche hat und keine Möglichkeit zum Abwasch und Lagern von Geschirr, dann ist das Einfachste, die Gäste zu bitten, selbst Geschirr mitzubringen. Daran ist nichts Verwerfliches

Es gibt viele Hochschulgemeinden, die das ausprobiert haben und die Gäste darum baten. Keiner nahm das übel. Ganz im Gegenteil! Anders ist es natürlich, wenn man weiß, es gibt Moscheen, die den ganzen Monat oder an Wochenenden Iftare veranstalten und die das über die Jahre weiter fortführen möchten. Diese können oder sollten sich natürlich Mehrweggeschirr anschaffen.

Das wären vielleicht zuerst höhere Anschaffungskosten. Wenn man das hochrechnet und schaut, wie viel Einweggeschirr gekauft wird, amortisiert sich das sehr schnell.

Also das sind so die einfachen Sachen, die jede/r machen kann. Wie erwähnt, lässt sich Geschirr auch mieten, bzw ausleihen. Das ist viele nicht bekannt. Antworten auf solche Fragen, von denen wir wissen, dass sie die Organisatoren beschäftigen, finden sich bei uns. Dafür haben wir den GreenIftar-Guide, den man auch auf www.greeniftar.com herunterladen kann. Dort sind noch viele unzählige andere Tipps aufgelistet.

Islamische Zeitung: Muslime müssen Ramadan inklusive des Fastenbrechens momentan im engsten Kreis informell begehen. Ressourcenschonung und nachhaltige Verhalten sind nicht auf Moscheen beschränkt – obwohl sie eine wichtige Vorbildfunktion haben sollten. Was können Familien tun, um tatsächlich diesen diesen individuell oder familiär umzusetzen?

Esra Doğanay: Durch den Ausfall der großen öffentlichen Iftare haben wir im Moment das Problem mit dem Einweggeschirr weniger. Das wird sich wahrscheinlich allgemein legen, weil die EU ja auch ein Plastikverbot beschlossen hat. Ab Sommer wird auch in Deutschland kein Einweggeschirr mehr verkauft. Es werden trotzdem weitere Probleme da sein.

In Hinsicht auf die Familien geht es GreenIftar nicht nur um Plastik, sondern um viel mehr. Es geht beispielsweise um Lebensmittel. Womit kochen wir? Nehmen wir Lebensmittel, die aus unserer Region und der richtigen Saison stammen? Oder verwenden wir solche, die aus der Ferne kommen, weite Transportwege haben und dementsprechend einen größeren ökologischen „Fußabdruck“ haben? Kochen wir täglich Fleischgerichte oder verstärkt vegetarisch, vielleicht sogar auch mal vegan?

Auch das ist ein wichtiges Thema:  Ein Kilo Fleisch benötigt für die Erzeugung 15.000 Liter Wasser. Hier stecken Unmengen Wasser und Energie. Durch die Verringerung unseres Fleischkonsums können wir auch so etwas gut reduzieren. Und selbstverständlich muss auch unser Fokus auf die Bewahrung des Tierwohles gelegt werden, gerade wenn wir von „halal“ und „Tayyib“ sprechen.

Ein anderes Thema ist Leitungswasser: Wir müssen nicht immer Wasser in Flaschen kaufen. Und wenn abgefüllt, dann nicht in Plastik- sondern in Mehrweg oder Glas. Leitungswasser ist in Deutschland das am besten kontrollierte Lebensmittel. Das heißt, wir können es mit gutem Gewissen trinken, es sei denn wir leben in einem sehr alten Haus mit alten Leitungen. Da gibt es in den städtischen Wasserwerken kostenlose Testsstäbchen, mit denen man zu Hause testen kann. Also das ist kein Problem. Aber im Grunde genommen ist Leitungswasser in Deutschland problemlos. Darüber hinaus können wir auch noch bei Verpackungen sparen, indem wir beispielsweise mit einer Stofftasche einkaufen gehen.

Industrien und Interessen nicht übersehen

Islamische Zeitung: Momentan dominiert die Vorstellung, es sei der einzelne „Verbraucher“, der Umweltschutz, wenn nicht die Rettung der Welt, in seinen Händen halte. Kritische Stimmen aus der Umweltbewegung merken an, dass diese Verkürzung die Verantwortung einzelner Industrien und Interessen ignoriere. Ist es nicht ein bisschen platt und unfair, von Familien und Niedrigverdienenden zu verlangen, sie mögen doch jetzt bitte alle vegan kochen und im Bioladen einkaufen?

Esra Doğanay: Genau, da stimme ich vollkommen zu. All diese Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit kann man gar nicht auf die Schulter einer bestimmten Bevölkerungsgruppe legen und sagen: „So, das ist jetzt eure Verantwortung und ihr habt da ja die richtige Entscheidung zu treffen.“

Mit der Größe wächst auch die Verantwortung. Das heißt, die Politik hat eine gewisse Verantwortung, der sie mit Regelungen und Gesetzen nachkommen muss. Die Wirtschaft spielt eine sehr große Rolle. Auch in der Produktion kann sie da sehr viel optimieren. Und es gibt natürlich die Verantwortung der einzelnen Menschen. Hier ist wichtig, aus welcher Perspektive wir auf die Sache schauen. 

Wir als Muslime wissen, dass wir eine Verantwortung haben, dass wir Beauftragte Allahs sind. Und da müssen wir uns als einzelne Muslime fragen: Was ist meine Verantwortung und wie kann und muss ich ihr nachkommen? Uns als NourEnergy geht es nicht darum, die Welt zu retten. Sondern wir möchten die Muslime als einzelne erinnern, dass wir Sachwalter (Khalifa) auf dieser Erde sind und dass die Schöpfung ein anvertrautes Gut (Amanah) ist.

Und jeder kann und soll so viel tun wie er, wie es ihm entsprechend seiner Lebensumstände möglich ist. Das heißt, von einer fünfköpfigen Familie, in der nur der Vater arbeitet, oder einer klassischen Arbeiterfamilie, die am Ende des Monats schauen muss, dass das Geld noch reicht, kann ich nicht erwarten, dass sie zu 100 Prozent Bio einkauft.

Also, das ist utopisch und auch nicht fair. Man muss aber jedem dieses Bewusstsein mitgeben und sagen: Schaut, entscheidet bewusst und lernt, was hinter diesen Produkten steckt. Genau wie das, was ich eben gesagt habe: Es liegt in unserer Verantwortung zu wissen, dass hinter jedem Kilo Fleisch 15.000 Liter Wasser stecken und uns zu informieren, welches Leben diese Tiere vor ihrer Schlachtung hatten. Wenn wir Fleischgerichte kochen, sollte uns das klar sein.

Dementsprechend sollten Anpassungen im Konsumverhalten und Lebensänderungen vorgenommen werden. Ich finde, das ist die gerechte Version und es gibt da keine Ideallösung. Mit allein vegan ist es auch nicht getan. Wichtig ist die letztendlich die richtige Absicht, weil wir tatsächlich glauben, Umweltschutz ist Gottesdienst. Weil wir uns erhoffen, dass wir damit eben Allahs Wohlgefallen erlangen.

Tipps und Hinweise

Islamische Zeitung: Zum Abschluss eine praktischere Frage – gibt es Tipps und Hinweise wie in Form von Einkaufsliste, wo interessierte Leute beispielsweise am billigsten nachhaltige Produkte beziehen können? Es ist ja nicht immer so, dass beispielsweise Halal-Lebensmittel sonderlich nachhaltig wären… 

Esra Doğanay: Ich kann tatsächlich gerade viel aus der eigenen Erfahrung sprechen und aus den Gesprächen, die ich mit Freunden und Familie führe. An erster Stelle gibt es große Unterschiede von Stadt zu Stadt. Wir leben in Darmstadt und haben eine größere Auswahl, was Biolebensmittel angeht, die dann auch nicht zu teuer sind.

Hier gibt es eine Supermarktkette, die gute Lebensmittel in Eigenmarke – auch frische Lebensmittel – verkauft; in Demeter- und Bioland-Qualität. Demeter ist bei Bio mit Zertifikat das Non-Plus-Ultra. Danach folgen Bioland und Naturland. Unter dem Bioland-Zertifikat finden sich mittlerweile bei Lidl viele Produkte. Ich halte es an dieser Stelle für wichtig, dass auch Menschen mit geringerem Einkommen Zugang zu solchen Lebensmitteln haben.

Sie sind immer noch besser als konventionelle Produkte und preislich nicht allzu verschieden von ihnen. Viele Discounter führen mittlerweile ein großes Bio-Sortiment.

Ich finde, das ist ein Prozess, den man starten sollte. Zu Beginn muss man viel vergleichen. Irgendwann weiß man, welches Produkt wo am besten zu bekommen ist. Ganz hilfreich sind auch Saison-Kalender, die sich kostenlos im Internet herunterladen lassen. Da sieht man, welches Produkt gerade bei uns seine Saison hat und daher auch in Bioqualität nicht überteuert ist. Bio Tomaten jetzt im Frühjahr sind superteuer und wir kochen aber irgendwie gerne mit ihnen. So wichtige Gemüse wie Tomaten, Gurken und vielleicht Paprika, mit denen wir immer kochen, sind derzeit teuer.

Und so entsteht die Wahrnehmung, das Bio bei Frischware unbezahlbar sei. Im Winter stimmt das auch. Das ändert sich aber zum Sommer hin. Und dann kann man natürlich etwas mehr kaufen und es konservieren. Auch dazu gibt es viele Tipps. Also, ein bisschen Beobachtung, sich langsam herantasten. Da werden auch unsere ZuschauerInnen und LeserInnen tatsächlich den Unterschied merken.

Islamische Zeitung: Liebe Esra Doğanay, wir bedanken uns für das Gespräch.

Das von jungen Muslimen getragene Projekt HIMA arbeitet für ein besseres Umwelthandeln

(iz). Islam und Umwelt – geht das zusammen? Und wenn ja, wie? Obwohl das Verhältnis von Islam zur Ökologie immer häufiger in den letzten Jahren auf Fachkonferenzen und -seminaren thematisiert, wird es bisher noch nicht so heiß diskutiert wie andere Fragen. In den letzten Jahren haben sich dazu verschiedene Initiativen gebildet. Das von jungen Muslimen getragene Projekt HIMA – Umwelt und Naturschutz aus islamischer Perspektive gehört dazu. Wir interviewten Yasemin Aydemir,die in die Arbeit der Initiative einführt.

Islamische Zeitung: Liebe Yasemin Aydemir, Du engagierst Dich bei HIMA – Umwelt und Naturschutz aus islamischer Perspektive. Was macht ihr bei HIMA?

Yasemin Aydemir: HIMA ist eine muslimische Initiative, die inspiriert und motiviert von islamisch-ethischen Handlungsprinzipien zu Umwelt- und Naturschutzthemen sensibilisiert. So geben wir in erster Linie Muslimen Impulse zu einem besseren Umwelthandeln. Auch für Nichtmuslime bietet diese islamische Umweltethik eine innovative Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit Umwelthemen.

Zu Beginn unserer Arbeit haben wir festgestellt, dass die bisherigen Umweltorganisationen Muslime meist aus sozio-kulturellen Gründen nicht erreichen konnten. Mit HIMA möchten wir Muslimen diesen Partizipationsraum im Umweltbereich bieten und somit auch einen interreligiösen und interkulturellen Dialog im Umweltschutz fördern. Schließlich ist die Natur unser größter gemeinsamer Nenner. 
Islamische Zeitung: Islam und Umweltschutz – die sind Begriffe, die selten in einem Atemzug genannt werden. Wodurch zeichnet sich im Islam das Verhältnis des Menschen zur Umwelt, aber auch zu seinem Schöpfer aus?

Yasemin Aydemir: Gott hat durch Seine Gesandten und Seine Schrift den Menschen angewiesen, für den Schutz der Erde einzustehen. Diese Anweisung ist sowohl spirituell als auch naturwissenschaftlich zu verstehen. Durch die Wissenschaft gelangen wir zu mehr Wissen über die Schöpfung und wie man am besten Sorge dafür tragen kann. Im Islam jedoch sagt Gott uns auch deutlich, dass wir Menschen einen Einfluss auf das, was Er geschaffen hat, haben und uns dabei gleichzeitig Wege zeigt, wie wir diesen Einfluss zum Positiven nutzen können. Der Islam umfasst eine Vielfalt an Prinzipien, die uns helfen die Einheit in Gott und seiner Schöpfung zu erkennen. Den Kern dieser islamisch-ethischen Prinzipien bilden diese Begriffe:

„Tawhid“ – die gesamte Schöpfung ist im Zusammenhang mit seinem Schöpfer zu betrachten. Alles kommt von Allah und kehrt zu Ihm zurück.

„Ayat“ – alles in der Natur ist ein Zeichen unseres Schöpfers. Nicht umsonst wird im Koran der Vers: „Darin liegen Zeichen für Leute, die nachdenken.“ so häufig wiederholt.

„Khalifa“ – Menschen wurden aus Erde erschaffen und sind Statthalter bzw. Sachwalter Gottes auf Erden. Im Koran heißt es auch, dass der Mensch in bester Form erschaffen wurde und so sollten wir dieser Verantwortung über die Schöpfung und unserem Schöpfer gegenüber versuchen gerecht zu werden, in dem wir für Umwelt, Tier und Mensch gerecht einstehen.

„Amana“ – die Erde ist ein uns Menschen anvertrautes Gut. Sie zu schützen und zu wahren liegt in unserer Verantwortung.

„Adl“ – wenn wir die Erde als eine „Moschee“ (wörtlich Ort der Niederwerfung) ansehen, bedeutet das, dass wir die Natur in einer fairen und gerechten Weise behandeln sollten. Teilweise ist es unser Wirtschaftssystem, das zu einem ungerechten Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen führt. In diesem System wird die Natur nur als eine Möglichkeit zur Rohstoffgewinnung angesehen. Wir sind aber dazu angehalten sicherzustellen, dass jeder den gleichen Zugang zu unseren begrenzten Ressourcen hat.

„Mizan“ – Alles in der Schöpfung ist so geschaffen, dass es in einem perfekten Gleichgewicht existiert. Angefangen von der Gravitation bis hin zu einem ausgeglichenen Tagesablauf von Schlaf, Arbeit, Gebetszeiten etc. 
Islamische Zeitung: Sehen Muslime „Umwelt“ wie der Rest der Welt, oder gibt es hier eigene Ansätze?

Yasemin Aydemir: Als Muslim betrachtet man die Umwelt als eine Schöpfung Allahs, das bringt schon eine Verantwortung ihr gegenüber mit sich. Muslime glauben schließlich auch, dass sie über ihr Handeln auf der Erde zur Rechenschaft gezogen werden.

Viele praktische Lösungen bietet das Leben des Propheten Muhammad, Friede sei auf Ihn, der zum Beispiel von der Verschwendung von Ressourcen auch dann abgemahnt hat, wenn sie auch unerschöpflich erschienen. In einigen seiner Aussagen gibt er den Menschen gute Tipps für eine gesunde und nachhaltige Ernährung, indem er zu regionalem Essen rät und uns empfiehlt, den Magen zu einem Drittel immer frei zu lassen. Diese Empfehlungen könnten uns als heutige Konsumgesellschaft nur zu Gute kommen.

Islamische Zeitung: Das Islamic Foundation For Ecology and Environmental Studies sieht ein ungerechtes Finanzsystem als Ursache für die globalen Umweltprobleme. Spielen solche grundlegenden Analysen eine Rolle bei euch?

Yasemin Aydemir: Wir sind auch danach bestrebt, eine ganzheitliche Umweltethik zu erkennen und diese umzusetzen. Klar hängt das Finanzsystem mit einer Schieflage, die wir heute erleben, stark zusammen. Unser Lebensstil, insbesondere unser unreflektierter (Massen)-Konsum bestärkt die globale Ungerechtigkeit. Daran möchte HIMA etwas ändern.

Wir möchten mehr Menschen dazu bewegen bewusster zu leben. Dieses Umdenken wollen wir auch in muslimischen Gemeinden, Moscheen und Institutionen generell verankern. Nur so kann mehr Druck von unten entstehen, damit mehr Firmen gerechter handeln. In den Worten eines Unternehmers: Wenn die Nachfrage steigt, wird der Anbieter gezwungen sein Handeln umzudenken.

Daneben finden wir, dass viele Intiativen wie „Wir haben es satt“ oder Demonstrationen und Petitionen gegen Nahrungsspekulationen sehr sinnvolle Mittel sein können, um Druck für einen Wandel in der Politik auszuüben.

Islamische Zeitung: Richtet ihr euch bei HIMA an eine bestimmte Altersgruppe? Wenn ja, wieso?

Yasemin Aydemir: Bei HIMA richten wir uns ausschließlich an „Junge“ Menschen. Denn „Jung“ geblieben ist meiner Ansicht nach jeder, der aktiv im Leben steht, neugierig ist und zu lernen bereit ist. Mein Vater wird dieses Jahr inscha'Allah 71 und ist meist sogar „ jünger“ als ich. Sprich, wir sind offen für Alle.

Islamische Zeitung: Es gibt mittlerweile einige, wenige bekannte Initiativen weltweit, die im Bereich des Umweltschutzes praktisch arbeiten. Beinhaltet eure Arbeit auch praktische beziehungsweise angewandte Elemente?

Yasemin Aydemir: Leider noch nicht, bisher haben wir unseren Fokus hauptsächlich auf die thematische Auseinandersetzung mit der islamischen Umweltethik und das Organisieren von Informationsveranstaltungen gelegt. Aber für die Zukunft ist es eines der Ziele HIMAs, auch praktische Arbeit zu leisten.

Islamische Zeitung: Wer kann wie bei HIMA mitmachen und wie können Interessierte direkten Kontakt zu euch aufnehmen?

Yasemin Aydemir: Jeder, der dazu bereit ist, für eine gerechtere Welt und ein ökologisch nachhaltiges Umweltbewusstsein in der Gesellschaft einzustehen ist herzlich dazu eingeladen, aktiv bei HIMA mitzuwirken. Auch wer sich noch zu wenig über diese Themen informiert fühlt und etwas dazu lernen möchte, kann sich bei uns melden und gleich unseren Newsletter über unsere Homepage abonnieren. Wie viele Organisationen arbeiten auch wir bisher ehrenamtlich und um unsere Arbeit weiterführen zu können und damit wir weiterhin produktiv bleiben können sind wir natürlich auf Mitglieder und Spenden angewiesen. Nähere Informationen findet ihr unter: www.hima-umweltschutz.de.

Yasemin Aydemir: Liebe Yasemin, vielen Dank für das Gespräch.

Gwadar, das neue Dubai?

(iz). In seinem bahnbrechenden Aufsatz über „Die Rache der Geographie“ schrieb der US-Autor Robert D. Kaplan vor wenigen Jahren: „An der Kreuzung der Reiche kann die Hafenstadt Gwadar zum Knotenpunkt […]

IZ+

Weiterlesen mit dem IZ+ (Monatsabo)

Mit unserem digitalen Abonnement IZ+ (Monatsabo) können Sie weitere Hintergrundbeiträge, Analysen und Interviews abrufen. Gegen einen Monatsbeitrag von 3,50 € können Sie das erweiterte Angebot der Islamischen Zeitung sowie das ständig wachsende Archiv nutzen.

Abonnenten der IZ-Print sparen beim IZ+ Abo 50%.

Wenn Sie bereits IZ+ Abonnent sind können Sie sich hier einloggen.

* Einfach, schnell und sicher bezahlen per Paypal, Kredit-Karte, Lastschrift oder Banküberweisung. Das IZ+ Abo verlängert sich automatisch um einen Monat, wenn es nicht vorher gekündigt wurde. Sie können ihr bestehendes Abo jederzeit auf der Mein Konto-Seite kündigen.

Im Sudan dominiert die Perspektive der Boulevardmagazine. Von Dawud Stewart Hurrell

(iz). Im Zeitalter medialer Politik, in dem komplexe Fragen auf kurze Aussage reduziert werden, die politische aufgeladene Bedeutungen transportieren sollen, werden wir an Marshal McLuhan erinnert, der schrieb, dass “das […]

IZ+

Weiterlesen mit dem IZ+ (Monatsabo)

Mit unserem digitalen Abonnement IZ+ (Monatsabo) können Sie weitere Hintergrundbeiträge, Analysen und Interviews abrufen. Gegen einen Monatsbeitrag von 3,50 € können Sie das erweiterte Angebot der Islamischen Zeitung sowie das ständig wachsende Archiv nutzen.

Abonnenten der IZ-Print sparen beim IZ+ Abo 50%.

Wenn Sie bereits IZ+ Abonnent sind können Sie sich hier einloggen.

* Einfach, schnell und sicher bezahlen per Paypal, Kredit-Karte, Lastschrift oder Banküberweisung. Das IZ+ Abo verlängert sich automatisch um einen Monat, wenn es nicht vorher gekündigt wurde. Sie können ihr bestehendes Abo jederzeit auf der Mein Konto-Seite kündigen.