Urteil: Muslimische Schülerin muss mit Jungen schwimmen lernen

(KNA). Muslimische Schülerinnen müssen auch am gemeinsamen Schwimmunterricht von Jungen und Mädchen teilnehmen. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch in Leipzig. Die Richter des 6. Senats erklärten, es sei Mädchen in solchen Fällen zumutbar, einen sogenannten Burkini zu tragen, einen nur Gesicht und Hände freilassenden Ganzkörperbadeanzug. Damit blieben die muslimischen Kleidungsvorschriften gewahrt. Wer diese Ausweichmöglichkeit ausschlage, habe keinen Anspruch auf Befreiung. (BVerwG 6 C 25.12 – Urteil vom 11. September 2013)

Klägerin in dem Verfahren war eine 13-jährige Schülerin aus Frankfurt am Main. Sie hatte sich vor zwei Jahren geweigert, zusammen mit den Jungen ihrer Gymnasialklasse am Schwimmunterricht teilzunehmen. Das Tragen eines Burkinis lehnte sie mit der Begründung ab, das Kleidungsstück stigmatisiere sie und führe zu Ausgrenzungen. Diese Begründung war nach der Entscheidung der Richter nicht ausreichend genug für eine Befreiung, auch weil die Schülerin ein Gymnasium mit hohem Anteil an Muslimen besuche.

Die Klägerin führte zudem an, dass es ihre Glaubensregeln und ihr Schamgefühl verletze, Jungen in Badehosen sehen zu müssen. Die obersten Verwaltungsrichter führten dagegen an, dass dieser Anblick nur eine „geringfügige Verletzung“ ihrer Religionsfreiheit darstelle. In Deutschland gehöre eine derartige Freizügigkeit zum Alltag im Sommer oder auf Werbeplakaten. Aus dem Grundrecht auf Glaubensfreiheit sei kein Anspruch darauf abzuleiten, in der Schule nicht mit den Verhaltens- und Kleidungsgewohnheiten anderer Menschen konfrontiert zu werden, die allgemein üblich seien.

Mit ihrer Klage auf Befreiung vom Schwimmunterricht aus religiösen Gründen war die Schülerin bereits in zwei Vorinstanzen gescheitert, zuletzt vor dem hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel. Dessen Urteil schloss sich das Bundesverwaltungsgericht jetzt an. Es behandelte erstmalig einen Streit um koedukativen Sportunterricht.

Die Klägerin erklärte, sie akzeptiere das Urteil. Es könne sie dennoch niemand zur Teilnahme am gemeinsamen Schwimmunterricht mit Jungen zwingen. Sie habe die Klage angestrengt, da es zu den Geboten ihrer Religion gehöre, die Wahrheit zu sagen. Sie wolle nicht lügen müssen, um dem Schwimmunterricht fernzubleiben. In der 9. Klasse steht für die Schülerin erneut Schwimmen auf dem Lehrplan.

Die Unions-Bundestagsfraktion begrüßte das Urteil. Es diene der Integration von Menschen verschiedener Herkunft und Religion. Der Verband Bildung und Erziehung betonte, das Urteil gebe den Schulen mehr Sicherheit bei der Planung ihres Unterrichts.

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Interview: Mustafa Yeneroglu (IGMG) über die Rechtslage beim Schwimmunterricht

(iz). Mustafa Yeneroglu ist Stellvertretender Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG). Der Jurist leitet außerdem die Rechtsabteilung der IGMG. Im IZ-Interview gibt er eine ausführliche Einschätzung des jüngsten Gerichtsurteils […]

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